Die Ministerin für Arbeit, Gleichstellung und Soziales hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 20. August 2013 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 6/2047 6. Wahlperiode 22.08.2013 KLEINE ANFRAGE des Abgeordneten Henning Foerster, Fraktion DIE LINKE Interne Zielvorgaben und Manipulation der Statistik bei der Vermittlung von Arbeitslosen und ANTWORT der Landesregierung Unter anderem die Süddeutsche Zeitung am 23.06.2013 berichtete über einen bislang geheim gehaltenen Prüfbericht des Bundesrechnungshofes, wonach massive Fehlsteuerungen bei der Vermittlung von Arbeitslosen festgestellt wurden. Demnach sollen sich die Arbeitsagenturen bei den Vermittlungen von Arbeitslosen auf arbeitsmarktnahe Personen konzentriert und schwer vermittelbare Arbeitslose schlechter gestellt haben, z. B. im Rahmen der Terminvergabe. Zudem wird von Manipulationen der Statistik und einem Prämiensystem für Beschäftigte, ab Teamleiter aufwärts, berichtet. 1. Welche Kenntnis hat die Landesregierung vom Prüfbericht des Bundesrechnungshofes? a) Inwieweit sind von der Prüfung der sieben Agenturen und der sieben geprüften Regionaldirektionen auch Agenturen aus Mecklenburg-Vorpommern bzw. die für MecklenburgVorpommern zuständige Regionaldirektion Nord betroffen? b) Bis wann ist mit dem Abschluss des Berichtes durch den Bundesrechnungshof zu rechnen, da die Feststellungen des Hofes bisher noch nicht abschließend sind? Die Prüfungsmitteilung des Bundesrechnungshofes ist der Landesregierung aus der vertraulichen Behandlung im Verwaltungsrat der Bundesagentur für Arbeit bekannt. Drucksache 6/2047 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 2 Zu 1 a) Es ist eine Agentur aus dem Zuständigkeitsbereich der Regionaldirektion Nord außerhalb des Landes Mecklenburg-Vorpommern betroffen. In dieser Agentur für Arbeit ist keine Manipulation festgestellt worden. Zu 1 b) Der Landesregierung ist nicht bekannt, wann der Bundesrechnungshof seinen abschließenden Prüfbericht vorlegen wird. 2. Welche internen Anweisungen zur Erreichung von Zielvorgaben in den Arbeitsagenturen in unserem Bundeslandes sind der Landesregierung bekannt und wie beurteilt sie diese? Der Landesregierung sind nur die im Internet veröffentlichten Handlungsempfehlungen/ Geschäftsanweisungen (HEGA) der Bundesagentur für Arbeit bekannt. Diese beinhalten keine dezidierten Anweisungen für die Arbeitsagenturen in Mecklenburg-Vorpommern. Es wird verwiesen auf den Link: http://www.arbeitsagentur.de/nn_27834/Navigation/ zentral/Veroeffentlichungen/Weisungen/ Weisungen-Nav.htm. 3. Welche Vermittlungsvorgaben gibt es seitens der Nürnberger Zentrale der Bundesagentur für Arbeit bzw. seitens der für unser Bundesland zuständigen Regionaldirektion Nord in Hamburg an die Arbeitsagenturen in Mecklenburg-Vorpommern (bitte je Arbeitsagentur und gegebenenfalls je Rechtskreis gesondert aufführen)? Nach Information der Regionaldirektion Nord der Bundesagentur für Arbeit findet ausgehend von einer Rahmenvereinbarung (Drittes Buch Sozialgesetzbuch, SGB III) mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales und einer Vereinbarung mit dem Verwaltungsrat beziehungsweise einer Zielvereinbarung (Zweites Buch Sozialgesetzbuch, SGB II) mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales in der Bundesagentur für Arbeit alljährlich ein intensiver Planungsprozess über alle Ebenen zu den jeweiligen Zielindikatoren statt. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/2047 3 Dieser erfolgt in einem Gegenstromverfahren einmal von oben nach unten und von unten nach oben, das heißt auf allen Ebenen besteht die Möglichkeit, unter Berücksichtigung der jeweiligen regionalen Arbeitsmarktlage, an der Festlegung eines geeigneten Zielniveaus mitzuwirken. Im Anschluss erfolgt mit den Ergebnisverantwortlichen aller Ebenen der Abschluss von Zielvereinbarungen, die kaskadierend vom Vorstand der Bundesagentur für Arbeit über die Vorsitzenden der Regionaldirektionen und der Arbeitsagenturen bis zu den einzelnen Teams die Ergebnisbeiträge ausweisen. 4. Welche Kenntnis hat die Landesregierung bezüglich des internen Zählsystems der Bundesagentur für Arbeit und der je zu betreuendem Arbeitslosen monatlich zur Verfügung stehenden Zeit? Die Steuerung der Agenturen für Arbeit erfolgt über ein internes Controlling-System. Dieses beinhaltet spezifische Indikatoren. Der Landesregierung liegen hierzu keine weitergehenden Kenntnisse vor. Die Landesregierung hat weiterhin keine Kenntnis über monatliche ZeitBudgets für die Betreuung des einzelnen Arbeitslosen. 5. Inwieweit waren die Vermittlungsvorgaben, die Vermittlung „arbeitsmarktnaher “ und „arbeitsmarktferner“ „Kunden“ sowie die Unterstützung der Landeregierung bei der Erreichung der Zielvorgaben der Bundesagentur Bestandteil der Verhandlungen über die Vereinbarung des Landes mit der Regionaldirektion vom Juni 2012 bzw. inwieweit sind diese Bestandteil der regelmäßigen Arbeitsgespräche zwischen der Landesregierung und der Regionaldirektion? Die Landesregierung ist in regelmäßigem Kontakt zur Regionaldirektion Nord der Bundesagentur für Arbeit. Hierbei geht es nicht um die Unterstützung bei der Erreichung der Zielvereinbarungen der Bundesagentur. Im Fokus steht vielmehr das Erschließen von Beschäftigungspotenzialen und die nachhaltige Arbeitsmarktintegration insbesondere der jungen Menschen, Geringqualifizierten, Alleinerziehenden, Älteren und Langzeitarbeitslosen als arbeitsmarktpolitische Zielsetzung des Landes. Dies ist auch Gegenstand der Vereinbarung mit der Regionaldirektion Nord zur Weiterentwicklung der Arbeitsmarktpolitik in Mecklenburg-Vorpommern. Die Prüfungsmitteilung des Bundesrechnungshofes war Gegenstand des letzten Arbeitsgespräches zwischen der Landesregierung und der Regionaldirektion Nord. Drucksache 6/2047 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 4 6. In welcher Form kann und wird die Landesregierung Einfluss nehmen, um die beanstandete Praxis der Terminvergabe und des Stellensuchlaufs (für aussichtsreiche Kunden positiv, für Langzeitarbeitslose negativ) in den Arbeitsagenturen des Landes wirksam zu unterbinden, falls sich dies auch für die Arbeit der Agenturen in MecklenburgVorpommern bestätigen sollte? Es wird auf die Antwort zu Frage 5 verwiesen. 7. Inwieweit hat die Landesregierung Kenntnis von Manipulationen der Vermittlungsstatistik für Mecklenburg-Vorpommern, zum Beispiel durch die Darstellung ohnehin geplanter Übernahmen von Auszubildenden durch ihren Ausbildungsbetrieb als erfolgreiche Vermittlungsaktivität ? Die Landesregierung hat keine Kenntnis von Manipulationen der Vermittlungsstatistik für Mecklenburg-Vorpommern. 8. Welche Kenntnis hat die Landesregierung vom Prämien-, Leistungsoder Gehaltszuschlagsystem in der Bundesagentur für Arbeit und wie bewertet sie den Umstand, dass diese Prämien erst für Teamleiter aufwärts zum Tragen kommen und einfache Vermittler offensichtlich nicht in das Prämiensystem eingebunden sind, aber in ihren Leistungsbeurteilungen wahrscheinlich indirekt betroffen sind? Im Rahmen des Leistungstarifvertrages für Führungskräfte der Bundesagentur für Arbeit wurde zwischen den Tarifparteien vereinbart, dass Führungskräfte ab 2010 aufgrund der individuellen Zielerreichungsverantwortung mit Blick auf die geschäftspolitischen Ziele der Bundesagentur eine zusätzliche Leistungsvergütung erhalten können. Hierzu wird eine ergebnisorientierte, jährliche Leistungsprämie gezahlt, die den individuellen Beitrag der jeweiligen Führungskraft zur Erreichung von vereinbarten Zielen im Rahmen des jährlichen Leistungs- und Entwicklungsdialogs (LEDi-FK) widerspiegelt. Darüber hinaus sind im Tarifvertrag der Bundesagentur Leitungskomponenten, wie ein vorzeitiger Entwicklungsstufenaufstieg und Prämien, vereinbart, von denen auch Fachkräfte partizipieren. Die Landesregierung respektiert die Verantwortlichkeit der Tarifvertragsparteien, leistungsund gruppengerechte Entgeltregelungen zu vereinbaren. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/2047 5 9. Wie hat sich die Anzahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Agenturen für Arbeit in Mecklenburg-Vorpommern jährlich seit 2009 zum Stichtag 1. Januar entwickelt? a) Wie hat sich die Anzahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Agenturen für Arbeit in Mecklenburg-Vorpommern jährlich seit 2009 zum Stichtag 1. Januar entwickelt, die im Bereich der Vermittlung tätig waren? b) Wie hat sich der Betreuungsschlüssel (Anzahl der Vermittlungsfachkräfte bzw. in der Vermittlung/Betreuung tätigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu Arbeitslosen im SGB III) in den Agenturen für Arbeit in Mecklenburg-Vorpommern jährlich seit 2009 entwickelt? c) Wie hat sich der Krankenstand (durchschnittliche Dauer der Kran- kentage, prozentualer Anteil der langzeiterkrankten Frauen und Männer etc.) in den Agenturen für Arbeit in MecklenburgVorpommern jährlich seit 2009 entwickelt? Zu 9) Durch die sukzessive Einführung eines neuen IT-Verfahrens für den Bereich Personal (ERP) ab Juli 2009 wurde das bisherige BA-eigene IT-Verfahren abgelöst. Daten für die Zeit vor der Einführung (hier: Monat Januar 2009) sind daher inzwischen nicht mehr verfügbar. Für die Jahre 2010 und folgende können nach Angaben der Regionaldirektion Nord monatsbezogene Werte ausgewiesen werden. Agentur für Arbeit Juni 2010 Januar 2011 Januar 2012 Januar 2013 AA Greifswald 1) entfällt entfällt entfällt 115 AA Neubrandenburg 331 331 286 300 AA Rostock 734 682 629 639 AA Schwerin 491 457 415 434 AA Stralsund 313 301 278 230 MecklenburgVorpommern 1.869 1.771 1.608 1.718 1) Gründung zum 01.01.2013 mit Stellenabgaben aus den Arbeitsagenturen Stralsund und Neubrandenburg Anmerkung: Aufgrund einer aktuellen Softwareanpassung des IT-Verfahrens für den Bereich Personal (ERP) kann derzeit für die Beantwortung der Frage 9 keine einheitliche Datenbasis verwendet werden. Drucksache 6/2047 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 6 Zu 9 a) Durch die sukzessive Einführung eines neuen IT-Verfahrens für den Bereich Personal (ERP) ab Juli 2009 wurde das bisherige BA-eigene IT-Verfahren abgelöst. Daten für die Zeit vor der Einführung (hier: Monat Januar 2009) sind daher inzwischen nicht mehr verfügbar. Für die Jahre 2010 und folgende können nach Angaben der Regionaldirektion Nord monatsbezogene Werte ausgewiesen werden. Agentur für Arbeit Januar 2010 Januar 2011 Januar 2012 Januar 2013 AA Greifswald 1) entfällt entfällt entfällt 80 AA Neubrandenburg 146 142 125 98 AA Rostock 168 168 155 136 AA Schwerin 184 185 156 155 AA Stralsund 145 135 122 86 MecklenburgVorpommern 643 630 558 555 1) Gründung zum 01.01.2013 mit Stellenabgaben aus den Arbeitsagenturen Stralsund und Neubrandenburg Zu 9 b) Für den Rechtskreis SGB II haben das Bundesministerium für Arbeit und Soziales, die Kommunalen Spitzenverbände und die Bundesagentur für Arbeit konkrete Definitionen und Berechnungsgrundlagen für die gesetzlich festgelegten Betreuungsschlüssel abgestimmt (§ 44c Abs. 4 SGB II). Für den Rechtskreis SGB III gibt es keine allgemeingültige Definition von Betreuungsschlüsseln . Der individuelle Betreuungsschlüssel eines Vermittlers oder einer Vermittlerin unterliegt diversen Einflussfaktoren (saisonale Schwankungen, konjunkturelle Entwicklung, interne Aufteilungen, Besetzung offener Stellen, Krankenstand usw.). Die monatsbezogene Betrachtung führt allerdings dazu, dass saisonale Schwankungen erhebliche Auswirkungen haben. Rechnerischer Betreuungsschlüssel: eine Vermittlungsfachkraft2 zu (…) Arbeitslosen Agentur für Arbeit Januar 2010 Januar 2011 Januar 2012 Januar 2013 AA Greifswald 1) entfällt entfällt entfällt 136 AA Neubrandenburg 109 111 115 118 AA Rostock 104 94 101 90 AA Schwerin 80 82 91 91 AA Stralsund 110 118 139 154 MecklenburgVorpommern 100 99 109 112 2) Zu den Vermittlungsfachkräften gehören: Arbeitsvermittlerinnen/Arbeitsvermittler in den Bereichen U 25, allgemeine Vermittlung, akademische Berufe, Rehabilitation/SB und Arbeitgeber-Service sowie Integrationsberaterinnen/Integrationsberater. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/2047 7 Rechnerischer Betreuungsschlüssel: eine beschäftigte Person in der Vermittlung3) zu (…) Arbeitslosen Agentur für Arbeit Januar 2010 Januar 2011 Januar 2012 Januar 2013 AA Greifswald 1) entfällt entfällt entfällt 99 AA Neubrandenburg 80 79 80 82 AA Rostock 74 67 68 62 AA Schwerin 62 61 64 63 AA Stralsund 81 86 94 107 MecklenburgVorpommern 74 72 75 78 3) Die Vermittlung umfasst die Bereiche U 25, allgemeine Vermittlung, akademische Berufe, Rehabilitation /SB, Arbeitgeber-Service und Integrationsberatung SGB III mit den dort angesetzten Teamleiterinnen /Teamleiter, Beraterinnen/Berater, Arbeitsvermittlerinnen/Arbeitsvermittler, Fachausbilderinnen /Fachausbilder, Fachassistentinnen/Fachassistent, Sachbearbeiterinnen/Sachbearbeiter (nur Reha/SB), Teamassistentinnen/Teamassistent und Integrationsberaterinnen/Integrationsberater. Zu 9 c) In der Bundesagentur für Arbeit erfolgten Fehlzeitenauswertungen in der üblichen Form letztmalig für das Jahr 2009. Mit der Einführung des IT-Verfahrens ERP-Personal in 2009 sowie aufgrund einer Synchronisierung mit der Fehlzeitenauswertung des Bundes und der damit einhergehenden Änderungen in der IT der Bundesagentur für Arbeit, war danach zunächst keine valide Datengrundlage mehr gegeben. Valide Werte für eine Gesundheitsquote4) und Ausfalltage5) liegen nach Angaben der Regionaldirektion Nord erstmalig für das Jahr 2012 vor. Agentur für Arbeit Gesundheitsquote (%) Ausfalltage AA Neubrandenburg 91,44 21,95 AA Rostock 92,59 18,25 AA Schwerin 91,67 20,48 AA Stralsund 92,56 18,89 4) Anteil der tatsächlich geleisteter Arbeitsstunden (Ist-Arbeitsstunden = Differenz zwischen SollArbeitsstunden und Ist-Ausfallstunden) an Soll-Arbeitsstunden gesamt. 5) Summe der krankheitsbedingten Ausfalltage in Arbeitstagen unabhängig von der tatsächlich zu leistenden täglichen Arbeitszeit dividiert durch die Anzahl der aktiven Beschäftigten (Kopfzahlen).