Der Minister für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 1. August 2013 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 6/2055 6. Wahlperiode 01.08.2013 KLEINE ANFRAGE der Abgeordneten Dr. Ursula Karlowski, Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Sicherheit der Mülldeponie Diedrichshäger Moor in Rostock-Warnemünde und ANTWORT der Landesregierung In Rostock-Warnemünde befinden sich drei, aktuell nicht mehr genutzte Deponiestandorte. Einer davon befindet sich im Diedrichshäger Moor. Laut Aussage von Anwohnern wurden hier bis 1976 Abfälle der Warnow- Werft, des Fischkombinats Rostock-Marienehe, der Schlachterei in Rostock-Bramow und des sowjetischen Schießplatzes in Rerik verbracht. Anschließend diente die Fläche als illegaler Schuttabladeplatz. Dieser Standort gilt offiziell als saniert und wird hinsichtlich des anfallen- den Deponiegases über 5 Gasmessstellen sowie zwei Gasfenster über- wacht. Diese Deponie soll nun als Wohnmobilstellplatz ausgebaut werden. Im entsprechenden Bebauungsplan wird am 05.12.2011 vermerkt, dass „in Teilbereichen der Deponie weiterhin Methangasproduktion stattfindet, die teilweise im explosiven Bereich liegt“. Anwohner berichten von aus dem Deponiekörper austretenden, gelblich- roten Flüssigkeiten, die ungefiltert in das angrenzende Moor abfließen. Außerdem quelle immer wieder Müll aus den Seiten des Deponiekörpers. 1. Welche Erkenntnisse gibt es über die Zusammensetzung des in der Deponie befindlichen Abfalls? Sind Gefahrstoffe, Sondermüll oder Munitionsaltlasten hier abgelagert worden und wenn ja, wie wird die Kontamination von Luft, Grund- wasser und angrenzender Moorflächen verhindert? Die ehemalige Deponie Weidenweg Rostock-Warnemünde/Diedrichshäger Moor ist eine Altlast/Altablagerung im Sinne des § 2 Absatz 5 des Bundes-Bodenschutzgesetzes (BBodSchG). Die Deponie entstand zirka 1961, beginnend durch sukzessives Vor-Kopf- Abkippen im Norden im Bereich der ehemaligen Laak. Sie wurde vor dem 01.07.1990 stillgelegt und fällt daher in die bodenschutzrechtliche Zuständigkeit. Drucksache 6/2055 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 2 Die Altablagerung setzt sich aus drei Teilbereichen zusammen. Nach Angaben des damaligen Bewirtschafters VEB Stadtreinigung Rostock sind im nördlichen und mittleren Teilbereich zirka 500.000m³ Abfall verdichtet eingebaut worden. Der Abfall setzt sich aus Hausmüll, hausmüllähnlichem Gewerbeanfall und geringfügigen Mengen Industrieabfällen (<10 Prozent) zusammen. Der Ascheanteil beträgt zirka 60 - 70 Prozent. Der südliche und jüngste Teil der ehemaligen Deponie ist zum großen Teil mit Bauschutt beschickt. Konkrete Hinweise auf die Ablagerung von Munitionsresten haben sich nicht ergeben. 2. Welche konkreten Maßnahmen wurden ergriffen, die Deponie dauer- haft abzudichten? Wie erklärt sich der beobachtete Austritt von stark gefärbten Flüssig- keiten und Abfällen aus den Seitenrändern der Deponie? Auf der Grundlage langjähriger intensiver Untersuchungen von Boden, Abfall, Grundwasser und Bodenluft wurden jeweils für die einzelnen Teilbereiche der Deponie das Gefahren- potenzial ermittelt und differenzierte Maßnahmen festgelegt: Nördlicher Teil: Auf dem nördlichen, ältesten und immobilen Teil der Altablagerung ist keine Gasbildung zu verzeichnen. Dieser Teilbereich ist durch Verkehrsflächen und Gebäude (Garagenkomplex sowie Gebäude der Tourismuszentrale) versiegelt und gesichert. Direkte Nutzungen des und Eingriffe in den Boden finden nicht statt. Bauplanungsrechtlich zulässige Nutzungen müssen auch zukünftig eine wirksame Versiegelung für eine dauerhafte Unterbrechung des Wirkungs- pfades Boden-Mensch (Direktkontakt) gewährleisten. Mittlerer Teil: Im mittleren, noch gasaktiven Teil waren aufgrund der stofflichen Zusammensetzung des Abfalls Schadstoffausträge über das Grundwasser und die Bodenluft festgestellt worden. Die zuständige Behörde, das damalige Staatliche Amt für Umwelt und Naturschutz (StAUN) Rostock (heute: Staatliches Amt für Landwirtschaft und Umwelt Mittleres Mecklenburg - StALU MM) legte daraufhin für diesen Teilbereich die ordnungsbehördlichen Anforderungen fest. In den Jahren 2004/2005 wurden die notwendigen Sanierungsmaßnahmen mit Förder- mitteln der EU und des Landes Mecklenburg-Vorpommern realisiert. Wesentliche Bestand- teile der Sanierung in Anlehnung an die damals geltenden abfallrechtlichen Bestimmungen der Technischen Anleitung zur Verwertung, Behandlung und sonstigen Entsorgung von Sied- lungsabfällen (TASi) waren: - Arrondierung des Deponiekörpers, - Installation des Gasfassungssystems für das sich bildende Deponiegas einschließlich der hierfür notwendigen zwei Reinigungsanlagen über Biofilter (Gasfenster), - Herstellung einer Dichtungsschicht, - Oberflächenherstellung für eine standortangepasste gewerbliche Nachnutzung, - laufende Überwachung, Funktionsüberprüfung und Bewirtschaftung der Gasfenster und der umliegenden Grundwassermessstellen. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/2055 3 Damit wird eine Durchsickerung des Deponiekörpers mit einhergehender zusätzlicher Schad- stofffreisetzung wirksam verhindert und gleichzeitig die Fassung und der Abbau der gasakti- ven Phase gewährleistet. Zukünftige, bauplanungsrechtlich zulässige Nutzungen dürfen die oben genannten Sicherungssysteme auch in diesem Teilbereich nicht beeinträchtigen. Südlicher Teil: Aufgrund der überwiegenden Ablagerung von Bauschutt besteht hier nur ein untergeordnetes Gefahrenpotenzial. Durch das StAUN Rostock wurden mit Schreiben vom 28.12.2000 und 16.03.2005 an die Hansestadt Rostock entsprechende Mindestanforderungen an die Sicherung formuliert (Abdeckung mit geringdurchlässigem Bodenmaterial). Aufgrund naturschutz- fachlicher Bedenken der Hansestadt Rostock wurde diese Sicherungsmaßnahme bislang noch nicht umgesetzt, sodass dieser Abschnitt mittels Schutz- und Beschränkungsmaßnahme im Sinne des § 2 Absatz 8 BBodSchG gesichert wird. Durch Umzäunung wird die Fläche gegen das Betreten geschützt. Außerdem ist die Hansestadt Rostock angehalten, diese Fläche nicht für eine sensiblere Nachnutzung zu überplanen (Planungshoheit der Kommune), solange nicht die geforderte Abdeckung erfolgt ist. Auch dem Verdacht des Austritts von Müll, beziehungsweise gefärbten Flüssigkeiten, wurde nachgegangen. Bei einer gemeinsamen Ortsbegehung des StALU MM mit Vertretern des Amtes für Umweltschutz der Hansestadt Rostock am 15.07.2013 konnten übereinstimmend kein Austritt von Müll, beziehungsweise gefärbten Flüssigkeiten, am Standort festgestellt werden. 3. Wie verträgt sich die Nutzung einer Deponiefläche, aus der Methan, in teilweise explosiven Mengen austritt, mit dem geplanten Wohnmobil- standort? Es wird klargestellt, dass am Standort - bestätigt durch jüngste Kontrollen - keine unkon- trollierten Gasaustritte stattfinden und aufgrund der vorgenommenen Sanierungs- und Sicherungsmaßnahmen (siehe Antwort zu Frage 2) auch nicht stattfinden können. Die jährlichen Untersuchungen des Amtes für Umweltschutz der Hansestadt Rostock belegen, dass ein kontrollierter Abbau der über das Gasfassungssystem zu den beiden Biofiltern geführten Deponiegase erfolgt. Diese kontrollierte Gasfassung und -reinigung ist elementarer Bestandteil der geforderten Sicherung und Standard in der Deponiesanierung. Um mögliche Beschädigungen an den Biofiltern zu unterbinden, sind diese zusätzlich durch Einzäunung gesichert und so auf der Fläche angeordnet, dass eine gefahrlose Nutzung der Deponiefläche möglich ist. Es bestehen daher seitens der zuständigen Bodenschutzbehörden des StALU MM und der Hansestadt Rostock keine Bedenken gegen eine Nutzung der Deponiefläche als Wohnmobilstandort. Im Interesse einer nachhaltigen Stadtentwicklung und vor dem Hinter- grund der zunehmenden Flächeninanspruchnahme ist die Wiedernutzbarmachung dieses Standortes im oben genannten zulässigen Rahmen ökologisch und ökonomisch vorbildlich. Es ist beispielgebend für einen sinnvollen Umgang mit sogenannten vorbelasteten Brachflächen in Mecklenburg-Vorpommern.