Der Minister für Inneres und Sport hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 30. Juli 2013 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 6/2057 6. Wahlperiode 30.07.2013 KLEINE ANFRAGE des Abgeordneten Jürgen Suhr, Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Regelungsbedarf beim Einsatz von V-Leuten durch den Verfassungsschutz und ANTWORT der Landesregierung Vorbemerkung Die Innenministerkonferenz hat in ihrer Frühjahrssitzung im Mai 2013 im Rahmen der Neu- ausrichtung des Verfassungsschutzes die Ergebnisse der Arbeitsgruppe „Standardisierung des VP-Einsatzes und Einrichtung einer zentralen VP-Datei - VS-Vertraulich -“ gebilligt. Sie hat zudem den Abschlussbericht der Bund-Länder-Kommission Rechtsterrorismus - darunter auch die dortigen Empfehlungen für einheitliche Rahmenbedingungen für den Einsatz menschlicher Quellen zur verdeckten Informationsgewinnung - zur Kenntnis genommen und den Bundesminister des Innern gebeten, die seinen Zuständigkeitsbereich betreffenden Handlungsempfehlungen hinsichtlich ihrer Umsetzung zu überprüfen. Im Übrigen wird die Parlamentarische Kontrollkommission des Landtags Mecklenburg- Vorpommern über den Einsatz von Vertrauenspersonen unterrichtet. Die Innenministerkonferenz beschloss auf ihrer Sitzung im Dezember letzten Jahres, dass beim Einsatz von Vertrauenspersonen die Zielsetzung und die Aktivitäten von beobachteten Personenzusammenschlüssen und Einzelpersonen vom Verfassungsschutz weder unmittelbar noch mittelbar steuernd beeinflusst oder bestimmt werden dürfen, dass grundsätzlich keine Vertrauenspersonen eingesetzt werden, gegen die wegen erheb- licher Straftaten ein staatsanwaltschaftliches Ermittlungsverfahren einge- leitet wurde oder die wegen Verbrechen im Sinne des § 12 StGB oder anderer erheblicher Straftaten verurteilt wurden, dass der Einsatz und die Führung von Vertrauenspersonen einer engen Kontrolle und einem standardisierten Qualitätsmanagement zu unterziehen sind, dass die Vertrauensperson im Regelfall nach fünf Jahren einem anderen VP- Führer zuzuordnen ist und dass Geld-, Sachzuwendungen und sonstige Leistungen nach einheitlichen Bemessungsfaktoren erfolgen sollen. Drucksache 6/2057 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 2 Ergänzend kam die Bund-Länder-Kommission Rechtsterrorismus in ihrem Abschlussbericht vom 30. April 2013 zu dem Ergebnis, es bestehe „gesetzgeberischer Handlungsbedarf, einheitliche Rahmenbedingungen für den Einsatz menschlicher Quellen zur verdeckten Informations- gewinnung zu schaffen“. In Mecklenburg-Vorpommern ist die Inanspruchnahme von Vertrauenspersonen zur heimlichen Informations- beschaffung durch die Verfassungsschutzbehörde in § 10 des Landes- verfassungsschutzgesetzes geregelt. 1. In welcher Form ist die Inanspruchnahme von Vertrauenspersonen durch die Verfassungsschutzbehörde über die gesetzlichen Vorschriften hinaus geregelt? a) Gibt es insbesondere Dienstanweisungen, in denen die Inanspruch- nahme von Vertrauenspersonen durch die Verfassungsschutz- behörde geregelt ist? b) Wenn ja, mit welchem Inhalt? c) Wenn nicht, wie stellt die Landesregierung einen einheitlichen Umgang mit den in Anspruch genommenen Vertrauenspersonen und den von ihnen beschafften Informationen sicher? Zu 1 und a) Ja, in Form einer Dienstvorschrift. Zu b) Die entsprechende Dienstvorschrift ist als - VS-Vertraulich - eingestuft, sodass über deren Inhalt aus Geheimschutzgründen nicht berichtet werden darf. Sie ist der Parlamentarischen Kontrollkommission bekannt. Über Änderungen der Vorschriftenlage wird die Parlamen- tarische Kontrollkommission unterrichtet. Zu c) Entfällt. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/2057 3 2. Teilt die Landesregierung die Einschätzung der Bund-Länder- Kommission Rechtsterrorismus, dass gesetzgeberischer Handlungs- bedarf bestehe, einheitliche Rahmenbedingungen für den Einsatz menschlicher Quellen zur verdeckten Informationsgewinnung zu schaffen? a) Wenn ja, welche Neuregelungen sind derzeit für diesen Bereich geplant? b) Wenn nicht, warum nicht? Die Fragen 2, a) und b) werden zusammenhängend beantwortet. Die Umsetzung der Empfehlungen der Bund-Länder-Kommission Rechtsterrorismus wird geprüft. 3. Wie weit ist die Landesregierung mit der Umsetzung des oben erwähnten IMK-Beschlusses zur Neuausrichtung des Verfassungs- schutzes? Zur Beantwortung wird auf die Vorbemerkung verwiesen. 4. Wie stellt die Landesregierung sicher, dass beim Einsatz von Vertrauenspersonen die Zielsetzung und die Aktivitäten der beobach- teten Personenzusammenschlüsse und Einzelpersonen von der Verfassungsschutzbehörde weder unmittelbar noch mittelbar steuernd beeinflusst oder bestimmt werden? a) Wie stellt die Landesregierung insbesondere sicher, dass Führungspersönlichkeiten der beobachteten Personenzusammen- schlüsse nicht als Vertrauenspersonen in Anspruch genommen werden? b) Welche weiteren Maßnahmen ergreift die Landesregierung, um zu vermeiden, dass die Zielsetzung und die Aktivitäten der beobach- teten Personenzusammenschlüsse und Einzelpersonen von der Verfassungsschutzbehörde weder unmittelbar noch mittelbar steuernd beeinflusst oder bestimmt werden? Drucksache 6/2057 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 4 5. Wie stellt die Landesregierung sicher, dass grundsätzlich keine Vertrauenspersonen eingesetzt werden, gegen die wegen erheblicher Straftaten ein staatsanwaltschaftliches Ermittlungsverfahren einge- leitet wurde oder die wegen Verbrechen im Sinne des § 12 StGB oder anderer erheblicher Straftaten verurteilt wurden? a) Verlangt die Landesregierung bzw. die ihr nachgeordnete Verfassungsschutzbehörde vor dem Einsatz die Vorlage eines polizeilichen Führungszeugnisses durch die jeweilige Vertrauens- person? b) In welchen Fällen können nach Ansicht der Landesregierung bzw. der ihr nachgeordneten Verfassungsschutzbehörde ausnahmsweise Vertrauenspersonen eingesetzt werden, gegen die wegen erheb- licher Straftaten ein staatsanwaltschaftliches Ermittlungsverfahren eingeleitet wurde oder die wegen Verbrechen im Sinne des § 12 StGB oder anderer erheblicher Straftaten verurteilt wurden? c) Welche Konsequenzen hat die Begehung von Straftaten während des Einsatzes als Vertrauensperson? 6. Wie stellt die Landesregierung sicher, dass der Einsatz und die Führung von Vertrauenspersonen einer engen Kontrolle und einem standardisierten Qualitätsmanagement unterzogen werden? 7. Wie stellt die Landesregierung sicher, dass Geld-, Sachzuwendungen und sonstige Leistungen an Vertrauenspersonen nach einheitlichen Bemessungsfaktoren erfolgen? 8. Wie gewährleistet die Landesregierung, dass Geld-, Sachzuwen- dungen oder sonstige Leistungen an Vertrauenspersonen nicht zur Unterstützung der Tätigkeit der beobachteten Personen oder Personen- zusammenschlüsse eingesetzt werden? 9. Wie werden für einen Einsatz als Vertrauensperson geeignete Personen identifiziert und zu einer Tätigkeit für die Verfassungs- schutzbehörde motiviert? a) Kann sich die erfolgreiche Anwerbung einer Vertrauensperson positiv auf die gegen sie möglicherweise anhängigen Straf- verfahren auswirken? b) Kann sich die erfolgreiche Anwerbung einer Vertrauensperson positiv auf die gegen sie möglicherweise anhängigen Strafvoll- streckungsverfahren auswirken? c) Nutzt die Landesregierung bzw. die ihr nachgeordnete Verfassungsschutzbehörde Erkenntnisse über die finanzielle Situation der für einen Einsatz als Vertrauensperson geeigneten Personen, um diese anzuwerben? Die Fragen 4 bis 9 werden zusammenhängend beantwortet. Es wird auf die Antwort zu Frage 1 b) verwiesen. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/2057 5 10. Inwieweit hat die heimliche Informationsbeschaffung durch die Inanspruchnahme von Vertrauenspersonen in den letzten 15 Jahren zu der Erfüllung der Aufgabe der Verfassungsschutzbehörde, dem Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung, des Bestandes und der Sicherheit des Bundes und der Länder, beige- tragen? Die Informationsbeschaffung mit dem nachrichtendienstlichen Mittel der Inanspruchnahme von Vertrauensleuten gehört nach dem Willen des Gesetzgebers gemäß § 10 Absatz 1 Ziffer 1 des Gesetzes über den Verfassungsschutz im Lande Mecklenburg-Vorpommern zum unverzichtbaren Instrumentarium der Aufgabenbewältigung des Verfassungsschutzes gemäß § 5 des Landesverfassungsschutzgesetzes, insbesondere zum Schutz der Allgemeinheit und Einzelner vor schwerwiegenden Gefahren und Straftaten. Auch die Bund-Länder- Kommission Rechtsterrorismus kommt in ihrem Abschlussbericht in Bezug auf eine erfolg- reiche Gefahrenabwehr zu dem Ergebnis, dass „die Befugnis der Sicherheitsbehörden zum Einsatz von Vertrauensleuten ... beizubehalten“ ist.