Der Minister für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 19. September 2013 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 6/2097 6. Wahlperiode 23.09.2013 KLEINE ANFRAGE der Abgeordneten Dr. Ursula Karlowski, Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Umsetzung des Nationalen Aktionsplans Pestizide (NAP) und ANTWORT der Landesregierung Die Bundesregierung hat am 10. April 2013 den Nationalen Aktionsplan zur nachhaltigen Anwendung von Pflanzenschutzmitteln (NAP) verabschiedet . Der Aktionsplan ist Teil der Umsetzung der PflanzenschutzRahmenrichtlinie der Europäischen Union. Mit Umsetzung des NAP sind zahlreiche Aufgaben für die Länder verbunden. 1. Welche Handlungsfelder hat die Landesregierung als Schwerpunkt- bereiche für das eigene Handeln aus dem aktuellen NAP identifiziert? Als den wichtigsten Schwerpunkt im Rahmen der Umsetzung des NAP sieht die Landesregierung die Beratung und Aufklärung im Bereich Integrierter Pflanzenschutz (IP) an. Der Pflanzenschutzdienst stellt dafür ein umfassendes Beratungsangebot zum Einsatz von Verfahren des Integrierten Pflanzenschutzes im Acker- und Gartenbau bereit. Die Beratung basiert auf der Weiterentwicklung und Anpassung moderner Pflanzenschutzkonzepte, die durch das Versuchswesen des Landes fortlaufend überprüft werden. Gemeinsam mit dem Julius Kühn-Institut des Bundes (JKI) werden derzeit fünf Demonstrationsbetriebe im Land betreut, in denen Methoden des IP in die Praxis überführt werden. Sie haben die Funktion von Beispielsbetrieben für den Ackerbau auf Bundesebene. Die Untersuchung von Vergleichsbetrieben einschließlich Datenerfassung zur Bestimmung des notwendigen Maßes im Pflanzenschutz bildet eine wichtige Beratungsgrundlage für den amtlichen Dienst. Das Land erstellt einen Index für die zur Umsetzung des NAP notwendigen Beratungskapazitäten und berichtet regelmäßig an den Bund. Drucksache 6/2097 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 2 Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der Umsetzung des bundesweit abgestimmten Kontrollprogramms, wobei in Mecklenburg-Vorpommern traditionell der Schutz von Oberflächengenwässern eine besondere Rolle spielt. An der Schnittstelle zwischen Kontrolle und Beratung sind Sonderprojekte zum Hot-Spot-Management im Gewässerschutz angesiedelt. Auch die Umsetzung und Kontrolle von Maßnahmen zur Verhinderung der Einschleppung und Verbreitung von neuen Schadorganismen, Quarantäneschadorganismen und invasiven Arten ist aus Sicht der Landesregierung im Rahmen der Umsetzung des NAP wichtig, um die zusätzliche Anwendung von Pflanzenschutzmitteln (PSM) zu vermeiden. Des Weiteren wird im Rahmen eines von der EU geförderten Mehrländerprojektes durch den Pflanzenschutzdienst und die Universität Rostock ein in Dänemark seit Jahren erfolgreich verwendetes Entscheidungshilfesystem zur Unkrautregulierung in Winterweizen (DSS) in Mecklenburg-Vorpommern weiterentwickelt und an norddeutsche Verhältnisse angepasst. Damit soll zukünftig eine noch gezieltere und damit sparsamere Unkrautregulierung in der für Mecklenburg-Vorpommern wichtigsten landwirtschaftlichen Kultur erreicht werden. 2. Inwieweit hat das durch den Vorgänger des aktuellen NAP ab 2008 initiierte Netzwerk zur Ermittlung der Pflanzenschutzmittelanwendung in unterschiedlichen landwirtschaftlich relevanten Naturräumen Deutschlands (NEPTUN) bisher auch in MecklenburgVorpommern zu einer Reduktion des Pestizidmitteleinsatzes geführt? a) Welche Landwirtschaftsbetriebe in Mecklenburg-Vorpommern sind in das Netzwerk integriert? b) Wie können nach Meinung der Landesregierung objektive Daten zur Anwendung von Pestiziden erzielt werden, wenn die Daten im Rahmen von NEPTUN nicht von unabhängigen Dritten, sondern von den Anwendern selbst erhoben werden? NEPTUN-Erhebungen erfolgten im Ackerbau bereits in den Jahren 1999/2000, später dann in einigen Gartenbaukulturen. Mit Inkrafttreten der Verordnung (EG) Nr. 1185/2009 über Statistiken zu Pestiziden wurde NEPTUN als PAPA (Panel PSM-Anwendung) fortgeführt. Die hier erhobenen Daten dienen zunächst nur der Durchführung der genannten Statistikverordnung und ergänzen die Daten aus dem seit 2009 installierten Netz der Vergleichsbetriebe. Die in dem Netzwerk erhobenen Daten sind im Vergleich zu denen in PAPA um eine fachliche Bewertung der Pflanzenschutzmittelanwendungen durch die Pflanzenschutzdienste ergänzt. Somit finden sich bei den Vergleichsbetrieben Aussagen zur Einhaltung des notwendigen Maßes des Pflanzenschutzes. Eine Reduktion der Pflanzenschutzintensität ist nicht das Ziel der genannten Programme, sondern die Bereitstellung von realistischen Zahlen über den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln in der landwirtschaftlichen Praxis. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/2097 3 Zu 2 a) Dem Netzwerk gehören neun Ackerbau- und zwei Obstbaubetriebe in MecklenburgVorpommern an. Darüber hinaus liefern weitere 15 Landwirtschaftsbetriebe im Ackerbau Daten bezüglich ihres Pflanzenschutzmitteleinsatzes. Zu 2 b) In Mecklenburg-Vorpommern werden die Daten vom Pflanzenschutzdienst erhoben. Sie werden stets auf Plausibilität geprüft und können daher als zuverlässig angesehen werden. 3. Welche Forschungsprogramme, die insbesondere den integrierten Pflanzenschutz und den Pflanzenschutz im ökologischen Landbau unterstützen, werden durch die Landesregierung beauftragt, initiiert oder unterstützt? Auf welche Weise fördert die Landesregierung die Zusammenarbeit von Forschung und klein- und mittelständischen Unternehmen, um umweltschonende, naturstoffliche und biologische Lösungen für den Pflanzenschutz zu entwickeln, zu demonstrieren und zu verbreiten? Im Rahmen eines von der EU geförderten Mehrländerprojektes wird durch den Pflanzenschutzdienst und die Universität Rostock ein in Dänemark erfolgreich verwendetes Entscheidungshilfesystem zur Unkrautregulierung in Winterweizen (DSS) weiterentwickelt (siehe Antwort zu Frage 1). Die Landesregierung hat von 2007 bis 2012 im Rahmen der Förderung der integrierten Obstund Gemüseproduktion die beiden Projekte „Sicherung des umwelt- und ressourcenschonenden Gartenbaues“ und „Optimierung und Weiterentwicklung von Umweltund ressourcenschonenden Anbauverfahren durch Praxisversuche“ gefördert, die sich mit umweltschonenden Anbauverfahren befasst haben. Dabei wurde auch eine Vielzahl von Betriebsversuchen in klein- und mittelständischen Unternehmen durchgeführt. Des Weiteren werden durch die Landesforschungsanstalt und den Pflanzenschutzdienst regelmäßig Feldtage und Versuchsführungen organisiert, bei denen den Anwesenden auch Versuche zu biologischen und biotechnischen Pflanzenschutzverfahren vorgestellt werden. Mit der Förderung der integrierten Obst- und Gemüseproduktion wurde in 17 Betrieben des Obst- und Gemüsebaues unter anderem der Einsatz nützlingfördernder Maßnahmen (zum Beispiel Insektenhotels) gefördert. Drucksache 6/2097 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 4 4. Welche Agrarumweltprogramme und andere Instrumente wurden durch die Landesregierung entwickelt, um die Anwendung wirksamer nichtchemischer Pflanzenschutzverfahren im ökologischen Landbau zu fördern? Auf welche Weise wird die Praxiseinführung neuer Verfahren des integrierten Pflanzenschutzes und des Pflanzenschutzes im ökologischen Landbau durch die Landesregierung unterstützt? Die Anwendung wirksamer nichtchemischer Pflanzenschutzverfahren ist Bestandteil der zu erfüllenden Anforderungen im ökologischen Landbau und als solche eine Voraussetzung für die Förderung im Rahmen der Extensivierungsrichtlinie. Die Landesregierung unterstützt durch die Arbeit der Landesforschungsanstalt für Landwirtschaft und Fischerei sowie des Pflanzenschutzdienstes die Praxiseinführung und damit die Anwendung neuer Verfahren des integrierten Pflanzenschutzes sowie des Pflanzenschutzes im ökologischen Landbau. Anhand von Forschungsarbeiten und der Vorstellung/Präsentation dieser Forschungsergebnisse im Rahmen von Feldtagen und Publikationen wird die Vermittlung der neuesten Erkenntnisse gewährleistet. Es wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. 5. Für die Beratung über die Anwendung von Pestiziden im Haus- und Kleingartenbereich sind die Länder zuständig. Welche Erkenntnisse besitzt die Landesregierung über den Grad des sachgemäßen Umgangs mit Pestiziden im Haus- und Kleingartenbereich? a) Welche Anstrengungen unternimmt die Landesregierung, um die Bevölkerung über den sachgemäßen Umgang mit Pestiziden im Haus- und Kleingartenbereich zu beraten? b) Wie wird die Landesregierung gemäß Maßnahmenprogramm des NAP die Aufklärung über das generelle Verbot der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln und mögliche Ausnahmetatbestände für die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln auf Nichtkulturland verbessern? Planmäßige Kontrollen können im Haus- und Kleingartenbereich aus Kapazitätsgründen nicht durchgeführt werden. Es erfolgen jedoch Kontrollen nach entsprechenden Anzeigen. Dabei bilden festgestellte Verstöße gegen Bestimmungen des Pflanzenschutzgesetzes die Ausnahme. Aus den Erfahrungen der Beratungstätigkeit heraus ist außerdem festzustellen, dass beim Obst- und Gemüseanbau im Haus- und Kleingartenbereich der Einsatz von PSM zurückgeht oder auf einen Einsatz von PSM zunehmend sogar ganz verzichtet wird. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/2097 5 Zu 5 a) Der Pflanzenschutzdienst führt in Kleingartensparten regelmäßig Beratungen zum Umgang mit PSM beziehungsweise zu vorbeugenden, nichtchemischen Pflanzenschutzmaßnahmen durch. Es wird dabei auch die Diagnoseerstellung mit entsprechenden Behandlungsempfehlungen angeboten. Schwerpunkt der gesamten Beratungstätigkeit ist die Aufklärung über Strategien zur Vermeidung von Krankheiten und Schädlingen an Nutzpflanzen sowie zu alternativen Bekämpfungsmaßnahmen, wie Fruchtfolge, Standortwahl und Nutzung von Resistenzen gegenüber Schadorganismen. Dieses Vorgehen hat sich als erfolgreich erwiesen und wird fortgeführt. Zu 5 b) Schulung und Aufklärung im Sinne des Pflanzenschutzgesetzes gehören zu den Kernaufgaben des Pflanzenschutzdienstes. Das schließt die Informationen über Verbote und Ausnahmetatbestände des PSM-Einsatzes auf Nichtkulturland ein. Die Landesregierung wird das Beratungsangebot auch weiterhin auf hohem Niveau aufrechterhalten. 6. Wird die Landesregierung, gemäß den Maßgaben des NAP und dem § 59 des Pflanzenschutzgesetzes, die Beratungstätigkeit des Pflanzenschutzdienstes intensivieren, um landwirtschaftliche und gärtnerische Betriebe anzuhalten, das notwendige Maß der Pestizidanwendung besser als bisher einzuhalten und unnötige Anwendungen so weit wie möglich zu vermeiden? Die Beratungs- und Aufklärungsarbeit im Bereich Integrierter Pflanzenschutz (IP) zählt zu den wichtigsten Aufgaben des Pflanzenschutzdienstes. Der Pflanzenschutzdienst hat bereits seit Beginn der Mitarbeit am Reduktionsprogramm des Bundes, dem Vorläufer des NAP, seine Beratungstätigkeit auf die Zielstellung ausgerichtet, die Pflanzenschutzmittelanwendung auf das notwendige Maß zu reduzieren. Sie steht seitdem im Mittelpunkt der Behördenarbeit. Drucksache 6/2097 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 6 7. Wie wird die Landesregierung künftig die personell aufwendigen Managementaufgaben in jenen Fällen, in denen die Wasserbehörden des Landes in Gewässern die Überschreitung des Grenzwertes nach Trinkwasserverordnung durch Substanzen aus Pestiziden feststellen, gewährleisten? a) Wird sich die Landesregierung bzw. werden sich von ihr beauftragte Institutionen an der mit dem NAP beabsichtigten Durchführung von Langzeitversuchen zum notwendigen Maß bei der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln beteiligen? b) Beabsichtigt die Landesregierung laut Maßnahmeprogramm des NAP unter Beteiligung relevanter Verbände des Verbraucherschutzes sowie des Umwelt- und Naturschutzes, spezifische und allgemein akzeptierte Leitlinien des integrierten Pflanzenschutzes für wichtige Kulturen, Kulturgruppen oder Sektoren zu erarbeiten und wenn nicht, warum nicht? Die künftig anfallenden Managementaufgaben bei angezeigten Überschreitungen der Grenzwerte nach Trinkwasserverordnung werden durch Prioritätensetzung im Rahmen der internen Aufgabenkritik und durch operative Umschichtung von Personal erfüllt. Zu 7 a) Die Landesregierung hat sich bereits in der Vergangenheit maßgeblich und aktiv an derartigen Vorhaben der Bundesbehörden, insbesondere des JKI, beteiligt und wird dies auch in Zukunft tun. Zu 7 b) Die Erarbeitung von Leitlinien für die in Mecklenburg-Vorpommern relevanten Kulturen wird auf Bundesebene erfolgen. Die Landesregierung wird sich sofern erforderlich in das Verfahren einbringen. 8. Wird die Landesregierung die Personalkapazitäten im Pflanzenschutzdienst beibehalten bzw. ausdehnen, um die zahlreichen Aufgaben des aktuellen NAP, u. a. die Reduktion neuer Einschleppungen von Schadorganismen, mindestens auf dem aktuellen Niveau zu halten ? Die Landesregierung ist bestrebt, auch nach Umsetzung des Personalkonzepts die Personalkapazitäten im Pflanzenschutzdienst konstant zu halten. Ziel der internen Aufgabenkritik ist es außerdem, durch eine effizientere Ausgestaltung der Verwaltungsstrukturen nach Möglichkeit personelle Kapazitäten für die Schwerpunktaufgaben des Pflanzenschutzdienstes zu gewinnen. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/2097 7 9. Können die im NAP (Tabelle 9) aufgeführten Daten, die in Verant- wortung der Länder zu erheben und zur Weiterbearbeitung aufzubereiten sind, mit den aktuellen personellen Ressourcen der Pflanzenschutzdienste bzw. der Landesbehörden in Mecklenburg-Vorpommern erhoben werden? Wenn die personellen Ressourcen nicht ausreichen, auf welche Weise beabsichtigt die Landesregierung, die Datenerhebung sicherzustellen? Die in der besagten Tabelle enthaltenen und durch die Länder zu erhebenden Daten können mit der aktuell vorhandenen Personalausstattung der zuständigen Behörden erhoben werden. Der überwiegende Teil der Daten wird bereits seit einigen Jahren ermittelt, wie zum Beispiel das Schaderregerauftreten, die Kontrollergebnisse der Pflanzenschutzmittelanwendung oder die Ergebnisse der Gewässeruntersuchungen. 10. Welche Finanzmittel in welcher Höhe plant die Landesregierung im Zusammenhang mit dem NAP im kommenden Haushalt für die verstärkte Einführung von Innovationen und Elementen des integrierten Pflanzenschutzes sowie des Pflanzenschutzes im ökologischen Landbau, für die Stärkung von Forschung und Entwicklung und für die Förderung von Verfahren, die zum Nationalen Aktionsplan beitragen, ein? Für die Erfüllung des NAP werden keine gesonderten Haushaltsmittel veranschlagt. Alle sich aus dem NAP ergebenden Aufgaben sind gesetzlich verankert. Damit stehen letztlich alle für den Bereich Pflanzenschutz im Landeshaushalt eingestellten Haushaltsmittel auch für die Umsetzung des NAP zur Verfügung.