Der Minister für Bildung, Wissenschaft und Kultur hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 20. Januar 2012 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 6/210 6. Wahlperiode 23.01.2012 KLEINE ANFRAGE des Abgeordneten Johannes Saalfeld, Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Kooperationsverträge zwischen Hochschulen in Mecklenburg-Vorpommern und Unternehmen und ANTWORT der Landesregierung Laut einer Studie des unternehmensnahen Stifterverbandes für die Deutsche Wissenschaft gab es im Jahr 2009 insgesamt 660 Lehrstühle, die von Unternehmen finanziert wurden. Nach einem Pressebericht (Budweg, Lehmann: Transparenz ist legal. In: taz.de, 15.08.2011) kommt ein Gutachten der wissenschaftlichen Dienste des Bundestages (WD 3-3000-242/11) bei der Frage der Veröffentlichung von Verträgen zwischen Hochschulen und Unternehmen zu der Einschätzung , dass einer Pflicht zur teilweisen Veröffentlichung von geheimen Verträgen, etwa der Vertragslaufzeit, der Summe der gezahlten Gelder und der Vertragspartner, rechtlich nichts im Wege steht. Nach Aussagen der Gutachter besteht ein öffentliches Interesse an der Offenlegung von Kooperationsverträgen zwischen Hochschulen und privaten Unternehmen , um einer übermäßigen Einflussnahme auf das Handeln einer Hochschule entgegenzuwirken und größere Transparenz sicherzustellen. 1. Teilt die Landesregierung die Auffassung dieses Gutachtens und beab- sichtigt sie eine entsprechende Offenlegung der Drittmittelverträge? Die genannte Ausarbeitung der wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages untersucht die verfassungsrechtlichen Anforderungen für die Einführung einer Veröffentlichungspflicht für Kooperationsverträge zwischen Hochschulen und Unternehmen. Die Landesregierung teilt die Einschätzung der Verfasser der Ausarbeitung, dass allenfalls eine inhaltlich beschränkte Veröffentlichungspflicht mit den betroffenen Grundrechtspositionen der Beteiligten vereinbar wäre. Drucksache 6/210 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 2 Eine derartige Veröffentlichungspflicht berührt die Grundrechte der Beteiligten, insbesondere die Forschungsfreiheit, die Berufsfreiheit und die Vertragsfreiheit und erfordert eine gesetzliche Ermächtigung, die derzeit nicht besteht. Die Landessregierung beabsichtigt insoweit keine Offenlegung der Drittmittelverträge im Sinne dieser Kleinen Anfrage. 2. Wie viele Kooperationsverträge und -vereinbarungen (insbesondere sogenannte Drittmittelverträge) zwischen Hochschulen bzw. Instituten oder einzelnen Hochschullehrerinnen und Hochschullehrern in Mecklenburg-Vorpommern und Unternehmen der Privatwirtschaft gibt es (bitte nach den einzelnen Hochschulen und Instituten und Unternehmen aufschlüsseln und die Laufzeit angeben)? a) Welche Ziele verfolgen die Kooperationen jeweils? b) Welche finanziellen Vereinbarungen werden getroffen? c) Welche Verträge sind in welchem Umfang frei zugänglich, welche nicht? Zwischen den Hochschulen des Landes und Unternehmen der Privatwirtschaft bestehen gegenwärtig insgesamt 835 Kooperationsverträge und -vereinbarungen. Nicht mit eingerechnet sind dabei Auftrags- und Dienstleistungsverträge, bei denen der Auftraggeber eine Behörde ist, sowie öffentlich geförderte Verbundprojekte, Sponsoringverträge und Stiftungsprofessuren (siehe hierzu Antwort zu Frage 4). Die Laufzeiten der Kooperationen betragen in der Regel zwei bis drei Jahre. Die Kooperationen verteilen sich auf die einzelnen Hochschulen des Landes und die Universitätsmedizin wie folgt: Universität Greifswald: 18, Universitätsmedizin Greifswald: 151, Universität Rostock: 83, Universitätsmedizin Rostock: 269, Hochschule für Musik und Theater Rostock : 7, Hochschule Neubrandenburg: 5, Fachhochschule Stralsund: 5 und Hochschule Wismar: 297. Im Übrigen siehe Antwort zu Frage 1. Zu a) Die Kooperationen zwischen Hochschulen und privaten Unternehmen erfolgen zum Zwecke eines wissenschaftlichen Erkenntnisgewinns und des Wissenstransfers aus der Hochschule in die Wirtschaft. Beide Ziele verfolgt in der Regel auch der Wissenschaftler beziehungsweise die Wissenschaftlerin selbst. Obwohl die unmittelbaren Ergebnisse der Kooperationen meist vertraglichen Verwertungsbeschränkungen unterliegen, kann der Wissenschaftler beziehungsweise die Wissenschaftlerin darauf aufbauend häufig weitere unabhängige Forschungen durchführen. Neben diesem wissenschaftlichen Interesse steht auf Seiten der Hochschulen das Interesse, zusätzliche Einnahmen zu generieren. Im Rahmen von Sponsoringverträgen verfolgt der Sponsor unternehmensbezogene Werbeziele. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/210 3 Die Universität finanziert damit vor allem wissenschaftliche Veranstaltungen. Die Klinischen Studien verfolgen primär das Ziel, die Effektivität neuer Medikationen oder Therapien zu erforschen. Zu b) Die finanziellen Vereinbarungen beruhen auf projektbezogenen Kostenkalkulationen, die den Maßgaben des EU-Beihilferahmens entsprechen müssen. Das finanzielle Gesamtvolumen der gegenwärtig bestehenden Kooperationsverträge zwischen Hochschulen und Unternehmen der Privatwirtschaft verteilt sich auf die Hochschulen wie folgt: Universität Greifswald: 1.725.260 Euro Universitätsmedizin Greifswald: 2.986.145 Euro Universität Rostock: 8.540.198 Euro Universitätsmedizin Rostock: circa 21 Millionen Euro Hochschule für Musik und Theater Rostock: circa 33.300 Euro Hochschule Neubrandenburg: circa 384.400 Euro Fachhochschule Stralsund: 1.523.750 Euro Hochschule Wismar: innerhalb des Hochschulhaushaltes: circa 1,5 - 2 Mio. Euro außerhalb des Hochschulhaushaltes (zum Beispiel Forschungs-GmbH): circa 400.000 Euro Zu c) Die Kooperationsverträge zwischen den Hochschulen des Landes und privaten Unternehmen sind in der Regel nicht frei zugänglich. In praktisch jedem Vertragsverhältnis, in das Industriepartner einbezogen sind, wird Vertraulichkeit explizit vereinbart; das ist auch zum Beispiel in den „Mustervereinbarungen für Forschungs- und Entwicklungskooperationen“ des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie so vorgesehen. Andernfalls bestünde nur in den seltensten Fällen Kooperationsbereitschaft auf Seiten der Industriepartner, die befürchten müssten, dass Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse offenbart würden. Drucksache 6/210 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 4 3. Gibt es Kooperationsverträge bzw. Vereinbarungen, die den Unter- nehmen Befugnisse einräumen, welche die Freiheit von Forschung und Lehre beeinträchtigen könnten (dazu gehören: die Mitsprache bei der Konzeption von Lehrveranstaltungen, die Entsendung von Lehrbeauftragten , Einfluss auf die Veröffentlichung von Forschungsergebnissen , Teilnahme von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Unternehmen an Prüfungen, gesonderte Werberechte an den Hochschulen sowie exklusive Vermarktungs- und Verwertungsrechte)? Der Landesregierung ist nicht bekannt, dass Kooperationsverträge beziehungsweise -vereinbarungen bestehen, die den Unternehmen Befugnisse einräumen, welche die Freiheit von Forschung und Lehre beeinträchtigen könnten. Beschränkungen ergeben sich für die Hochschulen aus Vertraulichkeitsverpflichtungen, der Pflicht zur Übertragung von Schutz- und Verwertungsrechten und für die Publikationsrechte der beteiligten Wissenschaftlerinnen beziehungsweise Wissenschaftler. Soweit einzelne Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Unternehmen Aufgaben im Prüfungswesen wahrnehmen, beruht das nicht auf Kooperationsvereinbarungen mit Unternehmen, die die „Entsendung“ von Prüfenden beinhalten, sondern erfolgt auf Grundlage individueller Prüferbestellung durch den jeweils zuständigen Prüfungsausschuss. In der Praxis ist dies jedoch nur äußerst selten der Fall. Soweit der Landesregierung bekannt ist, gibt es aktuell keine Vereinbarungen mit Unternehmen, die einem Unternehmen Befugnisse zur Mitsprache bei der Konzeption von Lehrveranstaltungen, der Entsendung von Lehrbeauftragten oder der Teilnahme von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Unternehmen an Prüfungen einräumen. 4. Wie viele Stiftungsprofessuren gibt es an den Hochschulen bzw. Instituten unseres Landes (bitte die Professuren und Stifter jeweils benennen)? Die nachfolgenden Stiftungsprofessuren gibt es an den Hochschulen des Landes. Universität Greifswald: - Nichtmedizinische Fakultäten „Gesundheit und Prävention“ - Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft. - Medizinische Fakultät „Bioinformatik“ - Bundesministerium für Bildung und Forschung, GANI_MED-Projekt (Greifswald Approach to Individualized Medicine), „Individualisierte Medizin“ - Bundesministerium für Bildung und Forschung, GANI_MED-Projekt, „Nephrologie“ - KfH Kuratorium für Dialyse und Nierentransplantation e. V., Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/210 5 „Hand- und Funktionelle Mikrochirurgie“ - Stifterverband für die deutsche Wissenschaft und „Klinische Immunhämatologie und Hämostaseologie“ - Gesellschaft von Freunden und Förderern der Universität Greifswald. Universität Rostock: - Nichtmedizinische Fakultäten „Windenergietechnik“ - Nordex SE, „Wasserwirtschaft“ - EURAWASSER Nord GmbH, „Hermann-Schmitz-Professur für phänomenologische Philosophie“ - Dr. Johannes Werhahn, „Lichtenberg-Professur Sensorische und kognitive Ökologie“ - VW-Stiftung und „Uwe-Johnson-Stiftungsprofessur für neuere deutsche Literaturwissenschaft des 20. Jahrhunderts“ - Fries GmbH und Co. KG. - Medizinische Fakultät „Neurorestauration“ - Shire Human Genetic Therapies GmbH, „Neuroimmunologie“ - Bayer Vital GmbH, „Naturheilkunde“ - Stifterkreis (9) Naturheilkunde, „Allgemeinmedizin“ - Kassenärztliche Vereinigung und Vorgriffsprofessur „Biomedizinische Technik“ - Bundesministerium für Bildung und Forschung - Professorinnenprogramm, kofinanziert durch das Land. Hochschule für Musik und Theater Rostock: - Halbe Professur (50 %) „Musikmanagement/Kulturmanagement“ - Stiftergemeinschaft, vertreten durch den Aufsichtsrat der Festspiele Mecklenburg-Vorpommern.