Der Minister für Bildung, Wissenschaft und Kultur hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 1. Oktober 2013 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 6/2168 6. Wahlperiode 10.10.2013 KLEINE ANFRAGE des Abgeordneten Henning Foerster, Fraktion DIE LINKE Bildungsfreistellung in Mecklenburg-Vorpommern und ANTWORT der Landesregierung Das Bildungsfreistellungsgesetz Mecklenburg-Vorpommern (BfG M-V) in seiner bisherigen Form ermöglichte die Freistellung und Teilnahme an Maßnahmen der beruflichen und gesellschaftspolitischen Qualifizierung und Weiterbildung, wie auch der Qualifizierung für ein Ehrenamt. Dabei wurde den Arbeitgebern - einmalig in der Bundesrepublik Deutschland - der tatsächliche Entgeltausfall erstattet. Die Umsetzung und Wirksamkeit des Gesetzes wurde durch die Landesregierung seit seiner Einführung im Mai 2001 nicht evaluiert. Nunmehr soll das BfG M-V nicht novelliert, sondern durch ein neues Gesetz ersetzt werden. 1. Wie hat sich die Anzahl der gestellten, bewilligten und abgelehnten Anträge auf Bildungsurlaub nach Maßgabe des Bildungsfreistellungsgesetzes Mecklenburg-Vorpommern seit dessen Einführung jährlich entwickelt (bitte insgesamt sowie nach den jeweiligen Bereichen (beruflich, gesellschaftspolitisch, Ehrenamtsqualifizierung) darstellen )? Das Antragsverfahren zum Bildungsfreistellungsgesetz Mecklenburg-Vorpommern unterteilt sich in drei Bereiche. Zum einen stellt der Träger der Weiterbildungsmaßnahme einen Antrag auf Anerkennung einer Bildungsmaßnahme, zum anderen die beziehungsweise der Teilnehmende eine Erstattungsvoranfrage und nach positivem Bescheid darauf der Arbeitgeber den Erstattungsantrag . Ausgehend davon, dass sich die Frage 2 der Kleinen Anfrage auf die Bildungsveranstaltungen bezieht und einer positiven Erstattungsvoranfrage auch zwangsläufig ein positiver Bescheid über die Erstattung folgt, bezieht sich die Antwort auf die Frage 1 auf den Bereich der Erstattungsvoranfragen. Drucksache 6/2168 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 2 Die Zahlen hierzu können der nachfolgenden Übersicht entnommen werden: Jahr Anträge Ablehnungen Sonstige (Widerrufe, zurückgezogene Anträge) bewilligte Erstattungsvoranfragen gesamt darunter beruflich gesellschaftspolitisch ehrenamtlich 2001 254 92 55 107 99 7 1 2002 688 150 45 493 476 14 3 2003 1.158 520 35 603 525 73 5 2004 1.105 838 50 217 119 90 8 2005 519 266 38 215 138 60 17 2006 594 167 50 377 299 71 7 2007 889 159 96 634 535 92 7 2008 969 312 41 616 526 81 9 2009 834 230 48 556 444 106 6 2010 1.044 403 63 578 519 52 7 2011 1.024 448 32 544 470 70 4 2012 1.043 517 47 479 407 71 1 per 10.09.2013 847 183 113 377 304 69 4 2. Wie hat sich die Anzahl der vom Land anerkannten Bildungsveranstaltungen nach Maßgabe Bildungsfreistellungsgesetzes MecklenburgVorpommern seit dessen Einführung jährlich entwickelt (bitte insgesamt sowie nach den jeweiligen Bereichen (beruflich, gesellschaftspolitisch , Ehrenamtsqualifizierung) und mit der genehmigten Teilnehmerinnenzahl /Teilnehmerzahl darstellen)? Die Anzahl der anerkannten Bildungsveranstaltungen hat sich wie folgt entwickelt: Anerkennung von Bildungsmaßnahmen Jahr anerkannte Bildungsveranstaltungen gesamt darunter beruflich gesellschaftspolitisch ehrenamtlich 2001 427 288 139 0 2002 800 359 437 4 2003 839 389 448 2 2004 609 218 390 1 2005 673 216 456 1 2006 635 256 378 1 2007 762 338 423 1 2008 839 445 390 4 2009 875 494 379 2 2010 808 429 374 5 2011 857 535 315 7 2012 1.014 774 238 2 Angaben zu den Teilnehmenden werden statistisch nicht erfasst. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/2168 3 3. Wie haben sich seit Einführung des Bildungsfreistellungsgesetzes jährlich der jeweilige Haushaltsansatz und das zweckentsprechende Ausgaben-Ist entwickelt? a) Bis zu welchem Monat konnten seit Einführung des Gesetzes jähr- lich die eingehenden Anträge positiv beschieden und die Entgeltausfälle infolge der Teilnahme an Weiterbildungsmaßnahmen ausgeglichen werden? b) Warum wurde seitens der Landesregierung auf den offensichtlich deutlich höheren Bedarf nicht durch die Einstellung erhöhter Finanzmittel reagiert? In den Jahren 2001 bis 2005 war das Ministerium für Arbeit, Bau und Landesentwicklung Mecklenburg-Vorpommern für die Durchführung des Bildungsfreistellungsgesetzes zuständig. Es konnten folgende Zahlen ermittelt werden: Jahr Kapitel/Titel Haushaltsansatz Mittelabfluss 2001 1503 682.03 1503 683.10 100.000,00 DM 200.000,00 DM 52.079,00 DM 2002 1502 683.01 153.400,00 Euro 41.408,47 Euro 2003 1502 683.01 153.400,00 Euro 119.714,38 Euro 2004 1502 683.01 153.400,00 Euro 35.234,54 Euro 2005 1502 683.01 153.400,00 Euro 35.387,37 Euro Für die Jahre 2006 und die darauffolgenden Jahre wurden in den Haushaltsjahren folgende Mittel im Haushalt zur Verfügung gestellt beziehungsweise zweckentsprechend verwendet: Jahr Haushaltsansatz (in Euro) Mittelabfluss (in Euro) 2006 203.400,00 105.473,89 2007 203.400,00 141.797,75 2008 203.400,00 186.427,40 2009 203.400,00 172.503,76 2010 203.400,00 187.602,45 2011 203.400,00 182.808,25 2012 188.400,00 144.423,54 Der unvollständige Mittelabfluss lässt sich darauf zurückführen, dass durch positiv beschiedene Erstattungsvoranfragen die Mittel bereits gebunden wurden, später aber, zum Beispiel durch Nichtteilnahme der Arbeitnehmerin oder des Arbeitnehmers an der Veranstaltung, nicht mehr zur Auszahlung kamen. Zu 3 a) Die Erhebungen der Jahre 2010 bis 2012 haben ergeben, dass die Haushaltsmittel bereits im April des jeweiligen Jahres durch bewilligte Erstattungsvoranfragen gebunden waren. Es kann davon ausgegangen werden, dass in den Jahren zuvor im selben Zeitraum die Haushaltsmittel ausgeschöpft waren. Drucksache 6/2168 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 4 Zu 3 b) Die bisherigen Ansätze sind vom Parlament jeweils bestätigt worden. 4. Welche Kenntnis hat die Landesregierung über die Struktur und Herkunft der Antrag stellenden Betriebe? a) Um welche Betriebsgrößen handelt es sich? b) Welchen Branchen sind die Antrag stellenden Betriebe zuzuord- nen? c) Wie verteilt sich die Antragstellung auf die Landkreise und kreis- freien Städte? Zu 4, 4 a), 4 b) und 4 c) Die Fragen 4, 4 a), 4 b) und 4 c) werden zusammenhängend beantwortet. Diese Angaben werden vonseiten der Landesregierung in statistischer Form nicht erfasst. 5. Inwieweit wäre eine Beschränkung der Möglichkeit zur Antragstellung im Bereich der beruflichen Weiterbildung auf Klein- und Kleinstbetriebe (bis zu 20 bzw. bis zu 5 Mitarbeiterinnen/Mitarbeiter) eine Alternative zur Herauslösung dieser Förderung aus dem Gesetz? Aufgrund der Struktur der Wirtschaft in Mecklenburg-Vorpommern würde ein großer Anteil der Betriebe darunter fallen, so dass sich die Mittelvergabe weiterhin vorrangig auf die berufliche Weiterbildung konzentrieren würde. Weiterhin würde ein zusätzlicher Prüfaufwand entstehen. 6. Inwieweit wäre eine pauschale Unterstützung der Weiterbildungsaktivitäten anstelle des aktuell vollzogenen vollen Entgeltausgleichs , insbesondere für den Bereich der beruflichen Weiterbildung eine Alternative zur Herauslösung aus dem Gesetz? Die Vorteile der pauschalen Unterstützung wurden durch die Landesregierung erkannt. Daher ist diese Form für die politische und ehrenamtsqualifizierende Weiterbildung vorgesehen. Die Freistellung für die berufliche Weiterbildung ist auch ohne Erstattung zumutbar. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/2168 5 7. Welche alternativen Fördermöglichkeiten (außerhalb des SGB II und des SGB III) im Bereich der beruflichen Weiterbildung sieht die Landesregierung bei unveränderter Beschlussfassung zum Gesetzentwurf ? Das Bildungsfreistellungsgesetz ist nicht primär als Förderung der beruflichen Weiterbildung anzusehen. Vielmehr soll ein Anspruch auf Freistellung eröffnet werden. Dieser Freistellungsanspruch bleibt auch für die berufliche Weiterbildung nach der Gesetzesnovelle bestehen. 8. Wie soll nach unveränderter Annahme die Möglichkeit der Inanspruchnahme von Weiterbildungsmöglichkeiten im gesellschaftspolitischen Bereich und in der Ehrenamtsqualifizierung nach Auffassung der Landesregierung beworben werden, insbesondere vor dem Hintergrund der bislang eindeutig dominierenden Inanspruchnahme zu Zwecken der beruflichen Weiterbildung? Eine Bewerbung der Weiterbildungsmöglichkeiten nach dem Bildungsfreistellungsgesetz erfolgt über die Internetseiten des Ministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur, über den Bildungsserver sowie über Werbung der Weiterbildungsanbieter. Bislang wurde eine Vielzahl von Anträgen abgelehnt, welche nun positiv beschieden werden können. Es ist davon auszugehen, dass die Inanspruchnahme in den gesellschaftspolitischen Bereichen sowie der Ehrenamtsqualifizierung steigen wird. Drucksache 6/2168 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 6 9. In welchen gesetzlichen und sonstigen Regelungen der Bundes- republik Deutschland und des Landes Mecklenburg-Vorpommern ist der Rechtsanspruch auf bezahlten Bildungsurlaub, zu dem sich die Bundesrepublik Deutschland mit dem Übereinkommen 140 der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) verpflichtet hat verankert? a) In welcher Form, Art und Weise oder Umfang besteht für Arbeit- nehmerinnen und Arbeitnehmer ein Rechtsanspruch auf bezahlte Bildungsfreistellung in der Bundesrepublik Deutschland? b) In welchem Umfang wird bezahlter Bildungsurlaub von Beschäftigten in Mecklenburg-Vorpommern außerhalb der Regelungen des Bildungsfreistellungsgesetzes des Landes MecklenburgVorpommern in Anspruch genommen? c) Wie unterstützt die Landesregierung außerhalb der Regelungen des Bildungsfreistellungsgesetzes die Durchsetzung des Rechtsanspruchs auf bezahlten Bildungsurlaub? Zu 9 und 9 a) Die Fragen 9 und 9a) werden im Zusammenhang beantwortet. Der Rechtsanspruch auf Bildungsfreistellung wird in der Bundesrepublik Deutschland durch die Länder geregelt. Eine Übersicht zu den einzelnen Regelungen kann folgender Internetseite der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland entnommen werden: http://www.kmk.org/fileadmin/pdf/Bildung/AllgWeiterbildung/BU_BF_Laenderuebersicht_2013.pdf Zu 9 b) Hierzu liegen der Landesregierung keine Kenntnisse vor. Zu 9 c) Außerhalb des Bildungsfreistellungsgesetzes erfolgt keine Unterstützung, da das Bildungsfreistellungsgesetz die gesetzliche Regelung zur Umsetzung des Rechtsanspruchs auf bezahlte Bildungsfreistellung darstellt. Weitere Regelungen wie zum Beispiel Sonderurlaub bleiben davon unberührt. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/2168 7 10. Inwieweit wird das Bildungsfreistellungsgesetz des Landes dem Rechtsanspruch auf Bildungsfreistellung dem Anspruch des Übereinkommens 140 IAO nicht gerecht, da ja durch das BfG Mecklenburg-Vorpommern lediglich der Lohnersatzanspruch für den Arbeitgeber geregelt wird und nicht der grundlegende und in einem Gesetz höherer Ebene fixierte Rechtsanspruch außer Kraft gesetzt werden kann, wie im Gesetzentwurf Seite 2 Absatz 2 Satz 3 suggeriert wird? Sowohl das bislang gültige Bildungsfreistellungsgesetz als auch der Entwurf eines Gesetzes zur Freistellung für Weiterbildungen für das Land Mecklenburg-Vorpommern (Bildungsfreistellungsgesetz - BfG M-V) regeln nicht nur den Lohnersatzanspruch, sondern ebenso den Freistellungsanspruch. Der Rechtsanspruch wird somit entsprechend des Übereinkommens 140 IAO im Gesetz fixiert.