Der Minister für Wirtschaft, Bau und Tourismus hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 16. Oktober 2013 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 6/2255 6. Wahlperiode 17.10.2013 KLEINE ANFRAGE des Abgeordneten Helmut Holter, Fraktion DIE LINKE Stärkung des barrierefreien Tourismus in Mecklenburg-Vorpommern und ANTWORT der Landesregierung In seiner 13. Sitzung am 15. März 2012 verabschiedete der Landtag den Antrag „Stärkung des barrierefreien Tourismus in MecklenburgVorpommern “ (Drucksache 6/389). 1. Wie beurteilt die Landesregierung die Entwicklung auf dem Gebiet barrierefreier touristischer Angebote in Mecklenburg-Vorpommern in den letzten Jahren? a) Wo bestehen dahingehend noch Defizite? b) An welchen Eckpunkten bzw. an welchem Zahlenmaterial wird die Einschätzung der Entwicklung seitens der Landesregierung fest- gemacht? c) Wie viele touristische Angebote sind speziell auf Menschen mit Behinderung in Mecklenburg-Vorpommern ausgerichtet (bitte unter- scheiden in spezielle Angebote für sinnesbehinderte, geistig behin- derte und körperlich behinderte Menschen)? In Mecklenburg-Vorpommern ist seit einigen Jahren eine kontinuierlich positive Entwicklung im „Tourismus für Alle“ zu verzeichnen. Wichtig war dabei die Einführung des Managementsystems des Tourismusverbandes Mecklenburg-Vorpommern e. V. (TMV) „Qualitätsmanagement Barrierefreier Tourismus“ (QMB). Eine Signalwirkung hatte auch der TourismusWettbewerb „Ohne Barrieren“ für Orte und Unternehmen im Jahr 2011. In den vergangenen Jahren haben sich landesweit 15 regionale und lokale Initiativen für die Schaffung barriere- freier touristischer Angebote und deren Vermarktung gebildet. Drucksache 6/2255 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 2 Der Landestourismusverband vermarktet in der Hauptsache geprüfte Angebote (QMB), dies sind derzeit 64 zertifizierte Einrichtungen, von Beherbergungsbetrieben über Freizeit- einrichtungen bis zu Kommunen. Weitere Angebote sind über die regionalen Tourismus- organisationen, Kurvermittlungen und Touristinformationen buchbar. Zu a) Defizite werden noch bei Angeboten, die die Servicekette insgesamt umfassen, bei Angeboten für sinnesbehinderte Menschen sowie bei Aktivangeboten für behinderte Menschen gesehen. Zu b) Die Landesregierung macht die positive Entwicklung im Wesentlichen an folgenden Fakten fest: - Anzahl der lokalen Netzwerke (15), die sich in den letzten 5 Jahren gebildet haben, - steigende Anzahl von zertifizierten (QMB) Einrichtungen und Betrieben, - Listung von Angeboten in Internetportalen und bei spezialisierten Reiseanbietern [zum Beispiel: Internetportal Rolli-Hotel online - zweithöchste Zahl von Angeboten aus Mecklenburg-Vorpommern (24) nach Bayern (40)], - steigende Zahl von Angeboten für sinnesbehinderte Menschen (zum Beispiel: neu seit 2013: Spezialführungen für sehbehinderte Menschen mit ent- sprechendem didaktischen Material, wie der Museumsführer im Staatlichen Museum Schwerin). Zu c) Nach Erhebungen des Landestourismusverbandes liegt die Zahl der angebotenen Betten in Mecklenburg-Vorpommern in dem Segment derzeit bei rund 1.500. Inzwischen sind nach diesen Erhebungen rund 60 Prozent der Erlebnisbäder, 40 Prozent der Museen, 95 Prozent der Naturinformationszentren sowie 70 Prozent der Touristinformationen barrierearm bezieh- ungsweise barrierefrei nutzbar. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/2255 3 2. Welche inhaltlichen Aspekte enthält die neu entwickelte Leitlinie der Landesregierung? a) Welche konkreten Umsetzungsschritte sind in der Leitlinie festgeschrieben worden (bitte tabellarisch geplantes Jahr der Umsetzung, Umsetzungsschritte und Ziele darstellen)? b) Durch welche Haushaltstitel des Doppelhaushalts 2014/2015 sind die konkreten Umsetzungsschritte für diese Jahre finanziell untersetzt bzw. welche Haushaltstitel haben im Allgemeinen die konkrete Förderung der Barrierefreiheit im Tourismus im Blick? c) Sollte die neue Leitlinie noch nicht vorliegen, wie ist der aktuelle Umsetzungsstand und ab welchem Datum kann damit gerechnet werden? Die Fragen 2, a), b) und c) werden zusammenhängend beantwortet. Die in der Landtagsdrucksache 6/389 geforderte Leitlinie für die weitere Entwicklung eines „Tourismus für Alle“ liegt noch nicht vor. Eine wichtige Voraussetzung hierfür sind konkrete Aussagen zu den Fördermöglichkeiten für die Umsetzung von Maßnahmen in den Strukturfonds der neuen Förderperiode, zum Beispiel im Rahmen des Europäischen Sozialfonds (ESF). Die Entwicklung der entsprechenden Leitlinie erfolgt parallel. 3. Welche Fortschritte im Detail wurden hinsichtlich der Sensibilisierung und Anregung der Wirtschaft, des öffentlichen Personenfern- und Nahverkehrs und der gesamten Tourismusbranche, sich verstärkt für die Barrierefreiheit einzusetzen, erreicht? Die Eisenbahnunternehmen und die Aufgabenträger des öffentlichen Personennahverkehrs sowie die Unternehmen, die diesen betreiben, bemühen sich um eine konsequente Umsetzung der Barrierefreiheit sowohl bei der Infrastruktur als auch bei den Verkehrsangeboten. Infrastrukturinvestitionen und Busbeschaffungen werden vom Land nur noch gefördert, wenn sie den gesetzlichen Ansprüchen an die Barrierefreiheit genügen. Beide Fördermittelbudgets wurden für dieses Jahr um 1,5 Mio. Euro aufgestockt. Durch die Änderungen des Personenbeförderungsgesetzes zum 01.01.2013 wurde eine gesetzliche Regelung geschaffen, nach der bis zum Januar 2022 für die Nutzung des ÖPNV eine vollständige Barrierefreiheit zu erreichen ist. Ergänzt werden diese Regelungen um Vorschriften zum liberalisierten Personenfernverkehr. Danach müssen bis zum Januar 2020 alle Kraftomnibusse, die im Personenfernverkehr eingesetzt werden, bestimmte technische Anforderungen erfüllen und mit mindestens zwei Stellplätzen für Rollstuhlfahrer ausgerüstet sein. Die in Antwort zu Frage 5 aufgezählten Projekte haben erheblich zur Sensibilisierung von Betrieben und Kommunen beigetragen. So nutzen zum Beispiel viele Kommunen und Unter- nehmen die im QMB festgelegten Kriterien zur internen Überprüfung der Barrierefreiheit ihrer Angebote und Infrastruktur. Drucksache 6/2255 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 4 4. In welche Programme wurde die Herstellung von Barrierefreiheit als Fördervoraussetzung aufgenommen bzw. in welchen Programmen wird die Landesregierung die Herstellung von Barrierefreiheit kurzfristig festschreiben? Im Rahmen der Ermessensentscheidung zur Ausschöpfung der Höchstfördersätze, etwa im Tourismusbereich, wird das Kriterium Barrierefreiheit besonders berücksichtigt. Vom Antragsteller sind bei einer Förderung die bestehenden Gesetze, Verordnungen und Richtlinien einzuhalten. 5. Welche wegweisenden Modellprojekte bezüglich barrierefreier Angebote und Dienstleistungen hat die Landesregierung seit 2010 unterstützt (bitte kurze Projektskizze, Art und Umfang der Unter- stützung und Erfolg der einzelnen Projekte darstellen)? Projekt „Intensivierung des Marketings für einen barrierefreien Tourismus in MecklenburgVorpommern “ Der Landestourismusverband hat im Rahmen des landesweiten Projektes zusammen mit dem Verein „Ohne Barrieren“ e. V. die weitere Entwicklung barrierefreier Angebote, eine Vernetzung der einzelnen Regionalaktivitäten im Land und die Aufbereitung der touristischen Angebote für ein gemeinsames überregionales Marketing unter dem Dach des TMV vorangetrieben. Durch das Projekt wurde im Land eine neue, verbesserte Qualität im Umgang mit dem Thema Barrierefreiheit erreicht: - Kommunikation und Umsetzung der Qualitätsstandards zur Barrierefreiheit, - Prüfung und Beratung der Angebote und der Serviceketten, - Stärkung des Marketings für barrierefreien Tourismus (Messeauftritte), - Programmentwicklung mit spezialisierten Reiseveranstaltern, Einbindung der barriere- freien Produkte in die Kataloge und in die anderen Produkte des Landesverbandes und der Regionen, Beratung bei Gästeanfragen zum barrierefreien Tourismus). Projektlaufzeit: 01.10.2009 bis 31.10.2012 Förderung: 120.000 Euro Projekt „Konkreter Anpassungsbedarf der Kur- und Erholungsorte in MecklenburgVorpommern an den demografischen Wandel“ Ziel des durch den Bäderverband Mecklenburg-Vorpommern e. V. durchgeführten Projektes war die Herauskristallisierung von Anforderungen zur bedarfsgerechten Ausrichtung der Kur- und Erholungsorte unter dem Gesichtspunkt des demografischen Wandels. Auf Basis der Analyse des Ist-Zustandes wurden neue Infra- und Angebotsstrukturen, Marketingstrategien, Angebotsgestaltungen sowie Schulungsbedarfe entwickelt. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/2255 5 Durch eine zukunftsorientierte Weiterentwicklung der Kur- und Erholungsorte sollten neue innovative Wertschöpfungsketten initiiert werden. Der Bäderverband Mecklenburg-Vorpommern e. V. hat als Ergebnis seines Projektes einen Leitfaden erstellt, der sich unter anderem auch mit der Thematik Barrierefreiheit in den Kur- und Erholungsorten befasst. Projektlaufzeit: 01.01.2010 bis 31.03.2012 Fördersumme: 74.550 Euro Projekt „Barrierefreier Gesundheitstourismus in Mecklenburg-Vorpommern“ Träger des Projektes ist der Verein „Ohne Barrieren“ e. V. Generelles Ziel des Vorhabens ist die landesweite Entwicklung des barrierefreien Gesundheitstourismus als Markenzeichen in Mecklenburg-Vorpommern. Dazu sollen in enger Abstimmung mit dem Tourismusverband Mecklenburg-Vorpommern e. V. und in Zusammenarbeit mit wichtigen sozialen Dachverbänden (Allgemeiner Behinder- tenverband M-V e. V., Blinden- und Sehschwachen Verband M-V e. V., Sozialverband M-V e. V.) sowie Unternehmen Leitlinien für zielgruppengerechte und regionalspezifische Programme und Marketingstrategien entwickelt werden. Projektlaufzeit: 26.06.2013 bis 30.06.2015 Fördersumme: 225.000 Euro Förderung Tour-Guide-Anlage Der Verein Haus der Begegnung Schwerin e. V. erhielt einen Zuwendungsbescheid für die Anschaffung einer Tour-Guide Anlage. Mit der Anschaffung dieser Geräte soll Menschen mit Hörbehinderungen die Möglichkeit eröffnet werden, an Gästeführungen und kulturellen Veranstaltungen teilzunehmen. Die Anschaffung von Hörgeräten ist ein wichtiger Beitrag zur weiteren Umsetzung des barrierefreien Tourismus. Angesichts des demografischen Wandels wird die Zahl der Schwerhörigen steigen und somit der Bedarf zunehmen. Fördersumme: 8.600 Euro Projekt: „Entwicklung des Tourismus für Alle in Schwerin - insbesondere für Menschen mit Hör- und Sehbehinderungen“ (Verein Haus der Begegnung Schwerin e. V.) Im Rahmen des Projektes erfolgte die Beratung touristischer Anbieter in der Region Schwerin, Parchim, Ludwigslust, Nordwestmecklenburg bei der Entwicklung barrierefreier Angebote und der Vernetzung bestehender Angebote zu Serviceketten und die Recherche von „Best-Practice“-Beispielen im Bereich der Hör- und Sehbehinderungen, um interessierten Unternehmen praktische Hilfe bei der Angebotsentwicklung zu geben. Im Ergebnis entstand eine Datenbank mit touristisch relevanten Informationen sowie neuen barrierefreien Angeboten zur Verwertung durch die Tourismusverbände und die Stadtmarketinggesellschaft Schwerin mbH. Drucksache 6/2255 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 6 Projektlaufzeit: 01.10.2010 bis 30.09.2011 Förderung: 20.000 Euro Projekt: „Förderung des ‚Tourismus für ALLE’ in Schwerin und Westmecklenburg“ (Verein Haus der Begegnung Schwerin e. V.) Im Rahmen des Projektes erfolgte eine Weiterentwicklung der touristischen Angebote für Behinderte in der Region Schwerin und die Beratung touristischer Anbieter, Einzelhänd- ler/Einkaufs-Center, Bildungsträger etc. für die Schaffung eines barrierefreien Angebotes beziehungsweise Qualifizierung der Mitarbeiter. Desweiteren wurden Fachtagungen/Work- shops durchgeführt und die Anbieter bei Vermarktungsstrukturen auf kommunaler/regionaler Ebene und bei der Planung und Durchführung von barrierefreien Veranstaltungen (zum Beispiel: Messe 50+, Barockfest Ludwigslust, Filmkunstfest) unterstützt. Projektlaufzeit: 01.01.2012 - 31.12.2012 Förderung: 20.000 Euro Hotel Sportforum in Rostock Das neue und barrierefrei gestaltete Hotel Sportforum beschäftigt als integratives Hotel Menschen mit Behinderungen. Zukünftig soll das Haus auch als Ausbildungshotel für Lern- und Körperbehinderte im Gastrobereich genutzt werden. Förderung: 630.000 Euro für Investitionen (Lohnkostenzuschuss in Abhängigkeit vom individuellen Förderbedarf behinderter Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen.) Eröffnung August 2013.