Der Minister für Inneres und Sport hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 14. Oktober 2013 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 6/2258 6. Wahlperiode 14.10.2013 KLEINE ANFRAGE der Abgeordneten Silke Gajek, Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Untersuchung und Konsequenzen zum Tod eines in Mecklenburg-Vorpommern lebenden Mauretaniers und ANTWORT der Landesregierung Nach unseren derzeitigen Erkenntnissen wurde am 17. September 2013 in der unmittelbaren Nähe zur Erstaufnahmeunterkunft in Horst die Leiche eines 32-jährigen Mauretaniers gefunden. Der Asylbewerber ist nach vorliegenden Informationen am 22. August nach Horst gekommen. 1. Was war die Grundlage für den Wechsel der Unterkunft aus Nordrhein-Westfalen nach Mecklenburg-Vorpommern? Der oben genannte Mauretanier wurde am 21.08.2013 von der Zentralen Ausländerbehörde der Stadt Dortmund aufgrund einer Entscheidung des Bundesamtes für Migration und Flücht- linge nach § 46 Asylverfahrensgesetz an die Aufnahmeeinrichtung des Landes Mecklenburg- Vorpommern in Nostorf/Horst weitergeleitet, weil die ihr zugeordnete Außenstelle des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge bundesweit die einzige ist, die Asylanträge von Personen aus Mauretanien bearbeitet. 2. Sind die relevanten Unterlagen des vom Wohnortwechsel Betroffenen weitergeleitet worden und wenn ja, wann sind sie in Horst einge- gangen (bitte Zeitpunkt des dokumentierten Eingangs angeben)? Die relevanten Unterlagen wurden der Landesaufnahmeeinrichtung Nostorf/Horst von der Zentralen Ausländerbehörde der Stadt Dortmund übersandt und sind am 23.08.2013 per Post eingegangen. Drucksache 6/2258 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 2 3. Welche Abläufe sind oder waren Bestandteil im Zuge der Neuauf- nahme in Horst bzw. eines Aufenthaltswechsels, wie am Beispiel des Mauretaniers? Zur Aufnahme eines Asylbewerbers in der Landesaufnahmeeinrichtung Nostorf/Horst gehören insbesondere: - Präsentation einer DVD mit Informationen des Hohen Flüchtlingskommissars der Verein- ten Nationen über das Asylverfahren, - gegebenenfalls Einziehen einer Sicherheitsleistung durch die Polizei, - Zuweisung eines Unterkunftsplatzes, - Einholung einer Selbstauskunft, insbesondere über Verwandtschaftsbeziehungen in Deutschland sowie Einkommen und Vermögen, - Erfassung der persönlichen Daten, - Ausstellung eines Hausausweises, - Belehrung über Rechte und Pflichten eines Asylbewerbers nach § 47 Absatz 4 des Asyl- verfahrensgesetzes, - Einholen einer Einverständniserklärung über Datenerhebung, -erfassung und -speicherung, - Aushändigung allgemeiner Hinweise über den Aufenthalt in der Aufnahmeeinrichtung, - Belehrung über das Stellen eines Asylantrages nach § 14 Absatz 1 und § 23 Absatz 2 des Asylverfahrensgesetzes, - Erstaufnahmeuntersuchung im medizinischen Dienst der Landesaufnahmeeinrichtung, - Stellung eines Asylantrages bei der Außenstelle des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge in Nostorf/Horst. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/2258 3 4. Wie war die Auffundsituation, welche Ursachen für den Tod konnten festgestellt werden? a) Lagen bei der betroffenen Person Anzeichen oder Hinweise für eine Erkrankung oder Gefährdung vor? b) Wann werden Gesundheitschecks, medizinische Untersuchungen und Aufnahmegespräche gemacht bzw. geführt und wurden diese mit der betreffenden Person durchgeführt und wenn nicht, warum nicht? c) Welche Informationen gab es mit Hinblick auf Gesundheitszustand und Verfassung? Die in bereits fortgeschrittenem Verwesungszustand befindliche Leiche wurde auf dem Bauch liegend mit dem Kopf nach links gedreht vorgefunden. Sie war komplett bekleidet, die Beine waren im unteren Bereich mit den Schnürsenkeln der Schuhe zusammengebunden. Die Leichenschau und die rechtsmedizinische Untersuchung haben keine Hinweise auf eine Gewalteinwirkung ergeben, sodass von einem Suizid auszugehen ist. Bei den zusammen- gebundenen Beinen könnte es sich um eine bei Selbstmord nicht unübliche Vorsorge zur Verhinderung der Selbstrettung handeln. Zu a), b) und c) Die betroffene Person wurde am 22.08.2013 in der Landesaufnahmeeinrichtung aufge- nommen. Am gleichen Tag erfolgte die Erstuntersuchung durch den vor Ort tätigen medizi- nischen Dienst. Von der Mitteilung von Informationen zum Gesundheitszustand des Verstor- benen wird aus datenschutzrechtlichen Erwägungen und mit Blick auf die postmortal geltende Menschenwürde - auch unter besonderer Beachtung des Kulturkreises des Verstorbenen – abgesehen. Zu einem erneuten Besuch im medizinischen Dienst kam es nicht, da die genannte Person die Aufnahmeeinrichtung bereits am 24.08.2013 „mit unbekanntem Ziel“ verlassen hatte und nicht wieder zurückkehrte. 5. Wie will die Landesregierung die Unversehrtheit von besonders schutzbedürftigen Personen gewährleisten? Das Recht auf körperliche Unversehrtheit gehört zu den Grundrechten eines jeden Menschen im Geltungsbereich des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland. Es wird zusammen mit dem Recht auf Freiheit der Person in Artikel 2 Absatz 2 des Grundgesetzes garantiert. Daraus folgt, dass alle in der Bundesrepublik Deutschland lebenden Menschen, unabhängig von ihrer Nationalität, gleichermaßen Anspruch auf Schutz und Fürsorge des Staates haben. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 6 verwiesen. Drucksache 6/2258 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 4 6. Wann wird das von der EU bereits beschlossene Identifikations- verfahren, das gleiche Standards für alle Asylbewerberinnen und Asylbewerber garantiert, in Mecklenburg-Vorpommern umgesetzt? Wie alle übrigen Bundesländer auch ist Mecklenburg-Vorpommern an einer Klärung interessiert, ob und in welcher Weise eine gemeinsame Vorgehensweise von Bund und Ländern möglich ist, um bei der Umsetzung der sich aus § 22 der Aufnahmerichtlinie und § 24 der Verfahrensrichtlinie ergebenden Identifikationsaufträge zu besonders schutzbedürf- tigen Personen möglichst wechselseitige Synergieeffekte zu nutzen und den Verwaltungs- aufwand zu minimieren. Die Thematik soll im Rahmen der Länderarbeitsgemeinschaft für Flüchtlingsfragen und Inte- gration zum Arbeitsschwerpunkt „Angelegenheiten der Aufnahme, Verteilung und sozialen Versorgung von ausländischen Flüchtlingen sowie der Rückkehrhilfe und Reintegration“ erörtert werden. Ein genauer Besprechungstermin steht allerdings noch nicht fest.