Die Ministerin für Arbeit, Gleichstellung und Soziales hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 21. Oktober 2013 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 6/2261 6. Wahlperiode 22.10.2013 KLEINE ANFRAGE der Abgeordneten Barbara Borchardt und Torsten Koplin, Fraktion DIE LINKE Situation in der Forensischen Psychiatrie und Psychotherapie in Mecklenburg-Vorpommern und ANTWORT der Landesregierung 1. Wie stellt sich aktuell die Kapazitäts- und Belegungssituation für die Forensische Psychiatrie und Psychotherapie in MecklenburgVorpommern dar? Die drei Kliniken für Forensische Psychiatrie in Mecklenburg-Vorpommern haben zusammen eine Kapazität von 235 Plätzen. Mit Stand September 2013 sind 206 Patienten stationär untergebracht, 10 Patienten in Außenwohngruppen, 5 Patienten im Probewohnen und 14 Patienten im weniger gesicherten Bereich. 2. Für welchen Zeitraum bzw. seit wann und in welchem Umfang existierten oder existieren an den jeweiligen Standorten seit dem Jahr 2007 Überbelegungen? In der folgenden Tabelle ist die durchschnittliche Jahresbelegung dargestellt: Klinik Soll Belegung Kapazität 2008 2009 2010 2011 2012 2013 Ueckermünde 66 66 67 68 70 70 72 Hansestadt Rostock 83 81 82 81 80 78 80 Hansestadt Stralsund 86 93 89 86 87 86 80 Drucksache 6/2261 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 2 3. Wie viele Quadratmeter Wohnfläche stehen den Patienten nach welchen rechtlichen Vorschriften oder vergleichbaren Unterbringungsvorschriften und aktuell am jeweiligen Standort zur Verfügung ? Die Mindestgröße der Patientenzimmer in den Einrichtungen des Maßregelvollzugs ist nicht gesetzlich festgesetzt. Nach bestehender höchstrichterlicher Rechtsprechung ist eine verfassungskonforme Unterbringung jedoch dann anzunehmen, wenn die auf die Patienten entfallende Grundfläche (bei abgetrenntem Sanitärbereich) 5 - 9 m² nicht unterschreitet. Dieser Vorgabe werden die Maßregelvollzugskliniken des Landes Mecklenburg-Vorpommern gerecht. Die durchschnittliche Größe der Patientenzimmer in den Einrichtungen des Maßregelvollzugs des Landes beträgt 13,41 m² für Einzelzimmer und 17,18 m² für Doppelzimmer. In den Kliniken Ueckermünde und Rostock beträgt die Größe der Einzelzimmer 12 m² und der Doppelzimmer 18 m². Die Einzelzimmer der Stralsunder Klinik sind durchschnittlich 14,82 m² groß, die Doppelzimmer im gesicherten Bereich 16,36 m² und die Doppelzimmer im weniger gesicherten Bereich 14,8 m². Weiterhin stehen den Patienten gemeinschaftlich nutzbare Wohnflächen (Aufenthaltsräume, Gartenanlagen usw.) zur Verfügung. 4. Wie hat sich der Platzzahlbedarf seit dem Jahr 2007 jährlich entwickelt und auf Grundlage welcher Bedarfsprognose, zum Beispiel bis zum Jahr 2020, plant die Landesregierung welche Kapazitätserweiterungen ? In der folgenden Tabelle sind die durchschnittlichen Patientenzahlen für die Unterbringung in Mecklenburg-Vorpommern angegeben: Patientenzahl Jahr 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 * M-V 234 240 238 235 237 234 232 * Durchschnittliche Zahl der Patienten vom 1. Januar bis 1.September 2013 Eine zuverlässige Prognostizierung des zukünftigen Bedarfs ist nicht möglich, weil die Zahl der Patienten ausschließlich abhängig ist von der Anzahl der Straftaten und der Einweisungspraxis der Gerichte. Daneben bestimmt der Therapieerfolg des Patienten sowohl die Dauer als auch die Art der Unterbringung, also zum Beispiel ob der Patient Lockerungen erhält und im weniger gesicherten Bereich oder sogar in einer Außenwohngruppe untergebracht werden kann. Nach der Entwicklung der letzten Jahre und der gegenwärtigen Situation ist davon auszugehen, dass die Klinikerweiterung in Rostock dazu führt, dass die Bettenkapazität bis zum Jahr 2020 den Anforderungen genügt. Mit den zusätzlichen Betten in Rostock sollen Verlegungen in andere Bundesländer entbehrlich werden und eine Entlastung der Ueckermünder sowie der Stralsunder Klinik erfolgen. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/2261 3 5. Wie stellt sich die räumliche Situation an den jeweiligen Standorten insgesamt dar (wie viele Beratungs-, Kriseninterventions-, Aufenthaltsräume etc. gibt es mit welcher Fläche)? Die räumliche Situation stellt sich in Stralsund wie folgt dar: - 5 Aufenthaltsräume mit einer Gesamtfläche von 160,23 m2, davon hat ein Raum eine Größe von 19,96 m2, drei Räume sind je 34,91 m2 und ein Raum ist 35,54 m2 groß, - 2 Beratungsräume mit 60,57 m2 und 23,96 m2 (Diese Räume werden multifunktionell genutzt.), - 4 Kriseninterventionsräume mit einer Fläche von 12,45 m2 bzw. dreimal je 8,71 m2. Die Klinik in Rostock verfügt über folgende Raumkapazitäten: - 9 Aufenthaltsräume für Patienten mit einer durchschnittlichen Fläche von je 28 m2, - 1 allgemeiner Beratungsraum mit einer Fläche von 52,00 m2, - 8 Kriseninterventionsräume mit einer Fläche von je 13,48 m2. In Ueckermünde gibt es folgende räumliche Situation: - 6 Aufenthaltsräume für Patienten mit einer durchschnittlichen Fläche von je 28 m2, - 2 Besprechungs-, Konferenz- und Gruppenräume mit einer Fläche von 51,11 m2 und einer Fläche von 29,02 m2, - 5 Kriseninterventionsräume mit einer Fläche von je 11 m2. 6. Bis wann wird die Überbelegungssituation an den jeweiligen Standorten andauern? Die gegenwärtige Überbelegung der Ueckermünder Klinik kann durch Verlegungen in die Stralsunder Klinik, die zurzeit über freie Betten verfügt, vermindert werden. Das wird voraussichtlich noch in diesem Monat erfolgen. 7. Aus welchen Gründen verweigert sich die Landesregierung einer am Standort Ueckermünde angebotenen kurzfristig möglichen und vergleichsweise kostenarmen Kapazitätserweiterung? Es ist davon auszugehen, dass mit der Kapazitätserweiterung in Rostock keine Kapazitätsprobleme mehr bestehen. Deshalb ist aus gegenwärtiger Sicht keine zweite Erweiterung erforderlich. Drucksache 6/2261 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 4 8. Welche rechtlichen Vorgaben bzw. einschlägigen Standards für die Betreuung gibt es und wie stellt sich die personelle Situation an den drei Standorten aktuell dar (wie viele Ärzte, welches weitere Fachoder Hilfspersonal pro Patienten)? Verbindliche Vorschriften beziehungsweise Standards hinsichtlich der zum Betrieb von Maßregelvollzugskliniken notwendigen Personalausstattung existieren nicht. Das Land Mecklenburg-Vorpommern orientiert sich an den von einem Expertengremium entwickelten Maßstäben und Grundsätzen für die Personalausstattung von Forensisch-Psychiatrischen Einrichtungen (sogenannte Personalverordnung Forensik). Unter Berücksichtigung der durchschnittlichen Belegung der Maßregelvollzugseinrichtungen ergibt sich nachfolgendes jeweiliges Personal-Patienten-Verhältnis bezogen auf die stationären Patienten: Stralsund - Arzt und Psychologe je Patient - Pfleger je Patient - Therapeut je Patient 0,135 VK* 1,017 VK 0,175 VK Rostock - Arzt und Psychologe je Patient - Pfleger je Patient - Therapeut je Patient 0,192 VK 1,227 VK 0,220 VK Ueckermünde - Arzt und Psychologe je Patient - Pfleger je Patient - Therapeut je Patient 0,114 VK 0,932 VK 0,156 VK * Vollkraft 9. Inwieweit verzögert oder gefährdet eine Doppel- oder gar Drittbelegung die Therapieerfolge bei den Patienten bzw. warum hat die Überbelegung nach Auffassung der Landesregierung keinen negativen Einfluss auf einen Therapieerfolg? a) Wie kommt die Landesregierung in der aktuellen Situation der Überbelegung an mindestens zwei Standorten zu der Einschätzung , dass sich die Situation in der Forensik in MecklenburgVorpommern insgesamt als zufriedenstellend darstellt? b) Wann haben die Besuche der Besuchskommission stattgefunden und welche Belegungssituation hat die Besuchskommission vorgefunden , die Grundlage für den Bericht der Kommission vom 23.08.2012 und Anlass für die Landesregierung war, den Bericht als Beleg für eine aktuell zufriedenstellende Situation heranzuziehen ? Zu 9 und 9 a) Die Fragen 9 und 9 a) werden zusammenhängend beantwortet. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/2261 5 Mecklenburg-Vorpommern verfügt über moderne Kliniken mit guten Unterbringungs- und Therapiebedingungen. So sind in vielen anderen Bundesländern Unterbringungen von 3 und mehr Patienten in einem Zimmer nicht selten. Auch die Zahl der Patienten auf einer Station ist hier im Land im Durchschnitt geringer. Die bestehende Personalbesetzung erlaubt durch ihre Quantität und Qualität eine gute Behandlung . Das spiegelt sich darin wider, dass in Mecklenburg-Vorpommern im bundesweiten Vergleich eine geringe Zahl von Vorkommnissen zu verzeichnen ist. Doppelzimmer sind in allen psychiatrischen Einrichtungen üblich. Das geschieht nicht zuletzt vor dem Hintergrund, dass das Zusammenleben soziale Fähigkeiten fördert. Das gilt grundsätzlich auch noch für eine Drittbelegung. Hier sind jedoch auch Nachteile zu sehen, da die Entfaltung des Einzelnen eingeschränkt sein kann. Deshalb stellen Drittbelegungen Ausnahmen dar, die nur bei einer Überbelegungssituation entstehen, nur wenige Patienten betreffen (gegenwärtig in einer Klinik drei Drittbelegungen) und so schnell wie möglich wieder aufgelöst werden (die drei Drittbelegungen werden noch in diesem Monat aufgelöst). Zusammenfassend ist davon auszugehen, dass die Doppel- und zeitweiligen Drittbelegungen keinen negativen Einfluss auf die Therapieerfolge besitzen. Zu 9 b) Die Besuche der Besuchskommission haben in Stralsund am 10. Juni 2010 und 12. Mai 2011, in Rostock am 24. Juni 2010 und 26. Mai 2011 und in Ueckermünde am 4. März 2010 und 10. März 2011 stattgefunden. Die Besuche der Besuchskommission finden jährlich in jeder forensischen Klinik statt. Zuletzt haben die Besuche stattgefunden: - Stralsund am 18. Oktober 2012 und 11. Juli 2013, - Rostock am 20. September 2012 und 6. Juni 2013, - Ueckermünde am 22. März 2012 und 25. April 2013. Dem Landtag Mecklenburg-Vorpommern ist der Bericht über die Arbeit der Besuchskommission mit Landtagsdrucksache 6/1741 vom 8. April 2013 übersandt worden.