Der Minister für Inneres und Sport hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 13. November 2013 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 6/2322 6. Wahlperiode 14.11.2013 KLEINE ANFRAGE der Abgeordneten Silke Gajek, Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Verbesserungsbedarf bei der Erstaufnahmeuntersuchung von Asylbewerbern und ANTWORT der Landesregierung Gemäß § 2 Asylverfahrensgesetz sind Ausländer, die in einer Aufnahmeeinrichtung oder Gemeinschaftsunterkunft zu wohnen haben, verpflichtet, eine ärztliche Untersuchung auf übertragbare Krankheiten einschließlich einer Röntgenaufnahme der Atmungsorgane zu dulden. Die oberste Landesgesundheitsbehörde oder die von ihr bestimmte Stelle bestimmt den Umfang der Untersuchung und den Arzt, der die Untersuchung durchführt. Das Ergebnis der Untersuchung ist der für die Unterbringung zuständigen Behörde mitzuteilen. 1. Wie läuft eine Erstaufnahmeuntersuchung in der Landesaufnahme- einrichtung Nostorf/Horst normalerweise ab? a) Wie viel Zeit steht für eine Erstaufnahmeuntersuchung zur Verfügung ? b) Welche Untersuchungen werden im Rahmen der Erstaufnahmeuntersuchung normalerweise vorgenommen? c) Kann eine Bewohnerin oder ein Bewohner der Landesaufnahmeeinrichtung nach einem ersten Gespräch mit dem medizinischen Personal selbst entscheiden, ob sie oder er eine Erstaufnahmeuntersuchung wünscht, die über die in § 62 des Asylverfahrensgesetz vorgeschriebenen Untersuchungen hinausgeht? Zu 1, 1 a), 1 b) und 1 c) Die Fragen 1, 1 a), 1 b) und 1 c) werden zusammenhängend beantwortet. Drucksache 6/2322 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 2 Im Rahmen der Erstuntersuchung werden die Bewohnerinnen und Bewohner der Landesaufnahmeeinrichtung in Nostorf-Horst auf ihren allgemeinen körperlichen und psychischen Zustand sowie auf übertragbare Krankheiten nach § 62 Absatz 1 Asylverfahrensgesetz in Verbindung mit § 36 Absatz 4 Infektionsschutzgesetz untersucht. Dazu gehören insbesondere - Blutdruck-und Pulsmessung, - Röntgenuntersuchung der Lunge (ab 16 Jahren, jedoch nicht bei Schwangeren), - Blutuntersuchung auf freiwilliger Grundlage inklusive HIV-Testung auf Wunsch, - Anamnese und - körperliche Untersuchung. Die Dauer der Erstuntersuchung ist vom Gesundheitszustand der zu untersuchenden Asylbewerberinnen und Asylbewerber sowie von den aktuellen Asylbewerberzugangszahlen abhängig und dauert zwischen 10 und 45 Minuten, durchschnittlich etwa 20 Minuten. Die vorgeschriebenen Röntgenuntersuchungen werden darüber hinaus extern im Krankenhaus Boizenburg vorgenommen. Im Rahmen der Erstuntersuchung haben die Asylbewerberinnen und Asylbewerber auch Gelegenheit, Beschwerden vorzutragen. Diesen wird nachgegangen. Bei Notwendigkeit werden die Asylbewerberinnen und Asylbewerber um Wiedervorstellung zu einem späteren Termin in den medizinischen Bereich der Aufnahmeeinrichtung eingeladen oder an einen Facharzt überwiesen. Darüber hinaus können die Asylbewerberinnen und Asylbewerber während der Sprechzeiten bei Bedarf jederzeit beim medizinischen Dienst vorsprechen. 2. Wer nimmt die Erstaufnahmeuntersuchung vor? a) Wie setzt sich das Personal des medizinischen Dienstes der Landesaufnahmeeinrichtung zusammen? b) Über welche Qualifikationen verfügt das Personal des medizinischen Dienstes der Landesaufnahmeeinrichtung? c) Wer ist in welchem Umfang an einer Erstaufnahmeuntersuchung beteiligt? Zu 2, 2 a), 2 b) und 2 c) Die Fragen 2, 2 a), 2 b) und 2 c) werden zusammenhängend beantwortet. Bis zum 30.11.2013 stehen ein Facharzt für Allgemeinmedizin und Rettungsmedizin sowie eine Fachärztin für Chirurgie und Homöopathie für insgesamt 16 Stunden wöchentlich zur Verfügung. Darüber hinaus ist ein Facharzt für Chirurgie beziehungsweise für Allgemeinmedizin oder ein Facharzt für Innere Medizin des Krankenhauses Boizenburg für wöchentlich 24 Stunden eingesetzt. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/2322 3 Ab dem 01.12.2013 übernimmt das Krankenhaus Boizenburg die komplette ärztliche Versorgung in der Landesaufnahmeeinrichtung. Dabei wird es sich in der Regel um einen Facharzt für Chirurgie beziehungsweise für Allgemeinmedizin oder um einen Facharzt für Innere Medizin in Vollzeit handeln. Darüber hinaus sind in der Erstaufnahmeeinrichtung zwei examinierte Krankenschwestern tätig. Voruntersuchungen wie Blutdruck-, Pulsmessung oder Blutabnahme werden durch eine Krankenschwester, Anamnese und körperliche Untersuchung durch einen der Ärzte oder die Ärztin vorgenommen. 3. Gibt es eine Dienstanweisung oder eine andere Regelung, die den Ablauf der Erstaufnahmeuntersuchung verbindlich festlegt? a) Wenn ja, mit welchem Inhalt? b) Wenn nicht, warum nicht? Zu 3, 3 a) und 3 b) Die Fragen 3, 3 a) und 3 b) werden zusammenhängend beantwortet. Der Ablauf beziehungsweise der Inhalt der Erstaufnahmeuntersuchung ergibt sich aus folgenden Rechtsgrundlagen: - § 62 Absatz 1 Asylverfahrensgesetz, - § 36 Absatz 4 Infektionsschutzgesetz, - Erlass des Ministeriums für Arbeit, Gleichstellung und Soziales über die ärztliche Untersuchung von Asylbewerbern nach § 62 Absatz 1 des Asylverfahrensgesetzes. Nach dem vorgenannten Erlass umfasst die Erstuntersuchung - die Erhebung der Anamnese, - eine körperliche Untersuchung sowie - eine Röntgenaufnahme der Lunge (ab dem 16. Lebensjahr). 4. Wie wird gewährleistet, dass sich das Personal des medizinischen Dienstes mit den Bewohnerinnen und Bewohnern der Landesaufnahmeeinrichtung verständigen kann? Das gegenwärtig im medizinischen Dienst eingesetzte Personal verfügt über Fremdsprachenkenntnisse in Englisch, Französisch, Spanisch, Arabisch und Russisch. Darüber hinaus erfolgt die Kommunikation per Gestik oder über Verwandte und Bekannte des Vertrauens. Bei dringender medizinischer Notwendigkeit erfolgt der Einsatz eines Dolmetschers. Im Rahmen der Überweisung zu Fachärzten wird in der Regel ein Dolmetscher eingesetzt. Drucksache 6/2322 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 4 5. Wie wird gewährleistet, dass das Personal des medizinischen Dienstes psychische Erkrankungen, insbesondere Posttraumatische Belastungsstörungen , der Bewohnerinnen und Bewohner der Landesaufnahmeeinrichtung erkennt? a) Wie viel Zeit steht im Rahmen der Erstaufnahmeuntersuchung für persönliche Gespräche zur Verfügung? b) Über welche Qualifikationen verfügt das Personal des medizi- nischen Dienstes insbesondere im Hinblick auf die Diagnose von Posttraumatischen Belastungsstörungen? Zu 5, 5 a) und 5 b) Die Fragen 5, 5 a) und 5 b) werden zusammenhängend beantwortet. Die Ärzte des medizinischen Dienstes verfügen über eine langjährige ausgeprägte fachübergreifende Berufserfahrung. Die Erkennung psychischer Erkrankungen erfolgt, soweit möglich, im Rahmen der Anamnese oder auch im Rahmen weiterer Kontakte. Dabei werden auch bereits verwendete Psychopharmaka und Antidepressiva hinterfragt. Die in dieser Hinsicht eingesetzte Behandlungszeit ist bedarfsorientiert. 6. Welche Maßnahmen werden ergriffen, wenn einer Bewohnerin oder einem Bewohner der Landesaufnahmeeinrichtung eine psychische Erkrankung, insbesondere eine Posttraumatische Belastungsstörung, diagnostiziert wird? Bei vom medizinischen Dienst festgestellten psychischen Auffälligkeiten wird in der Regel zunächst das Angebot einer Psychopharmakatherapie unterbreitet. Bei Indizien einer psychischen Instabilität mit Anzeichen einer Selbst- oder Fremdgefährdung erfolgt die Einweisung zu einer stationären psychiatrischen Behandlung. 7. Welche Maßnahmen werden ergriffen, wenn eine Bewohnerin oder ein Bewohner der Landesaufnahmeeinrichtung Selbstmordabsichten äußert? Bei vom medizinischen Dienst festgestellter oder wahrgenommener Suizidgefahr erfolgt umgehend die Einweisung zu einer stationären psychiatrischen Behandlung. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/2322 5 8. Welche Maßnahmen werden über die Erstaufnahmeuntersuchung hinaus ergriffen, um psychische Erkrankungen der Bewohnerinnen und Bewohner der Landesaufnahmeeinrichtung frühzeitig zu erkennen ? In der Landesaufnahmeeinrichtung in Nostorf-Horst ist täglich über 24 Stunden hinweg Betreuungspersonal um das Wohl der Asylbewerberinnen und Asylbewerber bemüht und ansprechbar. Bei besonderen psychischen Auffälligkeiten wird daher der medizinische Dienst auch durch den Betreuungsverband informiert.