Die Justizministerin hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 20. November 2013 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 6/2362 6. Wahlperiode 21.11.2013 KLEINE ANFRAGE der Abgeordneten Silke Gajek, Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Ordnungswidrigkeiten- und Strafverfahren wegen Verstoßes gegen die sogenannte Residenzpflicht und ANTWORT der Landesregierung Asylsuchende und geduldete Ausländerinnen bzw. Ausländer werden während ihres Aufenthalts in der Bundesrepublik Deutschland einem bestimmten Wohnort zugewiesen, bis über ihren weiteren Aufenthaltsstatus entschieden ist. Damit ist eine Beschränkung der Bewegungsfreiheit auf den umliegenden Bereich des Wohnorts (Stadt, Kreis, Regierungsbezirk oder Bundesland) verbunden. Für diesen Bereich hat der Bundesgesetzgeber 1982 eingeführt, dass Asylsuchende und Geduldete diesen Bereich nicht ohne behördliche Erlaubnis verlassen dürfen. Nach einer Stellungnahme des Deutschen Anwaltvereins ist die „Möglichkeit zur Pflege zwischenmenschlicher Beziehungen und ein Mindestmaß an Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben“, wie sie das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung zum Asylbewerberleistungsgesetz für Asylsuchende gefordert hat, dadurch „in unverhältnismäßiger Weise eingeschränkt“. Flankiert wird diese Einschränkung der Bewegungsfreiheit durch Ordnungswidrigkeits- und Straftatbestände in den §§ 85 ff. Asylverfahrensgesetz sowie den §§ 95 ff. Aufenthaltsgesetz, sodass die Verletzung der Beschränkung Folgen in späteren aufenthaltsrechtlichen Verfahren oder bei der Einbürgerung haben kann und deswegen, so der Deutsche Anwaltverein, „integrationshemmend“ sei. Drucksache 6/2362 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 2 Zum Teil würden Personen wegen der wiederholten Verletzung der Aufenthaltsbeschränkung zu Freiheitsstrafen verurteilt. Werden sie zu Geldstrafen verurteilt, seien diese wegen der Leistungen am Rande des Existenzminimums oft nicht einbringlich mit der Folge, dass die Betroffenen Ersatzfreiheitsstrafen verbüßen müssten. In Mecklenburg- Vorpommern wurde die räumliche Aufenthaltsbeschränkung mit der Verordnung vom 20. Dezember 2011 für Asylsuchende und geduldete Ausländerinnen bzw. Ausländer gelockert. Neben Thüringen ist Mecklenburg-Vorpommern das einzige Bundesland, in dem diese Lockerungen ohne Ausschlussgründe gelten. Vollständig aufgehoben wurde die räumliche Aufenthaltsbeschränkung dadurch jedoch nicht. Für Reisen in andere Bundesländer gilt sie auch weiterhin. 1. In wie vielen Fällen wurde Asylsuchenden und Geduldeten seit dem 1. Januar 2012 eine Erlaubnis zum Verlassen des beschränkten Aufenthaltsbereichs erteilt und in wie vielen Fällen wurde diese Erlaubnis versagt (bitte nach Asylsuchenden und Geduldeten aufschlüsseln)? 2. In wie vielen Fällen wurden von den Ausländerbehörden seit dem 1. Januar 2012 Bußgelder wegen Verstoßes gegen die räumliche Aufenthaltsbeschränkung nach § 86 Absatz 1 Asylverfahrensgesetz verhängt (bitte nach der Höhe des Bußgeldes und den einzelnen Ausländerbehörden aufschlüsseln)? 3. In wie vielen Fällen wurden von den Ausländerbehörden seit dem 1. Januar 2012 Bußgelder wegen Verstoßes gegen die räumliche Aufenthaltsbeschränkung nach § 98 Absatz 3 Nummer 2 Aufenthaltsgesetz verhängt (bitte nach der Höhe des Bußgeldes und den einzelnen Ausländerbehörden aufschlüsseln)? Zu 1, 2 und 3 Die Fragen 1, 2 und 3 werden zusammenhängend beantwortet. Verfahren der in Rede stehenden Art werden nicht gesondert statistisch erfasst. Der Landesregierung steht daher kein aufbereitetes Datenmaterial zur Beantwortung der aufgeworfenen Fragen zur Verfügung. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/2362 3 4. Wie viele Ermittlungsverfahren wegen wiederholten Verstoßes gegen die räumliche Aufenthaltsbeschränkung nach § 85 Nummer 2 Asylverfahrensgesetz wurden seit dem 1. Januar 2012 durch die Staatsanwaltschaften eingeleitet (bitte nach den einzelnen Staatsanwaltschaften aufschlüsseln)? 5. Wie viele Ermittlungsverfahren wegen wiederholten Verstoßes gegen die räumliche Aufenthaltsbeschränkung nach § 95 Absatz 1 Nummer 7 Aufenthaltsgesetz wurden seit dem 1. Januar 2012 durch die Staatsanwaltschaften eingeleitet (bitte nach den einzelnen Staatsanwaltschaften aufschlüsseln)? Zu 4 und 5 Die Fragen 4 und 5 werden zusammenhängend beantwortet. In der Statistik der Staatsanwaltschaften werden Verstöße gegen § 85 Nummer 2 Asylverfahrensgesetz und § 95 Absatz 1 Nummer 7 Aufenthaltsgesetz nicht gesondert, sondern in dem Sachgebiet „sonstige Straftaten nach dem Aufenthalts- und dem Asylverfahrensgesetz sowie dem Freizügigkeitsgesetz/EU“ miterfasst. Die Statistik weist für den Zeitraum Januar 2012 bis September 2013 in dem vorbezeichneten Sachgebiet folgende Eingänge auf: Staatsanwaltschaft Neubrandenburg: 544 Staatsanwaltschaft Rostock: 702 Staatsanwaltschaft Schwerin: 422 Staatsanwaltschaft Stralsund: 311 Insgesamt: 1.979 6. Wie viele Strafverfahren wegen wiederholten Verstoßes gegen die räumliche Aufenthaltsbeschränkung nach § 85 Nummer 2 Asylverfahrensgesetz wurden seit dem 1. Januar 2012 bei den Gerichten eingeleitet (bitte nach den einzelnen Gerichten aufschlüsseln)? 7. Wie viele Strafverfahren wegen wiederholten Verstoßes gegen die räumliche Aufenthaltsbeschränkung nach § 95 Absatz 1 Nummer 7 Aufenthaltsgesetz wurden seit dem 1. Januar 2012 bei den Gerichten eingeleitet (bitte nach den einzelnen Gerichten aufschlüsseln)? 8. Wie viele Verurteilungen wegen wiederholten Verstoßes gegen die räumliche Aufenthaltsbeschränkung nach § 85 Nummer 2 Asylverfahrensgesetz wurden seit dem 1. Januar 2012 von den Gerichten ausgesprochen (bitte nach den einzelnen Gerichten aufschlüsseln)? a) In wie vielen Fällen wurden Geldstrafen verhängt? b) In wie vielen Fällen wurde wegen der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe eine Ersatzfreiheitsstrafe verbüßt? c) In wie vielen Fällen wurden Freiheitsstrafen verhängt? Drucksache 6/2362 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 4 9. Wie viele Verurteilungen wegen wiederholten Verstoßes gegen die räumliche Aufenthaltsbeschränkung nach § 95 Absatz 1 Nummer 7 Aufenthaltsgesetz wurden von den Gerichten ausgesprochen (bitte nach den einzelnen Gerichten aufschlüsseln)? a) In wie vielen Fällen wurden Geldstrafen verhängt? b) In wie vielen Fällen wurde wegen der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe eine Ersatzfreiheitsstrafe verbüßt? c) In wie vielen Fällen wurden Freiheitsstrafen verhängt? Zu 6, 7, 8, 8 a), 8 b), 8 c), 9, 9 a), 9 b), 9 c) Die Fragen 6, 7, 8, 8 a), 8 b), 8 c), 9, 9 a), 9 b) und 9 c) werden zusammenhängend beantwortet. Verfahren und Urteile der in Rede stehenden Art werden nicht gesondert statistisch erfasst. Der Landesregierung steht daher kein aufbereitetes Datenmaterial zur Beantwortung der auf- geworfenen Fragen zur Verfügung. 10. Gegen wie viele Asylbewerberinnen bzw. Asylbewerber wurden seit dem 1. Januar 2012 während ihrer Unterbringung in der Erstaufnahmeeinrichtung Nostorf-Horst Bußgelder nach § 86 Absatz 1 Asylverfahrensgesetz verhängt oder Verurteilungen wegen wieder- holten Verstoßes gegen die räumliche Aufenthaltsbeschränkung nach § 85 Nummer 2 Asylverfahrensgesetz ausgesprochen? Bußgelder der in Rede stehenden Art wurden nicht verhängt. Hinsichtlich der Verurteilung wegen Verstoßes gegen § 85 Nummer 2 Asylverfahrensgesetz wird auf die Antwort zu Frage 4 und 5 Bezug genommen.