Die Ministerin für Arbeit, Gleichstellung und Soziales hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 19. Dezember 2013 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 6/2445 6. Wahlperiode 19.12.2013 KLEINE ANFRAGE der Abgeordneten Silke Gajek, Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Suchtverhalten im Alter und Prävention und ANTWORT der Landesregierung Sucht macht nicht an Altersgrenzen halt. Auch in höherem und hohem Lebensalter können Missbrauch und Abhängigkeit zu schweren gesund- heitlichen Schäden führen. „Schädlicher Suchtmittelkonsum und Abhängigkeit im Alter werden bisher zu wenig beachtet und oft nicht erkannt. Oftmals ist auch das Pflegepersonal nicht ausreichend auf den Umgang mit Suchtproblemen vorbereitet“, so die Drogenbeauftragte der Bundesregierung Mechthild Dyckmans im Jahr 2012. 1. Wie hat sich die Situation im Bereich stoffgebundener und stoffunge- bundener Suchtmittel in der Alterskohorte ü60 seit 2008 entwickelt (bitte nach Geschlecht und Suchtmittel differenziert darstellen, nach Möglichkeit unter Bezugnahme auf die Fallzahlentwicklung in den entsprechenden Beratungsstellen)? Sollten keine entsprechenden Daten vorliegen, beurteilt die Landes- regierung dies als Manko und was gedenkt sie in diesem Fall zu tun, um Abhilfe zu schaffen? Die anliegenden Tabellen zeigen die Anzahl der über sechzigjährigen Betreuten in den Beratungs- und Behandlungsstellen für Sucht- und Drogenkranke und -gefährdete in den Jahren 2008 bis 2012 aufgeschlüsselt nach Suchtmittel. Die vorliegenden Zahlen zeigen einen sehr moderaten Anstieg im Bereich stoffgebundener und stoffungebundener Suchtmittel in der Alterskohorte über 60 seit 2008 auf. Die Zahlen weichen für die Personen der Alterskohorte über 60 nicht vom Trend für die Gesamtbevöl- kerung ab. Drucksache 6/2445 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 2 Die am 05.10.2013 erlassene Richtlinie für die Gewährung von Zuwendungen an die Träger von Beratungs- und Behandlungsstellen für Sucht- und Drogenkranke und -gefährdete (BBSDZuwRL MV, AmtsBl MV, S. 754) ermöglicht die aufsuchende Hilfe, so dass auch von den Personen der Alterskohorte über 60, die nicht mehr mobil sind, das Hilfsangebot genutzt werden kann. 2. Welche langfristig angelegten Arbeits- und Kooperationszusammen- hänge der Bereiche Altenhilfe und Suchthilfe in Mecklenburg- Vorpommern sind der Landesregierung bekannt [bitte darstellen unter Anführung der jeweils beteiligten Akteure und der Struktur der Kooperation (Arbeitskreise, Vereinbarungen etc.)]? Die Landesstelle für Suchtfragen Mecklenburg-Vorpommern war vom 01.10.2010- 31.10.2013 Träger des Bundesmodellprojektes „Sucht im Alter - Sensibilisierung und Qualifizierung von Fachkräften in der Alten- und Suchthilfe“. Das Projekt wurde in zwei Modellregionen mit folgenden Partnern umgesetzt: - In der Modellregion Rostock mit der Evangelischen Suchtberatung Rostock, dem AWO Sozialdienst, dem Seniorenzentrum Stadtweide Rostock. - In der Modellregion Greifswald mit der Suchtberatungsstelle der Odebrecht-Stiftung, dem Altenpflegehaus „Paul Gerhard“ der Odebrecht-Stiftung. Um das Thema "Sucht im Alter" langfristig auch nach Auslaufen der Modellphase nachhaltig zu implementieren, wurden bestehende regionale Strukturen genutzt. Mit der Gründung von Netzwerken beziehungsweise der Implementierung der Thematik in bereits bestehende Netzwerke, wie zum Beispiel dem Arbeitskreis Suchthilfe sowie der Arbeitsgruppe Gerontopsychiatrie, wurden in den Modellregionen Rostock und Greifswald bisher fehlende Kooperationsstrukturen zwischen den Hilfesystemen der Alten- und Suchthilfe ergänzt. Zwischen allen Partnern wurden Vereinbarungen geschlossen. Folgende Manuale wurden während der Projektlaufzeit entwickelt und erprobt und können bei der Landesstelle für Suchtfragen Mecklenburg-Vorpommern abgerufen werden. - Praxishandbuch „Sucht im Alter“, - Entwicklung eines Modularisierten Curriculums für berufliche Bildungsgänge in der Altenpflege, - Rahmenempfehlungen für die Beratung älterer suchtkranker Menschen in den BBSD, - Entwicklung einer Handlungsanleitung für die Mitarbeiter von Altenhilfeeinrichtungen und Integration in bestehende Qualitätssysteme der beteiligten Einrichtungen, - Entwicklung eines buchbaren „Inhouse-Schulungspakets“ für Mitarbeiter in Altenhilfeeinrichtungen . Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/2445 3 Das Projekt wurde wissenschaftlich durch die Gesellschaft für Forschung und Beratung im Gesundheits- und Sozialbereich mbH (FOGS) begleitet. Der Abschlussbericht steht Mitte 2014 zur Verfügung. Danach beabsichtigt die Landesstelle für Suchtfragen, die Projektergeb- nisse in den entsprechenden Landesgremien, wie zum Beispiel dem Fachbeirat für Psychiatrie, dem Geriatriebeirat, der Landesarbeitsgemeinschaft der Sozialpsychiatrischen Dienste, der Arbeitsgruppe der Psychiatriekoordinatoren des Landes, dem Landespflege- ausschuss unter anderem mit dem Ziel vorzustellen, weitere Netzwerke in den anderen Regionen unseres Landes zu gründen. 3. Welche Informations- und Fachveranstaltungen zum Thema Alter und Sucht haben seit 2008 in Mecklenburg-Vorpommern stattgefunden? War das Land Mecklenburg-Vorpommern an diesen Veranstaltungen und - falls ja, in welcher Form - beteiligt? 1. „Alter und Abhängigkeit - Ein Thema in der Alten- und Suchthilfe?!“ am 28. September 2010, 2. „Fachtag Sucht im Alter - Wissenschaft trifft Praxis“ am 14. Juni 2012, 3. „Fachforum Sucht im Alter“ in der Friedrich-Petersen-Klinik Rostock (regionale Akteure bezüglich des Themas: Projektpartner in Rostock) - Winter 2012, 4. Seminar „Medikamentenkonsum in Verbindung mit Alkohol“ am 16. Mai 2013, 5. Seminar „Motivational Interviewing“ am 16. Juni 2013. Daneben haben mehrere Netzwerktreffen in den Modellregionen mit Projektpräsenta- tionen, Fachaustausch und Diskussionen stattgefunden. Die Landesregierung war an diesen Veranstaltungen teilweise aktiv beteiligt. Geplant ist am 29. Januar 2014 ein Workshop der Landesstelle für Suchtfragen „Sucht im Alter“. 4. Ist das Thema Drogenkonsum und Sucht Bestandteil der Ausbildung zur Altenpflegehelferin/zum Altenpflegehelfer bzw. zur Altenpflege- rin/zum Altenpfleger in Mecklenburg-Vorpommern? a) Falls ja, in welcher Form? b) Falls nicht, sieht die Landesregierung hier Handlungsbedarf und wie gedenkt sie diesem gegebenenfalls nachzukommen? Die Fragen 4, 4 a) und 4 b) werden zusammenhängend beantwortet. Das Thema Sucht und Drogen ist Bestandteil der Ausbildung zur Altenpflegerin/Altenpfleger und zur Kranken- und Altenpflegehelferin/-helfer und ist in den Lehrplänen verankert. Drucksache 6/2445 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 4 5. Welche Fortbildungen für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Bereich der Altenhilfe wurden seit 2008 zum Thema Drogenkonsum und Sucht angeboten (bitte nach Veranstaltung, Inhalt und Anzahl der Teilnehmerinnen und Teilnehmer aufschlüsseln)? Die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen aller beteiligten Einrichtungen der Sucht- und Altenhilfe des unter Antwort zu Frage 2 genannten Modellprojektes nahmen an einer Basis-Schulung zum Thema „Sucht im Alter“ teil. Aufbau- und Zusatzschulungen wurden durchgeführt für Pflegeverantwortliche und Suchtbeauftragte in der Altenhilfe. In der Suchtberatung wurden die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter darüber hinaus zu folgenden Themen geschult: - Die häufigsten Medikamente bei älteren Menschen und ihre Wirkung, - Die Wirkung von Alkohol im Zusammenhang mit Medikamenteneinnahme, - Erkrankungen im höheren Lebensalter. Nach Angaben der Landesstelle für Suchtfragen wurden circa 400 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus folgenden Einrichtungen geschult: - In der Modellregion Rostock mit der Evangelischen Suchtberatung Rostock, dem AWO Sozialdienst, dem Seniorenzentrum Stadtweide Rostock. - In der Modellregion Greifswald mit der Suchtberatungsstelle der Odebrecht-Stiftung, dem Altenpflegehaus „Paul Gerhard“ der Odebrecht-Stiftung. Die genannte Zahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bezieht sich auf die Basis-, Aufbau- und Zusatzschulungen. Die Inhouse-Schulungen in Einrichtungen, die nicht am Projekt beteiligt waren, sind nicht erfasst. Über weitere Fortbildungsangebote hat die Landesregierung keine Kenntnis. Veranstaltungen der betrieblichen Fort- und Weiterbildung in Altenhilfeeinrichtungen unterliegen ausschließlich der unternehmerischen Eigenverantwortung der entsprechenden, in der Altenhilfe tätigen Unternehmen. Für Einrichtungen gemäß Einrichtungenqualitätsgesetz Mecklenburg-Vorpommern (EQG M-V) prüfen die zuständigen Heimaufsichten lediglich die Einhaltung der entsprechenden Vorgaben des EQG M-V und der Einrichtungenpersonal- verordnung (EPersVO M-V) auf Vorliegen der Fachkräftequote und Qualifikationsnachweise sowie das Vorliegen von bedarfsgerechten Qualifikationskonzepten und Fortbildungsplänen. Eine statistische oder sonstigen Erfassung nach Art der spezifischen Weiterbildung, wie zum Beispiel zum Thema Drogenkonsum und Sucht, ist nicht vorgesehen. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/2445 5 Tabellen zu Frage 1: * Bei den vorliegenden Bevölkerungszahlen für 2012 handelt es sich um Fortschreibungsergebnisse auf Basis des Auszugs des zentralen Registers der DDR vom 03.10.1990. Die Ergebnisse des Zensus vom 09.05.2011 sind noch nicht berücksichtigt. Die vorhandenen Fortschreibungszahlen werden aufgrund der Zensusergebnisse 2011 zu einem späteren Zeitpunkt revidiert. männlich weiblich insgesamt Bevölkerung über 60 insgesamt männlich weiblich insgesamt Bevölkerung über 60 insgesamt männlich weiblich insgesamt Bevölkerung über 60 insgesamt männlich weiblich insgesamt Bevölkerung über 60 insgesamt männlich weiblich insgesamt Bevölkerung über 60 insgesamt F10 Alkohol 289 69 358 284 75 359 328 70 398 363 62 425 412 100 512 F11 Opioide 0 2 2 1 2 3 1 0 1 3 0 3 3 3 6 F12 Cannabinoide 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 F13 Sedativa/ Hypnotika 2 6 8 1 4 5 1 6 7 0 4 4 2 7 9 F14 Kokain 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 F15 Stimulanzien 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 F16 Halluzinogene 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 F17 Tabak 2 2 4 2 2 4 0 0 0 3 2 5 4 2 6 F18 Flüchtige Lösungsmittel 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 F19 Andere psychotrope Substanzen 0 0 0 0 0 0 1 0 1 1 0 1 0 0 0 F50 Essstörungen 0 2 2 0 4 4 1 2 3 0 2 2 1 2 3 F63 Pathologisches Spielen 1 1 2 1 2 3 2 2 4 4 3 7 7 2 9 ohne Hauptdiagnose - Polytoxikomanie 1 0 1 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 ohne Hauptdiagnose - riskanter Konsum 0 0 0 0 1 1 1 0 1 0 0 0 1 0 1 ohne Hauptdiagnose - sonstige Gründe 2 7 9 7 10 17 8 8 16 6 3 9 9 7 16 keine Angaben 21 10 31 13 7 20 9 4 13 19 6 25 8 1 9 Gesamt 417 439.171 416 445.224 444 454.206 481 464.797 571 475.868 Anteil der Betreuten über 60 zur Gesamtbevölkerung über 60 0,094952 0,093436 0,097753 0,103486 0,119991 2008 2009 2010 2011 2012 2008 2009 2010 2011 2012 * Betreute insgesamt 11.218 11.176 11.167 10.983 10.897 Bevölkerung insgesamt 1.664.356 1.651.216 1.642.327 1.634.734 1.627.901 Anteil der Betreuten zur Gesamtbevölkerung 0,674014 0,676834 0,679949 0,671852 0,66938