Der Minister für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 8. Januar 2014 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 6/2446 6. Wahlperiode 08.01.2014 KLEINE ANFRAGE des Abgeordneten Prof. Dr. Fritz Tack, Fraktion DIE LINKE Klärschlammaufkommen und Verwendung in Mecklenburg-Vorpommern und ANTWORT der Landesregierung 1. Welche Mengen an Klärschlamm fallen im Jahresdurchschnitt in Mecklenburg-Vorpommern an und wie werden sie hauptsächlich ver- wendet? In Mecklenburg-Vorpommern fallen im Jahresdurchschnitt circa 41.000 Tonnen Trocken- masse (t TM) Klärschlamm an, von denen im Jahr 2012 83 % landwirtschaftlich verwertet wurden. 2. Wo fällt der Klärschlamm in welchen Mengen im Lande an? Der Klärschlamm fällt in circa 200 direktentsorgenden Kläranlagen an. Dabei wurde etwas mehr als die Hälfte der gesamten Klärschlammmenge von nur 12 Kläranlagen abgegeben, die jeweils einen Klärschlammanfall von mehr als 1.000 t TM/Jahr haben. 43 städtische Kläranlagen hatten einen Klärschlammanfall von 100 bis 1.000 t TM/Jahr und erzeugten einen Anteil von 37 % am Gesamtklärschlammaufkommen. Demgegenüber stehen rund 150 kleinere Kläranlagen des ländlichen Raumes, die 11 % des Klärschlammaufkommens produzierten. Circa 6 % der Klärschlammmenge stammen von Industriekläranlagen. Drucksache 6/2446 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 2 3. Wie viel Klärschlamm wird aus anderen Bundesländern „importiert“? Von der im Jahr 2012 landwirtschaftlich verwerteten Klärschlammmenge stammen 6.849 t TM aus Kläranlagen anderer Bundesländer. 4. Unterscheidet sich die Zusammensetzung des einheimischen und „importierten“ Klärschlamms? Wenn ja, wie? Ein Vergleich der Analysenergebnisse der aufgebrachten Klärschlämme aus den anderen Bundesländern mit den Klärschlämmen aus Mecklenburg-Vorpommern zeigt, dass - der Trockenmassegehalt in Klärschlämmen aus Mecklenburg-Vorpommern im Mittel mit 19,0 % Trockenmasse (TM) deutlich niedriger als in Klärschlämmen aus anderen Bundes- ländern (26,5 % TM) war, - Klärschlämme aus Mecklenburg-Vorpommern mit einem mittleren Gehalt basisch wirk- samer Bestandteile von 9,5 % Calziumoxid (CaO) in der TM und einem pH-Wert von 8,5 etwas geringer aufgekalkt waren als Klärschlämme, die aus anderen Bundesländern stammten, - Klärschlämme aus Mecklenburg-Vorpommern mit 60,5 % organischer Substanz in der TM einen um 10,2 % höheren Gehalt an organischer Substanz als Klärschlämme aus anderen Bundesländern aufwiesen (unter anderem Ergebnis des geringeren Kalkeinsatzes bei der Abwasserbehandlung), - der Stickstoffgehalt (N-Gehalt) in Klärschlämmen aus Mecklenburg-Vorpommern mit 5,49 % N in der TM deutlich über dem N-Gehalt in Klärschlämmen aus anderen Bundes- ländern (4,18 % N in der TM) lag, - Klärschlämme aus Mecklenburg-Vorpommern im Mittel mit 0,55 % Kaliumoxid (K2O) in der TM mehr als den doppelten K2O-Gehalt von Klärschlämmen aus anderen Bundes- ländern enthielten, - Klärschlämme aus Mecklenburg-Vorpommern geringere Blei-, Chrom- und Nickelgehalte, annähernd gleiche Quecksilber- und Zinkgehalte und höhere Cadmium- und Kupfergehalte aufwiesen als Klärschlämme, die aus anderen Bundesländern stammten. 5. Wie beurteilt die Landesregierung den Nutzen und evtl. Schaden für die Landwirtschaft durch Klärschlammeinsatz? a) Welche Anwendungsprobleme sind bisher aufgetreten? b) Wo wird der Nutzen gesehen? Zu 5, 5 a) und 5 b) Die Fragen werden zusammenhängend beantwortet. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/2446 3 Gemäß Ziffer 170 der Koalitionsvereinbarung verfolgt die Landesregierung das Ziel einer konsequenten Kreislaufwirtschaft, die die Abfallwirtschaft zur Rohstoffwirtschaft entwickelt. Entstandene Abfälle sollen ökonomisch und ökologisch effizient genutzt, gleichzeitig soll eine sichere Entsorgung gewährleistet werden. Die derzeit im Land überwiegend praktizierte stoffliche Verwertung von Klärschlamm in der Landwirtschaft entspricht im Grundsatz dieser Zielsetzung. Der Nutzen für die Landwirtschaft wird dabei insbesondere in der Verwertung des Klärschlamms als Düngemittel gesehen. Im Jahr 2012 konnten durch die Aufbringung auf landwirtschaftliche Flächen folgende Nährstoffmengen genutzt werden: - 2.041 t Stickstoff (N), - 2.891 t Phosphor (P2O5), - 198 t Kalium (K2O), - 343 t Magnesium (MgO) und - 5.009 t basisch wirksame Bestandteile (Kalk). Auch der Phosphor-Düngebedarf innerhalb der Fruchtfolge konnte auf den Einsatzflächen durch die aufgebrachten Phosphormengen weitgehend abgedeckt werden. Die Verwertung von Klärschlämmen ist in Deutschland streng reglementiert und kontrolliert. Etwaige Grenzwertüberschreitungen können auf diese Weise festgestellt und damit eine unzulässige Verwertung von Klärschlämmen auf landwirtschaftlichen Flächen vermieden werden. Des Weiteren sind in den Klärschlämmen je nach Herkunft neben Schwermetallen und persistenten organischen Schadstoffen zunehmend endokrin wirksame Schadstoffe enthalten. Derzeit sind keine akuten Gefährdungen für Böden und die in und auf ihm lebenden Organismen sowie die menschliche Gesundheit bekannt. Die Langzeitwirkung der endokrin wirksamen Schadstoffe ist jedoch weitgehend ungeklärt. Sobald eine wirtschaftlich akzeptable Rückgewinnung von Phosphor möglich ist, sollte aufgrund der unbekannten Risiken auf eine landwirtschaftliche Verwertung von Klärschlamm verzichtet werden. Darüber hinaus sind keine Anwendungsprobleme bekannt. 6. Wie beurteilt die Landesregierung die Wirkung des im Koalitions- vertrag vorgesehenen Ausbringungsverbotes von Klärschlamm zu Düngezwecken in Mecklenburg-Vorpommern? a) Wie soll nach einem Ausbringungsverbot in Zukunft Klärschlamm in Mecklenburg-Vorpommern verwendet werden? b) Welche Alternativen zur Versorgung der Böden und Pflanzen mit organischen Düngern sieht die Landesregierung bei Wegfall des Klärschlamms als Dünger? Zu 6, 6a) und 6 b) Die Fragen werden zusammenhängend beantwortet. In Mecklenburg-Vorpommern müsste im Fall einer rückläufigen oder verbotenen Ausbrin- gung mindestens eine Anlage zur thermischen Klärschlammverwertung und anschließenden Produktion von vermarktungsfähigen Düngemitteln aus der Monoasche errichtet werden. Drucksache 6/2446 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 4 Um eine spätere Phosphorrückgewinnung zu ermöglichen, käme dafür nur eine Mono- verbrennung infrage. Für die Versorgung der Böden und Pflanzen wären dann andere organische Dünger beziehungsweise mineralische Dünger einzusetzen. Ergänzend wird auf die Beantwortung der Fragen 5 und 7 verwiesen. 7. Wie beurteilt die Landesregierung die derzeit bestehenden Möglich- keiten zur Rückgewinnung wertvoller Inhaltstoffe aus dem Klär- schlamm im Lande bzw. welche müssten dazu geschaffen werden? In Deutschland wird seit Jahren intensiv im Bereich der Phosphorrückgewinnung aus Abwasser und Klärschlammaschen geforscht. Innerhalb zahlreicher Forschungs- und Entwicklungsvorhaben wurden inzwischen einige technische Anlagen zur gezielten Phosphorrückgewinnung errichtet und betrieben. Es fehlen jedoch noch belastbare und übertragbare Erkenntnisse aus dem kontinuierlichen technischen Betrieb. Das heißt, dass derzeit noch keine breit anwendbaren praxistauglichen Möglichkeiten zur Rückgewinnung von Phosphor bestehen. Mecklenburg-Vorpommern hat daher den Beschluss der Umwelt- ministerkonferenz (UMK) vom 7. Juni 2013 unterstützt, mit dem die Forschung und Praxiseinführung von Phosphorrückgewinnungstechnologien vorangetrieben werden soll, um damit letztendlich den beabsichtigten Ausstieg aus der landwirtschaftlichen Klärschlammaus- bringung zu ermöglichen. Darüber hinaus unterstützt die Landesregierung in den Jahren 2014 und 2015 den Aufbau eines Wissenschaftscampus zum Thema Phosphorforschung, an dem sich verschiedene Leibnitz-Institute sowie die Universität Rostock beteiligen werden, mit jährlich 85.000 € und beabsichtigt dies bis 2020 fortzusetzen. Der Phosphorcampus soll in den kommenden Jahren insbesondere Strategien zur besseren Nutzung von Phosphor und auch Möglichkeiten der Rückgewinnung entwickeln.