Der Minister für Energie, Infrastruktur und Landesentwicklung hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 17 Januar 2014 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 6/2453 6. Wahlperiode 20.01.2014 KLEINE ANFRAGE der Abgeordneten Beate Schlupp, Fraktion der CDU Komplexmaßnahme Koblentzer Seewiesen und ANTWORT der Landesregierung Vorbemerkung Im Rahmen des Baus der Bundesautobahn 20 (A 20) Lübeck-Stettin [Verkehrsprojekt Deutsche Einheit Nummer 10] wurde das Gebiet um den Großen und Kleinen Koblentzer See für eine Bündelung von trassenfernen Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen für den 45 Kilometer langen Autobahnabschnitt zwischen den Anschlussstellen Neubrandenburg-Ost und Pasewalk-Süd ausgewählt. Das als Ersatzmaßnahme „Koblentzer Seewiesen“ bezeichnete Vorhaben wurde im Frühjahr 2005 umgesetzt. Die Maßnahmen umfassten unter anderem den Anstau von Entwässerungsgräben sowie die Anhebung des Wasserspiegels im Großen und Kleinen Koblentzer See. Mit diesen Maßnahmen wurde eine Wiedervernässung der Niedermoorflächen im Vorhabensgebiet erreicht sowie die Entwicklung einer moor- und feuchtgebietstypischen Flora und Fauna eingeleitet. Darüber hinaus erfolgt eine extensive Weidenutzung der Flächen, um langfristig eine artenreiche, reich strukturierte Wiesenlandschaft zu entwickeln. Das gesamte Vorhabengebiet umfasst eine Fläche von etwa 500 Hektar. Im September 2009 wurden die Kompensationsflächen an die Stiftung Umwelt und Naturschutz Mecklenburg-Vorpommern übergeben. Da es sich beim Bau der A 20 um ein Verkehrsprojekt Deutsche Einheit handelt, wurde die DEGES Deutsche Einheit Fernstraßenplanungs- und -bau GmbH (DEGES) mit der Umsetzung betraut. Die DEGES nimmt die Funktion des Bauherrn und Hausherrn (ohne hoheitliche Aufgaben) wahr und übergibt nach Fertigstellung der Baumaßnahme diese an den „Kunden“, in diesem Fall an die Straßenbauverwaltung des Landes MecklenburgVorpommern . Drucksache 6/2453 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 2 1. Im Zusammenhang mit dem Bau der A 20 wurden die Koblentzer Seewiesen als Ausgleichsmaßnahme vernässt. Wie wurden die im Planfeststellungsbeschluss getroffenen Maßnahmen umgesetzt? Mit Beschluss vom 9. März 2001 (Az.: V 650-553.3-1-18) werden für die planfestgestellte trassenferne Ersatzmaßnahme am Naturschutzgebiet „Koblentzer See“, die eine übergreifende Kompensationsfunktion für naturschutzrechtliche Eingriffe der A 20 übernimmt, folgende Maßnahmenziele benannt: - Wiedervernässung von entwässerten Niedermoorbereichen, - Extensivierung der als Mähweide landwirtschaftlich genutzten Grünlandflächen, teilweise auch bis zur Nutzungsaufgabe und - Kompensation von nicht ausgleichbaren Zerschneidungswirkungen auf die Fauna, insbesondere großraumbeanspruchende Vogelarten, Rast- und Zugvögel. Die Wiedervernässung wurde seit Frühjahr 2005 einerseits durch eine Anhebung der Stauhöhe des Koblentzer Sees auf 6,80 Meter sowie einen teilweisen Rückbau beziehungsweise die Unterbrechung von vorhandenen Meliorationsanlagen und den Anstau/Verschluss von Entwässerungsgräben eingeleitet. Für die Umsetzung der Ersatzmaßnahme wurden Bauverträge zum - Wasserbau (4 Staubauwerke, etwa 250 Grabenverschlüsse, rund 1000 Meter Verwallung), - Zaunbau (rund 30 Kilometer hütesicherer Weidezaun, 4 Viehsperren) sowie - Verträge zur (Erst-)Pflege über 5 Jahre durch extensive Beweidung und/oder Mahd (etwa 420 Hektar, einschließlich Pflege von Sonderflächen) vergeben. Ferner wurde ein Monitoring (Effizienzkontrolle) der Maßnahmenentwicklung über 5 Jahre beauftragt. Die Extensivierung der landwirtschaftlichen Nutzung wurde ebenfalls seit Frühsommer 2005 auf der Grundlage entsprechender Pflegeverträge mit speziellen Nutzungsbeschränkungen umgesetzt. Die bisherigen Ergebnisse der Effizienzkontrollen und Gebietsbetreuung zeigen eine sehr positive Entwicklung der Flora und Fauna im Gebiet. 2. Wer ist für die Umsetzung der im Planfeststellungsbeschluss getroffenen Maßnahmen zuständig? Die Umsetzung der Maßnahmen hat durch die DEGES als Vorhabenträger zu erfolgen. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/2453 3 3. Wer verwaltet (betreut) derzeit die landwirtschaftlichen Nutzflächen im Bereich der Koblentzer Seewiesen? Wie soll die Nutzung der landwirtschaftlichen Flächen im Planfeststellungsgebiet sichergestellt werden? Mit Wirkung zum 1. Januar 2010 wurden die Kompensationsverpflichtungen laut Planfeststellungsbeschluss für die Maßnahmenflächen von der DEGES an die Stiftung Umwelt- und Naturschutz Mecklenburg-Vorpommern (StUN M-V) übertragen. Seither obliegt das Management zur Sicherung des Maßnahmenzieles der StUN M-V. Zur Entwicklung der nicht dauernd überstauten Maßnahmenflächen hat die StUN M-V einen Pflegevertrag mit der Gut Borken GmbH geschlossen. Dieser Vertrag enthält die Bindung, dass für jegliche Nutzung das Maßnahmenziel im Vordergrund steht und die Bewirtschaftungsvorgaben kontinuierlich aus der Maßnahmen-/Gebietsentwicklung abgeleitet, angepasst und verbindlich vorgegeben werden. Ein von der StUN M-V eingesetzter Gebietsbetreuer nimmt diese Aufgaben wahr. Die Maßnahmenflächen befinden sich entweder im Eigentum der StUN M-V oder im Eigentum der Gut Borken GmbH sowie weiterer (Privat-)Eigentümer. Die Eigentumsflächen der Gut Borken GmbH sowie der Privaten sind über die Eintragung einer Dienstbarkeit (Abtretung der landwirtschaftlichen Nutzungsrechte) zugunsten der Maßnahme und ihrer Entwicklung gesichert. Die damit verbundenen Bewirtschaftungseinschränkungen wurden entschädigt. Die StUN M-V hat mit der Gut Borken GmbH für die Gesamtfläche einen Vertrag über eine landwirtschaftliche Pflegenutzung für den Zeitraum 2011 bis 2015 abgeschlossen. Der Vertrag enthält eine Verlängerungsoption. Die Umsetzung und Einhaltung der Kompensationsverpflichtungen wird durch eine laufende Vor-Ort-Betreuung durch die StUN M-V sichergestellt. 4. Inwieweit ist geplant, die Verwallung entlang des Grabens an der Kreisstraße K 8 zu erhöhen? a) Welche Kosten sind für eine Erhöhung der Verwallung anzu- setzen? b) Wer hat die Kosten für die Erhöhung der Verwallung zu tragen? c) Inwieweit ist diese Maßnahme Bestandteil des Planfeststellungs- beschlusses? Bei der Kreisstraße handelt es sich um die Kreisstraße (K) 28 und nicht um die benannte K 8. Aufgrund der Anhebung der Stauhöhe im Koblentzer See im Zuge der Maßnahmenumsetzung wurde 2005 entlang der K 28 zwischen Krugsdorf und Koblentz eine Verwallung aus Moorboden mit einer Höhe von 7,41 Metern errichtet. Im Verlauf sind in der Verwallung Setzungen von etwa 0,02 Metern/Jahr erfolgt, sodass die Wallhöhe im Jahre 2013 noch etwa 7,25 Meter betragen hat. Die Verwallung wurde im Zusammenhang mit der Übergabe der Komplexmaßnahme an die StUN M-V nicht übergeben. Infolge von Setzungen im Dammkörper ist eine Ertüchtigung des Dammkörpers erforderlich und vorgesehen (der betreffende Planungsauftrag gemäß HOAI wurde bereits vergeben). Drucksache 6/2453 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 4 Zu a) Ausgehend von den ursprünglichen Baukosten sind für die Ertüchtigung der Verwallung rund 26.000 Euro brutto veranschlagt. Zu b) Die Ertüchtigung der Verwallung erfolgt durch die DEGES, die Baumittel gehen zu Lasten des Bundeshaushaltes, die Planungsmittel werden jeweils hälftig vom Bund und dem Land Mecklenburg-Vorpommern finanziert. Zu c) Die Herstellung der Verwallung wurde im Rahmen der Ausführungsplanung der wasserbaulichen Maßnahmen projektiert und anschließend umgesetzt. 5. Wann ist mit der Errichtung des im Planfeststellungsbeschluss aufgeführten Schöpfwerkes zu rechnen? Weshalb wurde das Schöpfwerk bisher nicht errichtet? Im Planfeststellungsbeschluss wurde als Nebenbestimmung die Abkopplung des Zerrenthiner Tieflandes von den Koblentzer Seen festgehalten. Hintergrund waren Bedenken, dass über das Schöpfwerk (das die Zerrenthiner Wiesen über den Kleinen und den Großen Koblentzer See in den Vorfluter Randow entwässert) nährstoffreiche Wässer in das tendenziell nährstoffärmere Renaturierungsgebiet eingeleitet würden. Mit dem Bau eines neuen Schöpfwerkes sollte die Abkopplung in der Weise erfolgen, dass die Entwässerung (hydrologischen Verhältnisse) umgekehrt würde, das heißt die Zerrenthiner Seewiesen und auch die Koblentzer Seen direkt in die Randow entwässern sollten. Auf diese Weise sollte zudem erreicht werden, dass sich die winterlichen Niederschläge nicht lange auf den Zerrenthiner Seewiesen anstauen, sondern schnell und direkt in die Randow abfließen. Im Zusammenhang mit den notwendigen Anpassungsstrategien an den Klimawandel wird es künftig in den östlichen Landesteilen erforderlich sein, den schnellen Abfluss der winterlichen Niederschläge zu vermeiden, um dem anhaltenden Sinken der Grundwasserspiegel entgegen zu wirken (Moorschutzprogramm 2010). Vor diesem Hintergrund wurde die Umsetzung der Nebenbestimmung des Planfeststellungsbeschlusses (Abkopplung des Zerrenthiner Tieflandes von den Koblentzer Seen) kritisch hinterfragt. Nach umfangreichen Vorabstimmungen mit den Naturschutzbehörden sowie dem Ministerium für Energie, Infrastruktur und Landesentwicklung hat die DEGES einen Antrag an die Untere Wasserbehörde des Landkreises Uecker-Randow gestellt, auf die Umsetzung zu verzichten. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/2453 5 Dieser Antrag ist im Wesentlichen mit folgenden Argumenten begründet: - Aus dem Monitoring geht hervor, dass es durch Zuleitung von nährstoffreichen Wässern aus dem Zerrenthiner Tiefland nicht zu den befürchteten Beeinträchtigungen kommt. - Im Zusammenhang mit Szenarien zum Klimawandel (Moorschutz) zeigt sich, dass ohne Wasserzufuhr aus dem Zerrenthiner Tiefland die Maßnahmenziele im Bereich der Koblentzer Seewiesen langfristig nicht erreicht werden können. - Die Naturschutzbehörden unterstützen den Verzicht auf die Abkopplung, den sie ursprünglich selbst gefordert hatten. Die Untere Wasserbehörde des Landkreises Uecker-Randow hat allerdings diesen Antrag abgelehnt und auf die Umsetzung des Planfeststellungsbeschlusses verwiesen. Aus den oben genannten Gründen kann zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine Aussage zur Errichtung des Schöpfwerkes gemacht werden. Zur Lösungsfindung sind weitere Abstimmungsgespräche vorgesehen.