Der Minister für Inneres und Sport hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 2. Januar 2014 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 6/2561 6. Wahlperiode 03.01.2014 KLEINE ANFRAGE des Abgeordneten Tino Müller, Fraktion der NPD Grenzkriminalität und ANTWORT der Landesregierung Im Zusammenhang mit der anhaltenden Grenzkriminalität wird zuneh- mend Kritik am Innenministerium laut. Die Statistiken gäben nicht das wahre Ausmaß der Kriminalität wieder. Die Polizeipräsenz sei unzu- reichend, wobei es sich jetzt räche, in den vergangenen Jahren mehr als 1.000 Stellen abgebaut zu haben. Der Amtsvorsteher des Amtes Löcknitz- Penkun teilte dem Innenminister unter Berufung auf die Gewerkschaft der Polizei brieflich mit, dass während der Nachtzeiten der Überwachungs- druck im ländlichen Raum deutlich nachlasse. Der Amtsausschuss Löcknitz-Penkun beabsichtigt jetzt die Erarbeitung und Führung einer eigenen Statistik, um so ein getreues Abbild der Kriminalität im grenznahen Raum zu erhalten. Laut Nordkurier werde sogar die Aufstellung von Bürgerwehren erwogen. Der Haff-Zeitung des Nordkuriers (Ausgabe vom 7. Dezember) zufolge seien laut Innenministerium aber „umfangreiche Maßnahmen eingeleitet“ worden, „die auch greifen.“ Erwähnung finden „Präventionsprojekte“, für die in den Haushalt 2014/2015 insgesamt 100.000 Euro eingestellt worden sind. Bürgerwehren könnten nicht die Lösung sein. Stattdessen „sollten sich engagierte Bürger und ihre Bürgermeister in die Präventionsarbeit einbringen“, wird der Innenminister in dem Blatt zitiert. Drucksache 6/2561 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 2 1. Um welche „umfangreichen Maßnahmen“, die dem besseren Schutz der Bevölkerung in der Grenzregion dienen soll, handelt es sich im Einzelnen? Im Rahmen von Ausgleichsmaßnahmen nach dem Schengener Grenzkodex wurden zwischen einzelnen Behörden Kooperationsmaßnahmen vereinbart. So wurde für den Bereich der Polizeiinspektion Anklam durch die beteiligten Sicherheitsbehörden (Landespolizei, Bundespolizei, Zoll) eine Gemeinsame Diensteinheit gebildet. Die Gemeinsame Diensteinheit wird grundsätzlich nicht zur Bewältigung der allgemeinen polizeilichen Lage herangezogen, sondern ist ausschließlich im grenznahen Raum und auf Transitverkehrswegen tätig. Grundlage der monatlichen Einsatzplanung sind die Lagebilder der beteiligten Sicherheits- behörden. Damit ist die Gemeinsame Diensteinheit im Rahmen ihrer Zuständigkeiten in der Lage, Schwerpunkte zu erkennen und auf diese flexibel und lageangepasst zu reagieren. In der Öffentlichkeit wird die Gemeinsame Diensteinheit, da es sich um eine zivile polizeiliche Fahndungs- und Festnahmeeinheit handelt, nicht entsprechend wahrgenommen. Zur Bekämpfung des Wohnungseinbruchsdiebstahls sowie des Diebstahls von Fahrrädern im Bereich der Insel Usedom wurden für die Sommermonate dieses Jahres Einsatz- und Ermittlungskonzepte entwickelt und umgesetzt. In diesem Zusammenhang trägt auch das Bäderdienstkonzept zur Zurückdrängung der Eigentumskriminalität und zur Erhöhung des Sicherheitsgefühls in der Bevölkerung bei. Über die Sommermonate hinaus wurde durch die Polizeiinspektion Anklam ein Konzept unter anderem zur Erhöhung von Präsenzstreifen im grenznahen Raum mit dem Ziel der Stärkung des Sicherheitsgefühls der Bevölkerung erarbeitet und zwischenzeitlich umgesetzt. Im Rahmen des Kooperationsvertrages „Schengen-Ost“ fanden im Jahr 2013 mehrere großangelegte Fahndungskontrollen statt, welche letztendlich die Bekämpfung grenzüber- schreitender Kriminalität zum Ziel hatten. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/2561 3 2. Welche messbaren Ergebnisse haben die „umfangreichen Maßnah- men“ im Einzelnen erbracht (bitte mit Zahlenmaterial zur Entwicklung in den einzelnen Deliktsbereichen laut Polizeilicher Kriminal- statistik für die Jahre 2011, 2012 und 2013 untermauern)? Aus der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) ergibt sich für die Grenzregion (Landkreis Vorpommern-Greifswald) nachstehende Fallentwicklung. Die PKS-Zahlen für das Jahr 2013 liegen noch nicht vor. 2011 2012 Straftaten insgesamt 18.793 17.663 Straftaten gegen das Leben 11 6 Straftaten gegen die sexuelle Selbst- bestimmung 145 133 Rohheitsdelikte/Straftaten gegen die persönliche Freiheit 2.246 2.261 Diebstahl insgesamt 8.689 7.809 Vermögens- und Fälschungsdelikte 2.017 2.080 Sonstige Straftatbestände (Strafgesetzbuch) 4.822 4.633 Sonstige Straftatbestände (Strafrechtliche Nebengesetze) 863 741 Mit dem Rückgang der Gesamtkriminalität ist die Bevölkerung im Jahr 2012 gegenüber dem Vorjahr in geringerem Maße mit Kriminalität belastet worden, wie auch die Häufigkeitszahl ausweist. Machte diese im Jahr 2011 noch 7.648 Straftaten auf 100.000 Einwohner aus, so ging sie im vergangenen Jahr um 415 Fälle auf 7.233 Straftaten zurück. Mit dieser Häufigkeitszahl war die Kriminalitätsbelastung im Landkreis Vorpommern-Greifswald im Übrigen geringer als im Landesdurchschnitt, der im Jahr 2012 bei 7.749 Straftaten pro 100.000 Einwohner lag. 3. Welche „Präventionsprojekte“ sollen mit der im Vortext genannten Summe von 100.000 Euro im Einzelnen gefördert werden? Die Planung entsprechender Präventionsprojekte unter maßgeblicher Beteiligung der kommunalen Präventionsräte ist noch nicht abgeschlossen. Drucksache 6/2561 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 4 4. Wie genau soll die Einbringung engagierter Bürger und ihrer Bürger- meister in die Präventionsarbeit in der Praxis funktionieren? In der praktischen Präventionsarbeit haben sich vor allem kommunale Präventionsräte vielfach bewährt. Unter Leitung der Bürgermeister bieten diese Gremien ausgewiesenen Fachleuten sowie engagierten Bürgerinnen und Bürgern gleichermaßen die Möglichkeit, gemeinsam Strategien und Lösungen zu entwickeln, um vor Ort effektive Präventionsarbeit zu leisten. 5. Inwieweit entspricht die Behauptung, dass der polizeiliche Über- wachungsdruck im Grenzgebiet in den Nachtstunden deutlich nach- lasse, den Tatsachen? Diese Behauptung entspricht nicht den Tatsachen. Die Polizeihauptreviere und Polizeireviere der Polizeiinspektion Anklam arbeiten mit Mindesteinsatzstärken, welche grundsätzlich eingehalten werden. Darüber hinaus stehen auf Anforderung Einsatzkräfte des Landesbereit- schaftspolizeiamtes zur Erhöhung des Kräfteeinsatzes bei entsprechenden Einsatzlagen zur Verfügung. Die Einsatzleitstelle des Polizeipräsidiums Neubrandenburg ist weiterhin jederzeit in der Lage, weitere Kräfte aus dem eigenen Zuständigkeitsbereich zum Einsatz zu bringen. 6. Inwieweit teilt die Landesregierung die Auffassung, eine hinreichende Polizeipräsenz im grenznahen Raum lasse sich durch „Präventionsarbeit “ ersetzen? Diese Auffassung wird nicht geteilt. Bei der Kriminalitätsbekämpfung müssen sich grundsätzlich sowohl repressive als auch präventive Maßnahmen ergänzen. 7. Aus welchen Gründen wird die Stärke der Landespolizei nicht zuletzt vor dem Hintergrund einer anhaltenden Grenzkriminalität nicht erhöht, sondern laut Personalkonzept eher noch verringert? Aufgrund der sinkenden Einwohnerzahl des Landes Mecklenburg-Vorpommern war und ist ein Personalabbau in der Landesverwaltung unumgänglich. Die Landespolizei kann von diesen Einsparbemühungen nicht ausgenommen werden. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/2561 5 8. Mit welchen konkreten Maßnahmen will die Landesregierung die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger gewährleisten, wenn das Gewaltmonopol des Staates offensichtlich zunehmend schwindet, wobei mit der Frage nicht zuletzt auf die Überlegung des Amts- ausschusses Löcknitz-Penkun, Bürgerwehren zu bilden, Bezug genommen wird? Die Landesregierung sieht das Gewaltmonopol des Staates nicht gefährdet. Für Bürgerwehren besteht nicht zuletzt auch mit Blick auf dieses Prinzip kein Raum.