Der Minister für Inneres und Sport hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 16. Januar 2014 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 6/2592 6. Wahlperiode 20.01.2014 KLEINE ANFRAGE des Abgeordneten Jürgen Suhr, Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Mutmaßliche rechte Tötungsdelikte in Mecklenburg-Vorpommern und ANTWORT der Landesregierung Nach der Selbstaufdeckung der Terrorserie des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ haben Bundeskriminalamt und Landespolizeibehörden Medienberichten zufolge 3300 versuchte und vollendete Tötungsdelikte ohne Tatverdächtige überprüft. Dabei hätten sich in 746 Fällen Anhaltspunkte für eine politisch rechte Tatmotivation ergeben. Die Zahl der Opfer dieser Gewalttaten belaufe sich auf 849. Damit könnten weit mehr Todesopfer als bislang anerkannt auf das Konto rechter Gewalttäter gehen. 1. Hat sich die Landesregierung an der Überprüfung der 3300 versuchten und vollendeten Tötungsdelikte ohne Tatverdächtige beteiligt, bzw. wurden dabei Fälle aus Mecklenburg-Vorpommern erfasst? Ja. Drucksache 6/2592 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 2 2. Falls ja, wie viele Delikte welcher Art wurden aus Mecklenburg- Vorpommern in die Überprüfung einbezogen? Für Mecklenburg-Vorpommern wurden 75 Sachverhalte überprüft, indem alle ungeklärten Tötungsdelikte ohne Tatverdächtige gemäß §§ 211, 212 Strafgesetzbuch, inklusive sämtlicher Versuchshandlungen, für den Zeitraum von 1990 bis 2011 einbezogen wurden. Zusätzlich wurden die 8 Mecklenburg-Vorpommern betreffenden Sachverhalte aus der sogenannten „Opferliste“ sowie das Tötungsdelikt zum Nachteil Mehmet T. einbezogen. 3. In welcher Art und Weise fand die Überprüfung der in MecklenburgVorpommern begangenen Tötungsdelikte statt? a) Durch wen und aufgrund welcher Kriterien wurden Fälle in die Überprüfung einbezogen? b) Welche Unterlagen wurden beigezogen? c) Welche Behörden innerhalb und außerhalb Mecklenburg- Vorpommerns waren an der Überprüfung beteiligt? Zu 3 und a) Das Bundeskriminalamt hat im Rahmen des Gemeinsamen Abwehrzentrums zur Bekämpfung des Rechtsextremismus/Rechtsterrorismus (GAR) bereits Anfang 2012 ein Konzept zur Fallanalyse vorgelegt, mit dem die Auswahlkriterien und das Prüfverfahren bundeseinheitlich festgelegt wurden. Als Richtschnur für die Überprüfung wurde gemeinsam mit polizeiinternen und externen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern ein neuer weitgefasster Indikatoren-Katalog entwickelt. Dieser besteht unter anderem aus bestimmten Opferkriterien (zum Beispiel sexuelle Orientierung, Ethnie, Religion oder Obdachlosigkeit) und Begehungsweisen , die sonst für eine politische Motivation immer zusammenhängend Voraussetzung waren. Für die weitere Überprüfung reicht es nun aus, wenn nur einzelne Kriterien vorliegen, die bisher für sich allein genommen keine Einstufung als politisch motivierte Tat zuließen. Zu b) In die Prüfung wurden alle vorhandenen polizeilichen und justiziellen Unterlagen einbezogen. Zu c) In Mecklenburg-Vorpommern waren an der Überprüfung die jeweils örtlichen zuständigen Dienststellen und das Landeskriminalamt Mecklenburg-Vorpommern beteiligt. Die Prüfergebnisse wurden dem Bundeskriminalamt übermittelt. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/2592 3 4. In wie vielen Fällen haben sich bei in Mecklenburg-Vorpommern begangenen versuchten oder vollendeten Tötungsdelikten Anhaltspunkte für eine politisch rechte Tatmotivation ergeben (bitte nach Art der Delikte aufschlüsseln)? Von den acht Mecklenburg-Vorpommern betreffenden Sachverhalten aus der sogenannten „Opferliste“ waren bereits drei als rechtsmotivierte Tötungsdelikte eingestuft. Die übrigen fünf sind auch weiterhin nicht als rechtsmotiviert einzustufen. Das rechtsmotivierte Tötungsdelikt zum Nachteil Mehmet T. in Rostock wurde vom Bundeskriminalamt einbezogen, da zum Prüfzeitpunkt die Bearbeitungszuständigkeit bereits bei der Generalbundesanwaltschaft und dem Bundeskriminalamt lag. Im Ergebnis der Überprüfung der weiteren 75 Sachverhalte aus Mecklenburg-Vorpommern (siehe Antwort zu Frage 2) wurden dann 5 weitere Prüffälle gemeldet, bei denen opfer- oder tatbezogene Kriterien erfüllt waren, aber bis dato keine Anhaltspunkte für eine politische Motivation vorliegen. 5. Wie bewertet die Landesregierung die Ergebnisse der Überprüfung? Ein Endergebnis der Prüfung liegt noch nicht vor. Im Übrigen wird auf Antwort zu Frage 4 verwiesen. 6. Wird sich die Landesregierung dafür aussprechen, die Überprüfung auf weitere Delikte auszuweiten? a) Wenn ja, auf welche? b) Wenn nicht, warum nicht? Zu 6, a) und b) Das in der Antwort zu Frage 3 erwähnte Konzept zur Fallanalyse sieht die Überprüfung weiterer Deliktsarten vor. Dabei handelt es sich insbesondere um Gewaltdelikte mit denkbarem Hintergrund der Politisch motivierten Kriminalität - rechts, unter Berücksichtigung opferbezogener Indikatoren. Drucksache 6/2592 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 4 7. Sofern sich die Landesregierung nicht an der Überprüfung der 3.300 versuchten und vollendeten Tötungsdelikte ohne Tatverdächtige beteiligt hat, bzw. keine Fälle aus Mecklenburg-Vorpommern in die Prüfung einbezogen wurden, ergeben sich folgende Fragen: a) Beabsichtigt die Landesregierung versuchte und vollendete Tötungsdelikte ohne Tatverdächtige in Mecklenburg-Vorpommern vor dem Hintergrund der bisherigen Prüfungsergebnisse zu überprüfen ? b) Wann und in welcher Form beabsichtigt die Landesregierung, diese Überprüfung durchzuführen? Auf die Antwort zu Frage 1 wird verwiesen.