Der Minister für Bildung, Wissenschaft und Kultur hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 24. Februar 2014 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 6/2648 6. Wahlperiode 25.02.2014 KLEINE ANFRAGE des Abgeordneten Johannes Saalfeld, Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Studienplatzklagen und ANTWORT der Landesregierung Wegen des bundesweiten Mangels an Studienplatzkapazitäten sind viele Studiengänge zulassungsbeschränkt. Die Chance auf Zulassung zu diesen Studiengängen im Rahmen bundesweit zentraler und örtlicher Bewerbungsverfahren ist primär vom Grad der Qualifikation, also der Durchschnittsnote der Hochschulzugangsberechtigung wie dem Abitur, abhängig . Die Hochschulzugangsberechtigung ist daher per se für eine Zulassung zu zulassungsbeschränkten Studiengänge nicht ausreichend. Das Bundesverfassungsgericht hat bereits 1972 in seinem Numerus Clausus Urteil (BVerfGE 33, 303 - numerus clausus I) darauf hingewiesen, dass Zulassungsbeschränkungen ihren Ausnahmecharakter einer „vorübergehenden Notmaßnahme“ nicht verlieren dürfen. Vielmehr müssten Vorschriften über Zulassungsbeschränkungen die Verpflichtung des Staates zur Ermittlung nachhaltig erkennbarer Studieninteressen und zur Anpassung der Kapazität durch Ausbau innerhalb bestimmter Fristen enthalten. Drucksache 6/2648 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 2 Auf dem Weg einer sogenannten Studienplatzklage ist es für die in Bewerbungsverfahren unterliegenden Studienbewerberinnen und -bewerber dennoch möglich, einen Studienplatz außerhalb der festgesetzten Studienplatzkapazität zugewiesen zu bekommen. Dieser Weg ist jedoch mit teils beträchtlichen gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten für Studienbewerberinnen und -bewerber verbunden, und belastet darüber hinaus die zuständigen Verwaltungsgerichte und beklagten Hochschulen . 1. Welche Maßnahmen hat die Landesregierung auf Landesebene und/oder Bundesebene ergriffen, um dem Auftrag des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 33, 303 - numerus clausus I) nachzukommen, die nachhaltig erkennbaren Studieninteressen zu ermitteln und die entsprechenden Kapazitäten innerhalb bestimmter Fristen anzupassen, damit die Zulassungsbeschränkungen ihren Ausnahmecharakter einer „vorübergehenden Notmaßnahme“ nicht verlieren? Auf der Grundlage der „Verwaltungsvereinbarung zwischen Bund und Ländern gemäß Artikel 91 b Absatz 1 Nummer 2 des Grundgesetzes über den Hochschulpakt 2020 (zweite Programmphase)“ weist das Land den Hochschulen Mittel aus dem Hochschulpakt für kapazitätsstabilisierende und -erweiternde Maßnahmen zu. Diese Mittel werden von den Hochschulen im Rahmen der inhaltlichen Festlegungen der Zielvereinbarungen in eigener Zuständigkeit verwendet. Vor diesem Hintergrund konnte die Zahl der Studienanfängerinnen und Studienanfänger im ersten Fachsemester von 2005 bis 2011 um circa 4.000 gesteigert werden. So konnte beispielsweise in der Ausbildung zum Lehramt an Grundschulen und zum Lehramt für Sonderpädagogik an der Universität Rostock die Kapazität deutlich erhöht werden. An der Universität Greifswald wurden die Kapazitäten für nachfragestarke Bereiche der Geisteswissenschaften aufgestockt. An der Hochschule Neubrandenburg wurde der Studiengang „Early Education“ ausgebaut und der Studiengang „Diätetik“ neu eingerichtet. An den Fachhochschulen Stralsund und Wismar werden technische und wirtschaftswissenschaftliche Fächer unterstützt. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/2648 3 2. Wie viele Anträge auf Zulassung zu einem Studienplatz außerhalb der festgesetzten Kapazität wurden an die Hochschulen des Landes in den Jahren 2008 bis 2013 gestellt (bitte darstellen nach Jahr, Hochschule und Studiengang)? a) Wie viele Anträge auf Zulassung außerhalb der festgesetzten Kapazität wurden seitens der Hochschulen positiv beschieden, wie viele abgelehnt (bitte darstellen nach Jahr, Hochschule und Studiengang)? b) In wie vielen Fällen wurde vom Antragssteller Widerspruch gegen den Ablehnungsbescheid der Hochschulen eingelegt (bitte darstellen nach Jahr, Hochschule und Studiengang)? c) In wie vielen Fällen wurde der Widerspruch von den Hochschulen zurückgewiesen (bitte darstellen nach Jahr, Hochschule und Studiengang)? Statistisch erfasst sind an der Universität Rostock nur die Anträge auf außerkapazitäre Zulassungen in den Studiengängen Medizin und Zahnmedizin. Für andere Studiengänge liegen dazu keine Zahlen in statistisch aufbereiteter Form vor. Eine nachträgliche statistische Erfassung und Aufbereitung der Daten wäre nur mit einem unverhältnismäßig großen Aufwand möglich. Jahr Zahl der Anträge* Positiv beschieden Abgelehnt 2008 879 0 879 2009 1.151 0 1.151 2010 1.937 0 1.937 2011 1.699 0 1.699 2012 1.376 0 1.376 2013 1.054 0 1.054 * Eine Differenzierung nach den Studiengängen Medizin und Zahnmedizin ist nicht möglich. Drucksache 6/2648 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 4 Die Universität Greifswald hat folgende Anträge auf Zuweisung eines Studienplatzes außerhalb der festgesetzten Kapazität erhalten (Angaben vor dem Wintersemester 2010/2011 sind nicht möglich, da keine Erhebung der Daten erfolgte): Wintersemester 2010/2011 Sommersemester 2011 Wintersemester 2011/2012 Sommersemester 2012 Wintersemester 2012/2013 Sommersemester 2013 Wintersemester 2013/2014 Medizin Erstes Fachsemester 915 - 462 - 510 - 409 Medizin höhere Fachsemester 15 80 125 50 130 50 247 Pharmazie Erstes Fachsemester 8 - 3 - 5 - 3 Psychologie Erstes Fachsemester 28 - 31 - 42 - 37 Zahnmedizin Erstes Fachsemester 284 - 150 - 100 - 125 Zahnmedizin Höhere Fachsemester 15 20 10 30 15 10 10 An der Hochschule Wismar und der Hochschule für Musik und Theater in Rostock gab es keine Anträge außerhalb der festgesetzten Kapazität. An der Fachhochschule Stralsund gab es im Studiengang „Leisure and Tourism Management“ zum Wintersemester 2011/2012 einen Antrag, der sich jedoch erledigte, weil die Bewerberin beziehungsweise der Bewerber einen Studienplatz über das Losverfahren erhielt. Die Hochschule Neubrandenburg führt diesbezüglich keine Statistik. Zu a) An keiner Hochschule des Landes wurden Anträge positiv beschieden. Bezüglich der Universität Rostock wird auf die Antwort zu Frage 2 verwiesen. Anträge von anwaltlich vertretenen Antragstellerinnen und Antragstellern werden von der Universität Greifswald ebenso wie von der Universität Rostock gemäß den Absprachen mit den Rechtsanwaltsbüros nicht beschieden, da ein Widerspruchsverfahren sich regelmäßig durch den einstweiligen Rechtsschutz erledigen würde. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/2648 5 An der Universität Greifswald ergingen Ablehnungsbescheide demzufolge nur an nicht anwaltlich vertretene Antragsstellerinnen und Antragsteller, die pro Jahr und Studiengang nur vereinzelt vorkommen (Medizin: circa zehn bis 15 pro Studienjahr, Pharmazie, Psychologie und Zahnmedizin: circa zwei bis drei pro Studienjahr). Zum Wintersemester 2012/2013 wurden in Absprache mit einem Rechtsanwaltsbüro einmalig neun Anträge von anwaltlich vertretenen Antragstellerinnen beziehungsweise Antragstellern abschlägig beschieden. Zu b) und c) Die Fragen 2 b) und 2 c) werden zusammenhängend beantwortet. An der Universität Rostock und der Universität Greifswald wurden keine Widersprüche eingelegt, so dass auch keine Widersprüche zurückgewiesen werden mussten. Dies ist darauf zurückzuführen, dass sich die Anträge nach Durchführung eines in der Regel durchgeführten gerichtlichen Eilverfahrens erledigen beziehungsweise bereits durch das Eilverfahren endgültig abgeschlossen werden. 3. Wie viele Anträge im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes (Eilverfahren) auf Zulassung zu einem Studiengang wurden an den Verwaltungsgerichten des Landes in den Jahren 2008 bis 2013 gestellt und behandelt? a) Welche Hochschule war jeweils Antragsgegnerin/Beklagte? b) Für welchen Studiengang wurde jeweils eine Zulassung beantragt? c) Wie viele Anträge wurden abgewiesen? Die Fragen 3, a), b) und c) werden zusammenhängend beantwortet. Drucksache 6/2648 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 6 Gegen die Universität Rostock als Antragsgegnerin wurden folgende Eilverfahren durchgeführt : Studienjahr Zahl der Anträge Studiengänge abgewiesene Anträge Wintersemester 2008/ Sommersemester 2009 607 Medizin: 523 Zahnmedizin: 79 Grundschulpädagogik: 2 Medizinische Biotechnologie: 1 Lehramt Sonderpädagogik: 2 562 Wintersemester 2009/ Sommersemester 2010 887 Medizin: 734 Zahnmedizin: 143 Grundschulpädagogik: 4 Lehramt an Gymnasien: 4 Lehramt Sonderpädagogik: 1 Soziologie (Bachelor of Arts): 1 839 Wintersemester 2010/ Sommersemester 2011 1.044 Medizin: 892 Zahnmedizin: 142 Grundschulpädagogik: 4 Lehramt an Gymnasien: 3 Lehramt Sonderpädagogik: 2 Soziologie (Bachelor of Arts): 1 1.020 Wintersemester 2011/ Sommersemester 2012 425 Medizin: 343 Zahnmedizin: 75 Lehramt an Gymnasien: 5 Lehramt an Grund- und Hauptschulen: 1 Lehramt Sonderpädagogik: 1 413 Wintersemester 2012/ Sommersemester 2013 320 Medizin: 249 Zahnmedizin: 63 Lehramt an Grundschulen: 1 Lehramt an Gymnasien: 2 Lehramt Sonderpädagogik: 4 Good Governance (Bachelor of Arts): 1 316 Wintersemester 2013 134 Medizin: 103 Zahnmedizin: 28 Lehramt an Gymnasien: 2 Lehramt Sonderpädagogik: 1 104 offen, 29 Anträge zurückgenommen, ein Verfahren (Lehramt) verglichen. Die Datenerhebung der Universität Greifswald ergibt folgende Aussagen: 2008: 342 Anträge, 2009: 417 Anträge, 2010: 225 Anträge, 2011: 70 Anträge, 2012: 155 Anträge, 2013: 63 Anträge. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/2648 7 Beantragt wurden Zulassungen für die Studiengänge Humanmedizin, Zahnmedizin, Psychologie und einige Anträge für Geographie, Humanbiologie, Kommunikationswissenschaften , Politikwissenschaften, Betriebswirtschaftslehre, Pharmazie, Biologie und Lehramt Deutsch. Alle Anträge wurden abgewiesen. 4. In wie vielen Fällen wurde zwischen den Hochschulen und den Antragstellern und Antragstellerinnen ein Zulassungsvergleich in den Jahren 2008 bis 2013 geschlossen (bitte darstellen nach Jahr, Hochschule und Studiengang)? Zulassungsvergleiche hat die Universität Rostock in dem genannten Zeitraum wie folgt geschlossen: Studienjahr Zahl der Vergleiche Studiengänge Wintersemester 2008/ Sommersemester 2009 4 Medizin: 4 Verfahren auf 4 Plätze Zahnmedizin: 20 Verfahren auf 3 Plätze Grundschulpädagogik: 1 Verfahren auf 1 Platz Lehramt Sonderpädagogik: 1 Verfahren auf 1 Platz Wintersemester 2009/ Sommersemester 2010 3 Medizin: 1 Verfahren auf 1 Platz Zahnmedizin: 34 Verfahren auf 2 Plätze Lehramt an Gymnasien: 2 Verfahren auf 2 Plätze Wintersemester 2010/ Sommersemester 2011 6 Medizin: 2 Verfahren auf 2 Plätze sowie 227 Verfahren auf 11 Plätze Zahnmedizin: 30 Verfahren auf 3 Plätze sowie 1 Verfahren auf 1 Platz Grundschulpädagogik: 3 Verfahren auf 3 Plätze Soziologie (Bachelor of Arts): 1 Verfahren auf 1 Platz Wintersemester 2011/ Sommersemester 2012 4 Medizin: 2 Verfahren auf 2 Plätze Zahnmedizin: 27 Verfahren auf 4 Plätze Lehramt an Gymnasien: 2 Verfahren auf 2 Plätze Lehramt Sonderpädagogik: 1 Verfahren auf 1 Platz Wintersemester 2012/ Sommersemester 2013 2 Zahnmedizin: 17 Verfahren auf 3 Plätze Lehramt an Grundschulen: 1 Verfahren auf 1 Platz Wintersemester 2013 1 Lehramt an Gymnasien: 1 Verfahren auf 1 Platz Die Universität Greifswald hat mitgeteilt, dass pro Jahr circa fünf Vergleiche abgeschlossen werden. Die Studiengänge Humanmedizin und Zahnmedizin sind nicht darunter. Drucksache 6/2648 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 8 5. Nach welchem Verfahren werden bei einem Zulassungsvergleich im Falle eines Überhangs von Antragstellern bzw. Antragstellerinnen die im Rahmen der gerichtlichen Überprüfung der Kapazitätsberechnung ggf. festgestellten „zusätzlichen“ Studienplätze vergeben? Universität Rostock: Bei Vergleichen und Studienplatzklagen für Zahnmedizin werden zu vergebende Studienplätze im Falle eines Überhangs auf der Antragstellerseite stets verlost. Sind aufgrund einer Gerichtsentscheidung Studienplätze im Studiengang Medizin zu vergeben, werden diese seit dem Wintersemester 2010/2011 nach Qualifikation vergeben. Bis zu diesem Beschluss erfolgte in diesen Verfahren ebenfalls eine Vergabe im Losverfahren. Universität Greifswald: Im Fall eines Zulassungsvergleiches mit überzähligen Antragsstellerinnen und Antragstellern würde ein Losverfahren durchgeführt werden. Seit Wintersemester 2010/2011 ist es möglich, die Vergabe an den Kriterien des § 4 Absatz 3 Satz 1 Hochschulzulassungsgesetz zu orientieren. Dies ist bisher nicht in Anspruch genommen worden, da keine Zulassungen außerhalb der Kapazität ergangen sind. 6. In wie vielen Fällen und mit welchem Ergebnis wurden in hochschulkapazitätsrechtlichen Gerichtsverfahren (Studienplatzklagen) zwischen den Jahren 2008 und 2013 über Eilanträge hinaus weitere Rechtsmittel seitens der Antragstellerinnen und Antragsteller eingelegt ? Studienplatzklagen finden fast ausschließlich in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes statt. Im angegebenen Zeitraum gab es darüber hinaus gegen die Universität Rostock 108 Beschwerden gegen verwaltungsgerichtliche Eilentscheidungen. In der Universität Greifswald waren es 188. Die Beschwerden führten zu keinen weiteren Studienplätzen. 7. Welche Hochschulen des Landes lassen sich in Fällen von hochschulkapazitätsrechtlichen Gerichtsverfahren (Studienplatzklagen) anwaltlich vertreten? Die Universität Rostock lässt sich nur in Kapazitätsprozessen, die die Studiengänge Medizin und Zahnmedizin betreffen, anwaltlich vertreten. Ansonsten erfolgt die Bearbeitung und gerichtliche Vertretung in Studienplatzklagen durch das Justitiariat. Die Universität Greifswald wird anwaltlich vertreten. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/2648 9 8. Wie hoch sind die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten, welche die Hochschulen im Zusammenhang mit solchen Gerichtsverfahren in den Jahren 2008 bis 2013 trugen? Der Universität Rostock sind in den Jahren 2008 bis 2013 im Zusammenhang mit Studienplatzklagen insgesamt Kosten in Höhe von aufgerundet 98.000 Euro entstanden. Die Gerichtskosten betrugen knapp 20.000 Euro. Die außergerichtlichen Kosten beliefen sich demnach auf rund 78.000 Euro. Darunter befinden sich sowohl die Kosten für die eigene anwaltliche Vertretung, die nach den Gebührentatbeständen des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes erfolgt, als auch die nach den Gerichtsentscheidungen und Vergleichen zu erstattenden außergerichtlichen Kosten der Antragstellerseite, die fast ausnahmslos ebenfalls anwaltlich vertreten ist. Im Falle eines Unterliegens entstehen der Universität Rostock somit neben den Gerichtskosten außergerichtliche Kosten, die regelmäßig für Hochschul- und Bewerberseite in gleicher Höhe anfallen. Der Universität Greifswald sind in den Jahren 2008 bis 2013 lediglich in einem Fall durch Erledigung in der Hauptsache Kosten in Höhe von 1.063,32 Euro entstanden.