Der Chef der Staatskanzlei hat namens der Landesregierung die Antwort auf die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 21. Februar 2014 übermittelt. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 6/2672 6. Wahlperiode 21.02.2014 KLEINE ANFRAGE des Abgeordneten Dr. André Brie, Fraktion DIE LINKE Auswirkungen des transatlantischen Freihandelsabkommen (TTIP) auf Mecklenburg-Vorpommern und ANTWORT der Landesregierung Vorbemerkung Der Europäische Rat hat sich am 8. Februar 2013 für ein umfassendes Handels- und Investitionsabkommen mit den USA (Transatlantic Trade and Investment Partnership - TTIP) ausgesprochen. Anlässlich des EU/USA-Gipfels am 13. Februar 2013 haben daraufhin Präsident Obama, ER-Präsident Van Rompuy und Kommissionspräsident Barroso vereinbart, die für die Verhandlungen notwendigen internen Verfahren zu beginnen. Die Mitgliedstaaten haben der Kommission, die nach dem EU-Vertrag für die Verhandlungs- führung zuständig ist, im Juni 2013 ein Verhandlungsmandat erteilt. Die Leitlinien, an die sich die Kommission dabei halten soll, sind - wie bei derartigen Verhandlungen mit Drittstaaten üblich - nicht öffentlich zugänglich. Das Europäische Parlament hat sich am 23. Mai 2013 in einer Entschließung grundsätzlich positiv zu dem Vorhaben geäußert. Es verlangt allerdings, dass der Bereich Kultur und Audiovisuelles ausgenommen wird und dass die EU in den Bereichen Umwelt, Landwirt- schaft und Gesundheit auf ihren Standards bestehen soll. Nachdrücklich spricht sich das EP für Transparenz und die Einbeziehung aller beteiligten Gruppen aus. Der Bundesrat hat am 7. Juni 2013 einstimmig zwei umfangreiche Entschließungen zur TTIP angenommen. Darin begrüßt er die Verhandlungen über ein transatlantisches Freihandels- abkommen wegen der erwarteten positiven Auswirkungen auf Wachstum und Arbeitsplätze. Gleichzeitig fordert er insbesondere die Beibehaltung der EU-Standards in den Bereichen Soziales, Umwelt, Lebensmittelsicherheit, Verbraucherrechte sowie Gesundheits- und Datenschutz. Drucksache 6/2672 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 2 Die Bereiche Kultur und Audiovisuelles sollen ausgenommen, für den Agrarbereich Sonderregelungen vorgesehen werden. Das Verhandlungsmandat soll veröffentlicht werden, die Verhandlungen sollen möglichst transparent geführt werden. Der Bundesrat anerkennt die Zuständigkeit der EU-Institutionen für die Aushandlung, den Abschluss und die Umsetzung von Handelsabkommen, unterstreicht aber die Rechte der Mitgliedstaaten und ihrer Parlamente, soweit das Abkommen auch nationale Zuständigkeiten berührt (Drucksache 464/13–Beschluss). Die Verhandlungen wurden am 8. Juli 2013 aufgenommen. Inzwischen haben drei Verhandlungsrunden stattgefunden, die letzte Mitte Dezember 2013. In 2014 sind weitere Verhandlungsrunden für März, Mai, Juli, Oktober und Dezember geplant. Bisher sind vor allem die Rahmenbedingungen diskutiert und grundsätzliche Verhandlungspositionen ausgetauscht worden. In der vierten Verhandlungsrunde im März 2014 (11. Kalenderwoche) soll erstmals über konkrete Texte verhandelt werden. Zuvor soll es in der 8. Kalenderwoche eine Bestandsaufnahme auf politischer Ebene zwischen der Kommission und dem US-Handelsbeauftragten geben. Das Abkommen wird auch Thema des informellen Treffens der EU-Handelsminister Ende Februar und des EU/USA-Gipfels am 26. März 2014 in Brüssel sein. Ein Abschluss der Verhandlungen ist bisher nicht abzusehen. Die Kommission unterrichtet vor und nach den Verhandlungsrunden den zuständigen Ausschuss des Europäischen Parlaments sowie die Mitgliedstaaten im Handelspolitischen Ausschuss und im Rat. Während der Verhandlungsrunden gibt es ein Briefing für Interessen- vertreter; die TTIP ist auch Gegenstand des Dialogs der Kommission mit Vertretern der Zivilgesellschaft, zuletzt am 14. Januar 2014 zur dritten Verhandlungsrunde. Die Kommission hat außerdem einen Beratenden Ausschuss mit 14 Mitgliedern eingesetzt, dem Vertreter von Gewerkschaften sowie von Verbänden aus den Bereichen Verbraucher, Umwelt, Landwirt- schaft, Gesundheit, Industrie und Dienstleistungssektor angehören. Die Generaldirektion Handel hat eine Internetseite (zum Teil auch in deutscher Sprache) mit umfangreichen Informationen über die TTIP eingerichtet, auch mit erläuternden Papieren zu Themen, die in der öffentlichen Diskussion besonders im Fokus stehen, wie Investitionen und Streitschlich- tung oder Regulierung (http://ec.europa.eu/trade/policy/in-focus/ttip/ ). Die Kommission bemüht sich nach eigenen Angaben um größtmögliche Transparenz, weist aber auch auf die Grenzen hin (keine völlige Offenlegung der eigenen Verhandlungstaktik, fehlende Zustimmung des Verhandlungspartners). In dem Bestreben, die Kommunikation zu verbessern, wird die Kommission ab März 2014 eine öffentliche Konsultation zur TTIP für den Bereich des Investitionsschutzes durchführen. Während der Konsultationsphase sollen die Verhandlungen zur Thematik ruhen. Der Europa-Ausschuss des Landtages wird seit Mai 2013 in den regelmäßigen Briefings von der Staatskanzlei über die TTIP unterrichtet. Am 5. März 2014 wird der für die Verhand- lungen zuständige Referatsleiter aus dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie dem Ausschuss für ein Gespräch zur Verfügung stehen. Anlässlich der Informationsfahrt des Ausschusses nach Brüssel ist am 19. März 2014 ein Gespräch mit einem Vertreter der Generaldirektion Handel vorgesehen. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/2672 3 1. Welche wirtschaftlichen Beziehungen bestehen zwischen Unter- nehmen des Landes Mecklenburg-Vorpommern und den USA? Mit einem Anteil von 2,6 % des gesamten Außenhandels Mecklenburg-Vorpommerns (Summe aus Im- und Export des Jahres 2012) liegen die USA im Ländervergleich auf Platz 15 und stellen somit für Mecklenburg-Vorpommern einen wichtigen Außenhandels- partner dar. Export Die USA sind ein wichtiges Exportland für Mecklenburg-Vorpommern. Im Jahr 2012 wurden Waren im Wert von ca. 204 Mio. Euro aus Mecklenburg-Vorpommern in die USA ausgeführt. Dies entspricht einem Anteil von 3,3 % der Gesamtausfuhren Mecklenburg- Vorpommerns und Platz 12 in der Exportstatistik. Bis November 2013 betrug der Wert der Ausfuhren ca. 214 Mio. Euro und liegt damit bereits über den Gesamtausfuhren des gesamten Vorjahres. Die Hauptausfuhrgüter, die bis November vom Statistischen Bundesamt für das Jahr 2013 erfasst wurden, waren Maschinen (15,1 %), Geräte zur Elektrizitätserzeugung und -verteilung (11,8 %) und Düngemittel (7,3 %). Import Die Einfuhren aus den USA nach Mecklenburg-Vorpommern beliefen sich im Jahr 2012 auf ca. 77 Mio. Euro. Der Wert der Importe entsprach damit ca. 1,1 % der Gesamteinfuhren nach Mecklenburg-Vorpommern. Mit diesem Anteil nahmen die USA 2012 Platz 16 der Importstatistik ein. Bis November 2013 wurden Waren im Wert von ca. 44 Mio. Euro eingeführt. Damit liegt das Einfuhrvolumen bisher deutlich unter dem des Vorjahres. Im Wesentlichen handelt es sich bei den Einfuhrgütern um Nahrungsmittel pflanzlichen Ursprungs (19,8 %), Kunststoffe (8,7 %) sowie mess-, steuerungs- und regelungstechnische Erzeugnisse (5,7 %). 2. Wie viele Unternehmen, die ihren Hauptsitz in Mecklenburg- Vorpommern haben, sind auch in den USA tätig? Da es keine Meldepflichten zu Auslandskontakten gibt, können hierzu keine verlässlichen Angaben gemacht werden. Eine Abfrage bei den Industrie- und Handelskammern des Landes hat ergeben, dass dort insgesamt 69 in Mecklenburg-Vorpommern ansässige Unternehmen bekannt sind, die über Geschäftskontakte in den USA verfügen. Drucksache 6/2672 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 4 3. Wie viele Unternehmen, die ihren Hauptsitz in den USA haben, sind auch in Mecklenburg-Vorpommern tätig? Haben diese Unternehmen auch eine Niederlassung oder Tochtergesellschaft in Mecklenburg-Vorpommern? Informationen zur Herkunft von Unternehmen beziehungsweise über die Hauptsitze der Muttergesellschaften sind nur im Rahmen der Antragstellung für Projektförderungen aus der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ für Unternehmen zu ermitteln. Auf diesem Wege werden Unternehmen erfasst, die eine Förderung beim Landesförderinstitut beantragt und erhalten haben. Zu berücksichtigen ist, dass die zum Zeitpunkt der Antragstellung durch die Unternehmen gemachten Angaben heute nicht mehr zutreffen müssen, da eine spätere Überprüfung nicht erfolgt. Laut Förderdatenbank wurden seit 1990 insgesamt 11 Unternehmen gefördert, deren Eigentümer beziehungsweise mehrheitliche Gesellschafter oder Muttergesellschaften zum Zeitpunkt der Antragstellung ihren Sitz in den USA haben oder hatten. 4. Wie beurteilt die Landesregierung die aufgenommenen Verhand- lungen der EU mit den USA über das Transatlantische Freihandels- abkommen (TTIP)? Die Landesregierung begrüßt die Aufnahme der Verhandlungen. Ein solches Abkommen eröffnet Chancen für ein nachhaltiges Wachstum und die Schaffung qualitativ hochwertiger Arbeitsplätze. Auf die Entschließung des Bundesrates vom 7. Juni 2013 (Drucksache 464/13 – Beschluss), der Mecklenburg-Vorpommern zugestimmt hat, wird Bezug genommen. 5. Welche konkreten Erwartungen stellt die Landesregierung an ein solches Transatlantisches Freihandelsabkommen? Auf die Antwort zu Frage 4 wird Bezug genommen. Chancen können sich auch für die Wirtschaft in Mecklenburg-Vorpommern eröffnen. Allerdings ist auf die Rahmenbedin- gungen zu achten, die der Bundesrat in seiner Entschließung vom 7. Juni 2013 formuliert hat, insbesondere die Wahrung von EU-Standards. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/2672 5 6. Welche Chancen sieht die Landesregierung in einem Transatlan- tischen Freihandelsabkommen (bitte konkret ausführen und begründen) für a) die Entwicklung von Wirtschaft und Arbeitsmarkt in Mecklenburg-Vorpommern, b) die Aufrechterhaltung von Standards in der Daseinsvorsorge im Land Mecklenburg-Vorpommern und c) die Aufrechterhaltung von Standards bei den Arbeitnehmerrechten und beim Verbraucher sowie bei Umweltstandards? Die Frage 6 a), 6 b) und 6 c) werden zusammenhängend beantwortet. Die konkreten Chancen, die sich aus einem Abkommen ergeben, lassen sich für Mecklenburg-Vorpommern erst ermitteln, wenn das Abkommen ausgehandelt ist oder jedenfalls die wesentlichen Elemente in den relevanten Passagen feststehen. Derzeit befinden sich die Verhandlungen jedoch noch in der Anfangsphase (siehe Vorbemerkung). 7. Welche Nachteile sieht die Landesregierung in einem Transatlan- tischen Freihandelsabkommen (bitte konkret ausführen und begrün- den) für a) die Entwicklung von Wirtschaft und Arbeitsmarkt in Mecklenburg-Vorpommern, b) die Aufrechterhaltung von Standards in der Daseinsvorsorge im Land Mecklenburg-Vorpommern und c) die Aufrechterhaltung von Standards bei den Arbeitnehmerrechten und beim Verbraucher sowie bei Umweltstandards? Die Fragen 7, 7 a), 7 b) und 7 c) werden zusammenhängend beantwortet. Auf die Antwort zu Frage 6 wird verwiesen. 8. Wie beurteilt die Landesregierung die Transparenz und Verhandlungs- führung des Abkommens? a) Erscheint eine lückenlose Information von Öffentlichkeit und nationalen sowie regionalen Parlamenten sinnvoll? b) Sieht man die Beteiligung von Verbänden und Organisationen der Zivilgesellschaft bei der Verhandlungsführung als wünschenswert an? Die Fragen 8, 8 a) und 8 b) werden zusammenhängend beantwortet. Auf die Vorbemerkung und die Entschließung des Bundesrates vom 7. Juni 2013 wird Bezug genommen. Die Landesregierung begrüßt die Bemühungen der Kommission um größtmög- liche Transparenz und die Einbeziehung von Verbänden und Organisationen der Zivilgesell- schaft.