Der Minister für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 7. März 2014 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 6/2675 6. Wahlperiode 10.03.2014 KLEINE ANFRAGE des Abgeordneten Stefan Köster, Fraktion der NPD Studie der Deutschen Forschungs-Gemeinschaft und gescheiterte Umwandlungen früherer Landwirtschaftlicher Produktions-Genossenschaften und ANTWORT der Landesregierung Wie eine 2002 veröffentlichte Studie der Universität Jena ergab, sind elf Prozent der LPG-Umwandlungen im Beitrittsgebiet nach höchst- richterlicher Rechtsprechung als endgültig gescheitert anzusehen. In Mecklenburg-Vorpommern ist die Quote mit 15 Prozent demzufolge am höchsten. Die Scheinunternehmen sollen dabei EU-Agrarbeihilfen sowie Flächen der bundeseigenen Bodenverwertungs- und Verwaltungs-Gesell- schaft (BVVG) erhalten haben. In Brandenburg ist es laut dem vorläu- figen Bericht der Enquete-Kommission bei den Privatisierungen von LPG´en zu „teilweise schwerwiegenden Rechtsfehlern“ gekommen. Mehrere Umwandlungen seien „rechtlich unwirksam“. So sei nicht jedem LPG-Mitglied eine Beteiligung am Rechtsnachfolger angeboten worden. Infolge der LPG-Umwandlungen bzw. der damit im Zusammenhang stehenden rechtsfehlerbehafteten Transformation weise, wie es ein Abge- ordneter der Grünen im Brandenburgischen Landtag ausdrückte, die märkische Landwirtschaft „die Struktur wie ein Dritte-Welt-Land“ auf, innerhalb der es nur einen geringen Anteil an kleinbäuerlichen Strukturen gebe. Drucksache 6/2675 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 2 1. Wie bewertet die Landesregierung die 2002 veröffentlichte Studie der Deutschen Forschungs-Gemeinschaft (DFG) nicht zuletzt vor dem Hintergrund der im Land Brandenburg tätigen Enquete-Kommission, die den mit der Auflösung der Landwirtschaftlichen Produktions- Genossenschaften (LPG) verbundenen Umwandlungsprozess kritisch aufarbeitet und für deren diesbezügliche Tätigkeit die Studie einen maßgeblichen Anstoß gegeben hat, im Hinblick auf ihre Verwendbarkeit für entsprechende Untersuchungen, die das Land Mecklenburg-Vorpommern betreffen? a) Inwieweit handelt es sich bei der DFG-Studie aus Sicht der Landesregierung eher um eine „private“ und damit möglicherweise weniger maßgebliche Meinung einer Arbeitsgruppe (siehe auch Presseinformation der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirt- schaft vom 13.12.2013 sowie SVZ vom 23.12.2013)? b) Inwieweit handelt es sich bei der DFG-Studie aus Sicht der Landesregierung eher um eine durchaus ernstzunehmende wissen- schaftliche Arbeit, die ohne weiteres als Grundlage für weitere Untersuchungen dienen kann? Die Fragen 1, a) und b) werden zusammenhängend beantwortet. Es handelt sich bei der Studie „Rechtsprobleme der Restrukturierung landwirtschaftlicher Unternehmen in den neuen Bundesländern nach 1989“ weder um eine amtliche noch um eine gerichtliche Feststellung, welche eine Behörde berechtigen könnte, rechtliche Konsequenzen für die Betriebe daraus abzuleiten. Die Landesregierung hat die Ergebnisse der Studie aber damals durchaus ernst genommen. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft wurde im Jahr 2002 um die Übersendung der Namen derjenigen Betriebe gebeten, bei denen es nach Auffassung der Wissenschaftler zu einer fehlgeschlagenen Umwandlung gekommen ist. Nach Erhalt dieser Liste informierte das damalige Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft, Forsten und Fischerei die Landwirtschaftsunternehmen, welche als Nachfolgebetriebe der in der Liste der Deutschen Forschungsgemeinschaft genannten Betriebe bekannt und nicht bereits durch Liquidation untergegangen waren. Den Betroffenen wurden die oben beschriebenen Konsequenzen dargestellt, falls die von den Wissenschaftlern vorgenommene Einschätzung zutreffend ist und nahegelegt, sich diesbezüglich mit ihren Rechtsberatern zu verständigen. 2. Inwieweit schließt sich die Landesregierung der Auffassung an, der zufolge auch die zumindest teilweise mit offensichtlichen Unregelmäßigkeiten verbundenen Umwandlungen von früheren LPG´en in Rechtsformen des gesamtdeutschen Gesellschaftsrechts zu einer Zementierung großagrarischer Landwirtschafts-Strukturen bei gleichzeitiger Benachteiligung kleinbäuerlicher Strukturen im Beitrittsgebiet, so auch in Mecklenburg-Vorpommern, geführt haben? Aus Sicht der Landesregierung ist nicht zu erkennen, dass es infolge der behaupteten Unregel- mäßigkeiten zu einer Zementierung der Agrarstrukturen gekommen ist. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/2675 3 Die Freiheit des einzelnen LPG-Mitgliedes, sich als Wiedereinrichter selbstständig zu machen, wurde auch in Fällen von Umwandlungen, die nach der Rechtsprechung unter schwerwiegenden formalen Mängeln litt, nicht eingeschränkt. Ob die ehemaligen Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften (LPG) 1991 bei der Umwandlung Fehler machten oder nicht, hatte nichts damit zu tun, in welchem Umfang sich deren Mitglieder für die Wiedereinrichtung landwirtschaftlicher Betriebe entschieden. Dies hing vielmehr im Regelfall davon ab, ob und in welchem Umfang in dem Betrieb Genossenschaftsmitglieder vorhanden waren, die das Risiko einer eigenen unternehmerischen Selbstständigkeit der bloßen Mitgliedschaft in einem von der Geschäftsführung geleiteten „Kollektiv“-Betrieb vorzogen. Dabei spielte vor allen Dingen eine große Rolle, ob man der damaligen LPG-Führung zutraute, das landwirtschaftliche Unternehmen unter den neuen Bedingungen erfolgreich weiterzuführen. Die Zahlen aufgrund der letzten Agrarstrukturerhebung im Jahr 2010 zeigen deutlich, dass neben den 776 juristischen Personen, die zumeist Rechtsnachfolger der LPG sind, 3.949 andere Landwirtschaftsbetriebe entstanden, die von natürlichen Personen oder Personengesellschaften geführt werden. 3. Wie viele Umwandlungen früherer Landwirtschaftlicher Produktions- Genossenschaften in Rechtsformen des gesamtdeutschen Gesell- schaftsrechts gab es in Mecklenburg-Vorpommern? Die ehemaligen LPG mussten sich bis zum 31.12.1991 in eine der im LwAnpG genannten juristischen Personen bundesdeutschen Rechtes umgewandelt haben. Laut Angabe des Statistischen Amtes gab es im Jahr 1992 in Mecklenburg-Vorpommern 699 Landwirtschafts- betriebe in der Rechtsform juristischer Personen. 4. Wie viele dieser Umwandlungen sind als rechtlich unwirksam zu bezeichnen (bitte mit Nennung des Unternehmens und den jeweiligen Gründen für die rechtliche Unwirksamkeit angeben)? Die Deutsche Forschungsgemeinschaft wurde im Jahr 2002 um die Übersendung der Namen derjenigen Betriebe gebeten, bei denen es nach Auffassung der Wissenschaftler zu einer fehl- geschlagenen Umwandlung gekommen ist. Nach Erhalt dieser Liste informierte das damalige Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft, Forsten und Fischerei die Landwirtschafts- unternehmen, welche als Nachfolgebetriebe der in der Liste der Deutschen Forschungs- gemeinschaft genannten Betriebe bekannt und nicht bereits durch Liquidation untergegangen waren. Die Namen und Adressen der angeschriebenen Betriebe wurden aus datenschutzrecht- lichen Gründen nicht archiviert. Drucksache 6/2675 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 4 Der Landesregierung liegen keine Informationen vor, wie viele dieser Unternehmen als rechtlich unwirksam zu bezeichnen sind. Bis heute gibt es keinen einzigen Fall in Mecklenburg-Vorpommern, in welchem nach Kenntnis der Landesregierung entsprechende gerichtliche Feststellungen stattgefunden haben. 5. Wie bewertet die Landesregierung die damalige Rolle der Register- gerichte nicht zuletzt im Hinblick auf eine gewisse Zahl von rechts- fehlerbehafteten LPG-Umwandlungen? Die Landesregierung bewertet die unabhängige Tätigkeit der Gerichte nicht. 6. Welche dieser Scheinunternehmen haben seit ihrem Bestehen EU- Agrarbeihilfen erhalten (bitte jahrweise aufführen mit dem Namen des Unternehmens, der Höhe der Zuwendung absolut und relativ zur Gesamtsumme der jeweils ausgereichten EU-Agrarbeihilfen für Betriebe in Mecklenburg-Vorpommern/Jahr)? 7. Welche dieser Scheinunternehmen haben seit ihrem Bestehen BVVG- Flächen erhalten (bitte jahrweise aufführen mit dem Namen des Unternehmens, dem konkreten Umfang an erworbenen BVVG- Flächen absolut und relativ zum jeweiligen Gesamtumfang der an Betriebe in Mecklenburg-Vorpommern veräußerten BVVG-Flächen/ Jahr)? Die Fragen 6 und 7 werden zusammenhängend beantwortet. Da die aus fehlgeschlagenen Umwandlungen hervorgegangenen Unternehmen nicht bekannt sind (siehe Antwort zu Frage 4), kann auch keine Aussage getroffen werden, welche dieser Unternehmen EU-Agrarbeihilfen oder BVVG-Flächen erhalten haben. 8. In welchen konkreten Fällen sind in Mecklenburg-Vorpommern Versammlungen mit früheren LPG-Mitgliedern neu einberufen worden, um auf diese Weise rechtsfehlerbehaftete Umwandlungen zu korrigieren? a) Auf wessen Veranlassung geschah dies? b) Welche konkreten Ergebnisse erbrachten die Neueinberufungen im Einzelnen? Die Fragen 8, a) und b) werden zusammenhängend beantwortet. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/2675 5 Die Einberufung einer Versammlung der ehemaligen Mitglieder zur Korrektur der Folgen fehlerhafter Umwandlungen ist eine unternehmensinterne Angelegenheit der jeweiligen Land- wirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft gewesen, die nicht der staatlichen Überwachung unterworfen war. Es liegen der Landesregierung daher keine Informationen darüber vor, in welchen konkreten Fällen solche Versammlungen einberufen wurden. 9. Inwieweit sieht die Landesregierung die Möglichkeit, frühere LPG- Mitglieder, die bei den Umwandlungen benachteiligt worden sind (z. B. durch keine korrekte Auszahlung von Vermögensanteilen oder fehlende Angebote für eine Beteiligung an den neuen Unternehmen) zu entschädigen? a) Wie positioniert sich die Landesregierung in diesem Zusammen- hang zur Einrichtung eines Entschädigungsfonds? b) Inwieweit greift hierbei und bezogen auf die seinerzeitigen rechts- fehlerbehafteten Umwandlungen das Argument der Verjährung? Die Fragen 9, a) und b) werden zusammenhängend beantwortet. Die Ansprüche der Mitglieder bei Ausscheiden aus der landwirtschaftlichen Produktions- genossenschaften sind in den §§ 44 ff des Landwirtschaftsanpassungsgesetzes (LwAnpG) abschließend geregelt. Sollten Ansprüche aus den oben genannten oder entsprechenden Benachteiligungen aus Anlass der Umwandlungen bestehen, unterliegen sie der Verjährung. Wie in vielen anderen Fällen der Nachwendezeit, in denen die Frist für die Geltendmachung von Ansprüchen abgelaufen ist (so zum Beispiel solche nach dem Vermögensgesetz), kann der Staat nicht für die Entschädigung derjenigen herangezogen werden, welche ihre Ansprüche nicht rechtzeitig geltend gemacht haben.