Der Minister für Inneres und Sport hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 28. Februar 2014 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 6/2719 6. Wahlperiode 03.03.2014 KLEINE ANFRAGE des Abgeordneten Jürgen Suhr, Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Nutzung des ZLN in Lubmin für die Zwischenlagerung von Castoren aus Sellafield und ANTWORT der Landesregierung Vorbemerkung Auf der Besprechung der Bundeskanzlerin mit den Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder am 13.06.2013 wurde beschlossen, dass mit dem Inkrafttreten des Standortaus- wahlgesetzes keine Castor-Transporte mehr in das Zentrale Zwischenlager Gorleben stattfinden sollen. Des Weiteren sollen die noch ausstehenden Castor-Behälter (unter anderem) aus Großbritannien auf mehrere (drei) bestehende Standort-Zwischenlager verteilt werden. Eine endgültige Festlegung, in welche Zwischenlager die Castor-Behälter aufgenommen werden, erfolgt durch Einbeziehung des Deutschen Bundestages und des Bundesrates. Laut einer Berichterstattung der TAZ vom 19. Januar 2014 haben sich Bund, Länder und Vertreter der AKW-Betreiber bezüglich der erforder- lichen Rücknahmen von 21 Castoren mit radioaktiven Abfällen aus der britischen Wiederaufbereitungsanlage Sellafield auf sogenannte „Vorschläge für Entscheidungskriterien“ geeinigt. Grundlage soll ein Papier des Ministeriums für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz sein. Dabei ging es offensichtlich um die Verteilung der Castoren mit radioaktiven Abfällen auf die potenziell zur Verfügung stehenden Zwischenlager. Bis spätestens Ostern 2014 soll hier nach Aussage des Umwelt-Staatssekretärs Jochen Flasbarth (SPD) eine Lösung gefunden werden. Bund, Länder und Vertreter der AKW-Betreiber sollen im Rah- men ihrer Beratungen bestimmte Standorte bereits ausgeschlossen haben. Drucksache 6/2719 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 2 Dazu zählen etwa die Standorte ohne Gleisanschluss oder solche Zwischenlager an AKWs, zu denen Klagen anhängig sind und wo daher juristische Probleme drohen. Die Landesregierung war angeblich über den zuständigen Landesminister Lorenz Caffier an den Beratungen beteiligt. 1. Haben sich Bund, Länder und Vertreter der AKW-Betreiber bezüglich der erforderlichen Rücknahmen von 21 Castoren mit radioaktiven Abfällen aus der britischen Wiederaufbereitungsanlage Sellafield auf sogenannte „Vorschläge für Entscheidungskriterien“ geeinigt? a) Wenn ja, auf welche konkreten Entscheidungskriterien haben sich Bund, Länder und Vertreter der AKW-Betreiber geeinigt? b) Wenn nicht, gibt es konkret vereinbarte einvernehmliche Kriterien, welche sind das und auf welche Kriterien konnte man sich noch nicht einigen? Bund, Länder und Vertreter der AKW-Betreiber haben bezüglich der erforderlichen Rücknahmen von 21 Castoren mit radioaktiven Abfällen aus der britischen Wiederaufberei- tungsanlage Sellafield sogenannte „Vorschläge für Entscheidungskriterien“ erarbeitet. Eine endgültige Fassung der „Vorschläge für Entscheidungskriterien“ liegt noch nicht vor. Zu 1 a) und 1 b) Die Fragen 1 a) und 1 b) werden zusammenhängend beantwortet. Einigkeit zwischen den Vertretern von Bund, Ländern und der AKW-Betreiber besteht darin, dass objektiv nachprüfbare Kriterien für die Entscheidung gefunden werden sollen, in welche Zwischenlager die Behälter transportiert werden. Vorrangiges Kriterium soll dabei sein, dass in einem Zwischenlager noch freie, bereits genehmigte Plätze für Castoren zur Verfügung stehen. Des Weiteren sind Aspekte der Sicherheit und der Kosten zu berücksichtigen. Nach jetzigem Stand sollen Zwischenlager, die über keinen Schienenanschluss verfügen, ausgeschlossen sein. Darüber hinaus kommt das Transportbehälterlager Ahaus aufgrund des bestehenden Ansiedlungsvertrags zwischen der Stadt Ahaus und der Gesellschaft für Nuklear- Service mbH nicht in Betracht. In die Überlegungen zwischen Bund und Ländern wird ebenfalls einbezogen, ob Einschrän- kungen aufgrund laufender Verfahren, von Anträgen oder sonstigen Planungen zu berücksichtigen sind. Hier sind Antragsverfahren nach § 6 Atomgesetz auf Mischlagerung, auf Härtung oder Gerichtsverfahren zu nennen. Erörtert wurde des Weiteren, welche Transportwege zur Verfügung stehen und die jeweils daraus resultierende Länge der Strecke. Verfahrensfragen zwischen Bund, Ländern und den AKW-Betreibern wurden noch nicht abschließend geklärt. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/2719 3 2. Gibt es ein Papier der Bundesregierung, in dem der Ausschluss von Zwischenlagerstandorten definiert ist und sind dieses Papier und dessen Inhalte der Landesregierung bekannt? Wenn ja, welche zentralen Aussagen beinhaltet dieses Papier hinsicht- lich der Eignung und Nichteignung von Zwischenlagerstandorten, welche werden in diesem Papier ausgeschlossen und welche werden als potenziell umsetzbar angesehen? Eine derartige Unterlage der Bundesregierung ist der Landesregierung nicht bekannt. Soweit Vorschlagsübersichten im Sinne der Fragestellung zwischen den Gesprächsbeteiligten erörtert wurden, wird in Bezug auf deren zentrale Aussagen auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. 3. Wie gestalten sich die Aussagen, Einschätzungen und Kriterien zu einer Nutzung des Zwischenlagers Nord (ZLN) in Lubmin als Stand- ort für die sogenannte Zwischenlagerung von Castoren aus Sellafield seitens Bund, Ländern, der Geschäftsführung des EWN und Vertretern der AKW-Betreiber? Seitens des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit und des Landes Mecklenburg-Vorpommern kommt Lubmin als Standort für die sogenannte Zwischenlagerung von Castoren aus Sellafield nicht in Betracht, weil es sich beim Transportbehälterlager Lubmin nicht um ein „standortnahes“ Zwischenlager im Sinne des § 9a Absatz 2a Atomgesetz (neu) handelt. Diese Bewertung wird von einigen Bundesländern nicht geteilt. Stellungnahmen der EWN-Geschäftsführer oder der AKW-Betreiber liegen nicht vor. 4. Was hat die Landesregierung unternommen, um durchzusetzen, dass das ZLN Nord nicht als Standort für die sogenannte Zwischenlage- rung von Castoren aus Sellafield genutzt wird und warum ist die Landesregierung bisher gescheitert? Die Landesregierung hat in allen Verhandlungen seit dem MPK-Beschluss vom 13.06.2013 gegenüber den übrigen Teilnehmern nachhaltig darauf verwiesen, dass dem Zwischenlager Nord auf absehbare Zeit die Voraussetzungen dafür fehlen, als Standort für die sogenannte Zwischenlagerung von Castoren aus Sellafield in Betracht zu kommen. Da die Verhandlungen über den Verbleib der 21 Castoren aus Sellafield noch nicht abgeschlossen sind, ist es verfrüht, eine Bewertung der bisherigen Ergebnisse vorzunehmen. Drucksache 6/2719 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 4 5. Welche Rolle spielt nach Einschätzung der Landesregierung die Tat- sache, dass Lubmin alleine schon deshalb infrage kommen könnte, weil die Energiewerke Nord im Eigentum des Bundes sind und die Aufnahme von Castoren mit den dazu erforderlichen Genehmigungen über den direkten Zugriff der Bundesregierung auf das eigene Unter- nehmen vermutlich schnell realisiert werden kann? Der Landesregierung sind bisher keine Umstände bekannt, die Anlass für die aufgeworfenen Fragestellungen sein könnten. Im Übrigen wurde zwischen der Bundeskanzlerin und den Regierungschefinnen und Regierungschefs vereinbart, dass die Entscheidung für ein bestimmtes Standort-Zwischenlager nur mit Zustimmung des betroffenen Bundeslandes erfolgen kann. 6. Welche Verfahren wären erforderlich, um die Zwischenlagerung von Castoren aus Sellafield im ZLN zu genehmigen und wie lange würde ein entsprechendes Genehmigungsverfahren dauern? Erforderlich sind Genehmigungsverfahren nach § 6 Atomgesetz, für die das Bundesamt für Strahlenschutz zuständig ist. Zu der Frage der Verfahrensdauer der Genehmigungen können seitens der Landesregierung Mecklenburg-Vorpommern keine Aussagen getroffen werden. 7. Wie wären entsprechend erforderliche Genehmigungsverfahren für andere Standorte etwa an norddeutschen AKW-Standorten, wie Brok- dorf und Krümmel, oder an süddeutschen AKW-Standorten, wie Biblis und Isar, vom Aufwand und von der Dauer her einzuschätzen? Zu Genehmigungsverfahren für andere Standorte in Nord- und Süddeutschland, für die ebenfalls das Bundesamt für Strahlenschutz zuständig ist, kann die Landesregierung Mecklenburg-Vorpommern keine Aussage treffen. 8. Wie gestalten sich die weiteren Beratungs- und Entscheidungsschritte zur Festlegung geeigneter Standorte für die Zwischenlagerung der Castoren aus Sellafield? Derzeit ist beabsichtigt, das weitere Verfahren zur Festlegung geeigneter Standorte zwischen den beteiligten Ministerien zu klären. Nach Vorbereitung durch die Minister wird eine Entscheidung zwischen der Bundeskanzlerin und den Regierungschefinnen und Regierungs- chefs herbeigeführt. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/2719 5 9. Was wird die Landesregierung unternehmen, um auszuschließen, dass das ZLN als Standort für die Zwischenlagerung der Castoren aus Sellafield genutzt wird? Die Landesregierung wird sich weiterhin im Sinne der Antworten zu den Fragen 3 und 4 verwenden. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 5 verwiesen.