Der Minister für Inneres und Sport hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 17. März 2014 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 6/2723 6. Wahlperiode 19.03.2014 KLEINE ANFRAGE des Abgeordneten Peter Ritter, Fraktion DIE LINKE Geheimschutzbetreuung und öffentliche Auftragsvergabe in Mecklenburg-Vorpommern und ANTWORT der Landesregierung Vorbemerkung Die Geheimschutzbetreuung von Unternehmen schafft die Voraussetzung, im Auftrag öffentlicher Stellen entweder mit Verschlusssachen umgehen zu können oder Zutritt zu Sicherheitsbereichen zu erlangen. Die Notwendigkeit wird auf vertraglicher Basis zwischen dem öffentlichen Auftraggeber und dem Auftragnehmer mittels einer Geheimschutzklausel vereinbart. Durch den Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrages zwischen der für den Geheimschutz im nicht öffentlichen Bereich zuständigen Behörde und den Unternehmen werden die einzuhaltenden, vom Bundeswirtschaftsministerium im „Geheimschutzhandbuch für die Wirtschaft“ festgelegten Regularien verbindlich anerkannt. Das „Geheimschutzhandbuch für die Wirtschaft“ wird in den meisten Bundesländern – so auch in MecklenburgVorpommern - analog angewandt und sorgt für eine bundesweite Standardisierung. Den ausschreibenden Behörden stehen für einen Wettbewerb nicht nur die Unternehmen zur Verfügung, die sich in der Geheimschutzbetreuung des Landes Mecklenburg-Vorpommern befinden oder ihre Bereitschaft zur Aufnahme erklärt haben, sondern auch die Unternehmen, die bereits durch den Bund oder eine Behörde eines anderen Bundeslandes geheimschutz- betreut werden. Drucksache 6/2723 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 2 Antragsberechtigt für eine Aufnahme in die Geheimschutzbetreuung des Landes sind grundsätzlich nicht hieran interessierte Unternehmen selbst, sondern der öffentliche Auftraggeber. 1. Wie viele Unternehmen befinden sich gegenwärtig in Geheimschutz- betreuung des Landes Mecklenburg-Vorpommern? In der Geheimschutzbetreuung des Landes Mecklenburg-Vorpommern befinden sich 29 Unternehmen (Stand: 1. März 2014). 2. Wie stellt sich die Anzahl der geheimschutzbetreuten Unternehmen seit 2004 dar (bitte differenzieren nach Jahr, Branche und jeweils betroffenen Beschäftigten)? Geheimschutzbetreute Unternehmen sind verpflichtet, halbjährlich einen Nachweis über bestehende und abgearbeitete Verschlusssachenaufträge einzureichen. Werden die Voraussetzungen für ein Fortbestehen der Geheimschutzbetreuung nicht mehr erfüllt, wird der öffentlich rechtliche Vertrag gekündigt und der Sicherheitsbescheid aufgehoben. Nach fünf Jahren erfolgt die Vernichtung der Akten. Da keine Statistiken geführt werden, kann nur die Anzahl der derzeit geheimschutzbetreuten Unternehmen aufgeschlüsselt werden. Gewerbe Anzahl der Firmen Anzahl des sicherheits- überprüften Personals Architekten-/Ingenieurbüros 2 9 Baufirmen 2 15 Reinigungsfirmen 3 39 Brandschutz 1 1 Netzwerktechnik und Informationstechnik- Dienstleistungen 4 131 Bewachung 2 47 Prozesstechnik 1 1 Kälte-/Klimatechnik 2 8 Metallverarbeitendes Gewerbe 1 11 Energiewerke Nord 1 11 Innenausrüstungen 4 15 Maler, Elektriker, Schreiner 5 25 Aktenvernichtung 1 8 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/2723 3 3. In wie vielen Fällen wurden seit 2004 Anträge für eine Aufnahme in die Geheimschutzbetreuung des Landes durch hieran interessierte Unternehmen selbst gestellt? a) In wie vielen Fällen wurde den Anträgen stattgegeben? b) Aus welchen Gründen wurden Anträge abgelehnt? Zu 3, 3 a) und 3 b) Die Fragen 3, 3 a) und 3 b) werden zusammenhängend beantwortet. Es wurden keine Anträge durch interessierte Firmen gestellt (siehe Vorbemerkung des Fragestellers zu Frage 1). 4. Sind Vergabevorgänge bekannt, in denen der öffentliche Auftraggeber eine bereits stattfindende Geheimschutzbetreuung selbst zu einem Vergabekriterium erhoben hat? a) Um wie viele Vorgänge handelt es sich gegebenenfalls? b) Inwieweit sind derartige Ausschreibungsbedingungen mit (anderen) wettbewerbsrechtlichen Regelungen vereinbar? Zu 4 und 4 a) Die Fragen 4 und 4 a) werden zusammenhängend beantwortet. Es sind zehn Vergabevorgänge im Bereich der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen bekannt, in denen der öffentliche Auftraggeber eine bereits stattfindende Geheimschutzbetreuung zum Vergabekriterium erhoben hat. Zu 4 b) Die mögliche Geheimhaltungsbedürftigkeit von Tatsachen, Gegenständen oder Erkenntnissen ist vom Gesetzgeber ausdrücklich anerkannt. Die Geheimschutzbetreuung von Unternehmen hat ihren Ursprung in den Sicherheitsüberprüfungsgesetzen von Bund und Ländern. Ein Konflikt mit geltendem Wettbewerbsrecht besteht nicht. Vielmehr enthält gerade das Vergaberecht, das bei Erreichen der europäischen Schwellenwerte ausdrücklich dem Wettbewerbsrecht zugeordnet ist, ausdrücklich Tatbestände, die etwaigen Geheimhaltungs- erfordernissen Rechnung tragen. Drucksache 6/2723 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 4 5. Welche Vorteile entstehen dem öffentlichen Auftraggeber möglicher- weise im Einzelnen, sollte er eine bereits laufende Geheimschutz- betreuung zu einem Vergabekriterium erheben? In besonderen Ausnahmefällen - beispielsweise Eilbedürftigkeit der Auftragsumsetzung - kann eine bestehende Geheimschutzbetreuung ein zulässiges Vergabekriterium sein. 6. Durch welche Mechanismen bzw. Regularien im Einzelnen wird verhindert, dass öffentliche Auftraggeber bereits geheimschutz- betreute Unternehmen bei sonst gleichen oder gar schlechteren Kon- ditionen bevorzugen? Unternehmen, die sich in ihren Rechten verletzt fühlen, können die bestehenden Rechts- schutzmöglichkeiten in Anspruch nehmen (zum Beispiel Nachprüfungsantrag bei der Vergabekammer, Schadensersatzklage). Im Übrigen können sie sich an die zuständige Aufsichtsbehörde wenden, die jederzeit von Amts wegen tätig werden kann. 7. Nach welchen Kriterien erfolgt letztlich eine Aufnahme in die Geheimschutzbetreuung des Landes? a) Inwiefern sind von dieser Aufnahme bereits beauftragte oder potenzielle Subunternehmen betroffen? b) Welchen Differenzierungen unterliegt die Anwendung dieser Kriterien im Rahmen europaweiter bzw. beschränkter Aus- schreibungen? Unternehmen werden auf Vorschlag eines öffentlichen Auftraggebers in die Geheimschutz- betreuung aufgenommen, wenn zuvor zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer eine Geheimschutzklausel gemäß dem „Geheimschutzhandbuch für die Wirtschaft“ vereinbart wurde. Gegenüber der für den Geheimschutz im nicht öffentlichen Bereich zuständigen Stelle verpflichtet sich das Unternehmen zur Einhaltung der Bestimmungen des Geheimschutzhand- buchs und erkennt an, dass es nach dessen Maßgabe alle erforderlichen organisatorischen, personellen und materiellen Geheimschutzmaßnahmen zu treffen hat. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/2723 5 Zu 7 a) Beauftragt ein Unternehmen ein Subunternehmen, hat es sich bereits bei den Verhandlungen über einen Verschlusssachenunterauftrag Gewissheit darüber zu verschaffen, dass das in Aussicht genommene Subunternehmen bereit und in der Lage ist, die auf ihn entfallenen Pflichten nach dem Geheimschutzhandbuch zu erfüllen. Es ist dafür verantwortlich, dass die Verträge über geheimschutzbedürftige Lieferungen und Leistungen eine Geheimschutzklausel enthalten. Darüber hinaus trifft das Geheimschutzhandbuch Regelungen, wonach in bestimmten Ausnahmefällen auf die Geheimschutzbetreuung eines Subunternehmens verzichtet werden kann. In diesen begrenzten Fällen kann der oder die Sicherheitsbevollmächtigte des geheimschutzbetreuten Unternehmens die erforderlichen Geheimschutzmaßnahmen des Subunternehmens mit übernehmen. Zu 7 b) Die Formulierungen in den Vorschriften für so genannte europaweite Vergaben und für Vergaben unterhalb der europäischen Schwellenwerte sind nicht identisch. In jedem Fall aber ist die Berücksichtigung bestehender Geheimhaltungserfordernisse ausdrücklich zugelassen. Für das Verfahren zur Aufnahme in die Geheimschutzbetreuung ergibt sich grundsätzlich kein Unterschied.