Die Justizministerin hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 25. März 2014 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 6/2787 6. Wahlperiode 26.03.2014 KLEINE ANFRAGE der Abgeordneten Silke Gajek, Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Schutz von Kindern und Jugendlichen vor Straftaten und ANTWORT der Landesregierung Seit dem 1. Juli 2010 wird in Mecklenburg-Vorpommern ein Projekt durchgeführt, welches Kindern, Jugendlichen und Heranwachsenden, die Opfer eines Sexualdelikts oder einer schweren Gewalttat geworden sind, kostenlos psychosoziale Prozessbegleitung durch professionelle Betreuung, Informationsvermittlung und Begleitung gewährt. Neben Empfehlungen im Hinblick auf die erforderliche Weiterentwicklung bzw. den Ausbau dieses Angebots weist der Abschlussbericht der wissenschaftlichen Begleitung des Modellprojekts auf eine Reihe von strukturellen Problemen beim Kinder- und Jugendschutz hin. 1. Wie unterstützt die Landesregierung die Prozessbegleiterinnen und - begleiter bei der für ihre Aufgabe notwendigen Vernetzung mit Polizeidienststellen , Staatsanwaltschaften, Gerichten und Jugendämtern? Zu Beginn des Modellprojektes im Sommer 2010 fand in allen Landgerichtsbezirken in den jeweiligen Staatsanwaltschaften eine Präsentation des Modellprojektes der Justiz zur psychosozialen Prozessbegleitung statt, an der Richter, Staatsanwälte, Rechtsanwälte, Polizei und Vertreter der Opferberatungseinrichtungen teilgenommen haben. Dadurch sowie durch die Dauer des Projekts sind die Prozessbegleiterinnen gut in das Netzwerk der zahlreichen und fachlich gut qualifizierten Hilfseinrichtungen im Land integriert. Diese stehen vielfach in Kontakt zueinander und halten regelmäßig Fachveranstaltungen ab, zu denen die Prozessbegleiterinnen eingeladen werden. Drucksache 6/2787 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 2 Zudem finden im Justizministerium in regelmäßigen Abständen alle zwei Monate Besprechungen der Projektleiterin mit den Prozessbegleiterinnen statt, die unter anderem den aktuellen Unterstützungsbedarf der Prozessbegleiterinnen in der erfragten Netzwerkarbeit klärt. Nach der jetzigen Ausdehnung des Projekts auch auf die Landgerichtsbezirke Stralsund und Rostock wird im April 2014 eine Präsentation des Angebots der psychosozialen Prozessbegleitung in der Staatsanwaltschaft Rostock stattfinden, bei der sich die neue Prozessbegleiterin mit Unterstützung der Projektleiterin den bezeichneten Berufsgruppen vorstellen wird. 2. Inwiefern erfolgt zu diesem Zweck eine ressortübergreifende Zusammenarbeit zwischen den zuständigen Ministerien? Das Ministerium für Arbeit, Gleichstellung und Soziales nimmt den vorliegenden Abschlussbericht der wissenschaftlichen Begleitung des Modellprojekts „Psychosoziale Prozessbegleitung “ in Mecklenburg-Vorpommern zum Anlass, um insbesondere auch bei den Jugendämtern für den Aufbau und die Weiterentwicklung von Kooperationsbeziehungen mit Prozessbegleiterinnen und Prozessbegleitern zu werben. Darüber hinaus wird geprüft, inwieweit dieses Thema in eine ressortübergreifende Fortbildung integriert werden kann. Das Justizministerium ist zudem durch die Projektleitung des Projekts Psychosoziale Prozessbegleitung in der AG Opferschutz des Landesrates für Kriminalitätsvorbeugung vertreten. Dabei handelt es sich um ein Gremium, in dem unter anderem durch direkten Austausch Impulse gesetzt und die ressortübergreifende Zusammenarbeit befördert wird. Im April 2014 veranstaltet das Justizministerium eine Fachtagung zur psychosozialen Prozessbegleitung in der Landesvertretung des Landes in Berlin, an der unter anderem viele Vertreter des Ministeriums für Arbeit, Gleichstellung und Soziales sowie des Ministeriums für Inneres und Sport teilnehmen werden. Zwischen Justizministerium und Ministerium für Inneres und Sport erfolgt außerdem ein anlassbezogener Informationsaustausch, zuletzt im Februar und März 2014. 3. Wird das geplante Landeskinderschutzgesetz eine Regelung über die psychosoziale Prozessbegleitung enthalten? a) Wenn ja, wie wird diese Regelung aussehen? b) Wenn nicht, warum nicht? Zu 3, a) und b) Die Erarbeitung eines Referentenentwurfs ist noch nicht abgeschlossen. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/2787 3 Die Prüfung der Möglichkeiten, Erfordernisse und Grenzen landesgesetzlicher Regelungen im Kinderschutz dauert an. Im Übrigen wird auf die Beantwortung der Kleinen Anfrage vom 24. März 2014 (Drucksache 6/2736) verwiesen. 4. Wie lässt sich nach Ansicht der Landesregierung der Umstand erklären, dass bei Kindern und Jugendlichen aus armen und bildungsfernen Familien, Kindern, die aus ihrer Herkunftsfamilie genommen wurden, und bei Kindern mit Beeinträchtigungen und Behinderungen ein erhöhtes Risiko besteht, Opfer einer Straftat zu werden? Das erhöhte Risiko, Opfer einer Straftat zu werden, ergibt sich aus einer Vielzahl von individuellen, sozialen, ökonomischen und politischen Einflussfaktoren. So stellen kindbezogene Belastungsfaktoren, wie zum Beispiel abweichendes Verhalten, Entwicklungsstörungen, Behinderungen, elternbezogene Belastungsfaktoren, wie zum Beispiel Mangel an erzieherischer Kompetenz, chronische Erkrankungen, Trennung der Eltern, ökonomische Belastungsfaktoren, Armut, Arbeitslosigkeit sowie das Fehlen sozialer Unterstützung und eine fehlende soziale Einbindung erhebliche Risikofaktoren dar, die die Wahrscheinlichkeit für Kinder und Jugendliche erhöhen, Opfer einer Straftat zu werden. Fehlen Schutzfaktoren und/oder kumulieren die Belastungsfaktoren miteinander, kann sich das Risiko erheblich erhöhen. So werden empirisch gesehen Kinder mit einer Behinderung fast viermal so häufig Opfer von Gewalt. Eine Erklärung kann die durch die Behinderung einhergehende zusätzliche Belastung für die Eltern sein. Wissenschaftlich gesicherte Erkenntnisse über ein eindeutiges Ursache-Wirkungs-Verhältnis liegen hier nicht vor. Spezielle Studien zu Kindern und Jugendlichen in MecklenburgVorpommern sind nicht bekannt. 5. Durch welche Maßnahmen kann dieses erhöhte Risiko nach Ansicht der Landesregierung zumindest abgemildert werden? Schutzfaktoren kompensieren die Belastungsfaktoren und die damit einhergehenden Gefährdungen aufgrund persönlicher und biografischer Ressourcen von Kindern und Jugendlichen (Resilienz) oder aufgrund vorhandener sozialer Ressourcen (zum Beispiel positive Beziehungen zu weiteren Bezugspersonen, unterstützende soziale Netzwerke). Nicht in jeder Familie, in der die unter Frage 4. genannten Belastungsfaktoren auftreten, kommt es dazu, dass Kinder und Jugendliche Opfer von Gewalt werden. Sämtliche Maßnahmen, die auf die Stärkung der Schutzfaktoren und auf den Abbau der Belastungsfaktoren zielen, sind geeignet, das Risiko für Kinder und Jugendliche, Opfer von Gewalt zu werden, zu minimieren. Drucksache 6/2787 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 4 Der Runde Tisch „Sexueller Kindesmissbrauch in Abhängigkeits- und Machtverhältnissen in privaten und öffentlichen Einrichtungen und im familiären Bereich“ hat am 30. November 2011 seinen Abschlussbericht vorgelegt. Verschiedene darin enthaltene Empfehlungen konnten bereits umgesetzt werden. Die Prüfung der Realisierungsmöglichkeiten sollte fortgesetzt werden. 6. Welche konkreten Maßnahmen ergreifen die Landesregierung und die ihr nachgeordneten Behörden, um diese Opfergruppen besser vor Straftaten zu schützen? Opfergruppen besser vor Straftaten zu schützen, bedeutet auch, von Straffälligkeit bedrohten oder straffällig gewordenen jungen Menschen Unterstützung und Hilfe anzubieten, um die Gefahr der Wiederholung von Straftaten und die Gefahr fortschreitender gesellschaftlicher Desintegration zu mindern beziehungsweise abzuwenden. Als wichtige Elemente im Netz von Maßnahmen der Kriminalitätsvorbeugung stehen dazu die Neuen Ambulanten Maßnahmen (NAM), wie soziale Trainingskurse/Gruppenarbeit, Betreuungsweisungen, sozialpädagogisch betreute Arbeitsprojekte und der Täter-Opfer-Ausgleich zur Verfügung. Die NAM werden als Leistungen der Jugendhilfe von öffentlichen und freien Trägern erbracht und durch das Land Mecklenburg-Vorpommern im Rahmen der sozialraumorientierten Förderrichtlinien finanziell gefördert. Im Übrigen wird auf die Beantwortung der Kleinen Anfragen vom 10. Oktober 2013 (Drucksache 6/2195) und 25. November 2013 (Drucksache 6/2359) verwiesen. Maßnahmen der Landespolizei Mecklenburg-Vorpommern sind nicht speziell auf oben genannten Risikogruppen ausgerichtet. Ziel ist es, möglichst alle Kinder und Jugendlichen in Mecklenburg-Vorpommern davor zu bewahren, Opfer einer Straftat zu werden (vergleiche Antwort zur Frage 10). 7. Können die im Abschlussbericht erwähnten langen und für die betroffenen Kinder und Jugendlichen sehr belastenden Wartezeiten zwischen Anzeigeerstattung und ersten Vernehmungen bis hin zur Hauptverhandlung nach Ansicht der Landesregierung verkürzt werden? a) Wenn ja, wie? b) Wenn nicht, warum nicht? Zu 7, a) und b) Der Ablauf eines Strafverfahrens ist im Wesentlichen in der Strafprozessordnung geregelt. Die Dauer eines solchen Strafverfahrens ist von vielen Komponenten abhängig, beispielsweise von der Schwierigkeit einer Beweisaufnahme oder von der Tatsache, dass der Beschuldigte sich auf der Flucht befindet. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/2787 5 Den meisten Menschen sind zwar vereinzelte Strafnormen und Delikte des Strafrechts bekannt. Insbesondere wenn man zum ersten Mal als Betroffener oder als Verwandter mit einem Strafverfahren konfrontiert ist, ist man in der Regel mit dem konkreten Ablauf eines Strafverfahrens aber wenig vertraut. In der Tat können die Wartezeiten zwischen Anzeigeerstattung und erster Vernehmung bis hin zum rechtskräftigen Urteil für betroffene Kinder und Jugendliche sehr belastend sein. Im Strafverfahren sind kindliche Opfer und Zeugen als schwächste Mitglieder unserer Gesellschaft vor Belastungssituationen besonders zu schützen. Die Strafprozessordnung enthält daher eine Reihe von Vorschriften zum Schutz kindlicher und jugendlicher Zeugen, die oft zugleich Opfer einer Straftat sind. Vernehmungen kindlicher Opferzeugen sollen auf Bild-Ton-Träger aufgezeichnet werden, um ihnen Mehrfachvernehmungen möglichst zu ersparen. Ihre Vernehmung in der Hauptverhandlung wird allein vom Vorsitzenden durchgeführt. Eine Entfernung des Angeklagten aus dem Sitzungszimmer ist während der Vernehmung kindlicher und jugendlicher Zeugen unter erleichterten Voraussetzungen möglich, und es besteht die Möglichkeit der Videovernehmung. All diese Maßnahmen werden in der Praxis zum Schutz der Kinder und Jugendlichen angewandt und sind von Betroffenen als richtig und wichtig anerkannt worden. Das Justizministerium führt das Projekt der psychosozialen Prozessbegleitung für Kinder, Jugendliche und Heranwachsende, die Opfer schwerer Gewalt geworden sind, insbesondere auch vor dem Hintergrund durch, um die Belastungen der Kinder und Jugendlichen durch das Gerichtsverfahren zu mildern. Ergänzend wird auf die Beantwortung der Kleinen Anfrage auf Drucksache 6/2788 vom März 2014 verwiesen. 8. Welche Möglichkeiten stehen der Landesregierung zur Verfügung, um die Versorgung von Kindern und Jugendlichen mit Psychotherapie oder Traumatherapie zu verbessern? Das Ministerium für Arbeit, Gleichstellung und Soziales hat gemeinsam mit dem Landesamt für Gesundheit und Soziales in den vergangenen Jahren damit begonnen, in MecklenburgVorpommern ein fachärztliches und fachpsychologisches Netzwerk (Traumaambulanzen) zur Versorgung von Opfern von Gewalttaten aufzubauen. Die ersten Traumaambulanzen wurden 2013 eröffnet. Anliegen ist, den Gewaltopfern mit einem psychischen Trauma möglichst frühzeitig eine qualifizierte Untersuchung und Beratung anzubieten, um eine Manifestation der psychotraumatischen Belastungen zu verhindern. Traumaambulanzen gibt es derzeit an folgenden Kliniken: Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Universitätsmedizin Greifswald Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Universitätsmedizin Greifswald am HELIOS Hanseklinikum Stralsund Drucksache 6/2787 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 6 Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Dietrich-Bonhoeffer-Klinikum, Standort Neubrandenburg Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Dietrich-Bonhoeffer-Klinikum, Standort Neustrelitz Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie an der Universitätsmedizin Rostock HELIOS Kliniken Schwerin Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Auch wenn sich das Angebot der genannten Traumaambulanzen in erster Linie an Erwachsene richtet, können Jugendliche dort ebenso beraten, untersucht und behandelt werden. Dies liegt im Ermessen der Kliniken. Am 5. März 2014 wurden die ersten Traumaambulanzen speziell für Kinder und Jugendliche am MediClin Müritz-Klinikum, Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, -psychotherapie und -psychosomatik, an den Standorten Röbel und Neubrandenburg eröffnet. Weitere Traumaambulanzen für Kinder und Jugendliche werden an den HELIOS Kliniken Schwerin GmbH, Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie , und an dem AMEOS Klinikum, Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie Ueckermünde in Kürze ihre Arbeit aufnehmen. Dadurch kann auch in diesen Regionen eine frühzeitige fachkompetente Hilfe sichergestellt werden. Zu den Leistungen der Traumaambulanzen gehören neben fünf probatorischen Sitzungen und der Akut-Therapie unter anderem auch Prophylaxemaßnahmen. Begehrt das geschädigte Kind oder der geschädigte Jugendliche oder dessen gesetzlicher Vertreter bei von Strafverfolgungsbehörden oder Gerichten angesetzten Terminen psychotherapeutische Begleitung, kann eine Fachkraft der Traumaambulanz das Opfer bei entsprechendem Bedarf zur Vermeidung einer Sekundärtraumatisierung begleiten. Ziel dieser Leistung ist es, den bisherigen Behandlungserfolg zu sichern und eine mögliche Zunahme des Beschwerdebildes zu verhüten. Dies soll durch Anwesenheit einer Fachkraft bei den Terminen sowie gegebenenfalls vorbereitende und nachgehende Betreuung erreicht werden. In Mecklenburg-Vorpommern gibt es an fünf Standorten kinder- und jugendpsychiatrische Abteilungen in den Krankenhäusern mit 171 vollstationären Betten und 164 tagesklinische Plätzen an zehn Standorten. Mecklenburg-Vorpommern verfügt damit einwohnerbezogen über die meisten Behandlungsplätze im bundesweiten Vergleich. An allen Standorten befinden sich auch kinder- und jugendpsychiatrische Institutsambulanzen. Nach Aussagen der Kassenärztlichen Vereinigung Mecklenburg-Vorpommern ist beabsichtigt , für den ambulanten Bereich noch im Jahr 2014 zusätzliche Sitze von niedergelassenen Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten zuzulassen. Genaue Zahlen liegen der Landesregierung derzeit nicht vor. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/2787 7 Im Rahmen der Umsetzung des „Leitfadens zur Kooperation der Kinder- und Jugendhilfe mit der Kinder- und Jugendpsychiatrie“ wird die Zusammenarbeit der Hilfesysteme weiterentwickelt , um auch die Versorgung mit Psychotherapie und Traumatherapie zu verbessern. Im Rahmen der „Psychosozialen Notfallversorgung (PSNV)“ werden für die Aus- und Fortbildung sowie die Supervision der in Mecklenburg-Vorpommern ehrenamtlich tätigen Notfallbegleitungs- und Notfallseelsorgeteams Mittel zur Verfügung gestellt. Der Einsatz von Notfallbegleitern, die nach schweren Unfällen sowie anderen stark belastenden Ereignissen, wie zum Beispiel auch Gewalttaten, eine kompetente „Psychische Erste Hilfe“ leisten, kann die psychischen Folgen eines traumatischen Ereignisses für die Betroffenen mildern und entsprechende Interventionen können eingeleitet werden. Nach dem Gesetz über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten (OEG) erhalten Opfer von Gewalttaten möglichst frühzeitig eine qualifizierte Untersuchung und werden in den hierfür errichteten Traumaambulanzen beraten. 9. Besteht insbesondere die Möglichkeit, ökonomisch schlecht gestellten Familien aus dem Umland eine Fahrtkostenerstattung zu gewähren, um diesen zu ermöglichen, in den größten Städten vorhandene Therapieangebote wahrzunehmen? Zu den Möglichkeiten einer Fahrkostenerstattung bei der Wahrnehmung von Therapieangeboten im Rahmen des Sozialgesetzbuches Fünftes Buch (SGB V) ist auf die dort geregelten Leistungsansprüche der Versicherten hinzuweisen. Gemäß § 60 SGB V haben die Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung Anspruch auf Übernahme der Fahrkosten, wenn sie im Zusammenhang mit einer Leistung der Krankenkasse aus zwingenden medizinischen Gründen notwendig sind und vom Arzt verordnet wurden. Fahrten zu einer ambulanten Behandlung dürfen die Krankenkassen nur nach vorheriger Genehmigung in besonderen Ausnahmefällen übernehmen. Kinder und Jugendliche, die Opfer einer Gewalttat geworden sind, haben nach dem Opferentschädigungsgesetz (OEG) Anspruch auf Erstattung der Fahrtkosten, die bei erforderlicher Durchführung von Psychotherapien, beispielsweise in Traumaambulanzen, entstehen. So werden Fahrtkosten im Zusammenhang mit der Akut-Therapie in Traumaambulanzen und den in der Antwort zu Frage 8 genannten Prophylaxemaßnahmen übernommen. Die Fahrtkosten werden als Leistung bei einer Anerkennung nach dem OEG einkommensund vermögensunabhängig erbracht. Soweit die Betroffenen Leistungsempfänger nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) oder dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) sind, enthält der Regelbedarf Anteile für Ausgaben im Verkehr. Drucksache 6/2787 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 8 10. Wie können nach Ansicht der Landesregierung Kinder und Jugend- liche insgesamt besser vor Straftaten geschützt werden? Der Schutz von Kindern und Jugendlichen vor Straftaten ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Bund, Länder und Kommunen stehen gemeinsam in der Verantwortung, die dafür erforderlichen Rahmenbedingungen und Ressourcen zur Verfügung zu stellen. Grundlage bilden geeignete gesetzliche Regelungen und eine nachhaltige Kinder- und Jugendpolitik, die konsequent und systemübergreifend für die Belange junger Menschen eintritt. Darüber hinaus kann eine frühzeitige Aufklärung, Prävention und Förderung dazu beitragen, die Entwicklungsperspektiven von Kindern und Jugendlichen entscheidend zu verbessern. Im Rahmen der Vorbeugung (Prävention) und Bekämpfung von Straftaten, einschließlich Opferschutz, kooperiert die Landespolizei Mecklenburg-Vorpommern mit vielen staatlichen und nichtstaatlichen Partnern. Sie wirkt an der Umsetzung des Landesaktionsplans zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und Kinder in Mecklenburg-Vorpommern mit. Speziell in Fragen der Prävention geschulte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind landesweit tätig. Zielgruppen sind auch Kinder und Jugendliche sowie Multiplikatoren, die wiederkehrend Kontakt zu Kindern und Jugendlichen haben (zum Beispiel Lehr- und Erziehungskräfte ). Die Polizeipuppenbühne und die Sympathiefigur der Landespolizei, die „Polizeimöwe Klara“, werden landesweit eingesetzt. Über die „Polizeiliche Kriminalprävention der Länder und des Bundes“, an der auch die Landespolizei Mecklenburg-Vorpommern beteiligt ist, werden bundesweit Informationsmaterialien bereitstellt. Zum Thema Kinderschutz sind verschiedene Publikationen gedruckt und online verfügbar. Seit 2012 sind jeweils in den Polizeipräsidien, Polizeiinspektionen, Polizeihauptrevieren /Polizeirevieren, Kriminalpolizeiinspektionen, Kriminalkommissariaten, im Landeskriminalamt Mecklenburg-Vorpommern und im Landeswasserschutzpolizeiamt Mecklenburg-Vorpommern Opferschutzbeauftragte tätig. Es erfolgt eine enge Kooperation mit Hilfe- und Unterstützungseinrichtungen für Betroffene von Straftaten. Die Landespolizei ist auch im „Bündnis Kinderschutz MV“ aktiv. Mit der „Kischu-Stadt“ (der Kinderschutz-Stadt, vgl. http://www.kischu-stadt.de/) steht allen Kindern im Internet ein kindgerechtes Informationsangebot zur Verfügung. Der Landesrat für Kriminalitätsvorbeugung Mecklenburg-Vorpommern fördert die Vernetzung von staatlichen und nichtstaatlichen Akteuren, zum Beispiel im Rahmen seiner Arbeitsgruppe Opferschutz, informiert durch Tagungen und Broschüren (unter anderem „Kinder als Opfer häuslicher Gewalt“) und bietet Hilfe bei der Finanzierung konkreter Präventionsprojekte. Im Einzelnen wird auf die Beantwortung der Kleinen Anfragen vom 10. Oktober 2013 (Drucksache 6/2195) und 25. November 2013 (Drucksache 6/2359) verwiesen.