Die Ministerin für Arbeit, Gleichstellung und Soziales hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 2. April 2014 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 6/2802 6. Wahlperiode 03.04.2014 KLEINE ANFRAGE der Abgeordneten Jacqueline Bernhardt, Fraktion DIE LINKE Aufgabenverteilung im Bereich der Jugendhilfe nach dem Aufgabenzuordnungsgesetz und ANTWORT der Landesregierung Vorbemerkung Die ehemals Obere Landesbehörde „Landesjugendamt“ ist seit dem 1. Juli 2012 nicht mehr dem Geschäftsbereich des Ministeriums für Arbeit, Gleichstellung und Soziales zugeordnet, sondern wurde beim Kommunalen Sozialverband Mecklenburg-Vorpommern (KVS M-V) angesiedelt. Mit diesem Zeitpunkt gingen die Aufgaben des überörtlichen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe nach § 85 Absatz 2 Nummer 2, 3, 5 - 7 sowie 9 und 10 des Achten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VIII) auf den KSV M-V über. Der KSV M-V führt bei der Wahrnehmung dieser Aufgaben den Zusatz „Landesjugendamt“. Gemäß § 8 Absatz 1 des Gesetzes zur Ausführung des Achten Buches Sozialgesetzbuch (KJHG-Org M-V) ist der KSV M-V überörtlicher Träger der öffentlichen Jugendhilfe und erfüllt die Aufgaben des überörtlichen Trägers der Sozialhilfe nach dem Gesetz zur Ausführung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII AG M-V) als Selbstverwaltungsaufgabe. Er nimmt diese Aufgaben somit weisungsfrei als eigene Angelegenheit im Bereich der kommunalen Selbstverwaltung wahr. Demzufolge hat die Landesregierung keine Fachaufsicht über den KSV M-V. Insofern können im Folgenden nur die dem Zuständigkeitsbereich der Landes- regierung zuzuordnenden Fragen unter den Ziffern 1, 2, 5, 6, 7, 8, 9 und 10 beantwortet werden. Drucksache 6/2802 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 2 1. Welche Behörde ist in Mecklenburg-Vorpommern für die Wahr- nehmung der Aufgaben des überörtlichen Trägers gemäß § 85 Abs. 2 SGB VIII im Einzelnen zuständig? Ab dem 1. Juli 2012 gingen die Aufgaben des überörtlichen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe nach § 85 Absatz 2 Nummer 2, 3, 5 - 7 sowie 9 und 10 des SGB VIII auf den KSV M-V über. Die Aufgaben nach § 85 Absatz 2 Nummer 1, 4 und 8 des SGB VIII werden vom Ministerium für Arbeit, Gleichstellung und Soziales wahrgenommen. 2. Welche Aufgaben hat der Kommunale Sozialverband (KSV) im Rahmen der Umsetzung des SGB VIII und entsprechender Landes- gesetze? Der KSV M-V nimmt die Aufgaben, die ihm nach § 20 Absatz 1 des Gesetzes über die Zuordnungen von Aufgaben (AufgZuordG M-V) übertragen wurden, und die in § 20 Absatz 5 AufgZuordG M-V genannten Aufgaben wahr. 3. Wie macht der KSV sich und seine Arbeit gegenüber anderen Behörden, freien Trägern bzw. Bürgerinnen und Bürgern bekannt? Nach Kenntnisstand der Landesregierung präsentiert sich der KSV M-V im Internet unter http://www.ksv-mv.de/. Über die übrige Öffentlichkeitsarbeit des KSV M-V liegen der Landesregierung keine Erkenntnisse vor. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/2802 3 4. In welcher Art und Weise wird beim KSV sichergestellt, dass im Fall einer Beschwerde im Zusammenhang mit der Umsetzung des SGB VIII die zuständige Behörde bzw. Einrichtung informiert wird? a) Wie viele Beschwerden sind seit der Übernahme des Landesjugend- amtes jährlich beim KSV bezüglich der Umsetzung des SGB VIII ein- gegangen und welcher Art waren diese (bitte nach Sachgebiet und Absender der Beschwerde (Träger, Privatperson) auflisten)? b) Wie viele Vor-Ort-Kontrollen bezüglich der Einhaltung von Rechts- vorgaben, Auflagen usw. im Zusammenhang mit der Umsetzung des SGB VIII im Land Mecklenburg-Vorpommern haben der KSV bzw. das Landesjugendamt seit seiner Eingliederung in den KSV jährlich durchgeführt (bitte für das Land insgesamt sowie je Landkreis und kreisfreier Stadt, nach anlassbezogenen und nichtanlassbezogenen Kontrollen auflisten)? Siehe Vorbemerkung. 5. Inwiefern hat sich aus Sicht der Landesregierung die Aufgaben- zuordnung nach § 20 des Gesetzes über die Zuordnung von Aufgaben im Rahmen der Landkreisneuordnung (AufZuordG Mecklenburg- Vorpommern) im Bereich der Jugendhilfe bewährt bzw. nicht bewährt? Der Prozess der Bildung eines Landesjugendamtes beim KSV M-V ist durch die gesetzlich übertragenen Zuständigkeiten abgeschlossen. Für eine Evaluation ist es nach Ansicht der Landesregierung angesichts der kurzen Zeitspanne seit Inkrafttreten der Neuregelung und deren Vollzug noch zu früh. 6. Welchen Änderungsbedarf sieht die Landesregierung gegebenenfalls bezüglich der Struktur, Arbeitsweise, rechtlichen Grundlagen für die Arbeit des KSV und des Landesjugendamtes bei der Umsetzung des SGB VIII in Mecklenburg-Vorpommern und bis wann will sie diese Änderungen herbeiführen? Die Landesregierung sieht zurzeit keinen Änderungsbedarf. Drucksache 6/2802 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 4 7. Inwieweit hält die Landesregierung den Internetauftritt des KSV, insbesondere bezüglich der abgebildeten Verbandssatzung vom 07.07.2011, der Gebührensatzung vom 01.12.2004 und der Darstellung der Entstehung des KSV, für aktuell und sachdienlich bzw. für überarbeitungswürdig, zumal u. a. die dargestellte Verbands- satzung vom 07.07.2011 die Aufgabenwahrnahme nach SGB VIII nicht abbildet? Die Landesregierung ist sich bewusst, dass Internetauftritte (auch die des KSV M-V) kontinuierlich gepflegt und ständig aktualisiert werden müssen. So hat der KSV M-V nicht nur seine Satzung vom 07.07.2011 nach dem Wirksamwerden der Aufgabenübertragung durch das Aufgabenzuordnungsgesetz angepasst - die Neufassung wurde zwischenzeitlich im Amtsblatt Mecklenburg-Vorpommern (AmtsBl. M-V 2012, S. 702) veröffentlicht -, sondern auch seinen Internetauftritt entsprechend korrigiert. Insoweit geht die Landesregierung davon aus, dass die Gebührensatzung vom 01.12.2004 ebenfalls überarbeitet werden wird. Die Darstellung der Entstehung des KSV M-V obliegt nach Ansicht der Landesregierung allein diesem. 8. Wie steht die Landesregierung zu den im Gesetzgebungsverfahren geäußerten Bedenken seitens des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, wonach die Angliederung des Landesjugendamtes an den KSV die Gefahr berge, dass zum Beispiel Gestaltungs- und Finanzierungs- interessen kollidieren könnten? Die Landesregierung hat die im Gesetzgebungsverfahren geäußerten Bedenken seitens des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes - insbesondere zur Gestaltungs- und Finanzierungs- interessenkollision - zur Kenntnis genommen, teilt diese jedoch nicht. 9. Wodurch ist nach Auffassung der Landesregierung durch § 20 Abs. 5 AufZuordG Mecklenburg-Vorpommern i. V. m. § 15 Kindertages- fördergesetz Mecklenburg-Vorpommern (KiföG Mecklenburg- Vorpommern), wonach das Landesjugendamt die Betriebserlaubnis für eine Kindertageseinrichtung erteilt, die Trias der Verantwortung trotzdem gesichert, die das Kindeswohl in den Kindertages- einrichtungen gewährleisten soll? Im § 1 Absatz 2 Satz 2 SGB VIII ist die im Bereich der Pflege und Erziehung von Kindern geltende besondere Verantwortung und Schutzfunktion der staatlichen Gemeinschaft gesetzlich verankert und verleiht der engen Verflochtenheit der Kinder- und Jugendhilfe mit der Erziehungsverantwortung der Eltern und dem staatlichen Wächteramt Ausdruck. Vertreter der staatlichen Gemeinschaft sind neben den (obersten und oberen) Landesjugendbehörden und überörtlichen Trägern der öffentlichen Jugendhilfe die örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe, die damit in gleichem Maße dem Schutz des Kindeswohls verpflichtet sind. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/2802 5 Der Landesregierung sind die im Zusammenhang mit der Übertragung der Aufgabe der Erteilung von Erlaubnissen für den Betrieb von Kindertageseinrichtungen nach § 45 SGB VIII auf die örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe gelegentlich geäußerten Bedenken hinsichtlich einer möglichen Interessenkollision bekannt. Insbesondere mit Blick auf die Regelung des § 20 Absatz 5 Satz 2 AufgZuordG M-V und der Begründung hierzu werden diese Bedenken jedoch nicht geteilt. Sinn und Zweck des § 20 Absatz 5 Satz 2 AufgZuordG M-V ist es gerade, Interessen- kollisionen der hier in Rede stehenden Art zu vermeiden. Nach § 20 Absatz 5 Satz 5 AufgZuordG M-V ist im Interesse der Vermeidung auch nur des Anscheins einer Interessen- kollision für die Erteilung einer Erlaubnis für den Betrieb einer Kindertageseinrichtung nach § 45 SGB VIII der überörtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe zuständig in den Fällen, in denen der örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe selbst unmittelbar oder mittelbar Träger der Einrichtung ist. 10. Inwieweit hält es die Landesregierung für erforderlich (oder nicht), dass der Landesjugendhilfeausschuss wie bisher Empfehlungen zur Erfüllung der Aufgaben des SGB VIII abgibt, nachdem gemäß § 20 Abs. 1 AufZuordG Mecklenburg-Vorpommern dem KSV Mecklenburg-Vorpommern, bei dem das Landesjugendamt angegliedert ist, die Aufgaben des § 85 Abs. 2 Nr. 2, 3, 5, 6, 7 und 9 SGB VIII übertragen wurde und der Landesjugendhilfeausschuss somit nicht mehr sachlich zuständig ist für die Aufgabe des § 85 Abs. 2 Nr. 1 SGB VIII, also für die Entwicklung von Empfehlungen? Zwar ist der Landesjugendhilfeausschuss nicht mehr rechtlich zuständig für die Aufgabe nach § 85 Absatz 2 Nummer 1 SGB VIII, gleichwohl erachtet es die Landesregierung als sinnvoll, wenn der Landesjugendhilfeausschuss an Empfehlungen zur Erfüllung der Aufgaben des SGB VIII mitarbeitet, um so dazu beizutragen, die Qualität und gewohnten Standards in der Kinder- und Jugendhilfe zu sichern. Die Landesregierung geht davon aus, dass sich an dem Prozess der Empfehlungserarbeitung nicht sehr viel ändert, sondern nur an den Verantwortlichkeiten laut Gesetzeslage. Das Ministerium für Arbeit, Gleichstellung und Soziales wird beim Erlass von Empfehlungen eine enge Zusammenarbeit mit dem Landes- jugendhilfeausschuss pflegen und dessen Anregung zur Verabschiedung von Empfehlungen gern aufgreifen.