Der Minister für Bildung, Wissenschaft und Kultur hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 9. April 2014 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 6/2808 6. Wahlperiode 10.04.2014 KLEINE ANFRAGE der Abgeordneten Karen Stramm, Fraktion DIE LINKE Gesundheitsförderung und betriebliches Wiedereingliederungsmanagement an den öffentlichen allgemein bildenden und beruflichen Schulen in MecklenburgVorpommern und ANTWORT der Landesregierung Vorbemerkung Zu dem oben genannten Thema wurde ein Entwurf einer Dienstvereinbarung „Einführung und Umsetzung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements gemäß § 84 Abs. 2 SGB IX an den öffentlichen Schulen des Landes Mecklenburg-Vorpommern“ erarbeitet. Ziel dieser Dienstvereinbarung ist die schrittweise Ausgestaltung und Umsetzung der Normen des § 84 Absatz 2 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX). Die Arbeit der Beschäftigten ist grundsätzlich so zu gestalten, dass arbeitsbedingte Erkrankungen vermieden werden sollen. Ein wichtiger Aspekt der Gesundheitsvorsorge und- fürsorge ist die Prävention. Sie umfasst alle Anstrengungen, die dazu beitragen, Gesundheitsgefahren zu vermeiden beziehungsweise zu verringern. Wenn gesundheitliche Beeinträchtigungen bereits aufgetreten sind, geht es darum, diese durch geeignete Maßnahmen zu lindern oder zumindest eine Verschlechterung zu verhindern. In diese umfassenden Ansätze von Gesundheitsförderung und Prävention ist das Betriebliche Eingliederungsmanagement eingebettet. Der Gesetzgeber spricht ausdrücklich von einem Betrieblichen Eingliederungsmanagement und nicht von einem Wiedereingliederungsmanagement. Drucksache 6/2808 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 2 1. Welche organisatorischen Regelungen bestehen, um den Verpflich- tungen zum betrieblichen Wiedereingliederungsmanagement seitens des Arbeitgebers für die Beschäftigten an den öffentlichen allgemein bildenden und beruflichen Schulen in Mecklenburg-Vorpommern zu entsprechen? Derzeit sind die Schulleiterinnen und Schulleiter in Abstimmung mit den zuständigen Schulaufsichtsbehörden für die inhaltliche und organisatorische Umsetzung der Regelungen im § 84 Absatz 2 SGB IX für alle Beschäftigten an den öffentlichen Schulen des Landes zuständig. Für die Schulleiter und Schulleiterinnen sind diesbezüglich die Leiterinnen und Leiter der zuständigen Schulaufsichtsbehörden zuständig. Die Landesregierung beabsichtigt, mit dem Lehrerhauptpersonalrat und der Hauptschwer- behindertenvertretung der öffentlichen Schulen eine Dienstvereinbarung zum neuen Schuljahr abzuschließen. 2. Welche Institutionen sind mit jeweils welchen Kompetenzen am Wiedereingliederungsmanagement für Lehrkräfte der öffentlichen allgemein bildenden und beruflichen Schulen in Mecklenburg- Vorpommern beteiligt? Das Betriebliche Eingliederungsmanagement bezieht sich nicht nur auf Lehrkräfte, sondern auf alle Beschäftigten an den öffentlichen Schulen. Die Auswahl geeigneter Integrations- maßnahmen für Berechtigte ist einzelfallbezogen. Demnach werden auch die beteiligten Institutionen auf der Grundlage des individuellen Bedarfes herangezogen. Eine pauschale Aussage ist daher nicht möglich. 3. Welche inhaltlichen und organisatorischen Regelungen bestehen im öffentlichen allgemein bildenden und beruflichen Schulen in Mecklenburg-Vorpommern, um seitens des Arbeitgebers die betriebli- che Wiedereingliederung der Lehrkräfte optimal zu gestalten? Es wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/2808 3 4. Durch welche Institutionen wird die Durchführung des betrieblichen Wiedereingliederungsmanagements in den Schuljahren 2010/2011 bis 2012/2013 zentral evaluiert und die Wirksamkeit der getroffenen Maßnahmen überprüft (bitte getrennt nach Schuljahren angeben)? Eine zentrale Evaluation beziehungsweise Wirksamkeitskontrolle des Betrieblichen Ein- gliederungsmanagements für öffentliche Schulen erfolgte nicht. 5. Bei wie vielen Beschäftigten an den öffentlichen allgemein bildenden und beruflichen Schulen in Mecklenburg-Vorpommern waren in den Schuljahren 2010/2011, 2011/2012 und 2012/2013 die Voraussetzun- gen eines betrieblichen Wiedereingliederungsmanagements erfüllt und bei wie vielen dieser Beschäftigen wurden Maßnahmen des betriebli- chen Wiedereingliederungsmanagements ergriffen (bitte getrennt nach Schularten, Schulamtsbereichen und Schuljahren angeben)? Laut § 84 Absatz 2 SGB IX gelten Beschäftigte als berechtigt, wen sie innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig waren. Demnach zählten im Schuljahr 2010/2011 831 Beschäftigte und im Schuljahr 2011/2012 722 Beschäftigte an den öffentlichen Schulen des Landes Mecklenburg-Vorpommern als berechtigt. Die Ermittlung der Anzahl der Beschäftigten mit Langzeiterkrankungen folgt in periodischen Erhebungszeiträumen (vergleiche Antwort zu den Fragen 1 und 2 der Kleinen Anfrage auf Drucksache 6/2643). Entsprechende Daten für das Schuljahr 2012/2013 liegen derzeit noch nicht vor und werden im Kalenderjahr 2014 ermittelt. Es wurden keine Angaben zu den Berechtigten mit eingeleiteten Maßnahmen erfasst. Darüber hinaus wurden statistische Angaben getrennt nach Schularten, Schulamtsbereich und Schuljahren ebenfalls nicht erhoben. Drucksache 6/2808 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 4 6. Welche wissenschaftlichen Erkenntnisse ergaben sich aus den Studien der Universität Potsdam (Professor Schaarschmidt) und der Universi- tät Greifswald (Professor Hannich/Dr. Altenstein) zur Lehrergesund- heit in Mecklenburg-Vorpommern, hinsichtlich der identifizierten Belastungs- und Stressfaktoren der Lehrkräfte? Aufgrund der Potsdamer Lehrerstudie ergeben sich aus der Sicht der Landesregierung folgende Hinweise: Die Studie hatte insgesamt, bezogen auf alle Regionen, ein problematisches Bild der Beanspruchungssituation im Lehrerberuf ergeben. Bei allen der insgesamt 14 einbezogenen Länder standen zwei Muster arbeitsbezogenen Verhaltens und Erlebens im Vordergrund (mit durchschnittlich je 30 Prozent): Muster A: Erleben von überhöhtem Engagement verbunden mit geringer Lebenszufriedenheit, Vernachlässigung von Erholungsbedarf, Erholungsunfähigkeit (Selbstüberforderung). Muster B. Erleben von Resignation und Erschöpfung, unzureichende Widerstandskraft gegenüber den täglichen Anforderungen (oftmals, aber nicht immer, trifft hier die Diagnose „Burnout“ zu). Auch in Mecklenburg-Vorpommern waren diese beiden sogenannten Risikomuster stark vertreten, wobei Muster A (mit 40 Prozent) ein noch etwas stärkeres Gewicht hatte, Muster B (mit 24 Prozent) ein etwas geringeres Gewicht (im Vergleich mit den anderen Ländern). Bei den als besonders belastend hervorgehobenen Faktoren gibt es kaum regionale Unter- schiede. Die zentralen Aussagen sind also auch für Mecklenburg-Vorpommern gültig. Die Lehrerinnen und Lehrer aller Länder verweisen vor allem auf die folgenden Bedingun- gen: - Zu viel Druck durch ständige Veränderungen, Neuerungen in den Schulen. (Gewünscht werden mehr Kontinuität, Ruhe und Muße für die gründliche pädagogische Arbeit.) - Zu viele Anforderungen über die eigentliche pädagogische Arbeit hinaus (zum Beispiel Erziehungs- und Betreuungsaufgaben, die aus dem Rückzug der Eltern und anderer gesellschaftlicher Institutionen aus ihrer Erziehungsverantwortung resultieren). - Zu wenig Entspannungs- und Erholungsmöglichkeiten während des Unterrichtstages (ständige psychische Präsenz ist gefordert, nur ungenügende Rückzugsmöglichkeiten, Fehlen eines persönlichen Arbeitsplatzes). - Unzureichende soziale Unterstützung: an vielen Schulen noch immer vorherrschendes „Einzelkämpferdasein“, zu wenig Aussprachemöglichkeiten, fehlende Anerkennung und Wertschätzung durch die Schulleitung und auch Eltern. Diese genannten Faktoren betreffen zum einen die Rahmenbedingungen des Lehrerberufs, zum anderen aber vor allem auch die ganz konkrete Schule. Die einzelne Schule und das Kollegium verfügen über viel Potenzial zur Gestaltung günstigerer Beanspruchungs- verhältnisse vor Ort. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/2808 5 Aus der Sicht der Landesregierung ergeben sich aus der Studie von Frau Dr. Altenstein vom Institut für Medizinische Psychologie der Universität Greifswald folgende Hinweise zur Gesundheit von Beschäftigten an öffentlichen Schulen. In der Untersuchung aus dem Jahr 2010, an der über 900 Lehrkräfte in Mecklenburg- Vorpommern teilnahmen, werden verschiedene potenzielle Belastungs- und Stressfaktoren in ihrer Auswirkung auf gesundheitsrelevante Beschwerdenindizes wie körperliche und psychische Beschwerden, das Erleben chronischen Stresses sowie die Anzahl der Kranken- tage untersucht. Folgende gesundheitsrelevante schulische Merkmalsbereiche konnten eruiert werden: - Gesundheitsrelevante Merkmale der Schulleitertätigkeit umschreiben vor allem die Tätigkeit der Schulleitung, vor allem ihr Verhältnis zum Kollegium aber auch koordi- nierende gesundheitsrelevante Tätigkeiten wie die Planung und Durchführung zielführen- der Dienstberatungen. - Gesundheitsrelevante Merkmale der Zusammenarbeit im Kollegium umfassen Merkmale des Kollegiums, die das Klima im Kollegium, den Umgang mit Problemen und Konflikten sowie die unterstützende Funktion des Kollegiums beschreiben. - Gesundheitsrelevante schulische Rahmenbedingungen der Lehrertätigkeit sind zum großen Teil Merkmale, die die Lehrkräfte als nicht beeinflussbar und durch das Bildungs- system/die politischen Entscheidungsträger sowie die Gesellschaft vorgegeben erleben. - Der Merkmalsbereich Professionalisierung der Lehrkraft im Umgang mit Stress und Belastungen umfasst Merkmale der einzelnen Lehrkraft vor allem die Möglichkeiten, Stress zu bewältigen sowie mögliche Stressbewältigungsstrategien wie das Zeit- management. - Der Merkmalsbereich Unterstützungsmöglichkeiten im Umgang mit beruflichen Belastungen beinhaltet vor allem Möglichkeiten der von außen kommenden Unterstützung bei beruflichen Belastungen, beispielsweise durch Schulpsychologinnen und Schul- psychologen. Alle untersuchten schulischen Merkmalsbereiche (Schulleitung, Kollegium, Lehrkräfte, Rahmenbedingungen, Unterstützung) weisen Zusammenhänge mit den erfassten Beschwerde- indizien, vor allem dem chronischen Stresserleben auf. Die höchste Bedeutsamkeit in der Vorhersage der Beschwerden kommt dem Umgang der einzelnen Lehrkraft mit Belastungen sowie dem Verhältnis zur Schulleitung und deren Leitungstätigkeit zu. Aus diesen Ergebnissen lässt sich ableiten, dass Interventionen insbesondere in den Bereichen gesundheitsfördernder beziehungsweise -erhaltender Umgang mit beruflichen Belastungen und gesundheitsfördernder Führungsstil der Schulleitung angezeigt sind. Die über die schulischen Merkmale hinausgehenden Varianzaufklärung individueller Merkmale (vor allem der Arbeitsbezogenen Verhaltens- und Erlebnismuster-Skalen Lebenszufriedenheit, Verausgabungsbereitschaft, Resignationstendenz, innere Ruhe und Distanzierungsfähigkeit) spricht für eine Erhebung schulischer und individueller Ressourcen und Defizite. Drucksache 6/2808 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 6 7. Welches Konzept liegt für die Lehrkräfte an den öffentlichen allge- mein bildenden und beruflichen Schulen in Mecklenburg- Vorpommern in Bezug auf die Neuausrichtung der Maßnahmen zur Erhöhung der Lehrergesundheit ab dem Schuljahr 2014/2015 zu- grunde? Zu den Maßnahmen des Arbeits- und Gesundheitsschutzes, der Betrieblichen Gesundheits- förderung und des Betrieblichen Eingliederungsmanagements liegt ein Konzeptentwurf „Leitfaden für ein Betriebliches Gesundheitsmanagement an den öffentlichen Schulen des Landes Mecklenburg-Vorpommern“ vor. Das Konzept bezieht sich jedoch auf alle Beschäftigten an den öffentlichen Schulen und nicht nur auf die Lehrkräfte. Darüber hinaus wird auf die Beantwortung der Frage 8 der Kleinen Anfrage auf Drucksache 6/2425 verwiesen. 8. In welcher Höhe wurden in den Schuljahren 2010/2011, 2011/2012 sowie 2012/2013 Haushaltsmittel für die betriebliche Gesundheits- förderung und die Präventionsarbeit für Lehrkräfte verausgabt (bitte getrennt nach Schuljahren und Schulamtsbereichen angeben)? Im Rahmen der Betrieblichen Gesundheitsförderung werden über die gesetzlich vorge- schriebenen Maßnahmen hinaus eine Vielzahl von freiwilligen Maßnahmen durch den Arbeitgeber und anderer Partner durchgeführt. Hierfür wird auf die Beantwortung der Frage 3 der Kleinen Anfrage auf Drucksache 6/2680 verwiesen. Die hierfür entstandenen Gesamtkosten für Maßnahmen, die nicht gesetzlich vorgeschrieben sind, werden durch die Landesregierung nicht erfasst, da die Vielfalt der Angebotsträger keine einheitliche landesweite Zusammenfassung zulässt. Der Haushalt wird auf der Grundlage der §§ 4 und 11 Landeshaushaltsordnung Mecklenburg-Vorpommern jahresweise ausgewiesen. Ebenso wird der Haushalt durch den Landtag nach Haushaltsjahren beschlossen. Eine schuljahresbezogene Auswertung sowie eine Differenzierung nach Schulamtsbereichen sind nicht möglich, da diese Angaben nicht ermittelt werden. Für die gesetzlich vorgeschriebenen Maßnahmen zum Arbeits- und Gesundheitsschutz der Beschäftigten an den öffentlichen Schulen wurden folgende Haushaltsmittel verausgabt: 2010: 172.745 Euro, 2011: 176.592 Euro, 2012: 177.145 Euro, 2013: 314.500 Euro (vergleiche Antwort auf die Frage 1 der Kleinen Anfrage auf Drucksache 6/2680). Darüber hinaus wird auf die Antwort zu Frage 2 der Kleine Anfrage auf Drucksache 6/2680 verwiesen. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/2808 7 9. Welche Maßnahmen zur Gesundheitsförderung für die Lehrkräfte an den öffentlichen allgemein bildenden und beruflichen Schulen in Mecklenburg-Vorpommern sind 2013 nach erfolgten Neuausrichtung der Gesundheitsziele „Chancengleich und gesund aufwachsen in Mecklenburg-Vorpommern“ geplant? Das Konzept „Chancengleich gesund aufwachsen in Mecklenburg-Vorpommern“ ist auf der Internetseite des Aktionsbündnisses für Gesundheit Mecklenburg-Vorpommern unter: http://www.aktionsbuendnis-gesundheit-mv.de/wp- content/uploads/2013/06/Gesundheitsziele-f%C3%BCr-Kinder-und-Jugendliche-in-MV- Langfassung.pdf nachzulesen. Hierbei geht es um das Thema der Kindergesundheit. Folglich können hieraus durch die Landesregierung keine Maßnahmen zur Gesundheitsförderung für die Beschäftigten an den öffentlichen Schulen abgeleitet werden. 10. Wie viele Gesundheitsbeauftragte arbeiteten und arbeiten seit dem Schuljahr 2010/2011 bis zum Schuljahr 2012/2013 und in jeweils welchem Stundenumfang an den Staatlichen Schulämtern sowie an den öffentlichen allgemein bildenden und beruflichen Schulen des Landes (bitte getrennt nach Schuljahren und Schulamtsbereichen an- geben)? In den vier Schulamtsbereichen Schwerin, Rostock, Neubrandenburg und Greifswald arbeiten jeweils eine Beratungslehrerin für Gesundheitsförderung und Prävention an den öffentlichen Schulen. Hierfür wurden seit dem Schuljahr 2010/2011 insgesamt 40 Anrechnungsstunden je Woche für die betreffenden Lehrkräfte aus dem Landespool des Ministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur bereitgestellt.