Der Minister für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 22. April 2014 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 6/2842 6. Wahlperiode 23.04.2014 KLEINE ANFRAGE der Abgeordneten Dr. Ursula Karlowski, Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Verkehrssicherungspflicht an winderosionsgefährdeten Standorten und ANTWORT der Landesregierung Nachdem es 2011 auf der A 19 bei Rostock durch einen Sandsturm zu einem folgenschweren Unfall mit 8 Toten und über 100 Verletzten gekommen war, wurden Forderungen laut, an gefährdeten Stellen Windschutzhecken anzupflanzen und durch ganzjährige Bodenbedeckung die Gefahr von Winderosion zu verringern. Zu einer Anklage gegenüber dem Landwirtschaftsbetrieb, von dessen Flächen der Sand auf die A19 wehte, kam es nicht, da sich nach Aussage der Staatsanwaltschaft die Verkehrssicherungspflicht nicht auf Ereignisse beziehe, die „niemand voraussehen könne“. Am 15.03.2014 kam es auf der A 20 bei Rostock wiederum zu einem Sandsturm. Die Polizei stellte Warnschilder auf, ließ über den Rundfunk Warnmeldungen verbreiten und durch den betroffenen Landwirtschaftsbetrieb die entsprechenden Ackerflächen bewässern. Der Bauernverband Mecklenburg-Vorpommern wird in einem Zeitungsbericht zu den nicht realisierten Windschutzanpflanzungen mit den Worten zitiert: „Die Bauern können sich die Pflanzungen schlicht nicht leisten, auch wenn sie vom Land finanziert würden.“ 1. Wie schätzt die Landesregierung die Verkehrssicherungspflicht bei als Winderosionsgebiet eingestuften landwirtschaftlichen Flächen ein, insbesondere vor dem Hintergrund, dass es sich augenscheinlich bei dem Sandsturm in der Nähe von Rostock nicht um ein singuläres Ereignis handelte? Die Verkehrssicherungspflicht liegt bei dem Eigentümer der die Erosion verursachenden Flächen. Drucksache 6/2842 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 2 Unabhängig davon hat die Straßenbauverwaltung als Baulastträger vorsorgliche Maßnahmen ergriffen, um die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs auf Bundesfern- und Landesstraßen aufrechtzuerhalten. In Folge des Verkehrsunfalls vom 8. April 2011 auf der Bundesautobahn 19, verursacht durch Winderosion, hat die Straßenbauverwaltung des Landes veranlasst, dass ständig zu aktualisierende Listen von Gefährdungsgebieten vom Betriebsdienst der Straßenbauverwaltung zu führen sind, um bei relevanter Wettermeldung (Gefahrenwetterlage des Deutschen Wetterdienstes) potentielle Einsatzorte kenntlich zu machen. An diesen Stellen werden durch den Betriebsdienst der Straßenbauverwaltung Kontrollfahrten durchgeführt und bei Gefahr im Verzug wird durch mitgeführte Beschilderung die relevante Stelle an der Straße abgesichert. Sofortmaßnahmen sind die Verkehrszeichenabsicherung mit dem Verkehrszeichen (VZ) 101 „Gefahrenstelle“ mit Zusatzzeichen „Sandsturm“ und eine Geschwindigkeitsbeschränkung. 2. Wie viele Windschutzhecken wurden seit 2011 mit Hilfe von Landesfördermitteln gepflanzt? Die Landesregierung führt hierzu keine statistische Erhebung. Sowohl nach der Richtlinie für die Förderung der integrierten ländlichen Entwicklung (ILERL M-V) als auch nach der Richtlinie zur Förderung von Projekten der Landschaftspflege können Heckenpflanzungen gefördert werden. Hiernach wurden seit 2011 fünf Vorhaben, insgesamt 5.890 Meter Hecken, mit Fördermitteln in Höhe von circa 83.000 € bezuschusst. Des Weiteren können Hecken im Rahmen der Flurbereinigung gefördert werden. Hier fallen die Ausgaben für landschaftspflegerische Vorhaben, das können auch Heckenpflanzungen sein, unter die sogenannten Ausführungskosten. Da auch Ausgaben zu Vorhaben mit anderen Inhalten unter die Ausführungskosten fallen, kann statistisch nicht ermittelt werden, wie viele Heckenpflanzungen auf diese Weise gefördert wurden. Darüber hinaus kann die Anpflanzung von Schutzhecken gefördert werden, wenn diese als Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahmen für Eingriffe in Landschaft und Natur erfolgt (zum Beispiel durch Wegebaumaßnahmen innerhalb und außerhalb der Flurbereinigung). In diesen Fällen ist aber die Pflanzung immanenter Bestandteil der Eingriffsmaßnahme und damit die Ausgaben für die Hecken immanenter Bestandteil der Ausgaben für den Wegebau. Die auf diese Weise erfolgten Heckenpflanzungen können daher ebenfalls nicht ermittelt werden. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/2842 3 3. Wie viele Hektar bewirtschaften die landwirtschaftlichen Betriebe, die entlang der A 19 und der A 20 in der Region um Rostock auf winderosionsgefährdeten Böden Ackerbau betreiben (bitte in einer Tabelle einzeln auflisten)? In der Region Rostock sind in einem Radius von 10 km, ausgehend vom Autobahnkreuz A19/A20 in einer Entfernung von bis zu einem Kilometer zur Autobahn Feldblöcke, die als Ackerland genutzt werden, in einer Gesamtgröße von 4.759 Hektar (ha) betroffen und werden in folgende Erosionsgefährdungsstufen eingeordnet: - Geringe Winderosionsgefährdung 3.792 ha - Mittlere Winderosionsgefährdung 962 ha - Hohe Winderosionsgefährdung 5 ha. Sehr hoch winderosionsgefährdete Flächen sind in dieser Region nicht existent. 4. Hat der von dem Sandsturm im April 2011 betroffene Betrieb Konsequenzen aus dem Unfall gezogen, indem er a) Windschutzhecken angepflanzt hat, b) entlang der Autobahn für eine Bodenbedeckung auch im Frühjahr sorgt? Zu a) und b) Der betroffene landwirtschaftliche Betrieb (LWB) hat entsprechend den Standortbedingungen und Anbauerfordernissen Schlagteilungen vorgenommen. Auf der betroffenen Fläche wurden/werden vom LWB seit 2012 Winterungen angebaut, sodass in der winderosionsgefährdeten Zeit eine Bedeckung des Bodens vorhanden ist, die den Abtrag von Bodenteilen durch Wind verhindert. Windschutzhecken wurden nicht angepflanzt. Drucksache 6/2842 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 4 5. Wurden dem betroffenen Betrieb behördlicherseits fachliche Unter- stützungen angeboten oder entsprechende Auflagen erteilt, die dazu führen, dass die Gefahr eines Sandsturms in diesem Gebiet reduziert wird? Unmittelbar nach dem Winderosionsereignis wurden die Fläche durch den Minister für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz sowie die zuständigen Behörden besichtigt und folgende Maßnahmen für künftige Bodenbearbeitungsmaßnahmen vorgeschlagen: - Sicherung einer maximal möglichen Bodenbedeckung, - Erhaltung beziehungsweise Sicherung einer möglichst rauen Bodenoberfläche, - Beachtung der Wetterlage bei der Durchführung der erforderlichen Bodenbearbeitungs- maßnahmen. Im Rahmen seiner acker- und pflanzenbaulichen Arbeiten wurden/werden diese Maßnahmen von dem Landwirtschaftsbetrieb umgesetzt. Es sei darauf hingewiesen, dass der Betrieb eine fünfgliedrige Fruchtfolge praktiziert und damit in besonderem Maß zum Erhalt der Bodenfruchtbarkeit und auch zum Erosionsschutz beiträgt. Bedingt durch die Lage an der Autobahn konnte die zuständige Stelle für landwirtschaftliches Fachrecht und Beratung (LFB) die betroffene Fläche ständig beobachten. Es ergab sich daraus bisher nicht die Notwendigkeit einer zusätzlichen Fachberatung.