Die Finanzministerin hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 6. Mai 2014 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 6/2895 6. Wahlperiode 07.05.2014 KLEINE ANFRAGE des Abgeordneten Johannes Saalfeld, Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Eigentümerwechsel der JVA Waldeck und ANTWORT der Landesregierung 1. Inwiefern war die Landesregierung in den Eigentümerwechsel der Liegenschaft JVA Waldeck von der Wegner & Kludt oHG auf die Wegner & Co. Objekt Dummerstorf KG involviert? a) Lag der Eigentümerwechsel im Interesse der Landesregierung und wenn ja, warum? b) Hat die Landesregierung den Eigentümerwechsel unterstützt und wenn ja, warum und in welcher Form? Die Fragen 1, a) und b) werden zusammenhängend beantwortet. Das Land war in den Veräußerungsvorgang der Liegenschaft nicht selbst involviert. Der Grundstückskaufvertrag wurde am 14.12.2010 notariell beurkundet. Die Veräußerung sowie der notarielle Grundstückskaufvertrag wurden dem Land mit Schreiben vom 12.01.2011, eingegangen am 13.01.2011, zur Kenntnis gegeben. Die neue Eigentümerin hat sich dem Land gegenüber verpflichtet, sämtliche Verpflichtungen der ursprünglichen Investorengesellschaft Wegner & Kludt oHG schuldbefreiend als eigene Verpflichtungen zu übernehmen und zu erfüllen. Insofern waren mit der Veräußerung der Liegenschaft keine Nachteile für das Land verbunden. Drucksache 6/2895 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 2 Das Land erlangte bereits zuvor Kenntnis von Rechtsstreitigkeiten zwischen der Erben- gemeinschaft eines im Jahre 2009 verstorbenen Gesellschafters der Wegner & Kludt oHG mit dem anderen ursprünglichen Mitgesellschafter. Im Jahre 2009 wurde dem Land ein Pfän- dungs- und Überweisungsbeschluss zugestellt, mit dem unter anderem gegenwärtige und zukünftige Mietzahlungsansprüche des Landes aufgrund des Mietverhältnisses über die JVA Waldeck gepfändet wurden. Schuldner der diesem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss zugrunde liegenden Forderung war ein ursprünglicher Mitgesellschafter der Wegner & Kludt oHG. Dieser Mietpfändungsversuch einer Gläubigerin dieses ursprünglichen Mitgesellschaf- ters lief zwar aufgrund der bestehenden Abtretung der Mietforderungen an die finanzierende Bank ins Leere. Gleichwohl bestand das Interesse des Landes, die Liegenschaft beziehungs- weise das Mietverhältnis vor den innergesellschaftlichen Auseinandersetzungen beziehungs- weise weiteren Zugriffsversuchen Dritter zu schützen. Da auch der besagte ursprüngliche Mitgesellschafter der Wegner & Kludt oHG der Veräußerung zustimmte, und dieser kein Gesellschafter der neuen Eigentümerin ist, konnte dies durch die Veräußerung sichergestellt werden. 2. Lagen der Landesregierung Erkenntnisse vor, ob vor dem Eigentümer- wechsel eine Pfändung (auch teilweise) gegen die Wegner & Kludt oHG bzw. gegen einen ihrer Gesellschafter beantragt wurde oder drohte? Es wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. Der Landesregierung war ein Pfändungs- versuch aufgrund einer Zwangsvollstreckung gegen einen ursprünglichen Gesellschafter der Wegner & Kludt oHG bekannt. 3. Wäre durch eine Pfändung (auch teilweise) das Ankaufsrecht des Landes ausgelöst worden? Im Ankaufsrechtsvertrag aus dem Jahr 1994 ist dem Land ein Ankaufsrecht eingeräumt, das ausgeübt werden kann unter anderem für den Fall, dass die Wegner & Kludt oHG die Liegenschaft ganz oder teilweise verkauft, in eine Gesellschaft einbringt oder auf sonstige Weise auf einen Dritten überträgt, wobei auch Maßnahmen im Wege der Zwangsvoll- streckung, zum Beispiel Pfändungen, darunter fallen. In vorliegendem Fall war Schuldner der Zwangsvollstreckungsmaßnahme nicht die Wegner & Kludt oHG, sondern einer ihrer (ursprünglichen) Gesellschafter, der nach dem Kenntnisstand der Landesregierung aufgrund eines gerichtlichen Urteils zu diesem Zeitpunkt kein Gesellschafter der Wegner & Kludt oHG war. Ein Ankaufsrecht des Landes wurde daher durch den in den Antworten zu den Fragen 1 und 2 dargestellten, erfolglosen Mietpfändungsversuch nicht ausgelöst. Eigentümerin und Vermiete- rin war zu diesem Zeitpunkt und von Beginn an die Wegner & Kludt oHG. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/2895 3 4. Hat die Landesregierung eine Vereinbarung mit der Wegner & Kludt oHG und der Wegner & Co. Objekt Dummerstorf KG geschlossen, wonach der Verkauf der JVA Waldeck das Ankaufsrecht des Landes nicht ausgelöst habe und wenn ja, warum? 5. Aus welchen Gründen kam die Landesregierung zu der Einschätzung, dass ein Ankaufsrecht des Landes im Zusammenhang mit dem Eigen- tümerwechsel nicht ausgelöst wurde? Die Fragen 4 und 5 werden zusammenhängend beantwortet. Aufgrund der bestehenden vertraglichen Abreden, insbesondere des benannten Ankaufs- rechtsvertrages, war die Landesregierung gehalten zu prüfen, inwieweit durch die Veräußerung der Liegenschaft ein Ankaufsrecht des Landes ausgelöst wurde. Die in diesem Zusammenhang relevanten auslösenden Bedingungen sind in der Antwort zu Frage 3 darge- stellt. Im Ankaufsrechtsvertrag ist über diese Bedingungen hinaus einschränkend vereinbart, dass ein Ankaufsrecht nicht ausgelöst ist bei Übertragung von Gesellschaftsanteilen auf die Ehefrau und/oder Kinder eines der Gesellschafter der Wegner & Kludt oHG und auch auf den jeweiligen Mitgesellschafter der Wegner & Kludt oHG. Insofern ist für die Auslösung des Ankaufsrechtes eine Drittbezogenheit erforderlich. Die Beteiligungsverhältnisse der Wegner & Kludt oHG und der erwerbenden Gesellschaft waren zum Zeitpunkt der Veräußerung allerdings identisch, es bestand somit auf Veräußerer- und Erwerberseite Personenidentität in den Gesellschafterstrukturen. Zudem war der Gesellschaftszweck bei beiden Gesellschaften derselbe und beinhaltet ausschließlich den Bau, die Verwaltung und das Halten des einzigen Vermögensgegenstandes, der JVA Waldeck, im Vermögen der Gesellschaft. Aus diesem Grunde wurde im Ergebnis der Prüfung festgestellt, dass es sich bei der durch den Grundstückskaufvertrag vollzogenen Grundstücksübertragung um keinen Verkauf der Liegenschaft im Sinne des Ankaufsvertrages handelt. Vielmehr hat in vorliegendem Fall eine Gesellschaft (die Wegner & Kludt oHG) das von ihr betriebene Unternehmen (Bau- und Vermögensverwaltung der JVA Waldeck) in eine gänzlich personenidentische andere Gesell- schaft übertragen. Es erfolgte also eine tatsächliche Geschäftsfortführung unter Wahrung der Unternehmenskontinuität, keine Übertragung auf einen Dritten im Sinne des Ankaufsrechts- vertrages. Dem entsprechen auch die vertraglichen Regelungen des Grundstückskaufvertrages zur Übernahme der Auflassungsvormerkung und des Ankaufsrechtsvertrages. Somit war ein Ankaufsrecht des Landes nicht ausgelöst. Zur Absicherung dieser Rechtsauffassung wurde eine Vereinbarung zwischen der Verkäuferin, der Erwerberin und dem Land geschlossen, in der die drei Parteien übereinstimmend erklärten, dass ein Ankaufsrecht des Landes durch diese Veräußerung nicht ausgelöst wurde, folglich weiterhin fortbesteht (was bei einem ausgelösten, jedoch nicht ausgeübten Ankaufsrecht nicht der Fall gewesen wäre). Diese Vereinbarung diente somit lediglich Beweiszwecken für den Fall etwaiger zukünftiger unter- schiedlicher Auffassungen. Drucksache 6/2895 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 4 6. Warum wurde im Zusammenhang mit dem Eigentümerwechsel auf eine Neu- oder Nachverhandlung des Mietvertrages verzichtet? Durch den Eigentümerwechsel wurde der Bestand des Mietvertrages nicht tangiert, es bestanden keine Möglichkeiten des Landes, einseitig Veränderungen am Mietvertrag durchzu- setzen. Die neue Eigentümerin trat sowohl aufgrund vertraglicher wie auch gesetzlicher Regelungen auf Vermieterseite in das bestehende, unveränderte Vertragsverhältnis ein (§ 566 Bürgerliches Gesetzbuch in Verbindung mit § 578 Absatz 1 Bürgerliches Gesetzbuch, „Kauf bricht nicht Miete“). 7. Wurde im Zusammenhang oder im Nachgang des Verkaufs der Liegenschaft an die Wegner & Co. Objekt Dummerstorf KG die Finanzierung geändert? a) Wie stellt sich die Finanzierungsstruktur und wie stellen sich die Finanzierungskonditionen vor und nach dem Eigentümerwechsel dar? b) Wurde die Tilgung durch den neuen Eigentümer reduziert und wenn ja, warum? c) Hat die Reduzierung der Tilgung Auswirkungen auf den Kaufpreis bzw. die Höhe der Darlehen für die JVA nach Ablauf des Miet- vertrages im Jahr 2026? Die Fragen 7, a), b) und c) werden zusammenhängend beantwortet. Hierzu wird auf die Antworten der Landesregierung zu Frage 6 der Kleinen Anfrage Druck- sache 6/2707 und Frage 3 der Kleinen Anfrage Drucksache 6/2730 verwiesen. Mit dem Eigentümerwechsel hatte die neue Eigentümerin die Finanzierung des Projekts sicherzustellen. Die für die Mietberechnung relevanten Finanzierungskonditionen, also ins- besondere die sogenannten Fremdfinanzierungszinssätze, wurden anlässlich dieser Umfinan- zierung aber lediglich im Hinblick auf die Finanzierung eines der drei Bauabschnitte der JVA verändert, die seither auch einen Tilgungsanteil beinhaltet. Dafür wurden vom Vermieter die Kapitallebensversicherungen, die sich nicht wie erwartet entwickelten, beitragsfrei gestellt. Die bislang angesparten Prämien dienen nach wie vor zur Ablösung des Darlehens. Die Finanzierungskonditionen für die anderen beiden Bauabschnitte blieben unverändert. Die Tilgung wurde demnach nicht reduziert, sondern durch Einführung eines Tilgungsanteils bei der Finanzierung eines Bauabschnitts erhöht. Insgesamt ist davon auszugehen, dass diese teilweisen Veränderungen, im Vergleich zur vollständig unveränderten Fortführung der vorherigen Finanzierungsmodalitäten, auch im Jahr 2026 positive wirtschaftliche Auswir- kungen für das Land haben werden. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/2895 5 8. Wie setzt sich der Mietzins konkret zusammen (bitte für jedes Jahr einzeln ausweisen nach Zinssatz, Bauherrenanteil, Tilgungsrate, Indexerhöhung etc.)? Es wird auf die Antworten der Landesregierung zu Frage 6 der Kleinen Anfrage Druck- sache 6/2707 und zu Frage 3 der Kleinen Anfrage Drucksache 6/2730 verwiesen. Die bisher geleisteten Mietzahlungen bis einschließlich 2013 können der Übersicht zu Frage 6 der Kleinen Anfrage 6/2708 entnommen werden. Die Veröffentlichung einer weiteren zahlenmäßigen Aufschlüsselung der Miete unter Darstellung der Kreditkonditionen etc. würde schutzwürdige Interessen der Vermieterin beeinträchtigen. Hierdurch würden Konditionen, durch die die wirtschaftlichen Verhältnisse der Vermieterin bestimmt werden und auch ihre Gewinnkalkulation betreffen, unter anderen auch Marktkonkurrenten zugänglich gemacht, wodurch die Wettbewerbssituation der Vermie- terin nachteilig beeinflusst werden könnte. Soweit ersichtlich sind diese Informationen auch noch nicht offenkundig. Deshalb ist der durch Artikel 12 Absatz 1, Artikel 14 Absatz 1 Grundgesetz gewährleistete Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen betroffen. Der Schutz eines Unternehmens darf nur im überwiegenden Interesse der Allgemeinheit und unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit eingeschränkt werden; die Einschrän- kung darf nicht weiter gehen als es unter Berücksichtigung öffentlicher Interessen unerläss- lich ist. Die Angaben werden daher von der Landesregierung gesondert als Verschlussache übermittelt.* 9. Hat die Landesregierung nach dem Eigentümerwechsel eine Einwen- dungs-/Einredeverzichts- und Garantieerklärung über ein neues, zusätzliches Darlehen abgegeben? Wenn ja, zu welchem Zweck wurde das Darlehen aufgenommen und warum hat die Landesregierung die Einwendungs-/Einredeverzichts- und Garantieerklärung auf dieses Darlehen erweitert? Wie bereits in der Antwort zu Frage 7 dargestellt, hatte die neue Eigentümerin mit dem Eigentümerwechsel die Finanzierung des Projekts sicherzustellen. Daher nahm die neue Eigentümerin ein Darlehen auf, in das die Konditionen (mit der ebenfalls in der Antwort zu Frage 7 beschriebenen Ausnahme) der bisherigen Darlehen für die drei Bauabschnitte als Tranchen überführt wurden. Die verschiedenen Finanzierungsverträge wurden somit in einem Vertrag zusammengeführt. * Die Anlage zur Antwort der Landesregierung zu Frage 8 kann im Parlamentssekretariat eingesehen werden. Drucksache 6/2895 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 6 Seit Beginn des Projektes, durch entsprechende Verträge aus den Jahren 1994, 1996 und weiteren, stand das Land gegenüber der finanzierenden Bank für die Ablösung der Darlehen des Investors ein. Ebenso war und ist von Beginn an Teil des Finanzierungsmodells, dass der Investor seine aufgrund des Mietvertrages bestehenden Mietzahlungsansprüche als Sicherheit für die Darlehensrückzahlung an die Bank abgetreten hat. Hierzu verpflichtete sich das Land, etwaige Ansprüche auf Mietminderungen etc. nicht gegenüber der Bank geltend zu machen. Dies ist bei Investorenbaumodellen, wie auch bei ÖPP-Projekten, allgemein üblich, da es den Investoren erlaubt, sogenannte Kommunalkreditkonditionen, als niedrigere Zinssätze, zu erhalten. Da diese wiederum Bestandteil der Miete sind, ist dies auch vorteilhaft für den Mieter, in diesem Fall das Land. Mit der im Jahre 2011 abgeschlossenen Einwendungs-/Einrede- verzichts- und Garantieerklärung wurden somit die bereits von Projektbeginn an bestehenden vertraglichen Abreden auf die neuen Projektpartner übertragen, damit die neue Eigentümerin die Finanzierung, wie erforderlich, sicherstellen konnte. Inhaltlich wurden keine zusätzlichen Verpflichtungen vom Land begründet. Die neue Eigentümerin hat in dem Darlehensvertrag zwar noch eine weitere Darlehenstranche vereinbart, für diese steht das Land jedoch nicht ein. 10. Wie hoch sollte die Restschuld laut Planungen bei Vertragsabschluss sein? a) Wird die Restschuld nach derzeitigem Stand höher sein und wenn ja, wie hoch und warum wird sie höher sein? b) Wie hoch wird nach derzeitigen Erkenntnissen und Zinskondi- tionen der Kaufpreis der JVA nach Ablauf des Mietvertrages im Jahr 2026 sein? c) Wird der Kaufpreis über 20 Millionen Euro liegen? Es wird auf die Antworten der Landesregierung zu den Fragen 3 und 6 der Kleinen Anfrage Drucksache 6/2730 verwiesen.