Die Ministerin für Arbeit, Gleichstellung und Soziales hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 19. Mai 2014 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 6/2899 6. Wahlperiode 21.05.2014 KLEINE ANFRAGE des Abgeordneten Henning Foerster, Fraktion DIE LINKE Aktuelle Situation und Perspektiven der Produktionsschulen in Mecklenburg-Vorpommern und ANTWORT der Landesregierung 1. Über welche Platzkapazität verfügen derzeit die Produktionsschulen des Landes (bitte je Produktionsschule und Standort auflisten)? a) Wie viele Schülerinnen und Schüler befinden sich derzeit an den Produktionsschulen des Landes (bitte je Produktionsschule und Standort auflisten)? b) Wie viele Plätze je Produktionsschule wurden auf dem Wege des Platzeinkaufs durch berufsvorbereitende Bildungsmaßnahmen (z. B. BvB pro) oder durch Zuweisung über die Bundesagentur für Arbeit bzw. die Jobcenter gebunden und wie viele dieser Stellen sind derzeit besetzt? Zu 1, 1 a) und 1 b) Wolgast Rothen- klempenow Greven Schwerin Kapazität 70 40 40 60 60 30 50 Gegenwärtig in PS 70 38 39 61 62 21 70 BvB-Pro (BA-Einkauf) 18 6 6 24 15 15 12 BvB-Pro (zzt. belegt) 17 4 6 23 10 16 10 MAT-Maßn. (JC- Einkauf) 22 26 15 0 0 0 14 reguläre Prod. Schüler 31 8 18 38 52 5 46 Produktions- schule Vorpommern- Rügen Produktions- schule Westmecklenburg Produktions- schule Müritz Hanse- produktions- schule Rostock/Kowalz Produktionsschule Vorpommern - Greifswald * Erhebung vom Stichtag 22.04.2014 Drucksache 6/2899 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 2 Erläuterungen: - Die Anzahl der Produktionsschüler kann von der geplanten regulären Kapazität zeitweise abweichen, weil einerseits besondere Bedarfe der Bundesagentur, der Jugend- und Schulämter beziehungsweise Jobcenter zu berücksichtigen sind und andererseits ein Übergang in Ausbildung beziehungsweise Erwerbstätigkeit jederzeit möglich ist. - Die Hanseproduktionsschule Rostock ist mit sieben Werkstätten an zwei Standorten tätig. Lern- und produktionsbedingt nehmen junge Menschen dieser Produktionsschule Ange- bote am Rostocker als auch zum Teil am Kowalzer Standort in Anspruch. Von daher ist eine Zuordnung von Produktionsschülern auf nur einen Standort dieser Schule nicht sachgerecht. 2. Inwieweit entsprechen „BvB pro-Maßnahmen“ der Bundesagentur für Arbeit bzw. der Jobcenter aus Sicht der Landesregierung inhaltlich- konzeptionell dem Ansatz der Produktionsschulen? a) Welche Kenntnis hat die Landesregierung über eine Befristung der Möglichkeit des Platzeinkaufs durch die Bundesagentur für Arbeit, z. B. für BvB pro-Maßnahmen? b) Inwieweit besteht aus Sicht der Landesregierung die Möglichkeit, diese Form des Platzeinkaufs über das Ende der Befristung hinaus zu verlängern? c) Welche anderen Maßnahmen der Bundesagentur für Arbeit bzw. der Jobcenter sind aus Sicht der Landesregierung aus welchen Gründen geeignet, in die Arbeit der Produktionsschulen aufge- nommen zu werden? Maßnahmen nach dem Konzept BvB-Pro entsprechen konzeptionell dem Produktionsschul- ansatz; die wesentlichen Grundsätze der Produktionsschularbeit in Deutschland sind in die Erarbeitung und Abstimmung zum Konzept der BvB-Pro- Maßnahmen vor Inkraftsetzung durch die Bundesagentur für Arbeit eingeflossen. Maßnahmen, welche durch die Jobcenter eingekauft werden, basieren auf der gesetzlichen Grundlage nach § 16 Absatz 1 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) in Verbindung mit § 45 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III). Zu 2 a) Alle durch die Bundesagentur für Arbeit vertraglich erworbenen Plätze in den Produktions- schulen Mecklenburg-Vorpommerns auf der Grundlage des BvB-Pro-Konzeptes wurden bis zum 01.09.2015 mit Option auf Verlängerung durch die Bundesagentur für Arbeit eingekauft. Zu 2 b) Über eine Verlängerung entscheidet die Bundesagentur für Arbeit eigenständig aufgrund der bestehenden regionalen Bedarfe. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/2899 3 Zu 2 c) Auf der Grundlage zeitweiliger regionaler Bedarfslagen, können Jobcenter oder der zugelassene kommunale Träger auch für hilfebedürftige junge Menschen im Sinne des SGB II zur arbeitsmarktlichen Aktivierung Maßnahmeplätze in Produktionsschulen einkaufen. Hinsichtlich des Förderinhaltes gelten die Regelungen der „Fachlichen Hinweise zu Maßnahmen der Aktivierung und beruflichen Eingliederung (MAT) nach § 16 Absatz 1 SGB II in Verbindung mit § 45 SGB III“. Die Anzahl der Plätze für Aktivierungsmaßnahmen im Rahmen dieses Fachkonzepts soll regulär 20 Prozent der insgesamt zur Verfügung stehenden Teilnehmerplätze in der jeweiligen Produktionsschule nicht überschreiten. 3. Welche Produktionsschulen im Land haben bislang Zuwendungs- bescheide in welcher Höhe für das Jahr 2014 erhalten und welche noch nicht (bitte je Produktionsschule auflisten)? a) Falls Zuwendungsbescheide an einzelne Produktionsschulen bis- lang nicht ergangen sind, was sind die Gründe dafür? b) Auf welcher rechtlichen und betriebswirtschaftlichen Grundlage sollen die Produktionsschulen, die noch keinen Förderbescheid für das laufende Jahr erhalten haben, aus Sicht der Landesregierung zurzeit kaufmännisch handeln? c) Bis wann sollen die fehlenden Bewilligungsbescheide ergehen? Die Finanzierung der Produktionsschulen für das Jahr 2014 erfolgt auf der Grundlage von Verlängerungsanträgen bzw. entsprechender Bescheide. Der Bewilligungsstand stellt sich wie folgt dar: Produktionsschule Stand der Bearbeitung bewilligte Zuwendung Rostock bewilligt 325.440,29 Euro Müritz in Prüfung Westmecklenburg Vorpommern - Rügen Vorpommern - Greifswald Zu 3 a) Die Antragstellung für die Verlängerung erfolgte gegen Ende des Jahres 2013. Mit der Antragstellung waren bei allen Produktionsschulen deutlich erhöhte Ausgaben gegenüber dem Vorjahr festzustellen. Die Prüfung der Zuwendungsfähigkeit der beantragten Ausgaben ist noch nicht abgeschlossen. Weiterhin war bei einer Produktionsschule festzustellen, dass für das Jahr 2013 noch keine Mittel abgerechnet wurden; die Plausibilität beziehungsweise Zuwendungsfähigkeit der beantragten Ausgaben für die Zukunft konnte daher gegenwärtig noch nicht festgestellt werden. Da teilweise auch noch Zuarbeiten fehlen, ist eine abschließende Prüfung bisher nicht möglich gewesen. Drucksache 6/2899 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 4 Zu 3 b) Allen beantragten Verlängerungen wurde noch im Dezember 2013 dem Grunde nach zugestimmt. Der Bewilligungszeitraum beginnt am 01.01.2014, sodass sämtliche mit dem Projekt im Zusammenhang stehenden zuwendungsfähigen Ausgaben von den Zuwendungen gedeckt sind. Zu 3 c) Ein weiterer Bescheid wird voraussichtlich bis Mitte Mai ergehen. Für die verbleibenden drei Produktionsschulen können keine Aussagen getroffen werden, da der Eingang von Unterlagen und deren Prüfung noch ausstehen. Das Landesamt für Gesundheit und Soziales ist bemüht, die Prüfung schnellstmöglich abzuschließen. 4. Inwieweit sind der Landesregierung Probleme bei der Finanzierung der Produktionsschulen infolge des Übergangs in die neue ESF- Förderperiode bekannt? Der Landesregierung sind keine Probleme bekannt. 5. Wie hoch war der geplante Förderansatz und in welcher Höhe wurden die Produktionsschulen in Mecklenburg-Vorpommern von 2007 bis 2013 tatsächlich aus ESF-Mitteln gefördert? Für die Jahre 2007 bis 2013 sind insgesamt 15.116.830,59 Euro für die Finanzierung von Produktionsschulen bewilligt worden. Die in dieser Summe enthaltenen Zuwendungen wurden in 2007 vollständig und in 2008 ganz überwiegend aus Mitteln der ESF-Förderperiode 2000 bis 2006, ab dem Jahr 2009 vollständig aus Mitteln der ESF-Förderperiode 2007 bis 2013 finanziert. Im Hinblick auf den Förderperiodenwechsel ist der Ausweis eines förderperiodenübergreifenden Ansatzes nicht möglich. Für die Förder- periode 2007 bis 2013 stand ein Betrag von 10,22 Millionen Euro für die Förderung der Produktionsschulen zur Verfügung. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/2899 5 6. Mit welcher Mittelzuweisung pro Jahr an die Produktionsschulen hat die Landesregierung ihren ESF-Ansatz zur Förderung der Produk- tionsschulen für die neue Förderperiode in Höhe von insgesamt 10 Mio. Euro bis zum Jahr 2020 kalkuliert? Die Förderung der Produktionsschulen ist im Operationellen Programm des Europäischen Sozialfonds in der neuen Förderperiode in Höhe von 10 Millionen Euro geplant. Im Jahr 2014 werden Mittel in Höhe 2.110.951,78 Euro aus der ESF-Förderperiode 2007 - 2013 eingesetzt. Die weitere Planung der folgenden Jahresbudgets ist noch nicht abgeschlossen. 7. Wie stellt sich die Finanzierung der Produktionsschulen in absoluten Zahlen und prozentualen Anteilen (Land, Kommunen, Bundesagentur für Arbeit, sonstige Dritte, Einnahmen) in den Jahren 2011 bis 2013 konkret je Produktionsschule dar (Fortschreibung der Frage und Ant- wort zu Frage 3 der Kleinen Anfrage 6/977 vom 27.07.2012)? a) Inwieweit ist es zutreffend, dass die Produktionsschulen daran arbeiten sollen, bereits zum Jahreswechsel 2017/2018 ohne ESF-Mittel auszukommen, obwohl die geplanten Mittel zur Finan- zierung dieses Angebotes der Jugendberufshilfe für die gesamte Förderperiode 2014 bis 2020 veranschlagt wurden? b) Welche alternativen Finanzierungsmöglichkeiten sieht die Landes- regierung beim (gegebenenfalls auch schrittweise) Wegfall der ESF-Mittel? c) Welche Alternativen sieht die Landesregierung für den Fall, dass diese Möglichkeit nicht dauerhaft erhalten bleibt, vor allem mit Blick auf den nicht weiter auszudehnenden örtlichen Finan- zierungsanteil und den mittelfristigen Wegfall der ESF-Mittel? Die Finanzierung der Produktionsschulen in den Jahren 2011 bis 2013 stellt sich wie folgt dar: Drucksache 6/2899 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 6 Zu 7 a), 7 b) und 7 c) Die Landesregierung wird rechtzeitig vor Auslaufen der ESF-Förderperiode 2014 bis 2020 prüfen, welche Finanzierungsmöglichkeiten zukünftig für die Produktionsschulen in Betracht kommen. 8. Wie stellt sich die Situation der Produktionsschule Rothenklempenow bezüglich des angestrebten Standortwechsels augenblicklich dar? a) Welche Nachnutzungsmöglichkeiten für den Campus Rothen- klempenow wurden geprüft und gefunden? b) Aus welchen Gründen wurde von der Errichtung eines Produktionsschulstandortes in Torgelow bzw. Pasewalk Abstand genommen und inwieweit kann der südliche Einzugsbereich des Landkreises Vorpommern-Greifswald bzw. der östliche Einzugs- bereich des Landkreises Mecklenburgische Seenplatte durch die jetzigen Standorte der Produktionsschulen abgedeckt werden? Zu 8 und 8 a) Das Areal, das derzeit von der Produktionsschule genutzt wird, befindet sich im Eigentum und im Zuständigkeitsbereich der Gemeinde Rothenklempenow. Übersicht der Finanzierung (Bewilligung) der Produktionsschulen 2011-2013 absolut und prozentual Vorpommern- Rügen Gesamt absolut % absolut % absolut % absolut % (Barth) 2011 678.265,70 € 458.963,24 € 67,67% 93.262,46 € 13,75% 71.040,00 € 10,47% 55.000,00 € 8,11% (Barth) 2012 684.513,07 € 433.019,37 € 63,26% 120.453,70 € 17,60% 71.040,00 € 10,38% 60.000,00 € 8,77% (Stralsund) 2013 618.998,60 € 371.398,71 € 60,00% 130.000,00 € 21,00% 85.599,89 € 13,83% 32.000,00 € 5,17% Müritz 2011 623.376,64 € 401.363,64 € 64,39% 187.013,00 € 30,00% 0,00% 35.000,00 € 5,61% 2012 627.168,49 € 367.659,52 € 58,62% 219.508,97 € 35,00% 0,00% 40.000,00 € 6,38% 2013 660.475,93 € 356.285,56 € 53,94% 264.190,37 € 40,00% 0,00% 40.000,00 € 6,06% Rostock 2011 633.984,07 € 408.788,85 € 64,48% 190.195,22 € 30,00% 0,00% 35.000,00 € 5,52% 2012 633.984,07 € 372.089,65 € 58,69% 221.894,42 € 35,00% 0,00% 40.000,00 € 6,31% 2013 619.253,46 € 299.644,58 € 48,39% 107.548,80 € 17,37% 169.936,20 € 27,44% 42.123,88 € 6,80% Rothenklempenow 2011 574.100,01 € 509.100,01 € 88,68% 30.000,00 € 5,23% - € 0,00% 35.000,00 € 6,10% 2012 582.705,24 € 333.705,24 € 57,27% 209.000,00 € 35,87% - € 0,00% 40.000,00 € 6,86% Vorpommern- Greifswald 2013 1.012.557,35 € 331.957,35 € 32,78% 241.000,00 € 23,80% 369.600,00 € 36,50% 70.000,00 € 6,91% Westmecklenburg 2011 575.948,71 € 370.664,10 € 64,36% 162.743,61 € 28,26% 10.041,00 € 1,74% 32.500,00 € 5,64% 2012 580.278,26 € 342.180,87 € 58,97% 203.097,39 € 35,00% - € 0,00% 35.000,00 € 6,03% 2013 788.823,94 € 433.017,89 € 54,89% 252.477,12 € 32,01% 65.328,93 € 8,28% 38.000,00 € 4,82% Hinweise: Ab 2013 Produktionsschule im Landkreis Vorpommern-Greifswald mit zwei Standorten (Rothenklempenow und Wolgast). Die Verwaltungsakten zu den Produktionsschulen Rostock, Westmecklenburg und Müritz für den Zeitraum 2011 und 2012 befinden sich derzeit bei der ESF-Prüfbehörde. Es konnten lediglich elektronische Daten ausgewertet werden. ARGEn EigenmittelLandes-ESF Kommunen Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/2899 7 Zu 8 b) Die Produktionsschule Vorpommern-Greifswald wird ihre Arbeit am südlichen Standort in Rothenklempenow nach gegenwärtigem Kenntnisstand zum Sommer 2014 beenden. In Abstimmung mit der örtlichen Berufsschulplanung des Landkreises Vorpommern-Greifswald soll die Tätigkeit dieses Produktionsschulstandortes in Torgelow in Kooperation mit der dortigen Berufsschule zum September 2014 fortgesetzt werden. 9. Inwieweit sieht die Landesregierung die Produktionsschulen mindes- tens bis zum Jahr 2020 und gegebenenfalls auch darüber hinaus als ein geeignetes und notwendiges Instrument an, um Jugendlichen nach diesem Konzept Hilfen zur beruflichen und gesellschaftlichen Integration anzubieten? Von welcher Bedarfsentwicklung geht die Landesregierung dabei aus? Die Produktionsschulen haben sich als Ergänzung der schulischen und arbeitsmarktlichen Berufsvorbereitung in den letzten zehn Jahren bewährt und sind für junge Menschen mit mehreren arbeitsmarktlichen Hemmnissen, schulaversivem Verhalten und einem besonderen Förderbedarf eine gute Möglichkeit, die Berufsreife zu erreichen und in Ausbildung beziehungsweise Erwerbstätigkeit einzumünden. Über den Bedarf nach 2020 kann derzeit keine Aussage getroffen werden. 10. Welche Vorstellungen hat die Landesregierung zur Sicherung der Existenz und zum künftigen Status der Produktionsschulen im Land Mecklenburg-Vorpommern? a) Inwieweit ist eine Integration der Produktionsschulen als Schul- angebot nach dänischem Vorbild in die Bildungslandschaft von Mecklenburg-Vorpommern vorstellbar? b) Inwieweit wäre alternativ eine Integration des Produktionsschul- angebotes als besonderes Hilfeangebot des Landes für schul- aversive Jugendliche in das KJHG Mecklenburg-Vorpommern vorstellbar? c) Inwieweit könnte ein spezielles Produktionsschulgesetz dazu bei- tragen, die Finanzierung und die Existenz dieses besonderen Angebotes dauerhaft zu sichern? Zu 10, 10 a), 10 b) und 10 c) Die Landesregierung wird rechtzeitig vor Auslaufen der ESF-Förderperiode 2014 bis 2020 prüfen, welche Möglichkeiten für die künftige Ausgestaltung der Produktionsschulen in Betracht kommen.