Die Ministerin für Arbeit, Gleichstellung und Soziales hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 23. Mai 2014 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 6/2914 6. Wahlperiode 26.05.2014 KLEINE ANFRAGE der Abgeordneten Dr. Ursula Karlowski, Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Aktuelle Bekämpfungsstrategien bei Auftreten des Eichenprozessionsspinners und ANTWORT der Landesregierung Das zur Bekämpfung der Raupen des Eichenprozessionsspinners eingesetzte Dipel ES ist ab diesem Jahr auch unter dem Namen Foray ES im Handel. In den kommenden Wochen sollen die Raupen des Eichenprozessions- spinners erneut mit Dipel ES bzw. Foray ES, sowohl aus der Luft als auch vom Boden aus bekämpft werden. 1. Die Bilanz des Einsatzes im vergangenen Jahr wird offiziell positiv bewertet. Es sei insgesamt ein Wirkungsgrad von 95 % festzustellen. a) Wie wurde der Wirkungsgrad ermittelt? b) Beziehen sich die 95 % auf die Anzahl der Nester, der befallenen Bäume oder die Einsatzorte? Die Fragen 1 a) und b) werden zusammenhängend beantwortet. Der Wirkungsgrad wurde durch Befallserhebungen an in den Vorjahren stark betroffenen und 2013 behandelten Alleeabschnitten ermittelt. An 35 dieser Abschnitte wurden die Eichen auf das Vorhandensein von Gespinstnestern untersucht und ihre Anzahl und Größe aufge- nommen. Auf der Basis dieser Erhebungen wurde in Abhängigkeit weiterer Faktoren, wie zum Beispiel vorjähriger Befall, Kronenhöhe und -dichte der Wirkungsgrad am Standort eingeschätzt. In der Gesamtschau der Boniturergebnisse ergab sich ein Wirkungsgrad von 95 Prozent für die Gesamtmaßnahme. Drucksache 6/2914 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 2 2. Welche Mittel werden 2014 in Mecklenburg-Vorpommern eingesetzt? Wird alternativ auch eine mechanische Bekämpfung durch Absaugen der Nester durchgeführt und wenn ja, wo? Für 2014 ist der Einsatz des Biozids Foray beabsichtigt und zwar ausschließlich an Alleen beziehungsweise Straßenbegleitgrün. Zur Behandlung betroffener Bäume, insbesondere in Siedlungsgebieten, ist ein Absaugen von Nestern unvermeidbar. Diese Maßnahmen sind von den Flächeneigentümern zu veranlassen. Über die bestehenden Planungen der Flächeneigen- tümer ist das Land nicht informiert. 3. 2013 wurden auf 2.367,5 ha die Raupen des Eichenprozessions- spinners bekämpft. Wie viele Hektar werden voraussichtlich 2014 besprüht und wie viele Hektar werden durch Befliegungen aus der Luft bekämpft? Der aktuelle Planungsstand der Regulierungsmaßnahme sieht eine Bekämpfung aus der Luft auf 1.395 Hektar vor. Konkrete Aussagen zu weiteren Bekämpfungsmaßnahmen können erst anhand der Befallssituation nach der Durchführung der ersten Befliegung getroffen werden. Bodengestützte biologische Bekämpfungsmaßnahmen werden gegebenenfalls durch Kommunen veranlasst. Der Planungsstand ist dem Land nicht bekannt. 4. Wie ist es trotz der geringeren Befallsdichte im Jahr 2014 zu recht- fertigen, die Bekämpfung der Eichenprozessionsspinnerraupen weiter- hin mit dem Hubschrauber durchzuführen? Wie wird verhindert, dass durch die Rotorblätter die allergieaus- lösenden Haare der Eichenprozessionsspinnerraupen in der Umgebung verteilt werden? Trotz der erfolgreichen Regulierung der Eichenprozessionsspinnerpopulation an Alleen ist durch Neuzuflug mit Eiablage aus nicht behandelten Eichenbeständen eine Wiederbesiede- lung erfolgt. Entsprechende Erhebungen der Eigelege an insgesamt fünf Hot Spots, das heißt den jährlich stark befallenen Abschnitten, führten zu dem Schluss, dass es einer weiteren Maßnahme bedarf, um den Erfolg der vorangegangenen Einsätze abzusichern. Die Erhebung des aktuellen Befalls erfolgt durch Mitarbeiter der Ordnungsämter, der Straßen- bauämter, des Gesundheitsamtes und verifizierte Bürgermeldungen. Diese ist die Basis für die Ausweisung der potentiell zu behandelnden Fläche. Der Luftzug unterhalb der Rotorblätter und in der Krone einer belaubten Eiche ist bei einem Überflug eines Hubschraubers relativ gering (Dauer mit weniger als eine Sekunde je Baum- krone) und führt nicht zu einem Abwehen von Raupennestern. Von lebenden Raupen werden durch diesen Luftzug kaum Raupenhaare freigesetzt. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/2914 3 5. Im Artikel der Schweriner Volkszeitung vom 11. April 2014 („Hub- schrauber gegen diese Spinner“) wurde berichtet, dass im Raum Dömitz vor zwei Jahren „hunderte Krankheitsfälle“ gemeldet worden seien. Wie hoch ist die Zahl der Krankheitsfälle, die in den letzten 5 Jahren Mecklenburg-Vorpommern auf den Eichenprozessionsspinner zurück- zuführen waren? Die Quelle der zitierten Mitteilung der Schweriner Volkszeitung ist dem Ministerium für Arbeit, Gleichstellung und Soziales nicht bekannt. Zur Krankheitslast der Bevölkerung in Befallsgebieten gibt es bundesweit nur wenige Daten. Dies liegt daran, dass für Raupenhaar-assoziierte Erkrankungen keine Meldepflicht besteht. Auch die Nutzung von Krankenkassendaten ist nicht möglich, da spezifische Abrechnungs- ziffern für die Behandlung dieser Erkrankungsfälle fehlen. Alle existierenden Datensätze sind deshalb unvollständig und nur bedingt repräsentativ. Deshalb liegen dem Ministerium für Arbeit, Gleichstellung und Soziales keine validen Zahlen der insgesamt in dem genannten Zeitraum erkrankten Personen vor. Im Jahr 2012 wurde durch das Gesundheitsamt des Landkreise Ludwigslust-Parchim eine Erhebung der Krankheitslast über freiwillige Arztmeldungen durchgeführt. Gemeldet wurden 110 Fälle. Im Jahr 2013 wurden von niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten 30 Fälle über- mittelt. Hinzu kam die Mitteilung über gesundheitliche Beeinträchtigungen bei 60 Bundes- wehrangehörigen, die im Rahmen des Elbehochwassers im Landkreis eingesetzt wurden. 6. Welche Möglichkeiten haben Bürgerinnen und Bürger, die sich gegen eine Ausbringung von Dipel ES bzw. Foray ES in ihrem Lebens- umfeld zur Wehr setzen wollen, um dieses Anliegen durchzusetzen? Im privaten Lebensumfeld von Bürgerinnen und Bürgern, wie insbesondere im Bereich von Privatgrundstücken beziehungsweise innerhalb geschlossener Ortschaften, sind grundsätzlich keine Hubschraubereinsätze zur Bekämpfung der Raupen des Eichenprozessionsspinners mit Bioziden vorgesehen. Vielmehr sind die Eigentümer privater Grundstücke, von denen durch Befall von Bäumen Gesundheitsgefahren für Dritte ausgehen, im Rahmen ihrer Verkehrssicherungspflicht selbst zur Gefahrenabwehr verpflichtet. Dies gilt entsprechend für innerorts gelegene kommunale Liegenschaften, bei denen die Kommunen gegebenenfalls zum Schutz der Bevölkerung zur Gefahrenabwehr verpflichtet sind. Soweit nach Maßgabe einer dazu vom zuständigen Landkreis Ludwigslust-Parchim erlasse- nen Allgemeinverfügung ausnahmsweise auch der Befall von Bäumen in innerörtlichen Randlagen mit außerörtlichem Charakter zur Bekämpfung des Eichenprozessionsspinners beflogen werden soll, stehen die aus der veröffentlichten Allgemeinverfügung ersichtlichen Rechtsbehelfe zur Verfügung. Drucksache 6/2914 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 4 7. In der Fragestunde der 43. Sitzung des Landestages bestätigte Minister Dr. Backhaus, dass die Landesregierung ein Monitoring zum Verhal- ten der Mittel Karate Forst, Dimilin und Dipel ES auf Umweltmedien, z. B. auf Gewässer und Boden, auf menschliche Gesundheit und die Artenvielfalt durchführt. Welche Ergebnisse erbrachte bisher das Monitoring hinsichtlich der Umwelt- und Gesundheitsbelastung durch die genannten Mittel? a) Wie ist das Monitoring konzipiert und wie wird es durchgeführt? b) Bei welchen Tierarten, außer dem Eichenprozessionsspinner, sind nach dem Einsatz der Biozide 2013 ebenfalls Verluste aufgetreten? Laut Protokoll der 43. Sitzung des Landtages hat Herr Minister Dr. Backhaus kein Umwelt- monitoring in Aussicht gestellt. Dies wäre durch die zuständigen Behörden auch nicht abzu- sichern gewesen. Hierzu fehlen reproduzierbare Methoden, die wissenschaftlich korrekte Ergebnisse von derartigen Freilanderhebungen ermöglichen würden. Im Rahmen der Zu- lassung der Mittel nach Pflanzenschutzrecht und Biozidrecht erfolgt die Einschätzung von umwelttoxikologischen Eigenschaften der Pflanzenschutzmittel beziehungsweise Biozide durch das Umweltbundesamt. Diese Einschätzungen sind valide und können mit den dem Land zur Verfügung stehenden Möglichkeiten nicht weiter verbessert werden. Zugesichert wurde durch Herrn Minister Dr. Backhaus allerdings ein Befallsmonitoring, über dessen Ergebnisse in der Antwort zu Frage 1 berichtet wurde. Verluste an Nichtzielarten infolge der Bekämpfung 2013 sind nicht bekannt geworden und waren wegen der eingesetz- ten Mittel und der umfänglichen fachlichen Vorbereitung der Maßnahme auch nicht zu erwarten. 8. Welche Erkenntnisse besitzt die Landesregierung zu den Auswir- kungen der Mittel Karate Forst, Dimilin, Dipel ES und Foray ES auf die biologische Vielfalt? Sind in diesem Zusammenhang die gesetzlich anerkannten Umwelt- verbände angehört worden und wenn nicht, warum nicht? Das Land besitzt keine über die entsprechenden Verlautbarungen der Zulassungsbehörden und des Umweltbundesamt hinausgehenden Erkenntnisse zu den angesprochenen Mitteln im Hinblick auf die Auswirkungen auf die biologische Vielfalt. Das Land setzte 2013 beziehungsweise setzt 2014 bei den in Rede stehenden Maßnahmen zum Gesundheitsschutz zugelassene Biozide ein. Nicht hinnehmbare Auswirkungen auf die biologische Vielfalt sind nicht zu erwarten. Im anderen Fall wäre eine Zulassung nicht erteilt worden beziehungsweise würde eine bestehende Zulassung zurückgenommen werden. Das Land ist in das Zulassungs- verfahren von Bioziden nicht eingebunden, sodass keine Aussagen zum Verfahren getroffen werden können.