Die Ministerin für Arbeit, Gleichstellung und Soziales hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 21. Juli 2014 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 6/3135 6. Wahlperiode 21.07.2014 KLEINE ANFRAGE der Abgeordneten Silke Gajek, Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Potenziale von Migrantenselbstorganisationen in Mecklenburg-Vorpommern und ANTWORT der Landesregierung Im Zuge des integrations- und migrationspolitischen Paradigmenwechsels werden Migrantenselbstorganisationen verstärkt als Dialogpartner auf kommunaler, Landes- und Bundesebene wahrgenommen und geschätzt. Migrantenselbstorganisationen unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Ziele und Ausrichtungen, ihres Selbstverständnisses, ihrer Geschlechter- und Alterszusammensetzung, ihres Organisationsgrades und ihrer Vernetzung. Diese Vielfalt innerhalb und zwischen Migrantenselbstorganisationen wird in der öffentlichen Diskussion häufig übersehen. 1. Welche Potenziale zur Stärkung der gesellschaftlichen Teilhabe von Migrantinnen und Migranten sieht die Landesregierung und welche Rolle kommt dabei aus ihrer Sicht dem Engagements und der Arbeit der Migrantenselbstorganisationen in Mecklenburg-Vorpommern zu? Für die Landesregierung ist die Stärkung der gesellschaftlichen Teilhabe von Migrantinnen und Migranten ein erklärtes Ziel, das in der 2011 fortgeschriebenen „Konzeption zur Förderung der Integration von Migrantinnen und Migranten in Mecklenburg-Vorpommern“ Ausdruck gefunden hat. Gesellschaftliche Teilhabe setzt voraus, dass die umfassende Beteiligung von Migrantinnen und Migranten im Gemeinwesen gelingt und das gesellschaftliche Engagement von Migrantinnen und Migranten vor Ort sichtbar wird. Gestaltungspotenziale werden dabei sowohl auf Seiten der Zugewanderten als auch der aufnehmenden Gesellschaft, bei staatlichen und zivilgesellschaftlichen Einrichtungen, Verbänden, Organisationen, Vereinen und Initiativen gesehen. Drucksache 6/3135 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 2 Migrantenselbstorganisationen in Mecklenburg-Vorpommern fördern den Dialog und die Begegnung zwischen zugewanderter und einheimischer Bevölkerung in besonderer Weise. Sie sind häufig erste Anlaufstelle und Interessenvertretung für Zugewanderte und fungieren als Brückenbauer im Umgang mit Vielfalt. Mit ihren Aktivitäten in unterschiedlichen Bereichen tragen sie zur Stärkung des sozialen Zusammenhalts bei. Aufgrund ihres vielfältigen gesellschaftlichen Engagements sind sie als wichtige Akteure der Integrationsund Partizipationsarbeit im Land anerkannt. 2. Welche Kooperationen zwischen Migrantenselbstorganisationen und der Landesregierung bestehen in Mecklenburg-Vorpommern und als wie erfolgreich werden diese bewertet? Die Landesregierung ist bestrebt, im Dialog mit maßgeblichen Akteuren der Integrationsarbeit die Rahmenbedingungen für Vielfalt und gleichberechtigte Teilhabe systematisch zu verbessern. Mit den 2009 unter dem Dach von MIGRANET-MV zusammengeschlossenen Migrantenvereinen hat sich eine kontinuierliche Zusammenarbeit entwickelt. Die Landesregierung beteiligt sich durch MIGRANET-MV an der Arbeit des Landesbeirates für die Integration von Migrantinnen und Migranten, an dessen Arbeitsgruppen „Strategie“, „Kita“, „Migration und Schule“, „Übergang Schule - Beruf“ und „Berufliche Integration“ sowie an den Beratungen mit den kommunalen Integrations- und Ausländerbeauftragten. Diese Kooperationen, die sehr viel ehrenamtliches Engagement erfordern, werden als konstruktiv und impulsgebend geschätzt. So sind den Migrantenvertretern im Rahmen der Fortschreibung und Umsetzung der Landesintegrationskonzeption zahlreiche Empfehlungen zu verdanken. 3. Welche Kooperationen auf kommunaler Ebene sind der Landesregierung bekannt und wie werden diese bewertet? Landesweit gibt es über 40 Migrantenselbstorganisationen, darunter eingetragene Vereine, Initiativen, Interessenvertretungen, Landsmannschaften und religiöse Gemeinden. Die meisten Zusammenschlüsse von Migrantinnen und Migranten haben ihren Sitz in Rostock und in Schwerin, wo sie in einem engen Kontakt zueinander stehen. In Rostock gibt es einen gewählten Migrantenrat, der als Gremium der kommunalpolitischen Partizipation fungiert. Viele Migrantenvereine führen Projekte auf kommunaler Ebene durch und sind offen für die Zusammenarbeit mit unterschiedlichen Partnern. Die Landesregierung begrüßt Kooperationen auf kommunaler Ebene. Angaben zu Zahlen und Inhalten von Kooperationen auf kommunaler Ebene liegen ihr nicht vor. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/3135 3 4. Welche Möglichkeiten und welche Herausforderungen sieht die Landesregierung im Hinblick auf eine Intensivierung der Zusammenarbeit mit Migrantenselbstorganisationen sowohl auf kommunaler als auch auf Landesebene? Im Zuge der Erarbeitung und Umsetzung von Integrationskonzepten auf Landesebene sowie in den Kommunen Rostock und Schwerin haben sich Strukturen der Zusammenarbeit mit Migrantenorganisationen entwickelt, die eine gute Basis für den weiteren Ausbau und eine entsprechende Konsolidierung darstellen. Entwicklungsmöglichkeiten als auch Herausforderungen für eine intensivere Zusammenarbeit werden in einer Erweiterung der Partizipationsmöglichkeiten gesehen, die der Vielfalt und Heterogenität der Migrantenvereine noch besser gerecht wird, sowie in der Verbesserung der organisatorischen Rahmenbedingungen. Um ein möglichst breit gefächertes Engagement von Migrantenvereinen zu ermöglichen, bedarf es auch einer Optimierung der Zugangswege zu Projektförderungen. Die Landesregierung hat 2013 den Appell der Integrationsministerkonferenz unterstützt, Migrantenorganisationen - entsprechend ihrer fachpolitischen Bedeutung - als Zuwendungsempfänger ressortübergreifend im Rahmen von Projektförderungen einzubeziehen, um Impulse für ein Engagement in unterschiedlichen Handlungsfeldern zu setzen. Hierfür ist auch eine stärkere Kooperation zwischen den Migrantenorganisationen und anderen Verbänden beziehungsweise Vereinen anzustreben. 5. Welche Angebote im Bereich der Partizipation und der gesellschaftlichen Teilhabe werden von Migrantenselbstorganisationen in Mecklenburg -Vorpommern vorgehalten? Zu den Angeboten zählen insbesondere: Interessenvertretung, Information und Orientierung, kulturelle Aktivitäten und Sprachförderung, Dolmetschertätigkeit und Unterstützung bei beruflicher Integration. Ein in Zusammenarbeit mit MIGRANET-MV entstandenes Projekt „MigrantInnen in der Einen Welt - Qualifizierung und Einbeziehung von Migrantinnen aus MV in die entwicklungspolitische Informations- und Bildungsarbeit“ dient beispielsweise der Aktivierung und Stärkung von Migrantenvereinen im entwicklungspolitischen Diskurs. Andere Angebote wie das Projekt „Sprach- und Integrationsmittler Rostock (SPRINT Rostock)“ beim Verein Diên Hông e. V. wirken Verständigungsbarrieren entgegen, unterstützen das Fachpersonal in Kindertageseinrichtungen, in der Schule und im Sozial- und Gesundheitswesen. Bildung und Qualifizierung von Migrantenselbstorganisationen in Mecklenburg-Vorpommern sind Schwerpunkte eines Teilprojekts im Rahmen des bundesweiten IQ-Programms (Integration durch Qualifizierung), das beim Förderverein des Migrantenrates der Hansestadt Rostock angesiedelt ist. Drucksache 6/3135 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 4 6. Welchen Vernetzungsgrad haben die Migrantenselbstorganisationen in Mecklenburg-Vorpommern und inwieweit sind öffentliche Stellen - sowohl auf kommunaler als auch auf Landesebene - an solchen Netzwerken beteiligt? Sowohl die 2009 vollzogene Gründung des Dachverbandes MIGRANET-MV mit über 40 Migrantenselbstorganisationen landesweit als auch seine jährlich stattfindenden Konferenzen belegen, dass die Vernetzung auf Landesebene sichtbar vorangeschritten ist. MIGRANET-MV arbeitet auch im Bundeszuwanderungs- und Integrationsrat mit. Im Übrigen wird auf die Antworten zu den Fragen 2 und 3 verwiesen. 7. Wie beurteilt die Landesregierung das Erfordernis einer weiteren Vernetzung und wie plant sie, einen solchen Prozess zu unterstützen? Angesichts der relativ jungen Migrationsgeschichte des Landes werden der Ausbau und die Stabilisierung des Netzwerkes MIGRANET-MV als wichtig angesehen, damit vor Ort Anstöße für ein stärkeres Engagement und für mehr Teilhabe von Migrantinnen und Migranten in der Gesellschaft gegeben werden können. In Teilen des Landes fehlen noch migrantische Organisationsformen, beziehungsweise Organisationen können ihre Potenziale und Kompetenzen noch nicht vollständig ausschöpfen. Die Landesregierung wird den Prozess der Vernetzung, soweit er der aktiven Partizipation und dem zivilgesellschaftlichen Engagement von Migrantenvereinen dient, weiterhin im Rahmen der Projektförderung durch Landesmittel unterstützen. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 4 verwiesen. 8. Welche Rolle können Migrantenselbstorganisationen in MecklenburgVorpommern aus Sicht der Landesregierung, insbesondere bei der Erleichterung des Zugangs zum Arbeitsmarkt für Migrantinnen und Migranten, spielen? Migrantenorganisationen sind ein wichtiger Dialogpartner im Prozess der Arbeitsmarktintegration . Sie befördern Wege in Arbeit und Beruf mit ihrem Expertenwissen im Hinblick auf bestehende Barrieren, mit spezifischen Zugängen zu Migrantinnen und Migranten und gezielten Informationen sowie als Multiplikatoren für besondere Zielgruppen, zum Beispiel Frauen und Ältere. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 2 verwiesen.