Die Ministerin für Arbeit, Gleichstellung und Soziales hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 24. Juli 2014 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 6/3145 6. Wahlperiode 25.07.2014 KLEINE ANFRAGE des Abgeordneten Jürgen Suhr, Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Medikamentenentsorgung in Mecklenburg-Vorpommern und ANTWORT der Landesregierung Einem Hintergrundpapier der Deutschen Umwelthilfe zufolge gab es im Zeitraum 1994 bis 2009 ein bundesweites Sammelsystem, das eine für die Verbraucherinnen und Verbraucher kostenlose Rücknahme von Altmedikamenten aus Apotheken ermöglichte. Für die Apotheken war dieses System kostenfrei. Mit Inkrafttreten der fünften Novelle der Verpackungsverordnung existiert kein bundesweit einheitliches, flächendeckendes System für die Rückführung, Verwertung und Entsorgung von Altmedikamenten mehr. Dies führt zur unsachgemäßen Entsorgung von Medikamenten und trägt u. a. zu Gewässerbelastungen mit Arzneiwirkstoffen bei. 1. Wie hoch war die Menge der entsorgten Medikamenten nach Einrich- tungen (Apotheken, Krankenhäuser, Alten- und Pflegeheime) in Mecklenburg-Vorpommern in den vergangenen fünf Jahren (bitte nach Jahresscheiben und Institutionengruppen aufschlüsseln)? Arzneimittelabfälle werden gemäß der Verordnung über das Europäische Abfallverzeichnis in den Abfallschlüssel 180109 (Arzneimittel mit Ausnahme derjenigen, die unter 180108 fallen) eingestuft. Damit sind sie keine gefährlichen Abfälle und unterfallen damit auch nicht den abfallrechtlichen Nachweispflichten. Daher liegen der Landesregierung keine Angaben über erzeugte und entsorgte Mengen vor. Lediglich für Arzneimittelabfälle mit dem Abfallschlüssel 180108* (zytotoxische und zytostatische Abfälle), die als gefährliche Abfälle eingestuft werden, liegen Entsorgungsdaten vor. Eine Auflistung nach verschiedenen Erzeugern ist jedoch nicht möglich, da diese Abfälle auf Grund der geringen Mengen im Sammelentsorgungsnachweisverfahren (Sammler tritt als Abfallerzeuger in den Nachweispapieren auf) gesammelt und entsorgt werden. Drucksache 6/3145 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 2 Folgende Mengen an Abfällen des Abfallschlüssels 180108* wurden in M-V erzeugt (in Tonnen): 2009 - 45,5 Tonnen, 2010 - 35,6 Tonnen, 2011 - 40,0 Tonnen, 2012 - 75,0 Tonnen, 2013 - 40,0 Tonnen. Die Entsorgung dieser Abfälle erfolgte in dafür zugelassenen Entsorgungsanlagen außerhalb Mecklenburg-Vorpommerns. Konkretere Mengenangaben zur Medikamentenentsorgung in Apotheken, Krankenhäusern und Alten- und Pflegeheimen des Landes liegen der Landesregierung nicht vor. 2. Wie hoch war die Menge der entsorgten Medikamente im Vergleich zu den abgegebenen Mengen nach Einrichtungen (Apotheken, Krankenhäuser , Alten- und Pflegeheime) in Mecklenburg-Vorpommern in den vergangenen fünf Jahren? Siehe Antwort zu Frage 1. 3. Wie hoch war der Wert der entsorgten Medikamente im Vergleich zu den abgegebenen Mengen nach Einrichtungen (Apotheken, Krankenhäuser , Alten- und Pflegeheime) in Mecklenburg-Vorpommern in den vergangenen fünf Jahren? Siehe Antwort zu Frage 1. 4. Welche Entsorgungswege werden von den Einrichtungen in Mecklenburg -Vorpommern verwendet? Krankenhäuser: Grundlage für die Entsorgung in den Krankenhäusern ist die Richtlinie der Arbeitsgemeinschaft Abfall (LAGA), an die sich alle Krankenhäuser in Mecklenburg-Vorpommern halten. Altmedikamente werden zum Teil getrennt erfasst und je nach Abfallschlüssel mit gemischten Siedlungsabfällen oder in dafür zugelassenen Anlagen beseitigt. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/3145 3 Apotheken: Die in den Apotheken entstandenen Arzneimittelabfälle, die gemäß der Verordnung über das Europäische Abfallverzeichnis unter den Abfallschlüssel 180109 subsumiert werden, werden als Hausmüll entsorgt. Für Arzneimittelabfälle mit dem Abfallschlüssel 180108* (zytotoxische und zytostatische Abfälle), die als gefährliche Abfälle eingestuft werden, erfolgt die Entsorgung in dafür zugelassenen Entsorgungsanlagen außerhalb MecklenburgVorpommerns . Alten- und Pflegeheime: In den Alten- und Pflegeeinrichtungen in Mecklenburg-Vorpommern werden nicht mehr benötigte Medikamente der Bewohner entweder an die Angehörigen beziehungsweise Betreuer oder an die Apotheken zur Entsorgung abgegeben. Weitere Hinweise zum ordnungsgemäßen Umgang und zur Entsorgung von Abfällen aus Einrichtungen des Gesundheitsdienstes werden darüber hinaus durch einen Erlass des Wirtschaftsministeriums vom 18.07.2005 gegeben. Der Erlass ist auf der Homepage des Landesamtes für Umwelt, Naturschutz und Geologie unter dem Link http://www.lung.mvregierung .de/insite/cms/umwelt/abfall/info_abfall.htm zu finden. 5. Wie hat sich die Gewässerbelastung durch Arzneimittel in den vergangenen fünf Jahren in Mecklenburg-Vorpommern entwickelt? Rechtlich verbindliche Regelungen zur Bewertung von Arzneimittelgehalten im Oberflächenund Grundwasser existieren bislang nicht. Im Auftrag des Landesamtes für Umwelt, Naturschutz und Geologie MecklenburgVorpommern (LUNG) finden in Mecklenburg-Vorpommern in Oberflächengewässern seit 2008 und im Grundwasser seit 2011 regelmäßige Arzneimitteluntersuchungen statt. Eine zusammenfassende Auswertung liegt der Landesregierung für den Zeitraum 2011 bis 2013 vor, sodass sich die folgenden Ausführungen auf diesen Zeitraum beziehen. In den Jahren 2011 bis 2013 wurden die Oberflächen- und Grundwasser in MecklenburgVorpommern auf nachfolgende Arzneimittelwirkstoffe untersucht: Wirkstoffgruppe Wirkstoffe Schmerzmittel Diclofenac, Ibuprofen, Phenazon, Propyphenazon Mittel zur Bekämpfung des Bluthochdrucks Metoprolol, Bisoprolol, Atenolol, Propanolol, Sotalol krampflösende Mittel Carbamazepin Lipidsenker Bezafibrat, Clofibrinsäure Kontrastmittel Amiodotrizoesäure, Iopamidol Antibiotika Sulfamethoxazol, Clarithromycin, Sulfadiazin Dazu wurden in Fließgewässern im Zeitraum 2011 bis 2013 insgesamt 14.017 Proben von 78 unterschiedlichen Messstellen auf Arzneimittelgehalte untersucht. Drucksache 6/3145 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 4 Diese Untersuchungen ergaben, dass in den großen Gewässern erhöhte Arzneimittelkonzentrationen selten waren; dagegen kamen in kleinen Gewässern auch Konzentrationen über 3 μg/l vor. Betroffen davon waren insbesondere Gewässer beziehungsweise Gewässerbereiche mit erhöhtem Anteil von Abwasser aus kommunalen Kläranlagen. Tabelle: Anzahl der Arzneimittelbefunde in Fließgewässern im Untersuchungszeitraum 2011 bis 2013, unterteilt in verschiedenen Konzentrationsstufen Gewässerkategorie Anzahl der Proben Anzahl der Befunde > 0,1 μg/l > 1 μg/l > 3 μg/l > 10 μg/l Große Gewässer 2.925 115 (3,9 %) 2 (0,07 %) 0 0 Mittelgroße Gewässer 3.695 228 (6,2 %) 15 (0,41 %) 1 (0,03 %) 0 Kleine Gewässer 7.397 463 (6,3 %) 95 (1,28 %) 23 (0,31 %) 4 (0,04 %) In den Küstengewässern Mecklenburg-Vorpommerns wurden im Zeitraum 2011 bis 2013 insgesamt 1.918 Proben von 11 unterschiedlichen Messstellen auf Arzneimittelgehalte untersucht. Aufgrund der starken Verdünnung wurden in den Küstengewässern deutlich weniger häufig und deutlich geringere Arzneimittelkonzentrationen festgestellt als in den Fließgewässern. Tabelle: Anzahl der Arzneimittelbefunde (> 0,1 µg/l) sowie deren Maximalgehalte in Küstengewässern (Untersuchungszeitraum 2011 bis 2013) Wirkstoff Befunde > 0,1 μg/l Maximum [μg/l] Gewässer Phenazon 1 0,504 Pommersche Bucht Ibuprofen 2 0,158 Wismarbucht 0,11 Unterwarnow Bisoprolol 1 0,128 Greifswalder Bodden Amidotrizoesäure 1 0,125 Saaler Bodden Im Grundwasser wurden in Mecklenburg-Vorpommern im Zeitraum 2011 bis 2013 insgesamt 411 Proben von 155 Grundwassermessstellen auf Arzneimittelgehalte untersucht. Bei 13 Grundwassermessstellen konnten Arzneimittel nachgewiesen werden. Befunde über 0,1 μg/l waren für zwei Kontrastmittel sowie für das krampflösende Mittel Carbamazepin und für das Schmerzmittel Phenazon festzustellen. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/3145 5 Tabelle: Anzahl der Arzneimittelbefunde, unterteilt in verschiedenen Konzentrations- stufen, sowie deren Maximalkonzentrationen in Grundwässern im Untersuchungszeitraum 2011 bis 2013 Wirkstoff Bestimmungsgrenze (BG) [μg/l] Anzahl der Befunde Maximum [μg/l] > BG [µg/l] > 0,1 μg/l Amidotrizoesäure 0,03 10 7 3,86 Iopamidol 0,03 2 1 0,719 Carbamazepin 0,01 8 2 0,866 Phenazon 0,01 4 2 0,116 Propyphenazon 0,01 2 - 0,085 Sulfamethoxazol 0,01 3 - 0,039 Eine fundierte Bewertung der Entwicklung der Arzneimittelgehalte in den Gewässern kann derzeit noch nicht vorgenommen werden. Dazu bedarf es Untersuchungszeitreihen von mehr als fünf Jahren sowie der Berücksichtigung wesentlicher Einflussfaktoren auf die Gehalte. 6. Wie haben sich die Kosten der Entsorgung für Medikamente nach Einrichtungen (Apotheken, Krankenhäuser, Alten- und Pflegeheime) in Mecklenburg-Vorpommern in den vergangenen fünf Jahren entwickelt ? Siehe Antwort zu Frage 1.