Der Minister für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 21. August 2014 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 6/3189 6. Wahlperiode 22.08.2014 KLEINE ANFRAGE des Abgeordneten Johannes Saalfeld, Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Über- und außerplanmäßige Ausgaben und ANTWORT der Landesregierung Auf Drucksache 6/3186 informiert die Landesregierung über Einwilligungen in über- und außerplanmäßige Verpflichtungsermächtigungen im 1. Halbjahr 2014. Aus der Drucksache geht hervor, dass nur im Geschäftsbereich des Ministeriums für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz aufgrund von Rückzahlungsforderungen der EU-Kommission über- und außerplanmäßige Ausgaben bewilligt werden mussten. Mit Schreiben der EU-Kommission vom 04.02.2014 werden von Deutschland Rückzahlungen von bereits getätigten Ausgaben aus dem FIAF von insgesamt 5.591.138,69 Euro verlangt, davon entfallen auf Mecklenburg-Vorpommern allein 5.411.412,77 Euro. Zur Deckung dieser Ausgaben wird insbesondere auf Titel 1103 575.01 (Zinsen für Landesanleihen , Schuldscheindarlehen und sonstige Kredite vom Kapitalmarkt sowie Ausgaben für Zinsderivate) zurückgegriffen. 1. Aus welchen Gründen verlangte die EU-Kommission die Rück- zahlung von bereits getätigten Ausgaben aus dem FIAF von Mecklenburg -Vorpommern (bitte alle von der EU-Kommission genannten Gründe und jeweiligen Begründungen vollständig angeben)? Nachfolgend sind die Mecklenburg-Vorpommern betreffenden Rückzahlungen an die EU-Kommission von bereits getätigten Ausgaben aus dem Operationellen Programm FIAF 2000 bis 2006 im Einzelnen dargestellt. Drucksache 6/3189 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 2 1. 41.041,90 Euro im Maßnahmebereich „Verkaufsförderung“ betreffend die Projekte MV 430301, MV 430402 und MV 430403 Grund: Abweichung vom geplanten FIAF-Kofinanzierungssatz Erklärung: Die zulässigen Fördersätze laut einschlägiger Verordnung wurden von Mecklenburg-Vorpommern eingehalten, allerdings schließt die EU-Kommission das Programm auf der Grundlage des letztgültigen Finanzplanes ab. Das war vorab nicht erkennbar. Danach ergibt sich für den Maßnahmebereich 43 ein Fördersatz von 23,66122 % für das Ziel-1-Gebiet. 2. 46.352,81 Euro im Maßnahmebereich „Ausfuhr in ein Drittland/Verwendung für andere Zwecke als den Fischfang“ betreffend das Projekt MV 120202 Grund: Die staatliche Beihilfe (Ausstiegsprämie) für die Umnutzung des Schiffes DEU000850602 überstieg die für solche Vorhaben geltende Obergrenze. Erklärung: Die Feststellung der EU-Kommission ist korrekt, es liegt ein Fehler der Verwaltungsbehörde (Landesamt für Landwirtschaft, Lebensmittelsicherheit und Fischerei - LALLF) vor. Die Prämie für die Stilllegung des Fischereifahrzeuges wurde falsch berechnet. 3. 5.262.976,20 Euro im Maßnahmebereich „Ausrüstung von Fischereihäfen“ betreffend die Projekte MV 330001 und MV 330502 (Heringsverarbeitungszentrum in Sassnitz-Mukran) Grund: Auf der Grundlage der von der EU-Kommission vorgenommenen Prüfung wurde festgestellt, dass diese Investition im Sinne von Artikel 29 Absatz 4 der Verordnung (EG) Nr. 1260/99 Einnahmen schaffend ist. Der FIAF-Kofinanzierungssatz muss daher unter Berücksichtigung der Brutto-Eigenfinanzierungsmarge der Investition festgelegt werden. Dementsprechend wurde von der Prüfeinheit der Kommission im Jahr 2011 der anwendbare Kofinanzierungssatz nur auf 65,1 % festgesetzt. Da die im Zusammenhang mit dieser Investition an Deutschland geleisteten Zahlungen auf der Grundlage des mit der Kommission bereits im Jahr 1998 besprochenen und geprüften Kofinanzierungssatzes von 75 % erfolgten, muss die Unterstützung aus dem FIAF um diese Differenz in Höhe von 5.262.976,20 Euro gekürzt werden. Aufgrund von Meinungsverschiedenheiten über die vorgeschlagene Kürzung fand am 10. September 2013 eine Anhörung der deutschen Behörden statt. Da im Rahmen der Anhörung keine Einigung erzielt wurde, hat die EU-Kommission gemäß Artikel 39 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 1260/1999 ein Verfahren zur finanziellen Berichtigung durchgeführt, um den nicht förderfähigen Betrag wieder einzuziehen. Dementsprechend verabschiedete die EU-Kommission am 17. Dezember 2013 einen Beschluss über die Kürzung der Unterstützung aus dem FIAF für Deutschland um 5.262.976,20 Euro. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/3189 3 Erklärung: Die Verwaltungsbehörde hat eine andere Rechtsauffassung und hat diese auch im Rahmen der genannten Anhörung erläutert. Das Vorhaben wurde im Vorfeld, beginnend ab Mitte der 1990er-Jahre, im Detail mit der EU-Kommission besprochen. Seit Beginn und während der Durchführung des Projekts wurde die EU-Kommission fortlaufend informiert. Sie hatte dem Verfahren zur damaligen Zeit zugestimmt und keine Probleme gesehen. Nach Ansicht der Verwaltungsbehörde hat die Stadt keine Einnahmen im Sinne eines direkten wirtschaftlichen Vorteils, weil die Mieteinnahmen direkt zur Finanzierung des Forfaitierungsvertrages an die Banken gehen. Dies wurde seinerzeit mit der Kommission besprochen und von ihr nicht beanstandet . Dass die jetzt neuen Vertreter der EU-Kommission den Sachverhalt nach mehreren Jahren anders beurteilen, ist bedauerlich und nicht nachvollziehbar . Ein schuldhaftes Handeln der Verwaltungsbehörde wird auch nach aktueller juristischer Prüfung nicht gesehen. Als nächsten rechtlichen Schritt hätte Mecklenburg-Vorpommern Klage beim Europäischen Gerichtshof gegen die Entscheidung der EU-Kommission einreichen müssen. Hiervon wurde Abstand genommen, da eine juristische Aufarbeitung vor dem Europäischen Gerichtshof gegebenenfalls mehrere Jahre in Anspruch genommen und die EU-Kommission bis dahin das gesamte Operationelle Programm FIAF 2000 - 2006 für die Bundesrepublik Deutschland nicht abgeschlossen hätte. Außerdem hätten gegebenenfalls von MecklenburgVorpommern zur Beweisführung herangezogene Aussagen ehemaliger Mitarbeiter der Generaldirektion für maritime Angelegenheiten und Fischerei (GD MARE) zugunsten des Landes Mecklenburg-Vorpommern keine rechtsverbindliche Bedeutung. Die GD Mare ist innerhalb der Europäischen Kommission für die Umsetzung der Gemeinsamen Fischereipolitik und der integrierten Meerespolitik zuständig. Außerdem hatte die EU-Kommission 1999/2000 im Vorfeld der Bewilligung das vom Landesrechnungshof empfohlene und vom Land erbetene Negativattest für das Vorhaben (die Kommission sollte schriftlich mitteilen, dass sie gegen die vorgesehene Form der Förderung keine Bedenken hat) mit der Begründung abgelehnt, dass dies nicht üblich sei. 4. 61.041,86 Euro als „Überzahlung“ durch die EU-Kommission beim letzten 16. Erstattungsantrag im Zusammenhang mit der Verrechnung des zu Beginn einmalig gewährten Vorschusses Erklärung: Der einmalig zu Beginn des Programms von der EU-Kommission gewährte Vorschuss ist mit dem letzten Erstattungsantrag zu verrechnen. Das hat die EU-Kommission versäumt, es ist kein Fehler der Verwaltungsbehörde. Der Betrag ist korrekt und wurde von der Verwaltungsbehörde bereits im Jahr 2009 festgestellt. Drucksache 6/3189 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 4 2. Können die Rückforderungen an die damaligen Fördermittel- empfänger weitergereicht werden? Die Rückforderungen können nicht an die Zuwendungsempfänger weitergereicht werden. 3. Teilt die Landesregierung die Auffassung der EU-Kommission? Zur Rückforderung in Höhe von 5.262.976,20 Euro im Maßnahmebereich „Ausrüstung von Fischereihäfen“ betreffend die Projekte MV 330001 und MV 330502 (Heringsverarbeitungszentrum in Sassnitz-Mukran) teilt die Landesregierung nicht die Auffassung der EU-Kommission (siehe 3. in der Antwort zu Frage 1). 4. Warum entfallen von insgesamt 5.591.138,69 Euro Rückforderungen allein auf Mecklenburg-Vorpommern 5.411.412,77 Euro? Von 91,5 Millionen Euro für das gesamte Konvergenzgebiet (alle neuen Bundesländer) hat Mecklenburg-Vorpommern 77,3 Millionen Euro erhalten. Damit konnten im Land Gesamtinvestitionen in Höhe von 170,2 Millionen Euro realisiert werden. Im Heringsverarbeitungszentrum in Sassnitz-Mukran wurden 100 Dauer- und 50 Saisonarbeitsplätze geschaffen. Die Existenzsicherheit der einheimischen Heringsfischer wurde entscheidend verbessert, auch weil der Ankaufspreis für Heringe durch das Heringsverarbeitungszentrum von Beginn an stabil war und sich in kurzer Zeit nahezu verdoppelt hat. Die anderen Bundesländer haben nur in geringem Umfang FIAF-Mittel umgesetzt. Hauptgrund für die hohe Rückforderungssumme ist jedoch die Rückforderung im Rahmen der Förderung für das Heringsverarbeitungszentrum in Sassnitz-Mukran. Es wird auf die Antworten zu den Fragen 1 und 3 verwiesen. 5. Welche Maßnahmen haben andere Küstenländer (Bundesländer) getroffen, wodurch sie von solchen Rückzahlungsforderungen nicht betroffen sind? Welche Maßnahmen andere Bundesländer getroffen haben, um Rückzahlungen dieser Größenordnung zu vermeiden, ist nicht bekannt und in diesem Zusammenhang auch nicht relevant. Es handelt sich nicht um ein spezifisches Problem der Küstenländer im Bereich der Förderung im Rahmen des FIAF. Es wird auf die Antworten zu den Fragen 1 und 3 verwiesen. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/3189 5 6. Welche Maßnahmen hat die Landesregierung ergriffen oder welche Maßnahmen wird sie ergreifen, damit solche Rückzahlungsforderungen nicht noch einmal auf das Land zukommen? Die Landesregierung hat im Bereich der Förderung ein umfassendes Kontroll- und Überwachungssystem installiert, das fortlaufend angepasst wird, um unzulässige Förderung und daraus resultierende Rückforderungen zu vermeiden. Dieses System hat sich in der Vergangenheit bewährt und wird entsprechend fortgeführt. 7. Wie hat sich im 1. Halbjahr 2014 der Titel 1103 575.01 entwickelt, sodass er zur Deckung herangezogen werden kann? Der Erfüllungsgrad des Titels 1103 575.01 per 30.06. zum Soll 2014 beträgt 52,6 % und liegt damit 2,6 % über dem zeitanteiligen Soll. Zum Jahresende ist die Unterschreitung des Ansatzes zu erwarten, da zum Stichtag bereits 56,6 % der bisher vertraglich vereinbarten Zinszahlungen fällig waren. 8. Mit welchen Ausgaben und mit welchen Ausgaberesten rechnet die Landesregierung beim Titel 1103 575.01 jeweils bis zum Ende des Jahres 2014 und 2015 nach derzeitigem Kenntnisstand? Für das Jahr 2014 wird - unter anderem bedingt durch das anhaltende günstige Zinsumfeld und der daraus resultierenden günstigeren Anschlussfinanzierung von höher verzinsten Krediten aus den Vorjahren - mit Minderausgaben in der Maßnahmegruppe 01 „Zinsausgaben “ gerechnet. Der Umfang der Minderausgaben wird nach gegenwärtiger Einschätzung rund 20 Millionen Euro betragen. In 2015 wird sich dieser Effekt voraussichtlich fortsetzen. Eine genaue Prognose über die Höhe der Zinsausgaben in 2015 ist derzeit noch nicht möglich.