Die Ministerin für Arbeit, Gleichstellung und Soziales hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 09. September 2014 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 6/3207 6. Wahlperiode 11.09.2014 KLEINE ANFRAGE des Abgeordneten Henning Foerster, Fraktion DIE LINKE Missbrauch vor Werkverträgen in Mecklenburg-Vorpommern und Strategien zu dessen Eindämmung und ANTWORT der Landesregierung Der missbräuchliche Einsatz von Werkverträgen ist immer wieder ein Thema. So gab es 2013 Berichte über die Arbeitsbedingungen in Schlachthöfen. Aktuell erregt das Thema durch den Fall von 100 griechischen Werkvertragsarbeitern Aufmerksamkeit, die ohne Lohn und ohne Verpflegung in Wohncontainern (Lubmin) oder einem maroden Wohnheim (Groß Stieten) untergebracht waren. Die Bundesregierung plant, den Missbrauch von Werkverträgen durch eine bessere Prüftätigkeit der Finanzkontrolle Schwarzarbeit zu verbessern. Darüber hinaus sollen die Informations- und Beratungsrechte der Betriebsräte sichergestellt und konkretisiert werden. Auch die zugunsten der per Werkvertrag beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer geltenden Arbeitsschutzbestimmungen sollen wirksam durchgesetzt werden. 1. Welche Kenntnis hat die Landesregierung abseits der durch die Medien veröffentlichten Fälle über den Umfang des Einsatzes von Werkverträgen in den Unternehmen unseres Bundeslandes? Die Landesregierung hat keine Daten vom Umfang des Einsatzes von Werkverträgen in den Unternehmen Mecklenburg-Vorpommerns. Werkverträge unterliegen keiner gesetzlichen Meldepflicht. Es ist darauf hinzuweisen, dass der Einsatz von Werkverträgen grundsätzlich ein legitimes unternehmerisches Gestaltungsmittel darstellt und nicht mit dem missbräuchlichen Einsatz von Werkvertragskonstruktionen zur Umgehung gesetzlicher Regelungen in der Arbeitnehmerüberlassung verwechselt werden darf. Drucksache 6/3207 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 2 2. In wie vielen Fällen wurde der Missbrauch von Werkverträgen in Mecklenburg-Vorpommern in den Jahren 2009 bis 2013 durch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Finanzkontrolle Schwarzarbeit oder durch andere Behörden aufgedeckt? a) Wie viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter standen für die Prüftätigkeit der Finanzkontrolle Schwarzarbeit von 2009 bis 2013 in bzw. für Mecklenburg-Vorpommern jährlich zur Verfügung (bitte nach Vollzeitstellen; besetzt, unbesetzt; befristet bzw. unbefristet darstellen)? b) Wie viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden ab 2014 ff. für die im Koalitionsvertrag zwischen CDU/CSU und SPD vorgesehene besser Prüftätigkeit der Finanzkontrolle Schwarzarbeit in bzw. für Mecklenburg-Vorpommern zur Verfügung stehen? c) Inwieweit bezieht sich das Vorhaben der besseren Prüftätigkeit auch auf konkrete organisatorische Veränderungen? In den Jahren von 2009 bis 2013 prüfte die Finanzkontrolle Schwarzarbeit in MecklenburgVorpommern Werkverträge nach eigener Aussage wie folgt: Mecklenburg-Vorpommern 2009 2010 2011 2012 2013 Prüfungen von Werkverträgen 9 13 9 6 4 Quelle: Bundesfinanzdirektion Nord. Ob die Prüfung der Werkverträge zu Beanstandungen geführt haben, ist anhand der Statistik nicht feststellbar. Darüber hinaus führte die Finanzkontrolle Schwarzarbeit in den Jahren 2009 bis 2013 in Mecklenburg-Vorpommern Arbeitgeberprüfungen im Rahmen der Prüfungsaufgaben nach § 2 SchwarzArbG durch, zu denen auch die Prüfung von Werkverträgen nach dem BGB zählen: Mecklenburg-Vorpommern 2009 2010 2011 2012 2013 Arbeitgeberprüfungen 2.173 2.017 2.265 2.091 2.275 Quelle: Bundesfinanzdirektion Nord. Zu a) Für die Prüftätigkeit der Finanzkontrolle Schwarzarbeit standen im Bereich MecklenburgVorpommern in den Jahren 2009 bis 2011 jährlich 136 Bedienstete, im Jahr 2012 134 Bedienstete sowie im Jahr 2013 132 Bedienstete des Hauptzollamtes Stralsund zur Verfügung. Zu b) und c) Der Landesregierung liegen hierzu keine Informationen der Bundesfinanzdirektion Nord vor. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/3207 3 3. In wie vielen Unternehmen in Mecklenburg-Vorpommern gibt es nach Kenntnis der Landesregierung aktuell Betriebsräte, die beim Einsatz von Werkverträgen Informations- und Beteiligungsrechte wahrnehmen können? a) Wie soll die Beteiligung der Betriebsräte in der Praxis konkret sichergestellt werden? b) Was verbirgt sich hinter dem Vorhaben der Konkretisierung der Rechte gemäß Betriebsverfassungsgesetz? c) Inwieweit wären aus Sicht der Landesregierung eine Ausweitung des Zustimmungsverweigerungsrechtes nach § 99 BetrVG oder die Aufnahme eines § 92 b BetrVG sinnvoll, der die Beteiligung des Betriebsrates zu Fragen der Personalplanung regelt? Nach Daten des IAB-Betriebspanels hatten sieben Prozent der Betriebe in MecklenburgVorpommern am 30. Juni 2013 einen nach dem Betriebsverfassungsgesetz beziehungsweise Personalvertretungsgesetz gewählten Betriebsrat oder Personalrat. Ein Betrieb ist dabei eine wirtschaftlich und regional abgegrenzte Einheit, in der sozialversicherungspflichtig Beschäftigte tätig sind. Ein Unternehmen kann aus mehreren Betrieben bestehen. Zu a), b) und c) Die zukünftige Ausgestaltung der Beteiligungsrechte des Betriebsrats ist noch in der Diskussion, sodass dazu seitens der Landesregierung noch keine konkreten Aussagen getroffen werden können. 4. Welche Kenntnis hat die Landesregierung über Art und Umfang von Verstößen gegen Arbeitsschutznormen im Zusammenhang mit dem Einsatz von Werkverträgen in Mecklenburg-Vorpommern? a) Wie viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stehen bei den Arbeits- schutzbehörden in Mecklenburg-Vorpommern zur Verfügung, damit der Anspruch aus dem Koalitionsvertrag zur Durchsetzung der Arbeitsschutznormen auch für Werkvertragsarbeitnehmerinnen und -arbeitnehmer in der Praxis Wirkung entfalten kann? b) Inwieweit verbindet sich mit dem im Koalitionsvertrag zwischen CDU/CSU und SPD auf Bundesebene formulierten Anspruch auch eine Aufstockung des dafür zuständigen Personals auf Bundesoder Länderebene? c) Falls keine Aufstockung des Personals vorgesehen ist, durch welche Maßnahmen soll dann ein echter Beitrag zur Durchsetzung der Arbeitsschutznormen für Werkvertragsarbeitnehmerinnen und -arbeitnehmer geleistet werden? Aus der Aufsichtstätigkeit liegen die folgenden Erkenntnisse vor: Drucksache 6/3207 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 4 Kenntnis von Tätigkeiten im Rahmen von Werkverträgen bekommt die Arbeitsschutzbehörde in der Regel nur anlassbezogen, wenn zum Beispiel Anträge auf Sonntagsarbeit gestellt werden oder wenn Anzeigen nach Baustellenverordnung im Einzelfall nicht durch den Bauherren, sondern durch die ausführende Werkvertragsfirma gestellt werden. Bei Betriebsbesichtigungen sind diese Tätigkeiten im Rahmen eines Werkvertrags nicht auffällig und daher schwer festzustellen. Der Landesregierung ist bekannt, dass Arbeitnehmerinnen /Arbeitnehmer zum Beispiel für Korrosionsschutzarbeiten auf Werften, Laminier- und Schleifarbeiten bei der Rotorblattfertigung für Windkraftanlagen, Fleischzerlegearbeiten in Schlachthöfen oder für Arbeiten auf Baustellen im Werkvertragsverhältnis angestellt sind. Eine Häufung von Arbeitsschutzverstößen bei Arbeiten mit Werkverträgen konnte nicht festgestellt werden. Die Unterkünfte dieser Arbeitnehmer werden nur kontrolliert, wenn sich diese im Bereich der Arbeitsstätten befinden, wie zum Beispiel bei Baustellenunterkünften. Zu a) Beschäftigte, Aufsichtsbeamtinnen/-beamte, Gewerbeärztinnen/-ärzte in Vollzeiteinheiten - Übersicht 2013/2014 (Stichtag: 01.01.2014): Beschäftigte insgesamt: 92,25 Ausgebildete Aufsichtskräfte: 78,75 davon Aufsichtskräfte mit Arbeitsschutzkernaufgaben: 53,475 Aufsichtskräfte in Ausbildung: 7 Gewerbeärztinnen und Gewerbeärzte: 2,8 (Zuarbeit für SUGA-Bericht 2014 (SUGA: Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit)) Zu b) Auf Landesebene ist derzeit keine Aufstockung des Personals geplant. Hinsichtlich der Bundesebene wird auf die Antworten zu den Fragen 2a) und b) verwiesen. Zu c) Das Aufsichtskonzept der Arbeitsschutzverwaltung ist bezüglich der aktiven Überwachung risikoorientiert. Als Methode für die Betriebsrevisionen ist die behördliche Systemkontrolle vorgegeben, um eine nachhaltige Verbesserung des Arbeitsschutzes in den überprüften Betrieben zu erreichen. Die Überwachungsstrategie ordnet sich in die Gemeinsame Deutsche Arbeitsschutzstrategie (GDA) ein. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/3207 5 5. Wie viele tarifvertragliche Regelungen in Mecklenburg-Vorpommern enthalten Regelungen zum Umgang mit dem Einsatz von Werkvertragsarbeitnehmerinnen und -arbeitnehmern (bitte die konkreten Tarifverträge auflisten)? Das Tarifregister Mecklenburg-Vorpommern hat aktuell etwa 4.800 Tarifverträge mit Geltungsbereich Mecklenburg-Vorpommern für bestimmte Branchen/Wirtschaftszweige (Flächen- oder Branchentarifverträge) registriert. Diese Zahl umfasst sowohl gekündigte, ausgelaufene und aktuell gültige Tarifverträge. Eine zahlenmäßige Differenzierung zwischen diesen ist nicht möglich. Haustarifverträge und Tarifverträge des öffentlichen Dienstes werden vom Tarifregister Mecklenburg-Vorpommern nicht erfasst. Eine Durchsicht aller vorliegenden Tarifverträge (die nur teilweise in digitalisierter Form vorliegen) mit dem Ziel, die genaue Anzahl tarifvertraglicher Regelungen zum Umgang mit dem Einsatz von Werkvertragsarbeitnehmerinnen und -arbeitnehmer zu ermitteln, würde aus Sicht der Landesregierung einen nicht zumutbaren Arbeitsaufwand im Rahmen der Beantwortung Kleinen Anfrage darstellen. 6. Welche Initiativen hat die Landesregierung seit 2011 im Kontext des zunehmend zu beobachtenden Missbrauches von Werkverträgen ergriffen oder über die Arbeits- und Sozialministerkonferenz und den Bundesrat unterstützt? Die Landesregierung war Mitantragsteller eines Antrags zur Regulierung von Werkverträgen auf der 88. Arbeits- und Sozialministerkonferenz. Zudem ist ein Gesetzesantrag Niedersachsens und weiterer Länder zur Bekämpfung des Missbrauchs von Werkverträgen am 20. September 2013 im Bundesrat mehrheitlich beschlossen und in den 18. Deutschen Bundestag überwiesen worden, der aus Sicht der Landesregierung eine gute Diskussionsgrundlage bildet. 7. Inwieweit plant die Landesregierung, ggf. im Verbund mit anderen Ländern, weitere Initiativen zur Eindämmung? Die Landesregierung bringt sich in weitere Beratungen mit anderen Bundesländern auf Arbeitsebene mit ein. Weitere Bundesratsinitiativen - ob alleine oder im Verbund mit anderen Ländern - sind angesichts der dem Deutschen Bundestag als Gesetzentwurf des Bundesrats vorliegenden Initiative Niedersachsens und weiterer Länder aus Sicht der Landesregierung derzeit nicht angezeigt. Drucksache 6/3207 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 6 8. Wann, wie oft und mit welchem Ergebnis wurde das Thema des miss- bräuchlichen Einsatzes von Werkverträgen im Bündnis für Arbeit bislang besprochen? Das Thema wurde am 30.04.2013 in der Arbeitsgruppe 2 des Bündnisses für Arbeit besprochen. Daneben gab es weitere Beratungen mit den Sozialpartnern im Ministerium für Arbeit, Gleichstellung und Soziales. Festgestellt wurde, dass vor dem Hintergrund der gegenwärtig stattfindenden intensiven Diskussion der Themen auf Bundesebene und der bundesgesetzlichen Zuständigkeit bei eventuellen Regelungsänderungen eine parallele Befassung des Bündnisses für Arbeit mit der Thematik derzeit nicht erfolgen soll. Stattdessen wurden weitere Gespräche zwischen dem Ministerium und den Sozialpartnern vereinbart, um bei Bedarf auf Entwicklungen schnell reagieren und eventuelle landesspezifische Gesichtspunkte in die Diskussion einbringen zu können. 9. Welche Anstrengungen hat die Landesregierung bislang unternommen , um die Datenbasis zum Einsatz von Werkverträgen in Mecklenburg-Vorpommern zu verbessern? Werkverträge unterliegen keiner gesetzlichen Meldepflicht. Eine gesetzliche Änderung, um die Erfassung aller Werkverträge möglich zu machen, würde aus Sicht der Landesregierung beträchtlichen bürokratischen Aufwand mit sich bringen, dem nur ein geringer praktischer Nutzen gegenüberstehen würde. Denn regelmäßig kann die Frage, ob und inwieweit es sich bei einem konkreten Werkvertrag um ein legitimes unternehmerisches Gestaltungselement oder eine missbräuchliche Vertragskonstruktion handelt, nur anhand der tatsächlichen Umstände vor Ort getroffen werden. 10. Wie beurteilt die Landesregierung auch angesichts des aktuellen Falles auch in Mecklenburg-Vorpommern die Notwendigkeit der Schaffung einer Beratungsstelle für entsandte und andere ausländische Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nach dem Vorbild der vom DGB und dem Land Berlin? Die Landesregierung verweist in diesem Zusammenhang auf die bundesweiten Beratungsstellen des DGB im Rahmen des Projekts „Faire Mobilität“, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aus anderen Ländern in verschiedenen Sprachen über die sie betreffende Regelungen auf dem Arbeitsmarkt informieren.