Der Minister für Inneres und Sport hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 30. Oktober 2014 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 6/3368 6. Wahlperiode 30.10.2014 KLEINE ANFRAGE des Abgeordneten Jürgen Suhr, Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Stand der Umsetzung der Empfehlungen des NSU-Untersuchungsausschusses und ANTWORT der Landesregierung Vorbemerkung Die Landesregierung hat bereits in der Beantwortung der Kleinen Anfrage des Abgeordneten Jürgen Suhr, Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, „Umsetzung der Empfehlungen des NSU-Untersuchungsausschusses“ (Drucksache 6/2657 vom 14.02.2014) grundsätzliche Ausführungen zum Prozess der Umsetzung der Empfehlungen des NSU-Untersuchungsausschusses , hier insbesondere zu den Beschlussfassungen der Innenministerkonferenz, aber auch zu bereits abgeschlossenen Reformschritten gemacht. Ergänzend wird auf den freigegebenen Beschluss der Innenministerkonferenz am 06./07.12.2012 zur Neuausrichtung des Verfassungsschutzes verwiesen. Die Innenministerkonferenz hat zuletzt auf ihrer Sitzung vom 11. bis 13.06.2014 festgestellt, „dass im Gesamtprozess der Neuausrichtung des Verfassungsschutzes seit dem Beschluss der IMK vom 06./07.12.2012 die entsprechenden Vorschläge bereits zu einem großen Teil umgesetzt werden konnten und weitere Empfehlungen sowohl der BLKR und des PUA als auch des AK IV in seinem Bericht vom Herbst 2012 konstruktiv aufgegriffen und voran gebracht worden sind.“ Als wesentlicher Bestandteil des Reformprozesses ist die Novellierung des Gesetzes über die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes und über das Bundesamt für Verfassungsschutz – Bundesverfassungsschutzgesetz – zu sehen, die zur Zeit vom Bund vorbereitet wird. Mit dieser Gesetzesnovelle werden wesentliche Impulse der Innenministerkonferenz aufgegriffen und föderativ besonders bedeutsame Eckpunkte gesetzt werden. Im Anschluss hieran wird auf Landesebene zu prüfen sein, inwieweit eine landesrechtliche Transformation vor dem Hintergrund einer bundesweiten Harmonisierung und Standardisierung der Tätigkeit der Sicherheitsbehörden zu erfolgen hat. Drucksache 6/3368 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 2 Der zur „Terrorgruppe Nationalsozialistischer Untergrund“ vom Deutschen Bundestag im Januar 2012 eingesetzte Untersuchungsausschuss legte am 22. August 2013 einen über 1.300 Seiten umfassenden Abschlussbericht vor. Dieser wird im Verfassungsschutzbericht 2013 für das Land Mecklenburg-Vorpommern wie folgt bewertet: „Bezogen auf das Land Mecklenburg-Vorpommern wurde der Mord an Mehmet Turgut sowie das Raubgeschehen untersucht. Eine speziell auf die Sicherheitsbehörden des Landes gerichtete Kritik findet sich in diesem Zusammenhang zwar nicht, aber die grundsätzlichen Vorwürfe des Untersuchungsausschusses beziehen sich selbstverständlich auch auf die Tätigkeit der Justiz, der Polizei und des Verfassungsschutzes im Land.“ Als Konsequenz aus dem Untersuchungsergebnis erarbeitete der Untersuchungsausschuss 47 Empfehlungen für Justiz, Polizei und Verfassungsschutz in Bund und Ländern. Die Innenministerkonferenz beschloss daraufhin eine Reihe von Reformschritten. Bestandteil möglicher Änderungen und Reformen ist u. a. die Zusammenarbeit zwischen Justiz, Polizei und Verfassungsschutz , die Zusammenarbeit mit sog. V-Leuten, die Öffnung des Verfassungsschutzes, die bessere Vernetzung zu zivilgesellschaftlichen Institutionen und Wissenschaft und die Stärkung der parlamentarischen Kontrolle. Nach meiner Kenntnis liegen derzeit weder seitens der Landesregierung noch seitens der Innenministerkonferenz konkrete Reformvorschläge vor. Gleichzeitig behauptet die Landesregierung lt. Verfassungsschutzbericht, dass sich die Reformvorhaben „gegenwärtig in der Umsetzung“ befänden. 1. Welche Reformvorhaben befinden sich bereits in der Umsetzung und auf welche Art und Weise erfolgt hier eine Abstimmung mit Bundesbehörden und anderen Landesbehörden? a) Liegen seitens der Bundesregierung oder der Innenministerkonfe- renz konkrete Empfehlungen zu etwaigen Reformvorhaben vor? b) Wenn ja, welche konkreten Empfehlungen werden seitens der Bundesregierung oder der Innenministerkonferenz gegeben? Zu 1, a) und b) Zur Beantwortung wird auf die Vorbemerkung verwiesen. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/3368 3 2. Wie will die Landesregierung für eine Verbesserung der Zusammen- arbeit zwischen Justiz, Polizei und Verfassungsschutz sorgen? a) Hält die Landesregierung hier Gesetzesänderungen für notwendig? b) Wenn ja, wann wird sie die entsprechenden Gesetzentwürfe in den Landtag einbringen und bei welchen Gesetzen sieht die Landesregierung Änderungsbedarf? Der Generalstaatsanwalt des Landes Mecklenburg-Vorpommern hat am 23.01.2014 einen behördenübergreifenden Erfahrungsaustausch, an dem Vertreter der Landes- und Bundespolizei , des Verfassungsschutzes des Landes Mecklenburg-Vorpommern sowie die Behördenleitungen und mit der Bearbeitung der Verfahren wegen politisch motivierter Kriminalität betraute Staatsanwältinnen und Staatsanwälte teilnahmen, durchgeführt. Die Dienstbesprechung führte zur Einrichtung einer gemeinsamen Arbeitsgruppe, die den Bericht des 2. Untersuchungsausschusses nach Artikel 44 des Grundgesetzes zum NSU und den Abschlussbericht der Bund-Länder-Kommission Rechtsextremismus auswertet, wobei insbesondere die Schnittstellen zwischen Staatsanwaltschaft und Polizeibehörden sowie Verfassungsschutzbehörden in den Blick genommen werden. Zu a) und b) Ob und inwieweit Gesetzesänderungen auf Landesebene zu einer Verbesserung der Zusammenarbeit führen können, wird noch geprüft. 3. Sieht die Landesregierung die Notwendigkeit zur Änderung ihrer Praxis in Bezug auf die Zusammenarbeit mit sog. Vertrauenspersonen, bzw. welche Änderungen werden nach Kenntnis der Landesregierung seitens des Bundes vorgeschlagen, bzw. als erforderlich angesehen? a) Wenn ja, welche Standards und Kriterien bedürfen nach Auffas- sung der Landesregierung einer Änderung? b) Hält die Landesregierung hier eine Gesetzesänderung für notwen- dig? c) Wann ist damit zu rechnen, dass ein entsprechender Gesetzentwurf in den Landtag eingebracht wird und welchen Inhalt wird dieser Gesetzentwurf in etwa haben? Zu 3, a), b) und c) Die Bund-Länder-Kommission Rechtsterrorismus hat in ihrem Abschlussbericht vom 30. April 2013 empfohlen, „die Befugnis der Sicherheitsbehörden zum Einsatz von Vertrauensleuten … beizubehalten“ (dort Gliederungsziffer 6.4.1). Inwieweit Standards und Kriterien gesetzlich zu regeln sind, ist auf der Grundlage und im Rahmen der in der Vorbemerkung skizzierten Gesetzgebungsverfahren zu entscheiden. Drucksache 6/3368 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 4 4. Wie beurteilt die Landesregierung die u. a. in Thüringen angestellten Überlegungen, die Zusammenarbeit mit V-Leuten des Verfassungsschutzes zumindest teilweise zu beenden und keine weiteren V-Leute anzuwerben? Hält die Landesregierung - so wie in Thüringen derzeit erwogen - den Verzicht auf die Zusammenarbeit mit V-Leuten für eine Übergangszeit von 2 Jahren für sinnvoll und machbar? Die Landesregierung schließt sich der Auffassung der Bund-Länder-Kommission Rechtsterrorismus an (siehe Beantwortung zu den Fragen 3, a), b) und c). 5. Durch welche Maßnahmen wird die Landesregierung die Qualifizierung des Personals der Verfassungsschutzbehörde ausbauen? Das Personal der Verfassungsschutzbehörde beteiligt sich aktiv an den Fortbildungsmaßnahmen im Verfassungsschutzverbund. 6. Wie will die Landesregierung eine stärkere Öffnung des Verfassungsschutzes nach außen erreichen? a) Hält die Landesregierung hier eine Gesetzesänderung für notwen- dig? b) Wenn ja, wann wird sie einen entsprechenden Gesetzentwurf in den Landtag einbringen und welchen Inhalt wird dieser Gesetzentwurf in etwa haben? Zu 6, a) und b) Auf die Antwort zu Frage 4 der Kleinen Anfrage auf Drucksache 6/2657 wird verwiesen. Die Landesregierung sieht keinen Bedarf für eine weitere Öffnung der Landesbehörde für Verfassungsschutz. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/3368 5 7. Wie wird die Landesregierung auf eine Verstärkung des Informations- austauschs zwischen Verfassungsschutz, zivilgesellschaftlichen Strukturen und der Wissenschaft hinwirken? a) Hält die Landesregierung hier eine Gesetzesänderung für notwen- dig? b) Wenn ja, wann wird sie einen entsprechenden Gesetzentwurf in den Landtag einbringen und welchen Inhalt wird dieser Gesetzentwurf in etwa haben? Zu 7, a) und b) Der Verfassungsschutz steht bereits jetzt über den Landesrat für Kriminalitätsvorbeugung und das landesweite Beratungsnetzwerk Demokratie und Toleranz in einem kontinuierlichen Informationsaustausch mit zivilgesellschaftlichen Institutionen und über diese auch mit wissenschaftlichen Einrichtungen. Es wird daher kein gesetzgeberischer Handlungsbedarf gesehen. Vielmehr kommt es hier nach Ansicht der Landesregierung auf einen vorurteilsfreien Dialog der beteiligten Akteure an. 8. Wie will die Landesregierung für eine stärkere parlamentarische Kontrolle der Verfassungsschutzbehörde sorgen? a) Hält die Landesregierung hier eine Gesetzesänderung für notwen- dig? b) Wenn ja, wann wird sie einen entsprechenden Gesetzentwurf in den Landtag einbringen und welchen Inhalt wird dieser Gesetzentwurf in etwa haben? Zu 8, a) und b) Inwieweit eine stärkere parlamentarische Kontrolle gesetzlich zu regeln ist, ist auf der Grundlage und im Rahmen der in der Vorbemerkung skizzierten Gesetzgebungsverfahren zu entscheiden. 9. Ist damit zu rechnen, dass gesetzgeberische Regelungen auf Bundesebene erfolgen und die Landesgesetzgebung entsprechend angepasst werden muss? Wenn ja, wie wird sich aus heutiger Sicht dazu das Verfahren gestalten ? Auf die Ausführungen in der Vorbemerkung wird hingewiesen. Drucksache 6/3368 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 6 10. Wie sieht aus heutiger Sicht der Zeitplan für die oben beschriebenen Änderungen und Gesetzgebungsverfahren aus? Auf die Ausführungen in der Vorbemerkung wird hingewiesen.