Der Minister für Bildung, Wissenschaft und Kultur hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 8. Januar 2015 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 6/3521 6. Wahlperiode 09.01.2015 KLEINE ANFRAGE der Abgeordneten Simone Oldenburg, Fraktion DIE LINKE Programme und Maßnahmen gegen Schulverweigerung in MecklenburgVorpommern und ANTWORT der Landesregierung Vorbemerkung Die Landesregierung sieht die vorrangige Aufgabe der Schulen in der pädagogischen Arbeit und ist deshalb bestrebt, den Aufwand bezüglich Verwaltung und Statistik auf das Maß zu beschränken, welches für die Steuerung und Aufsicht der Schulverwaltungsprozesse unabdingbar ist. Weiterführende Angaben wären nur mit einem erheblichen Mehraufwand für die Schulen leistbar. 1. Welche Anzahl von Programmen und Maßnahmen (außer Schulwerk- stätten), die sich der Verringerung der Anzahl von Kindern und Jugendlichen mit schulaversivem Verhalten widmen, existieren der- zeit in Mecklenburg-Vorpommern (bitte getrennt nach Art der Pro- gramme und der jeweiligen Bezeichnung des Programms angeben)? Neben Schulwerkstätten widmen sich in Mecklenburg-Vorpommern auch Produktionsschulen jungen Menschen mit schulaversivem Verhalten. Ab dem 15. Lebensjahr haben schulpflich- tige junge Menschen dort die Möglichkeit, ihren Schulabschluss nachzuholen. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 7 verwiesen. Drucksache 6/3521 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 2 2. An welchen Standorten in Mecklenburg-Vorpommern wurde im Schuljahr 2013/2014 für jeweils welche Anzahl von Teilnehmerinnen und Teilnehmern die Maßnahme „Schulverweigerung - Die 2. Chance“ durchgeführt (bitte getrennt nach Schulamtsbereichen angeben )? Das Programm „Schulverweigerung - Die 2. Chance“ richtete sich an Schülerinnen und Schüler, deren Schulabschluss durch aktive oder passive Schulverweigerung gefährdet war. Durch das Programm sollten die betroffenen Schülerinnen und Schüler wieder in eine Regelschule integriert werden. Bundesweit arbeiteten 191 Koordinierungsstellen in enger Zusammenarbeit mit Schulen. Das Programm war Teil der Initiative der Bundesregierung „JUGEND STÄRKEN“ und wurde aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds gefördert. Das Programm ist Ende Juni 2014 ausgelaufen. Der Landesregierung liegt eine Übersicht Programm „Schulverweigerung - Die 2. Chance“ über die geförderten Vorhaben der Förderphase 2008 bis 2014 des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vor. Auf den Seiten 5 und 6 dieser Übersicht sind die in Mecklenburg-Vorpommern geförderten Koordinierungsstellen verzeichnet. Die Übersicht ist im Internet unter der Adresse http://www.jugendstaerken.de/fileadmin/inhalt_dokumente/ GefoerderteVorhaben_2. Chance_2013-12-04.pdf abrufbar. Darüber hinausgehende Informationen, wie zum Beispiel konkrete Teilnehmerzahlen am Programm „Schulverweigerung - Die 2. Chance“ liegen der Landesregierung nicht vor. Vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend wurden externe Beraterfirmen mit der Evaluation des Programms beauftragt. Der Evaluationsbericht ist im Internet unter der Adresse http://www.bmfsfj.de/BMFSFJ/Service/publikationen, did=200350.html abrufbar. Die Landesregierung war bezüglich des Programms „Schulverweigerung - Die 2. Chance“ des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend nicht in die Erhebung von Daten involviert. Auf die Vorbemerkung der Antwort zur Kleinen Anfrage auf Drucksache 6/1545 und die Zuständigkeit der Bundesregierung wird verwiesen. 3. An welchen Standorten in Mecklenburg-Vorpommern wird im Schul- jahr 2014/2015 für jeweils welche Anzahl von Teilnehmerinnen und Teilnehmern die Maßnahme „Schulverweigerung - Die 2. Chance“ durchgeführt (bitte getrennt nach Schulamtsbereichen angeben)? Das Programm der Initiative JUGEND STÄRKEN „Schulverweigerung - Die 2. Chance“ des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend wurde 2014 einmalig um sechs Monate bis Ende Juni 2014 verlängert und dann beendet. Es wird auf die Antwort zu Frage 2 verwiesen. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/3521 3 4. Wie vielen der unter Frage 2 genannten Teilnehmerinnen und Teil- nehmern gelang mit Hilfe dieser Maßnahme eine Integration in den regulären Schulbetrieb (bitte getrennt nach Schulamtsbereichen ange- ben)? Es wird auf die Antwort zu Frage 2 verwiesen. 5. Liegen der Landesregierung Zahlen über Schülerinnen und Schüler vor, die zwar nicht an der Maßnahme „Schulverweigerung - Die 2. Chance“ teilgenommen haben, bei denen aber schulaversives Verhalten vorliegt? Der Landesregierung liegen Zahlen über Schülerinnen und Schüler mit unentschuldigten Fehltagen vor. Jedoch lässt sich keine Differenzierung zwischen Schülerinnen und Schülern, die an der Maßnahme „Schulverweigerung - Die 2. Chance“ teilgenommen haben beziehungsweise dieses nicht taten, vornehmen. 6. Wenn der Landesregierung die unter Frage 5 erfragten Daten vor- liegen, wie viele Schülerinnen und Schüler mit schulaversivem Ver- halten gab es in den Schuljahren 2012/2013 und 2013/2014 in Mecklenburg-Vorpommern (bitte getrennt nach Schuljahren und Schulamtsbereichen angeben)? Der Begriff „Schulaversion“ bezeichnet nach Hermann Rademacker (Sozialwissenschaftler) „alle Formen des Sich-Nicht-Einlassens auf Schule und ihre Erwartungen oder auch der Ablehnung oder Abkehr von Schule, schulischem Lernen und schulischen Anforderungen. Ausdrucksformen der Schulaversion können Störungen des Unterrichts ebenso wie Nicht- Beteiligung an schulischen und unterrichtlichen Aktivitäten, Zu-spät-kommen, Schulpflicht- verletzungen und gehäufte Schulversäumnisse sein. ,Schulversäumnis‘ oder auch ,Schulabsenz‘ meint die physische Abwesenheit eines Schülers oder einer Schülerin von der Schule unabhängig davon, ob diese Abwesenheit gerechtfertigt ist.“ Eine landesweite Erfassung aller Formen des Sich-Nicht-Einlassens auf Schule ist im Rahmen der Fristsetzung zur Beantwortung von Kleinen Anfragen nicht möglich. Seitens der Landesregierung erfolgt alljährlich für das vorhergehende Schuljahr eine statistische Erfassung zu den unentschuldigten Fehltagen der Schülerinnen und Schüler. Gegenwärtig erfolgt die Erfassung für das Schuljahr 2013/2014 mit einem modifizierten Abfrageraster, die die unterschiedlichen Schularten und Jahrgangsstufen berücksichtigt. Die Daten stehen im ersten Quartal 2015 zur Verfügung. Drucksache 6/3521 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 4 Für das Schuljahr 2012/2013 wurden folgende Zahlen ermittelt: Staatliches Schulamt Zahl der Schülerinnen und Schüler mit unentschuldigten Fehltagen Rostock 996 Schwerin 855 Greifswald 478 Neubrandenburg 145 7. Welche Maßnahmen plant die Landesregierung in den Schul- jahren 2014/2015 und 2015/2016, um Schülerinnen und Schüler mit schulaversivem Verhalten in den Regelschulbetrieb zu integrieren? Die Landesregierung setzt auch weiterhin auf bewährte Bildungsangebote: 1. Schulwerkstätten: Dieses kooperative Bildungs- und Erziehungsangebot gemäß § 59a Schulgesetz soll das Schulmeidungsverhalten reduzieren sowie Lernerfolge wieder ermöglichen, indem hier ein Lernumfeld geschaffen wird, welches frei von Konkurrenzdruck gegenüber anderen Kindern und Jugendlichen ist, in welchem jeder individuelle Fortschritt reell gewürdigt und anerkannt wird - um die Persönlichkeiten der Schülerinnen und Schüler zu stabilisieren und eine tragfähige Identität zu entwickeln - und in der die Schülerinnen und Schüler befähigt werden, Lebensprobleme zu bewältigen. 2. Produktives Lernen/Praxislernen: Das Produktive Lernen ist ein Bildungsangebot gemäß § 69 Nummer 12 Schulgesetz. Hier werden insbesondere Schülerinnen und Schüler angesprochen, die durch das übliche Unterrichtsangebot nicht ihren Entwicklungsmöglichkeiten entsprechend gefördert und gefordert werden können/konnten, die schulmeidendes Verhalten zeigen und eine negative Schulprognose aufweisen, sodass ihr Schulabschluss gefährdet ist. Im Zuge dessen sind seit dem Schuljahr 2014/2015 zwei Beraterinnen für Produktives Lernen/Praxislernen, die dem Beratersystem des Instituts für Qualitätsentwicklung Mecklenburg-Vorpommern angehören, landesweit an den Schulen im Einsatz.