Die Ministerin für Arbeit, Gleichstellung und Soziales hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 16. Januar 2015 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 6/3599 6. Wahlperiode 19.01.2015 KLEINE ANFRAGE des Abgeordneten Henning Foerster, Fraktion DIE LINKE Durchsetzung von Mindestlöhnen in Mecklenburg-Vorpommern und ANTWORT der Landesregierung Durch die Einführung des gesetzlichen Mindestlohnes zum 01.01.2015 werden die bislang schon geltenden Regelungen (Branchenmindestlöhne, vergabespezifische Mindestlöhne) ergänzt. Damit diese Regelungen die gewünschte Wirkung entfalten können, müssen sie jedoch auch eingehalten, ihre Einhaltung kontrolliert und durchgesetzt sowie Verstöße geahndet werden. 1. Wie viele Beschäftigte fielen im Jahr 2014 in Mecklenburg- Vorpommern unter den Geltungsbereich von Branchentarifverträgen (bitte nach Branchen differenziert darstellen)? Entsprechende Daten liegen der Landesregierung nicht vor. 2. Wie viele Beschäftigte profitierten seit Einführung des vergabe- spezifischen Mindestlohnes in Mecklenburg-Vorpommern von der im Landesvergabegesetz festgeschriebenen Lohnuntergrenze? Zur Anzahl der Beschäftigten, die seit Einführung des vergabespezifischen Mindestlohnes profitieren, liegen keine Daten vor. Für eine Schätzung der Beschäftigten, die vom Mindest- lohn bei öffentlichen Aufträgen profitieren könnten, gibt es keine Grundlage. Drucksache 6/3599 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 2 3. Wie viele Beschäftigte fallen ab dem 01.01.2015 in Mecklenburg- Vorpommern unter den Geltungsbereich des gesetzlichen Mindestlohnes? Der allgemeine Mindestlohn gilt für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie für bestimmte Praktikantinnen und Praktikanten. Kein Arbeitnehmer im Sinne des Mindestlohngesetzes ist: - wer Auszubildender nach dem Berufsbildungsgesetz ist, einschließlich berufsausbildungs- vorbereitender Maßnahmen. - wer ehrenamtlich tätig ist. - wer einen freiwilligen Dienst ableistet. - wer Teilnehmer an Maßnahmen der Arbeitsförderung ist. - wer Heimarbeiter nach dem Heimarbeitsgesetz ist. - wer selbstständig ist. 4. Wie viele Kontrollen zur Überprüfung und Einhaltung von Mindest- lohnregelungen wurden in den Jahren 2012 bis 2014 in Mecklenburg- Vorpommern durchgeführt (bitte insgesamt sowie nach Branchen und Jahr differenziert darstellen)? a) Wie viele Verstöße gegen Mindestlohnregelungen wurden in den Jahren 2012 bis 2014 in Mecklenburg-Vorpommern jährlich aufgedeckt (bitte Anzahl der Verstöße insgesamt sowie nach Branche und Größe der Unternehmen darstellen)? b) In wie vielen Fällen zogen diese Verstöße in den Jahren 2012 bis 2014 welche Art Konsequenzen nach sich (bitte insgesamt sowie nach Branche und Größe der Unternehmen darstellen)? Im Zeitraum 2012 bis Mitte 2014 wurde in 32 Fällen die Einhaltung der vergabespezifischen Mindestlohnregelung kontrolliert. Detaillierte Angaben liegen dazu nicht vor. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/3599 3 Die Statistik der Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) sieht nach deren Angaben Auswer- tungen nicht für alle Branchen vor. Für die Branchen, die dem Arbeitnehmerentsendegesetz (AentG) beziehungsweise Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) (ab dem Jahr 2013 aus- wertbar) unterfallen, hat die FKS in Mecklenburg-Vorpommern in den Jahren 2012 und 2013 Arbeitgeber wie folgt geprüft: Branche Jahr 2012 2013 Abfallwirtschaft einschließlich Straßenreinigung und Winterdienst (keine Mindestlohnverordnung vom 01.04. - 31.05.2012 und vom 01.01. - 31.01.2013) 6 39 Arbeitnehmerüberlassung - 127 Aus- und Weiterbildungsdienstleistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) oder dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) (keine Mindestlohnverordnung vom 01.01. - 31.07.2012) 8 42 Bauhaupt- und Baunebengewerbe 988 1.004 Gebäudereinigung 39 85 Pflegebranche 7 32 Sicherheitsdienstleistungen 36 21 Wäschereidienstleistungen im Objektkundengeschäft (keine Mindestlohnverordnung vom 01.04. - 31.12.2013) 21 10 Gesamtsumme 1.105 1.360 Ergebnisse zum Jahr 2014 liegen noch nicht vor und können nach Auskunft der Bundes- finanzdirektion Nord erst nach der Zolljahrespressekonferenz Ende März 2015 bekannt- gegeben werden. Zu a) Bei den Kontrollen zur Einhaltung der vergabespezifischen Mindestlohnregelung wurde ein Verstoß gegen die in § 9 des Vergabegesetzes Mecklenburg-Vorpommern festgelegte Mindestlohnregelung festgestellt. Zuwiderhandlungen gegen die Verpflichtung zur Einhaltung der Mindestlohnregelungen nach dem AEntG und der Lohnuntergrenze nach dem AÜG können von der FKS als Ordnungs- widrigkeiten geahndet werden. Ein Mindestlohnverstoß geht jedoch regelmäßig mit einem Vergehen nach § 266a Strafgesetzbuch (StGB) einher, da in diesen Fällen die auf den Differenzbetrag zwischen dem tatsächlich gezahlten Lohn und dem zu beanspruchenden Mindestlohn gesetzlich entfallenden Sozialversicherungsbeiträge vom Arbeitgeber nicht abgeführt werden. Die mit einer Beitragshinterziehung nach § 266a StGB in Zusammenhang stehenden Mindestlohnverstöße werden statistisch nicht gesondert erfasst. Da Fälle von Beitragshinterziehung nach § 266a StGB auch aufgegriffen werden, ohne dass gleichzeitig ein Mindestlohnverstoß vorliegt, kann die exakte Zahl der Verstöße gegen die Einhaltung der Mindestlohnregelungen nach dem AEntG und der Lohnuntergrenze nach dem AÜG, die bei Kontrollen des für das Land Mecklenburg-Vorpommern zuständigen Hauptzollamtes Stralsund festgestellt wurden, nicht genannt werden. Drucksache 6/3599 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 4 Die in Mecklenburg-Vorpommern wegen Nichtgewährung des Mindestlohnes beziehungs- weise der Lohnuntergrenze in 2012 und 2013 erledigten Ordnungswidrigkeitenverfahren können der folgenden Aufstellung entnommen werden. Branche Jahr 2012 2013 Abfallwirtschaft einschließlich Straßenreinigung und Winterdienst (keine Mindestlohnverordnung vom 01.04.- 31.05.2012 und vom 01.01. - 31.01.2013) 2 2 Arbeitnehmerüberlassung - 7 Aus- und Weiterbildungsdienstleistungen nach dem SGB II oder SGB III (keine Mindestlohnverordnung vom 01.01. - 31.07.2012) 0 0 Bauhaupt- und Baunebengewerbe 121 111 Gebäudereinigung 17 14 Pflegebranche 6 3 Sicherheitsdienstleistungen 1 0 Wäschereidienstleistungen im Objektkundengeschäft (keine Mindestlohnverordnung vom 01.04. - 31.12.2013) 2 0 Gesamtsumme 149 137 Ergebnisse zum Jahr 2014 können nach Auskunft der Bundesfinanzdirektion Nord erst nach der Zolljahrespressekonferenz Ende März 2015 bekanntgegeben werden. Zu b) Der in Antwort 4 a) genannte Verstoß gegen die vergabespezifische Mindestlohnregelung führte zu einer Kündigung des öffentlichen Auftrages. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/3599 5 Nach Angaben der Bundesfinanzdirektion wurden in Mecklenburg-Vorpommern in Ord- nungswidrigkeitenverfahren wegen Nichtgewährung des Mindestlohnes folgende Geldbußen (in Euro) festgesetzt: Branche Jahr 2012 2013 Abfallwirtschaft einschließlich Straßenreinigung und Winterdienst (keine Mindestlohnverordnung vom 01.04. - 31.05.2012 und vom 01.01. - 31.01.2013) 7.655 0 Arbeitnehmerüberlassung - 405 Aus- und Weiterbildungsdienstleistungen nach dem SGB II oder SGB III (keine Mindestlohnverordnung vom 01.01. - 31.07.2012) 0 0 Bauhaupt- und Baunebengewerbe 646.325 592.225 Gebäudereinigung 52.719 18.417 Pflegebranche 280 35 Sicherheitsdienstleistungen 0 0 Wäschereidienstleistungen im Objektkundengeschäft (keine Mindestlohnverordnung vom 01.04. - 31.12.2013) 68.360 0 Gesamtsumme 775.339 611.082 Statistische Daten zu den Konsequenzen in Bezug auf die mit einer Beitragshinterziehung nach § 266a StGB in Zusammenhang stehenden Mindestlohnverstöße liegen aus den in der Antwort zu Frage 4 a) beschriebenen Gründen nicht vor. Ergebnisse zum Jahr 2014 können nach Auskunft der Bundesfinanzdirektion Nord erst nach der Zolljahrespressekonferenz Ende März 2015 bekanntgegeben werden. 5. Wie viel Personal stand den zuständigen Behörden in Mecklenburg- Vorpommern in den Jahren 2012 bis 2014 jährlich für die Kontrolle und Durchsetzung von Mindestlohnregelungen zur Verfügung (bitte in Vollzeitäquivalenten sowie nach Anzahl der Personalstellen dar- stellen)? Für die Kontrolle und Durchsetzung der vergaberechtlichen Mindestlohnregelung sind die vergebenden Stellen zuständig. Hierfür wurden keine personellen Veränderungen vorgenom- men. Drucksache 6/3599 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 6 Nach Auskunft der Bundesfinanzdirektion Nord stand dem Hauptzollamt Stralsund im Zeitraum 2012 bis 2014 nachfolgend aufgeführtes Personal für die Kontrolle und Durchsetzung von Mindestlohnregelungen zur Verfügung: Jahr Personalbestand 2012 219 Arbeitskräfte 2013 214 Arbeitskräfte 2014 204 Arbeitskräfte 6. Wie viel Personal wird den zuständigen Behörden in Mecklenburg- Vorpommern in den Jahren 2015 bis 2018 jährlich für die Kontrolle und Durchsetzung von Mindestlohnregelungen zur Verfügung stehen (bitte in Vollzeitäquivalenten sowie nach Anzahl der Personalstellen darstellen)? Nach derzeitigem Kenntnisstand sind für die Kontrolle und Durchsetzung der vergabe- rechtlichen Mindestlohnregelung keine personellen Veränderungen geplant. Für die Kontrolle der Einhaltung des gesetzlichen Mindestlohns sollen nach jüngsten Presse- berichten bis 2019 bundesweit rund 1.600 zusätzliche Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen beim Zoll eingestellt werden. 7. Wie bewertet die Landesregierung den Personalbesatz der für die Kontrolle von Mindestlohnregelungen in Mecklenburg-Vorpommern zuständigen Behörden hinsichtlich der bisherigen und künftigen Aufgabenstellungen? Gemäß Beschluss des Landtages Mecklenburg-Vorpommern vom 21.06.2012 (Landtags- drucksache 6/840) ist die Landesregierung beauftragt, das Vergabegesetz bis zum 31. März 2015 zu evaluieren. Die Mindestlohnregelung im Vergabegesetz ist Gegenstand der Evaluierung. Die Ergebnisse der Evaluierung und deren Bewertung werden dem Landtag zugeleitet. In Bezug auf die Personalausstattung des Zolls ist auf die Zuständigkeit der Bundesregierung und die von ihr geplante Aufstockung des Personals zu verweisen. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/3599 7 8. Wie kann aus Sicht der Landesregierung aktuellen Kompensations- oder Umgehungstendenzen im Zusammenhang mit der Einführung des gesetzlichen Mindestlohnes, wie zum Beispiel der Streichung von Zulagen bei Friseuren, der Nutzung von Auslieferungsfahrzeugen gegen Entgelt beim Pizzaservice, der Erhöhung der Quadratmeterzahl pro Stunde bei Gebäudereinigern oder Überstunden in Sonnenstudios nicht zu Mindestlohnkonditionen zu vergüten, wirksam begegnet werden? Die Landesregierung hat gegenwärtig keine Kenntnis von tatsächlichen Kompensations- und Umgehungstendenzen im Zusammenhang mit der Einführung des gesetzlichen Mindestlohns. Inwieweit Zulagen und nichtmonetäre Vergütungsbestandteile auf den gesetzlichen Mindestlohn anzurechnen sind, kann der Internetseite des Zolls unter dem Link http://www.zoll.de/DE/Fachthemen/Arbeit/Mindestarbeitsbedingungen/Mindestlohn- Mindestlohngesetz/mindestlohn-mindestlohngesetz_node.html#doc529866bodyText2 entnommen werden. Akkord- oder Stücklöhne müssen so kalkuliert werden, dass eine Unterschreitung des Mindestlohns ausgeschlossen ist. Die im Gesetz geregelten Aufzeichnungspflichten der geleisteten Arbeitszeit gelten auch für Überstunden. Jede geleistete Arbeitsstunde ist mit mindesten 8,50 Euro zu vergüten. 9. Welche konkreten Maßnahmen plant die Landesregierung über behördliche Kontrollen hinaus, um die Einführung und Einhaltung des gesetzlichen Mindestlohnes zu unterstützen und Beschäftigte vor Willkür und der Umgehung des Mindestlohnes durch Arbeitgeber zu schützen? Neben den Kontrollen der zuständigen Zollbehörden und vor dem Hintergrund der Mindestlohnhotline und des Internetangebots des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (Link:http://www.der-mindestlohn-gilt.de/ml/DE/Startseite/start.html;jsessionid= 0DA21E0D6B404F9DC1FFB9BD009B41F0) und einer entsprechenden Initiative des Deutschen Gewerkschaftsbunds (Link: http://www.mindestlohn.de) sieht die Landesregierung gegenwärtig keinen Bedarf an zusätzlichen Maßnahmen in diesem Bereich.