Der Minister für Inneres und Sport hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 6. Februar 2015 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 6/3608 6. Wahlperiode 09.02.2015 KLEINE ANFRAGE der Abgeordneten Jutta Gerkan, Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Fairer Einkauf im Bereich des öffentlichen Beschaffungswesens und ANTWORT der Landesregierung Das öffentliche Beschaffungswesen nimmt wesentlichen Einfluss auf die Verwirklichung fairer Handelsbeziehungen. Die Beachtung der Grundsätze eines sozial verträglichen Beschaffungswesens entlang der globalen Wertschöpfungsketten reicht dabei von den Produktionsbedingungen bis zu den Vertriebswegen. In § 11 des Vergabegesetzes des Landes Mecklenburg-Vorpommern ist die Beachtung der ILO-Kernarbeitsnormen bei der öffentlichen Auftragsvergabe festgeschrieben. 1. Stimmt die Landesregierung der Aussage zu, dass sie als Großabneh- merin eine Vorbildfunktion für die faire und sozial verantwortliche Beschaffung in unserem Bundesland einnimmt? Ja. 2. Nach welchen Grundsätzen erfolgt derzeit die Beschaffung durch die Ministerien, Behörden und sonstige öffentliche Einrichtungen des Landes Mecklenburg-Vorpommern? Die Beschaffung hält sich konsequent an das geltende Vergaberecht, insbesondere an das Vergabegesetz Mecklenburg-Vorpommern (VgG M-V) einschließlich der hierzu erlassenen Verwaltungsvorschriften. Drucksache 6/3608 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 2 Des Weiteren werden die Empfehlungen des Beschaffungsleitfadens des Beschaffungsamtes des Bundesministeriums des Innern sowie des Bundesverbands Informationswirtschaft, Telekommunikation und Medien berücksichtigt. 3. Wie will die Landesregierung zukünftig soziale und ökologische Kriterien im Bereich des öffentlichen Beschaffungswesens stärker berücksichtigen und welche konkreten Maßnahmen wird sie in diesem Zusammenhang ergreifen? Auf der Grundlage des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) und des Vergabegesetzes Mecklenburg-Vorpommern können für die Auftragsausführung zusätzliche Anforderungen an Auftragnehmer gestellt werden, die insbesondere soziale und umweltbezogene Aspekte betreffen. Die damit verbundenen Aufgaben sind gemäß Abschnitt 2.1 der Beschaffungsrichtlinie Mecklenburg-Vorpommern den Behörden und Einrichtungen übertragen worden, die Lieferungen oder Leistungen Dritter zur Erfüllung ihrer Aufgaben bedürfen (Bedarfsstellen). Als konkrete Maßnahme seien die Festlegung von CO2-Grenzwerten bei der Beschaffung von Dienstfahrzeugen oder die Berücksichtigung von Energieeffizienzwerten bei der Beschaffung von Büro-, Informations- und Kommunikations- sowie Kopiertechnik genannt. Im Übrigen werden Auftragnehmer im Zuge der Auftragsvergabe grundsätzlich verpflichtet, ein Stundenentgelt von aktuell mindestens 8,50 Euro zu zahlen und auf die Einhaltung der Internationalen Arbeitsorganisation - Kernarbeitsnormen gegenüber Unterauftragnehmern und Lieferanten hinzuwirken. 4. Sind die für die Beschaffung zuständigen Mitarbeiterinnen/Mitarbeiter in der Vergangenheit geschult oder weitergebildet worden? a) Falls ja, in welcher Form? b) Falls nein, warum nicht? c) Sind entsprechende Fortbildungsangebote für die Zukunft geplant? Zu 4, a) und b) Ja, in Form von Fortbildungsveranstaltungen an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung, Polizei und Rechtspflege Mecklenburg-Vorpommern oder bei externen Anbietern und in Form von Inhouse-Schulungen, z. B. für Mitarbeiter der Zentralen Vergabestelle im Landesamt für innere Verwaltung. Zu c) Ja. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/3608 3 5. Welche Möglichkeiten und Mechanismen bestehen, um die von den Unternehmen im Vergabeprozess abgegebenen Erklärungen zu überprüfen und wie werden diese angewandt? Im Rahmen eines Vergabeverfahrens wird eine Eigenerklärung oder die Zertifizierung einer unabhängigen Organisation verlangt, dass die geforderten Sozial- und Umweltstandards eingehalten sowie ausbeuterische Kinderarbeit im Sinne der Internationalen Arbeitsorganisation -Konvention 182 über die schlimmsten Formen der Kinderarbeit vermieden werden, beziehungsweise, dass die Produkthersteller und -verkäufer aktive zielführende Maßnahmen zum Ausstieg aus der ausbeuterischen Kinderarbeit eingeleitet haben. Im Übrigen gilt § 10 VgG M-V. 6. In welchen Mengen werden jährlich Waren im Bereich des öffentlichen Beschaffungswesens erworben und wie hoch ist der Anteil der fair gehandelten Waren daran (bitte aufschlüsseln nach Warengruppen , etwa Textilien, IT-Technik etc.)? Die weit überwiegende Mehrzahl der Beschaffungen erfolgt über das Landesamt für Innere Verwaltung (LAIV), ausgenommen IT-Beschaffung. Für IT-Beschaffungen ist die DVZ Datenverarbeitungszentrum Mecklenburg-Vorpommern GmbH zuständig. Statistische Erhebungen zu fair gehandelten Waren sind vom Gesetzgeber nicht gefordert und werden mit Blick auf den damit verbundenen Aufwand auch nicht erhoben. Hinzu kommt, dass es vergaberechtlich unzulässig ist, das Vorhandensein eines bestimmten Labels in den Vergabeunterlagen zu fordern oder als Zuschlagskriterium zu verwenden. Auch dies spricht dafür, dass diesbezügliche statistische Erhebungen nicht vorgenommen werden. Der Umfang der in den vergangenen Jahren zentral beschafften Waren über das LAIV ergibt sich aus der nachfolgenden Übersicht. Jahr Gesamtwert der beschafften Waren (in Euro) 2010 14.088.785,00 2011 14.102.815,00 2012 14.361.390,00 2013 12.918.193,00 2014 14.601.510,00 Drucksache 6/3608 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 4 Im Rahmen der Zentralen IT-Beschaffung für das Land Mecklenburg-Vorpommern erzielte die Datenverarbeitungszentrum Mecklenburg-Vorpommern GmbH im Jahr 2014 einen Umsatz von circa 8 Millionen Euro netto. In den Ausschreibungen für IT-Hardware einschließlich benötigter Verbrauchsmaterialien wird die Sozialverträglichkeit im Rahmen des geltenden Vergaberechts bei den auftragsbezogenen Anforderungen berücksichtigt. Die Dienst- und Schutzkleidung der Landespolizei sowie seit 2014 auch die Dienst- und Schutzkleidung des Justizvollzuges und der Justizwachtmeister wird über die gemeinsame zentrale Beschaffungsstelle der Norddeutschen Bundesländer des Logistikzentrums Niedersachsen Hannover beschafft. Da die Dienst- und Schutzkleidung mittlerweile fast ausschließlich in Asien, Afrika, Lateinamerika und in Osteuropa gefertigt wird, verlangt das Logistikzentrum Niedersachsen im Rahmen des Ausschreibungsverfahrens immer eine Eigenerklärung oder die Zertifizierung einer unabhängigen Organisation, dass die geforderten Sozial- und Umweltstandards eingehalten sowie ausbeuterische Kinderarbeit im Sinne der Internationalen Arbeitsorganisation (International Labour Organisation-ILO) - Konvention 182 über die schlimmsten Formen der Kinderarbeit vermieden werden, bzw. die Produkthersteller bzw. -Verkäufer aktive zielführende Maßnahmen zum Ausstieg aus der ausbeuterischen Kinderarbeit eingeleitet haben. Der Gesamtwert der über die gemeinsame zentrale Beschaffungsstelle der Norddeutschen Bundesländer des Logistikzentrums Niedersachsen Hannover beschafften Dienst- und Schutzkleidung der Landespolizei, der Justizwachtmeister und der Justizvollzugsbeamten stellt sich wie folgt dar: Jahr Gesamtwert der beschafften Waren (in Euro) 2010 1.007.685 2011 1.239.906 2012 1.113.596 2013 1.114.132 2014 1.337.465 Außerhalb dieser Beschaffungsstellen werden weitere Waren direkt durch die Bedarfsstellen der einzelnen Ressorts beschafft. Es handelt sich dabei geschätzt um mehr als tausend einzelne Beschaffungsvorgänge. Eine zusammengefasste Statistik der Ministerien und nachgeordneten Behörden wird hierzu nicht geführt. Die genaue Ermittlung aller dieser Einzelvorgänge wäre nur mit einem Aufwand zu leisten, der schon mit der aus Artikel 40 Absatz 1 Satz 1 der Verfassung des Landes Mecklenburg-Vorpommern folgenden Pflicht zur unverzüglichen Beantwortung Kleiner Anfragen nicht zu vereinbaren ist. Auch für diese Vergaben gelten die eingangs getroffenen vergaberechtlichen Vorgaben, wonach es unzulässig ist, das Vorhandensein eines bestimmten Labels in den Vergabeunterlagen zu fordern oder als Zuschlagskriterium zu verwenden. Es können daher auch in diesen Fällen in der Regel keine Angaben zum Anteil fair gehandelter Waren gemacht werden.