Der Minister für Inneres und Sport hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 5. Februar 2015 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 6/3650 6. Wahlperiode 09.02.2015 KLEINE ANFRAGE des Abgeordneten Johann-Georg Jaeger, Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Konsequenzen aus dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zum atomaren Zwischenlager Brunsbüttel für das Zwischenlager Nord und ANTWORT der Landesregierung Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat die Genehmigung für die Lagerung hoch radioaktiver Brennelemente im Zwischenlager Brunsbüttel für rechtswidrig erklärt und aufgehoben. Da Sicherheitsfragen im Zusammenhang mit dem Urteil von wesentlicher Bedeutung waren, stellen sich Fragen zu den Auswirkungen für das atomare Zwischenlager Nord in Lubmin, da auch hier Castoren mit hoch radioaktivem Material gelagert werden. 1. Hat das Urteil Konsequenzen für die Betriebserlaubnis des atomaren Zwischenlagers Nord in Lubmin? a) Wenn ja, welche? b) Wenn nicht, warum nicht? Zu 1, a) und b) Für die Betriebserlaubnis des Zwischenlagers Nord hat das Urteil keine Konsequenzen, da das Zwischenlager Nord über eine rechtskräftige Genehmigung verfügt. Drucksache 6/3650 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 2 2. Teilt die Landesregierung die Einschätzung, dass die im Urteil zu Brunsbüttel festgestellten Ermittlungs- und Bewertungsdefizite im Zusammenhang mit potenziellen Risiken für Anlage und Umfeld auch für das ZLN Lubmin bestehen können? a) Wenn ja, was wird die Landesregierung unternehmen, um mög- liche Defizite zu beseitigen? b) Wenn nicht, welche Erkenntnisse und Fakten lassen vermuten, dass keine vergleichbaren oder ähnlichen Ermittlungs- und Bewertungsdefizite für das ZLN Lubmin vorliegen? Zu 2, a) und b) Die Landesregierung ist auch in Abstimmung mit dem Bund und den anderen betroffenen Ländern der Auffassung, dass keine Erkenntnisse vorliegen, die die rechtskräftigen Genehmigungen aller anderen zentralen und dezentralen Zwischenlager, also auch derjenigen des Zwischenlagers Nord, in Frage stellen. Gleichwohl sehen sich Bund und Länder in der Pflicht, neue Erkenntnisse zu berücksichtigen, das Regelwerk weiterzuentwickeln, die Nachvollziehbarkeit der Abwägungen zu Sicherheitsfragen zu verbessern und dieses - soweit möglich - gesetzlich beziehungsweise untergesetzlich zu regeln. Ob und gegebenenfalls welche weiteren Konsequenzen sich aus dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Schleswig ergeben, wird zwischen Bund und Ländern weiter vertieft erörtert. 3. Ist beim ZLN Nord ermittelt worden, ob durch terroristische Angriffsszenarien oder durch einen möglichen Flugzeugabsturz ein Strahlenwert überschritten werden kann, der eine Umsiedlung der betroffenen Bevölkerung notwendig machen würde? a) Wenn ja, wie stellt sich das Untersuchungsergebnis detailliert da? b) Wenn nicht, sieht die Landesregierung nach dem Urteil des BVG das Erfordernis zur Ermittlung entsprechender Werte? Zu 3, a) und b) In den Genehmigungsverfahren für das Transportbehälterlager des Zwischenlagers Nord sind derartige Untersuchungen mit dem Ergebnis durchgeführt worden, dass keine Strahlenwerte überschritten werden, die eine Umsiedlung der betroffenen Bevölkerung notwendig machen würden. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/3650 3 4. Besteht im Falle einer Aufhebung der Genehmigung auch für das ZLN Nord die Möglichkeit zur Anordnung einer vorübergehenden Duldung der Einlagerung? Im Falle einer Aufhebung der Genehmigung für das ZLN bestünde grundsätzlich die Möglichkeit einer Anordnung nach § 19 Atomgesetz. 5. Wie steht die Landesregierung zur Forderung des Energieministers aus Schleswig-Holstein, der für alle Zwischenlager Untersuchungen zum Risiko von Flugzeugabstürzen und Terrorangriffen fordert? Gemäß § 6 Absatz 2 Nummer 4 des Atomgesetzes darf eine Genehmigung zur Aufbewahrung von Kernbrennstoffen nur erteilt werden, wenn der erforderliche Schutz gegen Störmaßnahmen oder sonstige Einwirkungen Dritter gewährleistet ist. Das Bundesamt für Strahlenschutz als Genehmigungsbehörde gewährleistet, dass die jeweils dazu notwendigen Untersuchungen veranlasst werden. 6. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung zur Frage, ob die Bundesregierung nun beabsichtigt, für alle bzw. mehrere atomare Zwischenlager die Betriebsgenehmigungen neu zu beantragen und mögliche Sicherheitslücken zu schließen und inwieweit ist hier das ZLN Nord betroffen? Der Betreiber des Standortzwischenlagers Brunsbüttel ist gemäß der Anordnung nach § 19 Absatz 3 des Atomgesetzes des zuständigen Ministeriums für Energiewende, Landwirtschaft , Umwelt und ländliche Räume verpflichtet, beim Bundesamt für Strahlenschutz eine gültige Aufbewahrungsgenehmigung nach § 6 des Atomgesetzes zu erwirken. Erkenntnisse über eine Betroffenheit des Zwischenlagers Nord liegen der Landesregierung nicht vor. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 2 verwiesen. Drucksache 6/3650 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 4 7. Sieht die Landesregierung vor dem Hintergrund von nun nicht mehr genehmigten Zwischenlagern Risiken einer Ausweitung der Kapazitäten für die Zwischenlagerung von hoch radioaktivem Atommüll im ZLN Lubmin? Wenn nicht, warum nicht? Die Aufhebung der Genehmigung für das Standortlager Brunsbüttel ändert nichts an der Haltung der Landesregierung, keine weiteren CASTOR-Behälter in das Zwischenlager Nord einlagern zu lassen. Im Übrigen wird auf die Beantwortung der Kleinen Anfrage zur „Nutzung des ZLN in Lubmin für die Zwischenlagerung von Castoren aus Sellafield“, Drucksache 6/2719, verwiesen.