Die Justizministerin hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 3. Februar 2015 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 6/3654 6. Wahlperiode 04.02.2015 KLEINE ANFRAGE des Abgeordneten David Petereit, Fraktion der NPD Postüberwachung bei Ermittlungsverfahren und ANTWORT der Landesregierung Nachfolgende Fragen beziehen sich auf Praktiken polizeilicher Ermitt- lungsbehörden in Bezug auf die Überwachung von Postsendungen. 1. Welche Kenntnisse hat die Landesregierung zur üblichen Praxis der Kontrolle von Postsendungen von Beschuldigten in einem Ermitt- lungsverfahren im Zeitraum von 2006 bis zum jüngsten statistisch erfassten Zeitpunkt (bitte auflisten nach Art der kontrollierenden Ermittlungsbehörde/-abteilung, Art der Kontrolle, Art der Post- sendung, exakter Durchführungsprozess, Ort der Kontrolle, Anzahl der Kontrollen und Grund der Kontrolle)? 2. Auf welcher Rechtsgrundlage werden in Mecklenburg-Vorpommern solche Kontrollen durchgeführt? 3. Welche Behörde und/oder Abteilung ist nach derzeitiger Rechtslage für die Kontrollen zuständig und welche Behörde und/oder Abteilung führt sie technisch durch? Zu 1, 2 und 3 Die Überwachung des Briefverkehrs ist gemäß § 119 Absatz 1 Nummer 2 Strafprozess- ordnung bei Gefährdung des Haftzwecks anzuordnen. Die Anordnung trifft grundsätzlich der Ermittlungsrichter (§ 126 Absatz 1 Strafprozess- ordnung), wobei der Erlass einer Eilanordnung durch die Staatsanwaltschaft oder die Justizvollzugsanstalt zulässig ist, wenn eine Entscheidung des Gerichts nicht rechtzeitig herbeigeführt werden kann. Dem Beschuldigten ist die getroffene Anordnung mitzuteilen. Drucksache 6/3654 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 2 Das Gericht kann die Ausführung der Anordnung widerruflich auf die Staatsanwaltschaft übertragen, die sich ihrerseits der Hilfe ihrer Ermittlungspersonen (§ 152 Gerichts- verfassungsgesetz) oder der Justizvollzugsanstalt bedienen kann. Nach der Kontrolle werden Briefe, deren Inhalt nicht zu beanstanden ist, weitergeleitet. Beanstandete Briefe werden an den Absender zurückgeleitet, soweit dies ohne Gefährdung des Zwecks der Untersuchungshaft möglich ist, ansonsten werden sie zur Habe des Gefangenen genommen. Hat ein Brief Beweisbedeutung für das laufende Verfahren, beschlagnahmt ihn der Ermittlungsrichter als Beweismittel. Bezieht sich die Beweisbedeutung auf ein anderes Verfahren, stellt ihn das Gericht bei fehlender eigener Zuständigkeit einstweilen sicher und leitet ihn (oder eine Fotokopie) der Staatsanwaltschaft oder im gerichtlichen Verfahren dem zuständigen Richter zu. Nach Anklageerhebung ist für die Anordnung und Ausführung der Briefkontrolle das Gericht zuständig, das mit der Sache befasst ist (§ 126 Absatz 2 Strafprozessordnung). Nach rechtskräftiger Verurteilung wird der Schriftwechsel von Strafgefangenen, soweit es aus Gründen der Behandlung oder der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt erforderlich ist, von der Justizvollzugsanstalt überwacht, sofern sich aus § 29 Absatz 1, Absatz 2 Strafvollzugs- gesetz nichts anderes ergibt. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 4 verwiesen. 4. Welche Kenntnisse hat die Landesregierung über derartig durch- geführte Kontrollen, die unabhängig von Ermittlungsverfahren im Zeitraum von 2006 bis zum jüngsten statistisch erfassten Zeitpunkt durchgeführt wurden (bitte auflisten nach Art der Ermittlungs- behörde/-abteilung, Art der Kontrolle, Art der Postsendung, exakter Durchführungsprozess, Ort der Kontrolle, Anzahl der Kontrollen und Grund der Kontrolle)? Briefkontrollen der in Rede stehenden Art werden nicht gesondert statistisch erfasst. Es liegt daher kein aufbereitetes Datenmaterial vor, das eine Beantwortung der Fragen nach den betreffenden Ermittlungs- und Strafverfahren seit 2006 ermöglichen würde. Eine händisch durchzuführende Auswertung aller circa 100.000 Ermittlungs- und Strafakten auch nur eines Jahrganges kommt nicht in Betracht, da die damit verbundenen Einzelrecherchen einen Aufwand begründen würden, der schon mit der sich aus Artikel 40 Absatz 1 Satz 1 Verfassung des Landes Mecklenburg-Vorpommern folgenden Pflicht zur unverzüglichen Beantwortung Kleiner Anfragen nicht zu vereinbaren wäre. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/3654 3 5. Welche Kenntnis hat die Landesregierung über die weitere Vorgehensweise, nachdem eine Postsendung kontrolliert wurde (bitte den exakten Ablauf auflisten)? Auf die Antwort zu den Fragen 1, 2 und 3 wird verwiesen. 6. Welche Kenntnisse hat die Landesregierung über strafrechtliche Ermittlungen, die durch das Kontrollieren von Postsendungen positiv beeinflusst wurden (bitte auflisten nach Art der durchgeführten Kontrolle, Art der Postsendung, Art des Ermittlungsverfahrens, Zeit- punkt der erfolgten Kontrolle und zuständige Behörde/Abteilung? Auf die Antwort zu Frage 4 wird verwiesen. 7. Wie bewertet die Landesregierung die Praxis der Kontrolle von Postsendungen, auch wenn diese Kontrollen gegen das Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis verstoßen sollten? Die Landesregierung erachtet die aufgezeigte Anordnung und Durchführung von Briefkon- trollen zur Abwehr der Gefährdung des Zwecks der Untersuchungshaft beziehungsweise im Falle der Vollstreckung rechtskräftiger Urteile zur Sicherung des Vollzugs und der Sicherheit und Ordnung der Anstalt als verfassungsgemäß und erforderlich.