Der Minister für Bildung, Wissenschaft und Kultur hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 13. Februar 2015 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 6/3657 6. Wahlperiode 16.02.2015 KLEINE ANFRAGE der Abgeordneten Silke Gajek, Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Aufarbeitung von Dopingmaßnahmen in den drei Nordbezirken der ehemaligen DDR und ANTWORT der Landesregierung 1. Welche wissenschaftlichen Forschungen zum Doping-Einsatz und Zwangsdoping in den drei Nordbezirken der ehemaligen DDR sind der Landesregierung bekannt? 2. Wurden vonseiten der Landesregierung wissenschaftliche Forschungen zum Doping-Einsatz und Zwangsdoping in den drei Nordbezirken der ehemaligen DDR gefördert? Wenn ja, welche und mit welchem Ergebnis? Die Fragen 1 und 2 werden zusammenhängend beantwortet. Der Landesregierung sind keine der in Frage 1 und 2 angesprochenen Forschungen bekannt beziehungsweise wurden keine entsprechenden Forschungen gefördert. Die Landesbeauftragte für Mecklenburg-Vorpommern für die Unterlagen des Staatssicher- heitsdienstes der ehemaligen DDR (LStU) hat 2010 eine Studie herausgegeben, die sich mit den Ermittlungen der Schwerpunktstaatsanwaltschaft SED-Unrecht im Land Mecklenburg- Vorpommern beschäftigt: „Lena Gürtler: Vergangenheit im Spiegel der Justiz. Eine exemplarische Dokumentation der strafrechtlichen Aufarbeitung von DDR-Unrecht in Mecklenburg-Vorpommern. Bremen 2010.“ Im Kapitel „Staatsauftrag Doping“ (S. 146 ff.) werden die Ermittlungen gegen Trainerinnen und Trainer und Ärztinnen und Ärzte in Mecklenburg-Vorpommern in drei Fallbeispielen geschildert. Drucksache 6/3657 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 2 3. Welche Kenntnisse hat die Landesregierung insbesondere über die Rolle der Kinder- und Jugendsportschulen in den Bezirken Rostock, Schwerin und Neubrandenburg im Hinblick auf das Doping-System in der ehemaligen DDR? Die Landesregierung hat bezüglich der Rolle der Kinder- und Jugendsportschulen im Doping- system der DDR keine eigenen landesspezifischen Untersuchungen angestellt. Es wird auf Maßnahmen der Bundesregierung und des Deutschen Olympischen Sportbundes verwiesen. 4. Findet oder fand an den heutigen Eliteschulen des Sports in Mecklenburg-Vorpommern eine historische Aufarbeitung der Rolle als ehemalige Kinder- und Jugendsportschule und der Zwangsdoping- Problematik des DDR-Leistungssports statt? a) Wenn ja, in welcher Form? b) Findet dies Eingang in den Unterricht und wenn ja, in welcher Form? Die Fragen 4, a) und b) werden zusammenhängend beantwortet. Die Sportgymnasien des Landes sind dem Bildungs- und Erziehungsauftrag nach dem Schul- gesetz verpflichtet. Die Schulen sollen den Schülerinnen und Schülern demnach Wissen und Kenntnisse, Einstellungen und Haltungen mit dem Ziel vermitteln, die Selbstständigkeit ihrer Entscheidungen und Handlungen so zu fördern, dass die Schülerinnen und Schüler befähigt werden, aktiv und verantwortungsvoll am sozialen und politischen Leben teilzuhaben. Lernziel ist dabei auch das Erkennen von Ursachen und Gefahren totalitärer und autoritärer Herrschaftsformen, ihnen zu widerstehen und entgegenzuwirken. Dazu gehört auch die Auf- arbeitung der jüngsten Geschichte. Um die Schulen bei der Erfüllung des Bildungs- und Erziehungsauftrags zu unterstützen, erlässt die oberste Schulbehörde entsprechende Rahmenpläne und Kerncurricula. Diese enthalten allgemeine, fachbezogene sowie fächerverbindende Ziele und Inhalte. Besonders im Kerncurriculum Sport sind Wissensbereiche zum Sport im gesellschaftlichen Kontext mit Bezügen zur Soziologie, Geschichte, Wirtschaft und Politik, Motive sportlichen Handelns und Wechselbeziehungen zwischen Wirtschaft, Politik, Medien und Sport enthalten. Die Schulen erarbeiten auf dieser Grundlage ihre schulinternen Lehrpläne. Diese Verant- wortung obliegt der Schule, weil nur vor Ort beurteilt und bewertet werden kann, welche regionalen Besonderheiten und historischen Hintergründe zusätzlich in den Unterricht einfließen sollten. Dabei entscheidet vorrangig die Fachkonferenz und somit die Gesamtheit aller Fachlehrkräfte der jeweiligen Unterrichtsfächer, so auch in Sozialkunde, Geschichte, Sport und Biologie. Entscheidungen über einzusetzende Unterrichtsmittel sind Bestandteil der Koordinierung in den Fachkonferenzen. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/3657 3 Die fachbezogenen Rahmenpläne und Kerncurricula werden an den Sportgymnasien des Landes erfüllt. Im Geschichtsunterricht erfolgt die Auseinandersetzung mit den angefragten Inhalten unter anderem mit den Themen „Geschichte der DDR“ oder „DDR-Vergangenheit“. In diesem Rahmen sind zum Beispiel regelmäßige Besuche des Archivs der Außenstelle Neubrandenburg des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR und der Forschungs- und Gedenkstätte Normannenstraße in Berlin vorge- sehen. Im Hauptfach Sport der gymnasialen Oberstufe sowie ab Jahrgangsstufe 9 im Wahlpflicht- unterricht stehen Themen zur Aufarbeitung des Leistungssports in der DDR im Fokus. Ein Bestandteil ist hier die Dopingproblematik, die daneben auch im Biologieunterricht der unterschiedlichen Jahrgangsstufen besprochen und in Form von Projekten bearbeitet und präsentiert wird. Weitere Formen der historischen Aufarbeitung sind: Diskussionsrunden mit Betroffenen und weiteren Zeitzeugen, Hausarbeiten, die Zusammenarbeit mit den Sportvereinen, Filme, Veranstaltungen, regelmäßige jährlich stattfindende Tagesprojekte (zum Beispiel mit der NADA - Nationale Anti Doping Agentur) sowie Besuche der Sporthochschule Köln ein- schließlich des dortigen Dopinglabors. Das Thema „Doping“ ist darüber hinaus ein Schwerpunkt in der schriftlichen Abiturprüfung im Hauptfach Sporttheorie an den Sportgymnasien des Landes Mecklenburg-Vorpommern. 5. Bot oder bietet das Land Lehrerfortbildungen zum Thema DDR-Leis- tungssport/Zwangsdoping an, und wenn ja, bitte die Fortbildungen anführen? Im Rahmen des Projekts der Landesbeauftragten für Mecklenburg-Vorpommern für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR (LStU) „Die DDR im Schulunterricht - Informationen für Lehrer und Schüler - Angebote zur Ergänzung des Geschichts- und Sozialkundeunterrichtes an Schulen“ wurden zwischen 2000 und 2004 auch in Zusammenarbeit mit dem Landesinstitut für Schule und Ausbildung (L.I.S.A.) als Thema unter anderem „Die Rolle des Sports und Sportpolitik in der DDR“ auf Lehrerfortbildungen, schulinternen Lehrerfortbildungen (SCHILF-Tage) und auf Schülerprojekttagen angeboten und vereinzelt auch abgefragt. Darüber hinaus haben nachfolgende Veranstaltungen stattgefunden: - 25.09.2002: „Stralsunder Oberstufentag“ - Thematische Arbeitsgruppen unter anderem zu Leistungssport in der DDR, - 19.06.2007: Neubrandenburg Sportgymnasium - Vortrag und Diskussion zur Einfluss- nahme des Ministeriums für Staatsicherheit auf den Sport in Mecklenburg-Vorpommern (in Zusammenarbeit mit LStU und dem Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staats- sicherheitsdienstes der ehemaligen DDR (BStU)), - 16.04.2012: Neubrandenburg - in Zusammenarbeit mit LStU und BStU: Ausstellungs- eröffnung und Podiumsdiskussion „ZOV Sportverräter. Spitzenathleten auf der Flucht“, - 18.11.2012: Neubrandenburg - Verein Latücht e. V., Filmvorführung und Gespräch: „Sportclub Neubrandenburg“. Drucksache 6/3657 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 4 6. Wie viele Dopinggeschädigte, die in einem der drei Nordbezirke der ehemaligen DDR gedopt wurden, sind der Landesregierung bekannt? Der Landesregierung sind 29 dopinggeschädigte Sportlerinnen und Sportler, die in einem der drei Nordbezirke der ehemaligen DDR gedopt wurden, bekannt. 7. Gegen wie viele in einem der drei Nordbezirke tätigen Personen wurden nach Erkenntnissen der Landesregierung Ermittlungen wegen der Verantwortung für Zwangsdoping in der ehemaligen DDR geführt? a) In welcher Funktion (z. B. Trainer, Arzt) sollen diese Personen jeweils für die Dopingmaßnahmen verantwortlich gewesen sein? b) In wie vielen Fällen kam es zu einer Verurteilung oder einem Strafbefehl? Es wurden gegen 20 Beschuldigte Ermittlungsverfahren geführt. Zu a) Es handelt sich um eine Ärztin, fünf Ärzte, eine Trainerin und 13 Trainer. Zu b) Gegen einen Arzt und einen Trainer wurde jeweils ein rechtskräftiger Strafbefehl erlassen.