Der Minister für Energie, Infrastruktur und Landesentwicklung hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 27. Februar 2015 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 6/3700 6. Wahlperiode 02.03.2015 KLEINE ANFRAGE des Abgeordneten Johann-Georg Jaeger, Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Vertragsstrafen (Pönalen) im Bahnverkehr und ANTWORT der Landesregierung Vorbemerkung Die Landesregierung ist für den Schienenpersonennahverkehr (SPNV) auf der Strecke von Neustrelitz bis Mirow weder unmittelbar noch mittelbar verantwortlich. Im Rahmen der Ausschreibung von SPNV-Strecken in Mecklenburg- Vorpommern werden zwischen dem Land und den auftragnehmenden SPNV-Unternehmen auch die Modalitäten zur Zahlung von Vertrags- strafen festgeschrieben. Neben der Einhaltung des Fahrplans und dem Einsatz der geforderten Wagen- und Triebfahrzeuge sind auch die Quali- tätsstandards von Dienstleistungen, wie der Fahrkomfort der Fahrgäste, gastronomische und informative Angebote für die Fahrgäste, die sanitäre Situation, die Zugänglichkeit der Wagen und vieles andere mehr wichtige Bestandteile des Vertrages zwischen dem Land und einem auftrag- nehmenden SPNV-Unternehmen. Die Zahlungen von Vertragsstrafen durch SPNV-Unternehmen sind haushaltsrelevant, da sie die vom Land auszuzahlenden Regionalisierungsmittel als Einnahmen entlasten. Drucksache 6/3700 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 2 1. Wie sind die im Rahmen der Regionalverkehre vertraglich verein- barten Qualitätsstandard wie Fahrkomfort der Fahrgäste (z. B. Wagen- gattungen), gastronomische und informative Angebote für die Fahr- gäste, die sanitäre Situation (Verfügbarkeit und Sauberkeit), Zug- begleitpersonen (Sicherheit, Fahrgastbetreuung), Fahrradmitnahme-, Parkmöglichkeiten sowie P+R-Anlagen an Bahnhöfen u. a. getrennt nach Strecken definiert? Die Qualitätsstandards sind in den zwischen dem Land und den auftragnehmenden SPNV-Unternehmen geschlossenen Verkehrsverträgen definiert. Sie orientieren sich am Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit und an den konkreten verkehrlichen und betrieblichen Randbedingungen des jeweiligen Teilnetzes beziehungsweise der jeweiligen Linie. Auf nachfragestarken Strecken, unter anderem - Regionalexpress (RE) 1 Hamburg - Rostock, - RE 2 Wismar - Berlin, - RE 3 Stralsund - Pasewalk - Berlin, - RE 5 Stralsund/Rostock - Neustrelitz - Berlin, kommen weitgehend Doppelstockzüge zum Einsatz, auf weniger nachfragestarken Strecken hingegen überwiegend einstöckige Triebwagen beziehungsweise Triebzüge. Auf der nachfragestarken Stammstrecke der Rostocker S-Bahn werden zwar einstöckige Triebzüge eingesetzt, in Verbindung mit einer hohen Taktfrequenz wird jedoch dennoch ein nachfrage- adäquates Platzangebot sichergestellt. Eine Sonderrolle spielen die Schmalspurbahnen (Regionalbahn (RB) 31 Bad Doberan - Ostseebad Kühlungsborn, RB 32 Lauterbach (Mole) - Göhren), bei denen ausschließlich der historische Fahrzeugpark zum Einsatz gelangt. Gastronomische Angebote sind im SPNV in Mecklenburg-Vorpommern grundsätzlich nicht vorgesehen. Eine Ausnahme hiervon bilden die Linien RE 1, RE 3, RE 5 und RE 9 Rostock - Saßnitz/Binz, in denen Getränke- und Snackautomaten zur Verfügung stehen. Die Fahrgastinformation im SPNV in Mecklenburg-Vorpommern erfolgt optisch und akustisch. Die Verfügbarkeit insbesondere optischer Informationsvermittlung (beispielsweise durch Displays mit aktuellen Informationen) orientiert sich am Grundsatz der Wirtschaft- lichkeit und Sparsamkeit sowie an dem Stand der Technik zum Zeitpunkt der Vergabe des jeweiligen Teilnetzes beziehungsweise der jeweiligen Linie. Alle SPNV-Angebote in Mecklenburg-Vorpommern mit Ausnahme der Schmalspurbahn Molli (RB 31) verfügen über sanitäre Einrichtungen. Den Reisenden stehen im SPNV in Mecklenburg-Vorpommern - mit Ausnahme der S-Bahn Rostock (Linien S 1 Rostock - Warnemünde, S 2 Rostock - Schwaan - Güstrow, S 3 Rostock - Laage - Güstrow) - grundsätzlich in allen Zügen Kundenbetreuer zur Verfügung. In der RB 26 Bergen auf Rügen - Lauterbach (Mole) übernimmt angesichts der kurzen Strecken- länge sowie der geringen Nachfrage der Triebfahrzeugführer die Aufgaben des Kunden- betreuers. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/3700 3 Die Fahrradmitnahme ist im SPNV in Mecklenburg-Vorpommern grundsätzlich in allen Zügen möglich, wobei je nach eingesetztem Fahrzeugtyp die Mitnahmekapazitäten begrenzt sind. Ein Anspruch auf die Mitnahme von Fahrrädern besteht nicht. Der Umfang der angebotenen Möglichkeiten zur Fahrradmitnahme orientiert sich am Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit und an den konkreten Bedingungen des jeweiligen Teilnetzes beziehungsweise der jeweiligen Linie. Qualitätsstandards, die die Zugangsstellen zum SPNV betreffen (beispielsweise Parkmög- lichkeiten und Park & Ride-Anlagen), können der geltenden Rechtslage entsprechend in Verkehrsverträgen nicht verbindlich vereinbart werden. Diese bedürfen gesonderter Vereinbarungen mit den jeweiligen Eisenbahninfrastrukturunternehmen. 2. Mit welchen Vertragsstrafen (Pönalen) sind diese vertraglich verein- barten Qualitätsstandards gesichert (bitte getrennt nach Strecken ange- ben)? Insgesamt werden die in der Antwort zur Frage 1 skizzierten und andere Qualitätsstandards in den Verkehrsverträgen durch die Fahrgäste weit überwiegend selbst über die jährliche Kundenzufriedenheitsanalyse nach anerkannter Erhebungsmethodik subjektiv bewertet und pönalisiert. Diese Qualitätsstandards sind, soweit sie nicht Gegenstand der Kundenzufriedenheitsanalyse sind, aus rechtlichen Gründen sowie unter Berücksichtigung der für das Controlling verfügbaren personellen und materiellen Ressourcen, nur zum Teil als Gegenstand von Vertragsstrafen (Pönalen) gesichert. In den nach 2003 geschlossenen Verkehrsverträgen beziehen sich die vereinbarten Vertragsstrafen (Pönalen) grundsätzlich auf Abweichungen vom vertraglich vereinbarten Fahrzeugeinsatz. Üblich ist ein Abzug von 20 Prozent des Zuschusses für die konkret von Abweichungen vom vertraglich vereinbarten Fahrzeugeinsatz betroffenen SPNV-Angebote. Darüber hinaus sind teilweise konkret vereinbarte Aus- stattungsmerkmale (z. B. Klimaanlage oder Schiebetritte) pönalerelevant. Die konkreten Regelungen hierzu sind je Verkehrsvertrag differenziert ausgestaltet. Grundsätzlich ist aus rechtlichen Gründen der Umfang der Vertragsstrafen je Jahr auf 5 Prozent des Zuschusses des jeweiligen Verkehrsvertrages je Jahr insgesamt begrenzt. Drucksache 6/3700 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 4 3. Wie hoch war das Gesamtvolumen der in den letzten sieben Jahren bis Ende 2014 vertraglich vereinbarten, der geforderten und zur Aus- zahlung an das Land gekommenen Vertragsstrafen (Pönalen)? Der Anspruch des Landes, dass Vertragsstrafen (Pönalen) von seinem jeweiligen Vertrags- partner beglichen werden, ist erst nach abschließender Feststellung der teils von einem Wirtschaftsprüfer beziehungsweise einer Wirtschaftsprüferin zu testierenden und vom Land je nach Einzelfall umfänglich zu prüfenden Jahresschlussabrechnung des jeweiligen Eisen- bahnverkehrsunternehmens rechtsverbindlich. In der Folge ist eine Bezifferung des Gesamtvolumens der in den letzten sieben Jahren bis Ende 2014 wirksam gewordenen Vertragsstrafen (Pönalen) nicht möglich. Derzeit ist für die letzten sieben Jahre bis Ende 2014 ein Anspruch des Landes auf Vertragsstrafen (Pönalen) im Volumen von 10.871.922,04 Euro rechtsverbindlich. Dieser Betrag wurde von den Eisenbahnverkehrsunternehmen beglichen. 4. Wie hoch ist das Gesamtvolumen der zum derzeitigen Zeitpunkt vertraglich vereinbarten Vertragsstrafen (Pönalen), welche im Falle der Nichterbringung beziehungsweise der nur Teilerbringung von SPNV-Leistungen in Mecklenburg-Vorpommern zu zahlen sind [bitte Auflistung nach Strecke und SPNV-Unternehmen, untergliedert nach Vertragsstrafen (Pönale), welche durch den Einsatz falscher Fahrzeug- typen fällig werden und solchen, die sich unmittelbar auf die erlebbare Servicequalität der Fahrgäste beziehen]? Bezüglich der Nichterbringung beziehungsweise Teilerbringung gilt grundsätzlich - unabhängig vom Verkehrsvertrag - das Leistungsprinzip, nach dem nicht erbrachte Leistungen nicht vergütet werden. Im Weiteren wird auf die Antwort zu Frage 2 verwiesen. 5. Welche Vertragsstrafen (Pönalen) sind durch das Land mit den beauf- tragten SPNV-Unternehmen vereinbart zu den Leistungen, die sich mit der Qualität von Dienstleistungen rund um die Reiseplanung und Reisegestaltung der Fahrgäste gruppieren, wie z. B. Ticketklassen, Internetangebote, Schalteröffnungszeiten, Familienfreundlichkeit, Zugbegleitpersonal, gastronomische Angebote, Hinweise auf Um- stiegsmöglichkeiten (auch auf Busse unter anderem), WLAN- und Stromanschlussverfügbarkeit usw.? Die skizzierten Qualitätsstandards sind überwiegend nicht durch Vertragsstrafen (Pönalen) gesichert. Im Weiteren wird auf die Antwort zu Frage 2 verwiesen. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/3700 5 6. Wie kontrolliert das Land die Einhaltung der zu erbringenden Servicequalität, die unmittelbaren Einfluss auf den Komfort der Fahrgäste hat (Fahrpläne, Wagengattungen) und in welchen zeit- lichen Abständen erfolgen diese? Mit der Abwicklung der Verkehrsverträge hat die Landesregierung die landeseigene Verkehrsgesellschaft Mecklenburg-Vorpommern mbH (VMV) beauftragt. Die Eisenbahn- verkehrsunternehmen übermitteln der VMV den verkehrsvertraglich vereinbarten Berichts- pflichten entsprechend regelmäßig Informationen zur Qualität des SPNV-Angebotes, unter anderem zur Pünktlichkeit und zum Fahrzeugeinsatz. Die hierzu vereinbarten Fristen differieren je nach Verkehrsvertrag. Darüber hinaus nimmt die VMV im Rahmen ihrer materiellen und personellen Ressourcen Stichproben vor. 7. Wie kontrolliert das Land die Einhaltung der vereinbarten Vertrags- bedingungen, die die fahrzeugtechnische Durchführung des SPNV-Betriebs hinsichtlich der Überwachung der zum Einsatz kom- menden Fahrzeugtypen und Baureihen betreffen? Es wird auf die Antwort zu Frage 6 verwiesen. 8. Welche Vertragsstrafe (Pönale) wurde für die Nichteinsetzung der vertragsmäßig ab 2007 vereinbarten Triebfahrzeuge der Bau- reihe 120 (stattdessen Einsatz der Baureihe 112, 114, 143) für den „Hanse-Express“ zwischen Hamburg und Rostock geltend gemacht? a) In welcher Höhe wurde diese Vertragsstrafe (Pönale) vereinbart und an das Land gezahlt? b) Durch wen wurde die Erbringung der Vertragsleistung gegen- über dem Land geprüft? c) Welche Differenz ergibt sich für die vertraglich vereinbarte Vertragsstrafe (Pönale) und die tatsächlich an das Land gezahlte? Es wird auf die Antwort zu Frage 2 verwiesen. Zu a) Im genannten Fall wird ein Abzug von 20 Prozent des Zuschusses für die konkret von Nichteinsetzung der vertragsmäßig ab 2007 vereinbarten Triebfahrzeuge betroffenen SPNV-Leistungen vorgenommen. Drucksache 6/3700 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 6 Zu b) Es wird auf die Antwort zu Frage 6 verwiesen. Zu c) Für die Nichteinsetzung der vertragsmäßig ab 2007 vereinbarten Triebfahrzeuge ist derzeit ein Anspruch des Landes für 2007/2008 in Höhe von 382.100,80 Euro und für 2009 in Höhe von 316.248,88 Euro rechtsverbindlich. Die genannten Beträge wurden von der DB Regio AG als Vertragspartner des Landes beglichen. 9. Ist das Land darüber informiert, dass es mit der Einführung der Talent 2-Zuggattung auf dem Warnow-Verkehrsnetz, dem S-Bahn- Netz im Gebiet Rostock, vermehrt zu umfangreichen Störungen mit Zugausfällen und Verspätungen kam und wenn nicht, aus welchem Grund nicht und wenn ja, a) welche Maßnahmen wurden seitens des Landes zur Beseitigung der genannten Mängel eingeleitet, b) welche Vertragsstrafe (Pönale) in welcher Höhe wurde gegen- über dem beauftragten SPNV-Unternehmen geltend gemacht und kam vertragsmäßig an das Land zur Auszahlung (bitte monat- liche Auflistung nach vertraglicher vereinbarter und tatsächlich gezahlter Leistung) und c) welche Vertragsstrafe (Pönale) wurde für die zu einem verspä- teten Zeitpunkt eingesetzte Talent 2-Baureihe gegenüber dem auftragnehmenden SPNV-Unternehmen geltend gemacht und kam an das Land zur Auszahlung? Zu 9, a), b) und c) Zwar erfolgte unter anderem aufgrund des Produktionsverzuges beim Fahrzeughersteller Bombardier und der verzögerten Zulassung der Fahrzeugbaureihe E-Talent 2 durch die zuständige Genehmigungs- und Aufsichtsbehörde eine entsprechend verzögerte Bereitstellung der insgesamt 23 für das Teilnetz „Warnow“ vorgesehenen E-Talent 2 durch den Auftragnehmer des Landes, die DB Regio AG. Im Zusammenhang mit der Überführung der betreffenden Fahrzeugbaureihe in den Fahrgastbetrieb ab Dezember 2013 jedoch waren weder umfangreiche Störungen mit Zugausfällen noch umfangreiche Verspätungen zu verzeichnen. 10. Für welche einzelnen Leistungen im SPNV sind die zur Auszahlung an das Land gekommenen Vertragsstrafen (Pönalen) seit 2007 verwendet worden? Die Pönalen stehen als Teil des Gesamtbudgets der Regionalisierungsmittel für alle Aufgaben zur Verfügung, die das Land aus Regionalisierungsmitteln finanziert.