Der Minister für Inneres und Sport hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 17. März 2015 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 6/3727 6. Wahlperiode 18.03.2015 KLEINE ANFRAGE des Abgeordneten Jürgen Suhr, Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Datenschutzgerechte Ausgestaltung des sozialen Ermittlungsdienstes und ANTWORT der Landesregierung Das Haushaltssicherungskonzept des Landkreises Vorpommern-Rügen für den Konsolidierungszeitraum 2015 bis 2020 sieht im Bereich der sozialen Sicherung die Einrichtung eines zentralen Ermittlungsdienstes vor: Außendienstmitarbeiter führen Kontrollen vor Ort bei den Antrag- stellern und in deren Häuslichkeit durch und ermitteln dabei, ob die Antragsteller bestimmte Leistungen benötigen oder nicht und wenn ja, in welchem Umfang dies erforderlich ist. Geprüft werden soll Medien- berichten zufolge dort, wo der Landkreis unberechtigte oder überhöhte Forderungen vermutet. Das betreffe zum Beispiel eheähnliche Gemein- schaften, Mietverträge zwischen Familienangehörigen sowie Bedarfs- anmeldungen für Heizungs- und Dachreparaturen. Der stellvertretende Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit, hat dies kritisiert. Er warf dem Landrat vor, unverhältnismäßig vorzugehen und in Grundrechte einzugreifen. 1. Wodurch ist nach Ansicht der Landesregierung gewährleistet, dass die geplante Erhebung von Sozialdaten durch den zentralen Ermittlungs- dienst des Landkreises Vorpommern-Rügen in Übereinstimmung mit den Vorschriften zum Datenschutz erfolgt? Da der Landkreis Vorpommern-Rügen örtlich zuständiger Träger der Sozialhilfe ist, obliegt die Sicherstellung des rechtskonformen Vorgehens des Ermittlungsdienstes einschließlich gegebenenfalls zu beachtender datenschutzrechtlicher Vorschriften dem Landrat als gesetzlichem Vertreter des Landkreises. Drucksache 6/3727 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 2 Er ist nach § 115 Absatz 1 der Kommunalverfassung (KV M-V) für die sachgerechte Erledigung der Aufgaben und den ordnungsgemäßen Gang der Verwaltung verantwortlich. Unabhängig davon ist darauf hinzuweisen, dass der im Haushaltssicherungskonzept des Landkreises vorgesehene Ermittlungsdienst unter anderem in die Bearbeitung von Anträgen auf Leistungen nach dem 3. und 4. Kapitel des Zwölften Buch Sozialgesetzbuch zur Sachverhaltsaufklärung einbezogen werden soll. Die rechtlichen Grundlagen ergeben sich vor allem aus den §§ 60 ff. Erstes Buch Sozialgesetzbuch. 2. Ist nach Kenntnis der Landesregierung geplant, die Tätigkeit des Ermittlungsdienstes durch eine Dienstanweisung zu regeln, und, wenn ja, welchen Inhalt soll diese haben? Der Landkreis hat mitgeteilt, dass er ein Qualitätsmanagement einführt und der Fachdienst Soziales, dem der soziale Ermittlungsdienst organisatorisch zugeordnet ist, hier Pilot- fachdienst ist. Dies schließt die Erarbeitung von Prozessbeschreibungen für die einzelnen Arbeitsprozesse ein und wird auch den geplanten Ermittlungsdienst umfassen. Aus der Prozessbeschreibung werden sich unter anderem Voraussetzungen, Ablauf und Umfang der Tätigkeiten ergeben. Arbeitshinweise oder Dienstanweisungen für die künftigen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen im sozialen Ermittlungsdienst werden durch die Prozessbeschreibungen ersetzt. 3. Durch welche Maßnahmen hat der Landkreis Vorpommern-Rügen nach Ansicht der Landesregierung sicherzustellen, dass Hausbesuche nur dann erfolgen, wenn keine anderen, die Leistungsempfänger weniger belastenden Möglichkeiten der Sachverhaltsklärung zur Verfügung stehen? Es wird auf die Antworten zu den Fragen 1 und 2 verwiesen. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/3727 3 4. Teilt die Landesregierung die Auffassung des Landkreises Vorpommern-Rügen, dass Hausbesuche grundsätzlich dafür geeignet sind, das Bestehen einer eheähnlichen Gemeinschaft festzustellen? a) Wenn ja, wie bewertet die Landesregierung die Beschlüsse des Sozialgerichts Düsseldorf vom 22. April 2005 und des Hessischen Landessozialgerichts vom 29. Juni und 21. Juli 2005, in denen genau dies verneint wird? b) Wenn nicht, warum nicht und wie wird die Landesregierung sicherstellen, dass Hausbesuche nicht zur Feststellung des Bestehens einer eheähnlichen Gemeinschaft erfolgen? Zu 4, a) und b) Die Auffassung des Landkreises Vorpommern-Rügen wird geteilt. Die genannten Beschlüsse des Sozialgerichts Düsseldorf und des Hessischen Landessozialgerichts stehen dieser Auffassung nicht entgegen. Unabhängig davon, dass sie sich auf spezielle Einzelfallsitua- tionen beziehen, schließt keiner der Beschlüsse die grundsätzliche Eignung von Haus- besuchen aus, das Bestehen einer eheähnlichen Gemeinschaft festzustellen. 5. Durch welche Maßnahmen hat der Landkreis Vorpommern-Rügen nach Ansicht der Landesregierung sicherzustellen, dass die zur Auf- gabenerfüllung erforderlichen Daten vorrangig bei den Leistungs- empfängern selbst erhoben werden? Es wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. 6. Durch welche Maßnahmen hat der Landkreis Vorpommern-Rügen nach Ansicht der Landesregierung sicherzustellen, dass Dritte, insbe- sondere Nachbarn, zu den konkreten Lebensumständen des betroffenen Leistungsempfängers nur unter den engen Voraus- setzungen des § 67 a Absatz 2 Satz 2 Nummer 2 SGB X befragt werden? Es wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. Unabhängig davon beabsichtigt der Landkreis nach den der Landesregierung vorliegenden Informationen nicht, den Ermittlungsdienst im Rahmen der Sachverhaltsaufklärung mit der Befragung von Dritten, insbesondere Nachbarn, zu den konkreten Lebensumständen des Leistungsempfängers zu beauftragen. Der Landkreis verweist darauf, dass der Antragsteller vorrangig selbst zur Sachverhaltsaufklärung beizutragen habe und zwar durch das Vorlegen von sachverhaltsaufklärenden und entscheidungsrelevanten Unterlagen und Aussagen. Der soziale Ermittlungsdienst wird zur Inaugenscheinnahme vor Ort als letztes und nachrangiges Mittel zur Sachverhaltsaufklärung eingesetzt. Drucksache 6/3727 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 4 7. Sind nach Kenntnis der Landesregierung verdeckte Datenerhebungen, insbesondere Observationen von Leistungsempfängern, geplant und, wenn ja, auf welcher Rechtsgrundlage? Nein. 8. Wie beurteilt die Landesregierung mögliche verdeckte Daten- erhebungen, insbesondere Observationen von Leistungsempfängern, politisch wie auch rechtlich? Es wird auf die Antworten zu den Fragen 1 und 7 verwiesen 9. Wie wird die Landesregierung dafür Sorge tragen, dass der Landkreis Vorpommern-Rügen seinen datenschutzrechtlichen Verpflichtungen auch nachkommt? Es wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen