Die Ministerin für Arbeit, Gleichstellung und Soziales hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 12. März 2015 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 6/3733 6. Wahlperiode 13.03.2015 KLEINE ANFRAGE der Abgeordneten Karen Stramm, Fraktion DIE LINKE Resistente Keime in Mecklenburg-Vorpommern und ANTWORT der Landesregierung 1. Für welche resistenten Keime besteht Meldepflicht? Eine Meldepflicht besteht für methicillinresistente Stämme des Krankheitserregers Staphylococcus aureus. Die Meldepflicht gilt für den Nachweis aus Blut oder Liquor. Die Meldepflicht ergibt sich aus § 1 der Verordnung zur Anpassung der Meldepflicht nach § 7 des Infektionsschutzgesetzes an die epidemische Lage (Labormeldepflicht-Anpassungs- verordnung - LabMeldAnpV) vom 26. Mai 2009. Weiterhin sind gemäß § 6 Absatz 1 Nr. 5a Infektionsschutzgesetz das Auftreten einer bedrohlichen Krankheit sowie nach § 6 Absatz 1 Nr. 5 b Infektionsschutzgesetz zwei oder mehr gleichartige Erkrankungen, bei denen ein epidemischer Zusammenhang wahrscheinlich ist oder vermutet wird und dies auf eine schwerwiegende Gefahr für die Allgemeinheit hinweist, ebenfalls meldepflichtig. Dies gilt auch für resistente Keime, die ursächlich für eine Erkrankung sind. Drucksache 6/3733 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 2 Weiterhin ist gemäß § 6 Absatz 3 Infektionsschutzgesetz das gehäufte Auftreten von nosokomialen Infektionen, bei denen ein epidemischer Zusammenhang wahrscheinlich ist oder vermutet wird, den Gesundheitsämtern unverzüglich als Ausbruch nichtnamentlich zu melden. Auch diese Regelung schließt alle resistenten Erreger ein. 2. Für welche resistenten Keime besteht keine Meldepflicht? Soweit sich eine Meldepflicht nicht aus den in der Antwort zu Frage 1 genannten Regelungen des Infektionsschutzgesetztes ergibt, zählen zu den häufigsten multiresistenten Erregern, für die keine Meldepflicht besteht, grampositive Erreger wie VRE (Vancomycin-resistente Enterokokken) sowie Erreger der Gruppe 3- und 4-MRGN (multiresistente gramnegative Erreger). Bei letzteren handelt es sich um gramnegative Stäbchen, die eine Resistenz gegenüber verschiedenen Antibiotika aufweisen. Als Vertreter aus beiden Erregergruppen sind beispielsweise Vancomycin-resistenter Enterococcus faecium und Enterococcus faecalis, Pseudomonas aeruginosa, Extended Spectrum Beta-Lactamase (ESBL) bildende Klebsiella pneumoniae und Beta-Laktamase bildende Escherichia coli zu nennen. Eine abschließende Aufzählung aller resistenten Keime, die keiner Meldepflicht unterliegen, kann nicht erfolgen, da jederzeit neue Keime auftreten beziehungsweise sich bereits vorhandene Keime verändern können. 3. Wie bewertet es die Landesregierung, wenn für resistente Keime keine Meldepflicht besteht? Eine durch Gesetz oder Verordnung geregelte Meldepflicht für alle bei Krankheitserregern festgestellten Resistenzen gegen Antibiotika wäre nicht sinnvoll, da Resistenzen gegen einzelne oder mehrere Antibiotika bei einer Vielzahl von Bakterien auftreten. Wichtig ist die Kenntnis über spezielle Resistenzen und Multiresistenzen bei Krankheitserregern, die zu schwer zu behandelnden Krankheiten führen können. Das Infektionsschutzgesetz regelt in § 23 Absatz 4, dass in Krankenhäusern und Einrichtungen für ambulantes Operieren über das Auftreten von Erregern mit speziellen Resistenzen und Multiresistenzen fortlaufend Niederschriften angefertigt, diese bewertet und die erforderlichen Schlussfolgerungen gezogen werden. Nach § 4 Absatz 2 Infektionsschutzgesetz hat das Robert Koch- Institut die nach § 23 Absatz 4 zu erfassenden Krankheitserreger mit speziellen Resistenzen und Multiresistenzen festzulegen und in einer Liste im Bundesgesetzblatt zu veröffentlichen. Dem zuständigen Gesundheitsamt ist Einsicht in die oben genannten Aufzeichnungen, Bewertun- gen und Schlussfolgerungen der Krankenhäuser und Einrichtungen für ambulantes Operieren zu gewähren. Zurzeit befindet sich ein Referentenentwurf für eine Verordnung zur Anpassung der Meldepflichten nach dem Infektionsschutzgesetz an die epidemische Lage in der Länder- abstimmung. Die Verordnung sieht eine Arztmeldepflicht für MRSA-Infektionen vor, bei denen der Erreger aus Abzessmaterial bei tiefgehenden Haut- und Weichgewebe-Infektionen nachgewiesen wurde. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/3733 3 Hierdurch könnten künftig auch die meist nur ambulant auftretenden MRSA-Infektionen erfasst werden, die sich als Haut- und Weichgewebeinfektionen manifestieren. Ferner sollen Labormeldepflichten in Bezug auf klinisch besonders relevante multiresistente Erreger mit einer Resistenz gegenüber der Antibiotikagruppe der Carbapeneme und auf vancomycin- resistente Enterokokken eingeführt werden. In Bezug auf Clostridium difficile soll sowohl eine Labormeldepflicht bei Nachweis des Erregers als auch eine Arztmeldepflicht bei Infektionen durch Clostridium difficile geregelt werden. Die Landesregierung begrüßt diese geplanten neuen Meldepflichten. Die bereits geltenden und vorgesehenen Regelungen sind aus Sicht der Landesregierung eine gute Grundlage, um der Weiterverbreitung multiresistenter Erreger entgegen zu wirken. 4. Wie hat sich die Zahl der MRSA-Infektionen und der entsprechenden Sterbefälle in Mecklenburg-Vorpommern seit 2011 entwickelt (bitte die Zahlen auch für die Landkreise und kreisfreien Städte ausweisen)? In den Jahren 2011 bis 2014 gab es in Mecklenburg-Vorpommern insgesamt 553 gemeldete invasive MRSA-Fälle. Tabelle 1 zeigt die Anzahl der MRSA-Fälle pro Jahr sowie die jeweilige Anzahl der Sterbefälle. Die Tabelle 2 gibt eine Übersicht zur Anzahl der Fälle pro Landkreis in den Jahren 2011 bis 2014. Tabelle 1 Anzahl der Fälle Anzahl der Sterbefälle 2014 132 17 2013 145 11 2012 144 7 2011 132 10 Quelle: Landesamt für Gesundheit und Soziales Mecklenburg-Vorpommern Tabelle 2 meldender Landkreis 2011 2012 2013 2014 Hansestadt Rostock 12 15 7 11 Landkreis Rostock 17 19 17 16 Ludwigslust-Parchim 14 16 21 28 Mecklenburgische Seenplatte 20 24 28 15 Nordwestmecklenburg 14 20 18 9 Schwerin 8 5 5 6 Vorpommern-Greifswald 25 21 16 18 Vorpommern-Rügen 22 24 33 29 Gesamt 132 144 145 132 Quelle: Landesamt für Gesundheit und Soziales Mecklenburg-Vorpommern Drucksache 6/3733 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 4 5. Wo sieht die Landesregierung die Ursachen dafür, dass Mecklenburg- Vorpommern bei MRSA-Infektionen pro 100.000 Einwohner bundesweit, nach Berlin, führend ist? In Mecklenburg-Vorpommern ist im Land aufgrund der jahrelangen engen Zusammenarbeit zwischen dem Landesamt für Gesundheit und Soziales und den kommunalen Gesund- heitsämtern sowie Ärzten und Laboreinrichtungen von einer hohen Meldedisziplin auszugehen. Schulungen, Fortbildungen und vertrauensvolle Zusammenarbeit bedingen eine immer bessere Umsetzung der Meldepflichten. Zum anderen sind die angestiegenen Meldezahlen auch auf das immer umfangreichere MRSA-Screening zurück zu führen. Mehr durchgeführte Untersuchungen spiegeln in der Folge eine steigende Erreger-Prävalenz wieder und damit verbunden eine steigende Inzidenz. Zudem ist der Anstieg altersassoziierter Erkrankungen aufgrund des demografischen Wandels zu berücksichtigen. Ein höheres Lebensalter geht einher mit dem vermehrten Auftreten von chronischen Erkrankungen und Beeinträchtigungen des Immunsystems. Dies wiederum begünstigt das Auftreten von Infektionskrankheiten, unter anderem auch das Auftreten von MRSA-Infektionen. 6. Wie bewertet die Landesregierung die in der Fachpresse geäußerte These, wonach ein Zusammenhang zwischen der Resistenz von Keimen und der Ausbringung von Gülle auf landwirtschaftliche Nutz- flächen besteht? Der Landesregierung liegen keine wissenschaftlichen Erkenntnisse vor, die einen kausalen Zusammenhang zwischen der Resistenz von Keimen und der Ausbringung von Gülle auf landwirtschaftlichen Nutzflächen belegen.