Der Chef der Staatskanzlei hat namens der Landesregierung die Antwort auf die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 31. März 2015 übermittelt. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 6/3778 6. Wahlperiode 02.04.2015 KLEINE ANFRAGE des Abgeordneten Helmut Holter, Fraktion DIE LINKE Auswirkungen der Sanktionen bzw. Handelsbeschränkungen gegen und durch Russland auf die Wirtschaft Mecklenburg-Vorpommerns und ANTWORT der Landesregierung 1. Wie hat sich der Warenhandel zwischen Mecklenburg-Vorpommern und Russland seit 2013 entwickelt (bitte Angaben in den einzelnen Wirtschaftsbereichen nach Ein- und Ausfuhren differenzieren)? Russland lag 2014 auf Platz 2 der Handelspartner Mecklenburg-Vorpommerns (2013: Platz 4). Nach den vorläufigen Zahlen des Statistischen Amtes wurden 2014 Waren im Wert von circa 1,1 Milliarden Euro zwischen Mecklenburg-Vorpommern und Russland ausgetauscht, wobei der Import mit 825 Millionen Euro deutlich überwogen hat. Ausfuhren (Angaben gerundet): Im Vergleich zum Vorjahr ist 2014 ein leichter Rückgang der Exporte zu verzeichnen, der hauptsächlich auf den Bereich Ernährungswirtschaft zurückzuführen ist. So wurden 2014 Waren im Wert von circa 240 Millionen Euro aus Mecklenburg-Vorpommern nach Russland exportiert (2013: 251 Millionen Euro). Die Summe gliedert sich wie folgt auf die einzelnen Wirtschaftsbereiche auf: - Gewerbliche Wirtschaft: 160 Millionen Euro (2013: 161 Millionen Euro), - Ernährungswirtschaft: 80 Millionen Euro (2013: 91 Millionen Euro). Die Hauptausfuhrgüter waren Eisenwaren (20,7 %), Hebezeuge (12,7 %) und Kaffee (11,1 %). Drucksache 6/3778 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 2 Einfuhren (Angaben gerundet): 2014 wurden Waren im Wert von 825 Millionen Euro importiert (2013: 383 Millionen Euro). Im Vergleich zum Vorjahr hat sich das Einfuhrvolumen 2014 damit mehr als verdoppelt. Diese Erhöhung ist auf die gestiegene Einfuhr von Mineralölerzeugnissen (verarbeitete Produkte) zurückzuführen, deren Anteil an den Gesamtimporten 84,5 % ausgemacht hat. Der zweit- und dritthöchste Wert der Einfuhrgüter fiel auf Düngemittel (2,7 %) und Roheisen (2,4 %). Der Anteil der Einfuhren für den gewerblichen Wirtschaftsbereich betrug dabei 817 Millionen Euro (2013: 375 Millionen Euro) und für den Wirtschaftsbereich Ernährung 8 Millionen Euro (2013: 7 Millionen Euro). Seegüterverkehr (Angaben gerundet): Für das Gesamtjahr 2014 liegen noch keine Daten vor. Im Vergleichszeitraum zum Vorjahr kann jedoch festgestellt werden, dass per 30. September 2014 der Seegüterverkehr um 0,187 Millionen Nettotonnen auf 1,475 Millionen Nettotonnen gestiegen ist. Die nach- folgende Tabelle zeigt die Anteile der Häfen Rostock, Wismar und Sassnitz am Seegüter- verkehr aus und zu russischen Ostseehäfen (Angaben in Nettotonnen). 2013 per 30.09.2013 per 30.09.2014 Mecklenburg-Vorpommern - Russland (Ostsee) davon in: 1.685.238 1.288.326 1.475.115 Rostock 1.451.925 1.106.482 1.241.902 Wismar 214.050 171.311 183.707 Sassnitz 8.164 7.849 28.487 Mecklenburg-Vorpommern - Ostsee 17.358.426 13.040.158 13.678.915 Mecklenburg-Vorpommern - Gesamt 25.644.533 19.444.831 20.008.065 Regelmäßig verkehrende Liniendienste zwischen mecklenburg-vorpommerschen und russischen Ostseehäfen sind nur zwischen Sassnitz und Ust Luga eingerichtet. Das Volumen der Fährverbindung mit Ust Luga war 2014 im Vergleich zum Vorjahr stark rückläufig, unter anderem auch wegen des schwachen Rubels und der Unsicherheiten aufgrund der aktuellen Situation. 2. Wie groß ist die Anzahl der Unternehmen in Mecklenburg- Vorpommern, die für einen Export nach Russland produzieren und welche Unternehmen aus welcher Branche haben einen besonders hohen Exportanteil nach Russland? Über die genaue Anzahl der Unternehmen in Mecklenburg-Vorpommern, die Güter nach Russland exportieren, besitzen die Landesregierung und die Industrie- und Handelskammern in Mecklenburg-Vorpommern keine gesicherte Datengrundlage. Den Industrie- und Handels- kammern sind ungefähr 100 Unternehmen im Land bekannt, die geschäftliche Beziehungen nach Russland unterhalten. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/3778 3 3. Inwieweit hat sich die Landesregierung mit den Auswirkungen der Sanktionen bzw. Handelsbeschränkungen auf die Wirtschaft in Mecklenburg- Vorpommern befasst? Die Landesregierung ist bestrebt, unter Beachtung der Einhaltung der Sanktionen der Euro- päischen Union im Rahmen ihrer Möglichkeiten die Unternehmen in ihren wirtschaftlichen Aktivitäten zu unterstützen. Daher hat die Staatskanzlei unter anderem im Herbst 2014 einen Russlandtag durchgeführt, um Unternehmen Gelegenheit zu geben, den Außenhandel mit Russland unter den gegebenen Umständen weiter auszubauen. Des Weiteren ist für Juni 2015 eine Delegationsreise in die Partnerregion Mecklenburg-Vorpommerns nach St. Petersburg unter Leitung des Ministerpräsidenten geplant. Mit der Reise sollen Unternehmen unterstützt werden, die bereits über Geschäftskontakte nach Russland verfügen. Ziel der Reise und aller weiteren Bemühungen der Landesregierung ist es, die Handelsbeziehungen mit Russland aufrechtzuerhalten und perspektivisch auszubauen. 4. Wie bewertet die Landesregierung im Allgemeinen die Situation für Unternehmen aus Mecklenburg-Vorpommern, insbesondere der Ernährungswirtschaft und der maritimen Industrie, vor dem Hinter- grund der bestehenden Sanktionen beziehungsweise Handels- beschränkungen? Mecklenburg-Vorpommern ist aufgrund seiner langjährigen und intensiven Kontakte und Wirtschaftsbeziehungen nach Russland von der aktuellen Lage besonders betroffen. Die Landesregierung bewertet daher die Situation der hiesigen, im russischen Markt aktiven Unternehmen, insbesondere der maritimen Industrie und der Ernährungswirtschaft, aufgrund der zumindest indirekten Einflüsse der Sanktionen beziehungsweise Handelsbeschränkungen als kritisch. 5. Welche konkreten Auswirkungen auf Unternehmen in Mecklenburg- Vorpommern infolge der Sanktionen bzw. Handelsbeschränkungen gegen Russland sind der Landesregierung bekannt (bitte aufgeschlüsselt auf einzelne Wirtschaftsbereiche und wenn vorhanden jeweils die Höhe des wirtschaftlichen Schadens angeben)? Bei den Industrie- und Handelskammern sind einzelne Firmen bekannt, die zum Teil erhebliche Einbrüche in ihrem Russlandgeschäft verzeichnen mussten. Aus Gründen des Datenschutzes und einer möglichen Verletzung von Geschäftsgeheimnissen durch die Industrie- und Handelskammern muss von einer konkreten Benennung betroffener Unternehmen abgesehen werden. Drucksache 6/3778 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 4 Eine trennscharfe Abgrenzung zwischen sanktionsbedingten und makroökonomisch bedingten Geschäftsrückgängen ist in vielen Fällen nur schwer vorzunehmen. Maritime Industrie: In Mecklenburg-Vorpommern sind eine Reihe von russischen Unternehmen, wie zum Beispiel Nordic Yards, Ilim Timber und Dovgan tätig. Die Landesregierung befindet sich in regelmäßigem Austausch mit den von den Sanktionen betroffenen beziehungsweise möglicherweise betroffenen Unternehmen der maritimen Industrie. Konkrete Auswirkungen, die unmittelbar auf die Sanktionen beziehungsweise Handelsbeschränkungen zurückzuführen sind, sind für Unternehmen der maritimen Industrie aus Mecklenburg-Vorpommern bislang nicht bekannt. Ernährungswirtschaft: Nach der Landesregierung bekannten Informationen einzelner Vertreterinnen und Vertreter der Ernährungswirtschaft nehmen diese aufgrund der Handelsbeschränkungen, aber auch auf- grund der aktuell nicht vorhandenen Perspektive derzeit vom Handel mit der Russischen Föderation Abstand. Dass der Rückgang der Exportzahlen in der Ernährungswirtschaft gegen- über 2013 nicht noch höher ausgefallen ist, wird darauf zurückgeführt, dass die Einfuhr- bestimmungen bereits seit Jahren hohe Anforderungen an exportierende Unternehmen stellen. Die Unternehmen konnten sich entsprechend auf die Situation einstellen und, soweit möglich, alternative Absatzstrategien entwickeln. Seegüterverkehr und Hafenwirtschaft: Für den Bereich des Seegüterverkehrs und der Hafenwirtschaft Mecklenburg-Vorpommerns können anhand der Entwicklungen des Seegüterumschlages (siehe Antwort zu Frage 1) keine konkreten Auswirkungen der Sanktionen beziehungsweise Handelsbeschränkungen gegen und durch Russland aufgezeigt werden. Tourismus: Auch im Bereich Tourismus sind Auswirkungen im Zuge der Ukrainekrise spürbar. So weisen die Ankunfts- und Übernachtungszahlen von Gästen aus der Russischen Föderation im Jahr 2014 einen Rückgang um -9,9 % bei den Ankünften und um -19,6 % bei den Übernach- tungen auf. Die durchschnittliche Aufenthaltsdauer lag 2014 bei 2,3 Nächten und somit auf dem Niveau der vergangenen Jahre. 6. Welche konkreten Auswirkungen auf Unternehmen in Mecklenburg- Vorpommern infolge der Sanktionen bzw. Handelsbeschränkungen durch Russland sind der Landesregierung bekannt (bitte aufgeschlüsselt auf einzelne Wirtschaftsbereiche und wenn vorhanden jeweils die Höhe des wirtschaftlichen Schadens angeben)? Es wird auf die Antwort zu Frage 5 verwiesen. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/3778 5 7. Mit welchen Auswirkungen für Mecklenburg-Vorpommern rechnet die Landesregierung für 2015 beziehungsweise langfristig beim Fort- bestehen der Sanktionen bzw. Handelsbeschränkungen? Genaue Aussagen hierzu können nicht getroffen werden. Es wird jedoch insbesondere im Bereich Ernährungswirtschaft mit einem weiteren Rückgang der Exporte gerechnet. Bei langfristigem Fortbestehen der Sanktionen ist ebenfalls mit negativen Auswirkungen auf die maritime Industrie zu rechnen. 8. Welche Unterstützungsmaßnahmen hat die Landesregierung für von den Sanktionen beziehungsweise Handelsbeschränkungen betroffene Unternehmen bisher initiiert bzw. geplant? Bisher wurden keine konkreten Unterstützungsanfragen von Unternehmen an die Landes- regierung herangetragen. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 3 verwiesen.