Die Ministerin für Arbeit, Gleichstellung und Soziales hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 30. März 2015 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 6/3789 6. Wahlperiode 30.03.2015 KLEINE ANFRAGE der Abgeordneten Jacqueline Bernhardt, Fraktion DIE LINKE Elternrechte in den Kindertageseinrichtungen und ANTWORT der Landesregierung 1. Wie weit reicht das Mitwirkungsrecht der Elternräte nach § 8 Abs. 4 Satz 1 Kindertagesförderungsgesetz Mecklenburg-Vorpommern (KiföG M-V) in Bezug auf die Essenversorgung? a) Inwiefern wird das Mitwirkungsrecht der Elternräte nach § 8 Abs. 4 Satz 1 a) KiföG M-V aus Sicht der Landesregierung verletzt , wenn der Träger einer Kindertageseinrichtung einseitig, ohne Einbeziehung des Elternrates, die Pauschale bzw. Einzelabrechnung der Verpflegungskosten festlegt? b) Welche konkreten Konsequenzen ergeben sich bei der Verletzung der Mitwirkungsrechte der Elternräte bezüglich der Zahlungspflichten der Eltern? § 8 Absatz 4 Satz 1 Kindertagesförderungsgesetz (KiföG M-V) besagt: „Der Elternrat wirkt in wesentlichen Angelegenheiten der Kindertageseinrichtung mit, insbesondere bei der (…) Essenversorgung der Kinder“. Nach § 8 Absatz 4 Satz 3 KiföG M-V haben Vertreterinnen und Vertreter des Elternrats einen Anspruch, an den Verhandlungen über die Leistung, das Entgelt und die Qualitätsentwicklung nach § 16 KiföG M-V beratend teilzunehmen. Bestandteil der Verhandlungen sind auch Angelegenheiten der Essenversorgung. In diesem Rahmen erhalten sie Informationen zu Einzelheiten zu den für ihre Kindertageseinrichtung verhandelten Verpflegungskosten. Drucksache 6/3789 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 2 § 8 Absatz 4 KiföG M-V begründet ein Mitwirkungsrecht des Elternrates der jeweiligen Kindertageseinrichtung. Der Elternrat ist am Prozess der Entscheidungsfindung bei den in Absatz 4 Satz 1 KiföG M-V genannten Angelegenheiten zu beteiligen. Er ist also über die beabsichtigte Entscheidung sowie deren Gründe zu informieren und verantwortliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Kindertageseinrichtung haben zu den Vorstellungen des Elternrates Stellung zu nehmen. Eine Verletzung des Mitwirkungsgebotes berührt die rechtliche Wirksamkeit der getroffenen Entscheidungen des Trägers der Kindertageseinrichtung nicht. Fragen der Ausgestaltung und der Abrechnung der Verpflegung sind Gegenstand der Betreuungsverträge zwischen Eltern und Kindertageseinrichtung. Vertragliche Vereinbarungen erfordern übereinstimmende Willenserklärungen beider Vertragsparteien. Zu a) Bei diesem Sachverhalt liegt ein Verstoß gegen § 8 Absatz 4 Satz 1 KiföG M-V vor. Zu b) Bei diesem Sachverhalt ergeben sich keine unmittelbaren rechtlichen Konsequenzen für die Zahlungspflichten der Eltern. 2. Gibt es aus Sicht der Landesregierung Kontroll- und Einflussmöglichkeiten für die Eltern oder sonstiger an der Kindertagesbetreuung Beteiligter bezüglich überdurchschnittlicher Kostensteigerungen bei den Verpflegungskosten? Ja, über die Beteiligung an den Verhandlungen zu Vereinbarungen nach § 16 KiföG M-V (vergleiche § 8 Absatz 4 Satz 3 KiföG M-V). Hier besteht insbesondere eine Aufgabe der örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe auf Einbeziehung der Elternvertreterinnen und Elternvertreter. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/3789 3 3. Besteht aus Sicht der Landesregierung aus § 8 Abs. 4 Satz 2 ff. KiföG M-V ein Recht der Eltern gegenüber dem Träger der Kindertageseinrichtung und/oder dem örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe , sich die Zusammensetzung der Kosten der Vollverpflegung darstellen zu lassen? Nach § 8 Absatz 4 KiföG M-V haben Vertreterinnen und Vertreter des Elternrates ein Recht auf beratende Teilnahme an den Leistungs- und Entgeltverhandlungen nach § 16 Absatz 1 KiföG M-V. Nach § 16 Absatz 1 Satz 2 KiföG M-V werden mit den Leistungs- und Entgeltvereinbarungen „Inhalt, Umfang und Qualität der Leistungsangebote sowie differenzierte Entgelte für die Leistungsangebote und die betriebsnotwendigen Investitionen der jeweiligen Kindertageseinrichtungen festgelegt“. Nach § 16 Absatz 1 Satz 4 KiföG M-V ist die Verpflegung als Bestandteil der Vereinbarungen gesondert auszuweisen. Die Kalkulation der Kosten ist wesentlicher Verhandlungsgegenstand. 4. Sieht die Landesregierung bei der Einführung der Vollverpflegung Defizite bei der Mitwirkung der Eltern auf örtlicher, Kreis- oder Landesebene? Ja. Die Verhältnisse vor Ort erscheinen unterschiedlich. Das Gebot der Elternmitwirkung nach § 8 Absatz 4 KiföG M-V richtet sich an die örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe und an die Kindertageseinrichtungen. 5. Welche konkreten Maßnahmen sieht die Landesregierung vor, um die Elternrechte auf örtlicher, Kreis- und Landesebene zu stärken? Die Landesregierung hat mit einer Vielzahl von schriftlichen Informationen an Eltern, an die örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe, an die Träger von Kindertageseinrichtungen und an die dort tätigen Fachkräfte auf den Inhalt und den Stellenwert der Elternmitwirkung hingewiesen. Dieses erfolgte auch durch die Teilnahme an Informationsveranstaltungen vor Ort, durch Veröffentlichungen in der Presse und durch die Beantwortung von Eingaben von Eltern. Drucksache 6/3789 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 4 6. Warum ist es seit dem 1. Januar 2015 nicht mehr möglich, dass sich die Träger von Kindertageseinrichtungen bei der Umsetzung der Vollverpflegung der Eltern - durch Betreuungsvertrag abgesichert - als Dritte bedienen, wenn dies bis 1. Januar 2015 bei gleicher Verpflichtung der Träger der Kindertagesstätten nach § 10 Abs. 1 a KiföG M-V (2010) möglich war? In welcher Weise konkret die Kindertageseinrichtung ihrer Verpflichtung nach § 10 Absatz 1a KiföG M-V nachkommt, ist im Kindertagesförderungsgesetz M-V nicht ausformuliert. Die Kindertageseinrichtung kann sich bei der Umsetzung von § 10 Absatz 1a KiföG M-V auch Dritter (Caterer) bedienen. Dass Eltern die Rolle eines Catering-Unternehmers (unter der Verantwortung der Kindertageseinrichtung ) übernehmen, mag in Einzelfällen vielleicht praktisch realisierbar sein. Da es aber darum geht, als Dienstleister für eine Kindertageseinrichtung dauerhaft und verlässlich nach den Standards des Vereins „Deutsche Gesellschaft für Ernährung“ die Verpflegung für alle Kinder einer Kindertageseinrichtung zu organisieren, erscheint die Übernahme dieser Aufgabe durch Eltern in den allermeisten Fällen unrealistisch. Soweit Eltern ihren Kindern neben einer Verpflegung in der Verantwortung der Kindertageseinrichtung individuell Nahrungsmittel (Obst, Getränke et cetera) unter Beachtung der hygienerechtlichen Vorschriften mitgeben, handelt es sich rechtlich nicht um Verpflegung im Sinne von § 10 Absatz 1a KiföG M-V, denn diese Vorschrift regelt eine Gewährleistungsverpflichtung der Kindertageseinrichtungen. Die Frage, ob Eltern ihren Kindern Nahrungsmittel mit in die Kindertageseinrichtung geben können oder nicht, sollte mit dem Träger der Einrichtung verbindlich abgesprochen werden. 7. Womit ist die Abkehr von der gängigen Praxis, wie unter Frage 6 beschrieben, begründet und wo ist dies festgeschrieben? Die Regelung ergibt sich aus § 10 Absatz 1a KiföG M-V, die Begründung aus der Gesetzesbegründung (vergleiche Landtagsdrucksache 6/1621, Seite 26). Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/3789 5 8. Inwieweit wurde seitens der Landesregierung Mecklenburg- Vorpommern der Landeselternrat bei der Erarbeitung des vierten Gesetzes zur Änderung des Kindertagesförderungsgesetzes einbezogen ? Im Jahr 2013 als dem Zeitpunkt des Gesetzgebungsverfahrens zum Vierten Gesetz zur Änderung des Kindertagesförderungsgesetzes M-V hatte sich in Mecklenburg-Vorpommern noch kein Landeselternrat entsprechend der Regelungen des § 8 Absatz 5 KiföG M-V gebildet. Nach § 8 Absatz 5 KiföG M-V bildet sich der Landeselternrat aus Vertreterinnen und Vertretern der Kreis- und Stadtelternräte. Im vorgenannten Zeitraum gab es lediglich einen Kreiselternrat, der gemäß § 8 Absatz 5 Satz 5 KiföG M-V zwei seiner Mitglieder zu Vertreterinnen beziehungsweise Vertretern des Kreiselternrates in dem bis dahin noch nicht gebildeten Landeselternrat bestimmt hatte. Diese Vertreterinnen beziehungsweise Vertreter eines Kreiselternrates traten im Gesetzgebungsverfahren zum Vierten Gesetz zur Änderung des Kindertagesförderungsgesetzes M-V als Landeselternrat auf und führten die Bezeichnung Kita-Landeselternrat. Dieser ist im Gesetzgebungsverfahren zum Vierten Gesetz zur Änderung des Kindertagesförderungsgesetzes M-V 2013 umfassend beteiligt worden (vergleiche Landtagsdrucksache 6/1969 auf Seite 37). 9. Inwieweit hat die Landesregierung Kenntnis darüber, ob und in welcher Besetzung der in § 8 Abs. 5 KiföG M-V vorgesehene Landeselternrat derzeit tätig ist (bitte konkret darstellen)? Bisher hat sich in Mecklenburg-Vorpommern noch kein Landeselternrat entsprechend der Regelungen des § 8 Absatz 5 KiföG M-V gebildet.