Die Finanzministerin hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 26. März 2015 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 6/3818 6. Wahlperiode 27.03.2015 KLEINE ANFRAGE der Abgeordneten Jeannine Rösler, Fraktion DIE LINKE Zum Wahrheitsgehalt von Antworten der Landesregierung und ANTWORT der Landesregierung Vorbemerkung Die Schlussfolgerung in den Vorbemerkungen der Fragestellerin, dass durch die Pressemitteilung des Abgeordneten Egbert Liskow vom 11. März 2015 der Wahrheitsgehalt der Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Jeannine Rösler auf Drucksache 6/3512 tangiert wird, wird von der Landesregierung nicht geteilt. Abgeordnete sind gemäß Artikel 22 der Verfassung des Landes Mecklenburg-Vorpommern als Vertreter des Volkes nur ihrem Gewissen unterworfen, sie sind an Aufträge und Weisungen nicht gebunden. Damit ist verfassungsrechtlich gesichert, dass sie auch nicht verpflichtet sind, Beurteilungen der Landesregierung als eigene zu übernehmen oder sie zu vertreten. Das gilt unabhängig von Fraktionszugehörigkeiten und auch für Meinungsäußerungen in eigenem Namen, im Namen mehrerer Abgeordneter oder im Namen von Fraktionen. Diese Unabhängigkeit der Abgeordneten ist als elementares Verfassungsrecht unabdingbar für eine wirksame Aufteilung der Staatsgewalt in Legislative und Exekutive. Drucksache 6/3818 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 2 „Die Landesregierung sieht nach wie vor Spielräume für eine stärkere Besteuerung großer Vermögen, da die vermögensbezogenen Steuern in Deutschland im europäischen Vergleich unterdurchschnittlich zum Gesamtsteueraufkommen beitragen.“ (Antwort der Landesregierung auf meine Kleine Anfrage auf Drucksache 6/3512) „Hierbei handelte es sich vermutlich um eine Einzelmeinung des Finanzministeriums . Es ist nicht meine Meinung, es ist nicht die Meinung der CDU-Fraktion, es würde mich sehr wundern, wenn es die Meinung der Landesregierung wäre, da es nicht die Meinung der CDU-Fraktion ist, ist es jedenfalls nicht die Meinung der Koalition.“ (Pressemitteilung von Egbert Liskow, Fraktion der CDU, vom 11. März 2015) Aus Reihen der Koalitionsfraktionen wird damit der Wahrheitsgehalt zu Antworten der Koalitionsregierung bezweifelt bzw. relativiert. 1. Auf welchem Weg oder auf welcher rechtlichen Grundlage wird durch die Landesregierung gewährleistet, dass die Beantwortung von Kleinen Anfragen die Auffassung der Landesregierung widerspiegelt? Gemäß Artikel 46 der Verfassung des Landes Mecklenburg-Vorpommern leitet jeder Minister seinen Geschäftsbereich selbständig und in eigener Verantwortung innerhalb der vom Ministerpräsidenten bestimmten Richtlinien der Regierungspolitik. Bei allen Angelegenheiten, die den Geschäftsbereich mehrerer Ministerien berühren, erfolgt entsprechend § 4 der Geschäftsordnung der Landesregierung vom 21.02.1995 (Gesetz- und Verordnungsblatt Mecklenburg-Vorpommern 1995, Seite 115; zuletzt geändert am 30.09.1997, Gesetz- und Verordnungsblatt Mecklenburg-Vorpommern 1997, Seite 535) eine Abstimmung zwischen den betroffenen Ministerien. Die Einhaltung der Richtlinien der Regierungspolitik wird dadurch sichergestellt, dass die Übersendung der Antworten der Landesregierung auf Kleine Anfragen an den Landtag durch den Chef der Staatskanzlei erfolgt. 2. Inwiefern wird von der Landesregierung in Antworten auf parlamentarische Fragen bei streitigen Fragen zwischen den Ressorts oder innerhalb der Landesregierung in der Regel darauf verwiesen, dass die politische Meinungsbildung innerhalb der Landesregierung noch nicht abgeschlossen ist oder die Landesregierung sich zu gegebener Zeit zur Frage äußern wird oder die Landesregierung gegenwärtig keinen politischen Entscheidungsbedarf zur streitigen Frage sieht (Antwort bitte begründen)? Seitens der Landesregierung wird in Antworten auf parlamentarische Fragen immer dann darauf verwiesen, dass die politische Meinungsbildung innerhalb der Landesregierung noch nicht abgeschlossen ist oder die Landesregierung sich zu gegebener Zeit positionieren wird oder die Landesregierung gegenwärtig keinen politischen Entscheidungsbedarf zu einer Frage sieht, wenn dies den Gegebenheiten entspricht. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/3818 3 Die Landesregierung ist gemäß Artikel 40 Absätze 1 und 2 der Verfassung des Landes Mecklenburg-Vorpommern verpflichtet, bereits bestehende politische Bewertungen und Ergebnisse abgeschlossener Meinungsbildungsprozesse im Rahmen der Beantwortung von parlamentarischen Fragen mitzuteilen. Sie ist jedoch nicht verpflichtet, allein aufgrund parlamentarischer Anfragen eine solche Bewertung oder Meinungsbildung vorzunehmen. Dies wäre ein Eingriff in den Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung und würde dem verfassungsrechtlich verankerten Gewaltenteilungsgrundsatz einschränken. 3. Handelt es sich bei der o. g. Aussage um eine Position der Landesregierung oder um eine Einzelmeinung des Finanzministeriums (Antwort bitte begründen)? Bei der Antwort der Landesregierung auf Drucksache 6/3512 handelt es sich um die Position der Landesregierung. Die Geschäftsbereiche „Haushalt und Finanzwirtschaft“ und „Steuern“ wurden durch den Organisationserlass des Ministerpräsidenten vom 18.11.2011 (Amtsblatt Mecklenburg-Vorpommern 2011, Seite 1066; zuletzt geändert am 25.09.2014, Amtsblatt Mecklenburg-Vorpommern 2014, Seite 1086) der Finanzministerin übertragen. Zur Ressortverantwortlichkeit und Abstimmung innerhalb der Landesregierung wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. Die Begründung, weshalb die Landesregierung die Auffassung vertritt, dass Spielräume für eine stärkere Besteuerung großer Vermögen bestehen, ergibt sich unmittelbar aus der Antwort der Landesregierung auf Drucksache 6/3512. Die darin dargestellte Auffassung trifft keine Aussage darüber, ob seitens der Landesregierung beabsichtigt ist, diese Spielräume aktuell zu nutzen und entsprechende Initiativen zu ergreifen; hierzu wird auf die Antwort der Landesregierung auf Drucksache 6/3602 verwiesen. 4. Ist die o. g. Antwort der Landesregierung vollumfänglich geeignet, öffentliche Relativierungen bzw. Zweifel wirksam als Unwahrheit bzw. Fehlinterpretation zurückzuweisen (Antwort bitte begründen)? Die Landesregierung ist nicht verpflichtet, öffentliche Relativierungen beziehungsweise Zweifel von Abgeordneten an Auskünften der Landesregierung zurückzuweisen. Zum Rechtsverhältnis von Abgeordneten und ihrer Stellung gegenüber der Landesregierung wird auf die Vorbemerkung verwiesen. Ob die Antwort der Landesregierung auf Drucksache 6/3512 vollumfänglich geeignet wäre, öffentliche Relativierungen beziehungsweise Zweifel als Unwahrheit beziehungsweise Fehlinterpretation wirksam zurückzuweisen, ist daher nicht von der Landesregierung einzuschätzen, sondern von demjenigen, der eine solche Zurückweisung gegebenenfalls beabsichtigt. Drucksache 6/3818 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 4 5. Sollte es sich entgegen dem klaren Wortlaut um eine Einzelmeinung des Finanzministeriums handeln, aus welchen Gründen hat die Landesregierung in ihrer Antwort auf meine Kleine Anfrage diese Position als eine der Landesregierung dargestellt und inwiefern erscheint die gewählte Formulierung im Hinblick auf die verfassungsgemäße Pflicht der Landesregierung, parlamentarische Fragen vollständig und wahrheitsgemäß zu beantworten, problematisch? Es handelt sich bei der Antwort der Landesregierung auf Drucksache 6/3512 nicht um die Einzelmeinung des Finanzministeriums. Auf die Antwort zu Frage 3 wird verwiesen.