Der Minister für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 6. Mai 2015 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 6/3854 6. Wahlperiode 07.05.2015 KLEINE ANFRAGE der Abgeordneten Jürgen Suhr und Dr. Ursula Karlowski, Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Möglichkeiten der Steuerung von Flächenveräußerungen und Flächenerwerb in der Landwirtschaft und ANTWORT der Landesregierung Nach einem Gutachten der Juristen Prof. Dr. Reimund Schmidt-De Caluwe von der Universität Halle und Prof. Dr. Matthias Lehmann von der Universität Bonn im Auftrag des Bundesverbandes der Landgesellschaften (BLG) können die Länder den Erwerb von Anteilen an landwirtschaftlichen Gesellschaften, bei dem auch land- und forstwirtschaftliche Grundstücke den Besitzer wechseln, genehmigungspflichtig machen, um unerwünschte Konzentrationsprozesse in den Händen weniger Investoren zu verhindern. 1. Wie haben sich die Bodenpreise (Kauf und Pacht) in der Land- und Forstwirtschaft in den vergangenen zehn Jahren in MecklenburgVorpommern entwickelt (Angaben bitte in Jahreswerten)? Zur Beantwortung der Frage wird auf die nachfolgende Tabelle verwiesen. Drucksache 6/3854 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 2 Jahr Landwirtschaft Forstwirtschaft Kaufpreise durchschnittlich gezahlte Pachtpreise* Kaufpreise** in Euro/Hektar in Euro/Hektar in Euro/Hektar (nur Verkehrswertverkäufe ) landwirtschaftliche Nutzfläche (LN) gesamt Ackerland Grünland Wald 2004 4.415 1.860 2005 4.306 119 133 67 1.650 2006 4.618 1.918 2007 4.862 125 138 70 2.135 2008 5.741 2.945 2009 7.049 3.038 2010 9.187 152 168 83 3.700 2011 11.789 3.926 2012 12.675 4.081 2013 14.255 202 232 111 4.376 * Quelle: Statistisches Amt, Statistische Berichte; für 2014 liegen noch keine Zahlen vor. Pachtdaten werden seit 2007 nur noch alle 3 Jahre erhoben, davor alle 2 Jahre. ** Quelle: Waldkaufpreisübersicht der Landesforst M-V AöR nach Abfrage bei den Gutachterausschüssen der jeweiligen Landkreise. 2. Wie bewertet die Landesregierung die Ergebnisse des eingangs genannten Rechtsgutachtens? Wie lassen sich die Ergebnisse des Rechtsgutachtens auf Mecklenburg -Vorpommern anwenden? Die Landesregierung bewertet die vorliegenden Ergebnisse als ersten Beitrag zur rechtspolitischen Diskussion. Wie die beiden genannten Gutachter selbst zugestehen, bleiben jedoch noch eine Vielzahl von Rechts- und Tatsachenfragen offen, die durch die Länder vor einer Gesetzesinitiative zu klären sind. Dies ergibt sich bereits aus dem im Gutachten enthaltenen Regelungsvorschlag, der wesentliche Beurteilungen dem Gesetzgeber überlässt (siehe Seite 41 f. des Gutachtens). So machen die Gutachter beispielsweise bewusst keine Aussage, ab welcher Höhe der prozentualen Beteiligungen an einer Gesellschaft der Erwerb einer Genehmigungspflicht unterworfen werden soll. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/3854 3 3. Welche Möglichkeiten und Notwendigkeiten nutzt die Landesregie- rung vor dem Hintergrund drastisch steigender Bodenpreise, in den Bodenmarkt regulierend einzugreifen? a) Welche Ergebnisse erbrachte dahingehend die Arbeit der Bund- Länder-Arbeitsgruppe zum Bodenmarkt, die ihre Überlegungen zu möglichen Gesetzesänderungen der Agrarministerkonferenz im März 2015 vorlegen sollte? b) Wie bewertet die Landesregierung diesbezüglich das Agrarstrukturverbesserungsgesetz Baden-Württembergs (Landtag BadenWürttemberg , Drucksache 14/5416)? c) Wird die Landesregierung eine Bundesratsinitiative zur Änderung des Grundstückverkehrsgesetzes und des Landpachtgesetzes der Bundesrepublik Deutschland auf den Weg bringen? Vor dem Hintergrund der Entwicklungen auf dem Bodenmarkt wendet die Landesregierung die bestehenden Regelungen des Grundstücksverkehrsgesetzes auf der Grundlage untergesetzlicher Ausführungshinweise für die Staatlichen Ämter für Landwirtschaft und Umwelt besonders konsequent an. Zu a) Die Bund-Länder-Arbeitsgruppe hat konkrete Handlungsvorschläge für die Länder zu folgenden Bereichen unterbreitet: - Markttransparenz und Statistik, - Beseitigung von Vollzugsdefiziten, - Bodenrechtliche Regelungen. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den ausführlichen Abschlussbericht (beziehungsweise dessen Zusammenfassung auf Seite 101 ff.) verwiesen, der auf der Homepage des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft veröffentlicht ist (http://www.bmel.de/ DE/Laendliche-Raeume/04_Flaechennutzung/_texte/Bodenmarkt-politik.html). Der Bericht stellt eine sehr gute Grundlage dar, um seitens der Länder über untergesetzliche und gesetzliche Maßnahmen auf dem Gebiet des Bodenrechtes zu entscheiden. Er enthält die wesentlichen Argumente, die für und gegen diejenigen Vorschläge sprechen, welche sich nach Anhörungen von Verbänden und Agrarrechtsexperten derzeit in der rechtspolitischen Diskussion befinden. Drucksache 6/3854 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 4 Zu b) Das Agrarstrukturverbesserungsgesetz des Landes Baden-Württemberg (ASVG) sollte bei seiner Entstehung im Jahr 2009 vorrangig dem Ziel dienen, in der Badischen Grenzregion den Erwerb landwirtschaftlicher Nutzflächen durch Schweizer Landwirte zu begrenzen, die in ihrer Heimatregion über grundsätzlich andere agrarstrukturelle Bedingungen verfügten. Die Schweizer Landwirte waren daher bereit, erheblich höhere Grundstückspreise zu zahlen und drangen damit in besonders starkem Maße in zwei Landkreisen der Grenzregion auf den Bodenmarkt ein. Dies stellt eine agrarstrukturelle Sondersituation dar, die mit derjenigen in den neuen Bundesländern nicht vergleichbar ist. So sieht das ASVG bereits eine rechtsgeschäftliche Veräußerung eines Grundstücks als erhebliche Gefahr für die Agrarstruktur an, wenn der vereinbarte Kaufpreis den Verkehrswert um mehr als 20 % übersteigt (§ 7 Absatz 2 ASVG). Diese Regelung wird bezogen auf die hiesigen agrarstrukturellen Verhältnisse als zu weitreichender Eingriff in das Eigentum angesehen. Es gibt aber auch Bestandteile des Gesetzes in Baden-Württemberg, die auf die neuen Länder übertragbar sind. So wird zum Beispiel der Möglichkeit zur Ausübung des Vorkaufsrechtes ohne Notwendigkeit der Beibringung eines aufstockungsbedürftigen Zweiterwerbers (§ 17 Abs. 1, S. 2 ASVG BW) ein sehr positiver Effekt beigemessen. Die Landgesellschaften erhalten dadurch die Möglichkeit der Bevorratung landwirtschaftlicher Fläche für agrarstrukturelle Zwecke. Insgesamt betrachtet stellt die schlichte Übernahme der baden-württembergischen Bestimmungen für Mecklenburg-Vorpommern keine Lösung dar. Abgesehen davon, dass in Mecklenburg-Vorpommern eine andere Agrarstruktur (Betriebsgrößen , Pacht-Eigentumsanteil; hoher Flächenanteil von Gesellschaften und juristischen Personen) besteht, gibt es hier auch gänzlich andere Probleme auf dem Gebiet des Grundstücksverkehrs als in Baden-Württemberg, zum Beispiel: - Umgehungsgeschäfte hinsichtlich der Privilegierung von Landwirten, - Erwerb durch außerlandwirtschaftliche Kapitalgeber, - Erwerb von Gesellschaftsanteilen oder sogar ganzen Unternehmen. Die Regelungen des Agrarstrukturverbesserungsgesetzes in Baden-Württemberg bieten hierfür keine Lösung. Zu c) Nein, seit dem Inkrafttreten der Föderalismusreform I im Jahre 2006 ist das landwirtschaftliche Bodenrecht in die Gesetzgebungskompetenz der Länder übertragen worden. Daher können Gesetzesänderungen auf diesem Gebiet nicht mehr im Wege einer Bundesratsinitiative auf den Weg gebracht werden. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/3854 5 4. Wie hat sich die Anzahl der landwirtschaftlichen Betriebe in Mecklen- burg-Vorpommern seit 2010 entwickelt? Wie viele Betriebsneugründungen und Betriebsaufgaben gab es in diesem Zeitraum? 5. Wie hat sich die durchschnittliche Betriebsgröße der landwirtschaft- lichen Betriebe in Mecklenburg-Vorpommern seit 2010 entwickelt? Die Fragen 4 und 5 werden zusammenhängend beantwortet. Seit dem Jahr 2010 haben sich die Anzahl der Betriebe und die durchschnittliche Betriebsgröße nicht verändert (siehe nachfolgende Tabelle). Statistische Erhebungen über Betriebsneugründungen und Betriebsaufgaben liegen der Landesregierung nicht vor. Jahr: Anzahl der Betriebe: Durchschnittliche Betriebsgröße (in ha) 2010 4.725 286 2013 rund 4.700* 285 Quelle: Statistisches Amt, Statistische Berichte; Daten werden seit 2007 nur noch alle 3 Jahre erhoben. * Seit 2013 werden die Daten bundesweit einheitlich nur noch in Tausend angegeben. 6. Wie fördert die Landesregierung Existenzgründungen in der Landwirtschaft und über welche einzelnen Maßnahmen erfolgt dies? 7. Wie ist das Junglandwirteprogramm der Landesregierung mit Grün- dungsprämien bei Neugründungen von Landwirtschaftsbetrieben ausgestaltet ? Wie wird dieses Programm bisher nachgefragt? Die Fragen 6 und 7 werden zusammenhängend beantwortet. Für bloße Neugründungen landwirtschaftlicher Betriebe werden keine Prämien gewährt. Um interessierte und geeignete Nachwuchskräfte für den Beruf und für die Übernahme verantwortlicher Führungs- und Leitungsaufgaben mit eigenem Risiko in der Landwirtschaft zu gewinnen, bedarf es einer Unterstützung durch Bereitstellung von Grund und Boden, Förderung und Beratung, auch im Sinne eines „social networking“. Insbesondere sollen Neueinsteiger beziehungsweise Existenzgründer aktiviert werden, die bisher noch keine landwirtschaftlichen Produktionsfaktoren (Grund und Boden) für eine betriebliche Basis haben. Drucksache 6/3854 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 6 Bereitstellung von Grund und Boden (a) Bei der Verpachtung landeseigener landwirtschaftlicher Grundstücke können in Mecklenburg-Vorpommern Junglandwirte gegenüber anderen Betrieben vorrangig berücksichtigt werden, wenn sie Flächen für die Gründung einer landwirtschaftlichen Existenz im Haupterwerb oder bei Betriebsübergang für dessen existenzsichernde Fortführung bzw. Erweiterung benötigen. Bereits existierende Betriebe von Junglandwirten müssen allerdings arbeitsintensive Produktionszweige aufweisen, deren Umfang den Vergabekriterien des Landes bereits entspricht. Hilfsweise müssen sie entsprechende Erweiterungsabsichten in einem nicht nur symbolischen Umfang glaubhaft machen, die dann zum Ende des 5. Pachtjahres zu belegen wären. Als arbeitsintensive Produktionszweige gelten: - ein Großvieheinheiten-(GV)-Besatz von größer/gleich 0,4 GV je Hektar selbstbewirtschafteter landwirtschaftlicher Nutzfläche (LN) oder - ein Anbau von größer/gleich 10% der Ackerfläche (einschließlich Anbaufläche für Dauer- bzw. Sonderkulturen) mit Intensivkulturen (zum Beispiel Kartoffeln, Zuckerrüben , Gemüse, Dauerkulturen) oder - eine Kombination aus Intensivkultur (beispielsweise 5 % der Ackerfläche einschließlich Anbaufläche für Dauer- beziehungsweise Sonderkulturen) und GV-Besatz (bspw. 0,2 GV/ha LN). (b) Die BVVG lässt Junglandwirte infolge einer Intervention des Ministers für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz Herrn Dr. Backhaus seit Beginn des Jahres 2013 an ihren Ausschreibungen teilnehmen, die sie für arbeitsintensiv wirtschaftende Betriebe beschränkt. (c) Im Verkehr mit landwirtschaftlichen Grundstücken (GrdstVG) werden Existenzgründer, die noch nicht einen Haupterwerbsbetrieb eingerichtet oder eine leistungsfähige Nebenerwerbslandwirtschaft geschaffen haben, einem Landwirt gleichgestellt und mithin als erwerbsprivilegiert behandelt, wenn sie konkrete und in absehbarer Zeit zu verwirklichende Absichten und Vorkehrungen zur Übernahme einer mindestens leistungsfähigen Nebenerwerbslandwirtschaft getroffen haben. Diese Voraussetzungen müssen im Einzelfall festgestellt werden, wobei bei der Prüfung der Absichten und Vorkehrungen der Käufer, die bisher keinen landwirtschaftlichen Beruf ausgeübt haben, ein strenger Maßstab angezeigt ist1, um Umgehungseffekte zu vermeiden. (d) Im Ergebnis einer Ausübung des Vorkaufsrechtes nach dem Reichssiedlungsgesetz kann Junglandwirten und Existenzgründern ein gewisser Vorrang bei der Zuteilung im Rahmen des Abwägungsprozesses unter mehreren aufstockungsbedürftigen Landwirten eingeräumt werden. 1 BGH, Beschluss vom 26.11.2010, Az.: BLw 14/09; Beschluss vom 28.04.2006, Az.: BLw 32/05; Beschluss v. 20. Juli 2006 - BLw 10/06; Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/3854 7 Förderung (a) Direktzahlungen: Die EU gewährt Junglandwirten zusätzliche Direktzahlungen in Höhe von rund 44 Euro/ha für die ersten 90 ha für maximal fünf Jahre ab dem Zeitpunkt der Niederlassung. (b) Agrarinvestitionsförderung (AFP): Nach Ziffer 5.4.5 der AFP-Richtlinie vom 01.03.2015 (AmtsBl. M-V 2015, S. 102) kann Junglandwirten ein zusätzlicher Zuschuss in Höhe von 10 Prozent der Bemessungsgrundlage, höchstens 20.000 Euro, gewährt werden. (c) Die Landwirtschaftliche Rentenbank will mit ihrem Förderprogramm „Wachstum“ landwirtschaftliche Unternehmen in Deutschland stärken. Junge Landwirte unter 41 Jahren erhalten einen zusätzlichen Zinsbonus. Beratung und „social networking“ (a) Die Landgesellschaft Mecklenburg-Vorpommern mbH (LG MV) begleitet die Bemü- hungen der Junglandwirte zur Einrichtung von Betrieben. Über die auf ihrer Homepage geführte „Hofbörse“ informiert sie über Objekte im Land und liefert weitere Informationsquellen über die Homepage des Bundesverbandes der gemeinnützigen Landgesellschaften (BLG). (b) Das Bildungswerk der Landwirtschaft in M-V hat Unternehmen und Bildungspartner in einem Bewerberpool der Agrarwirtschaft M-V auf der homepage „http://bildungswerk-derlandwirtschaft -mv.younect.de/“ vernetzt. Der Talentpool unterstützt das Weiterempfehlen von Bewerbern unter Unternehmen und Bildungspartnern in der Agrarwirtschaft in Mecklenburg-Vorpommern. Über diese neue Form haben alle Mitglieder des Bildungswerkes und alle Mitglieder des Bauernverbandes Mecklenburg-Vorpommern e. V. die Möglichkeit, sich potenziellen Bewerbern auf einen Ausbildungsplatz in der Landwirtschaft zu präsentieren. Damit wird das Weiterempfehlen von Bewerbern und Unternehmen und Bildungspartnern unterstützt.