Der Minister für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 13. Mai 2015 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 6/3899 6. Wahlperiode 18.05.2015 KLEINE ANFRAGE der Abgeordneten Dr. Ursula Karlowski, Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Planungssicherheit für Windenergie und Schutz des Schreiadlers in Mecklenburg-Vorpommern und ANTWORT der Landesregierung Der Schreiadler (Aquila pomarina) zählt in Mecklenburg-Vorpommern zu den 23 Vogelarten, die vom Aussterben bedroht sind. Diese Art hat darüber hinaus deutschlandweit ihr wichtigstes Habitat in Mecklenburg- Vorpommern, die Verantwortung des Bundeslandes für den Erhalt des Schreiadlers ist sehr hoch (siehe Rote Liste der Brutvögel Mecklenburg- Vorpommerns, 3. Fassung, Juli 2014). Gleichzeitig ist bekannt, dass eine Gefährdung dieser Art durch Wind- räder besteht, entsprechende Totfunde konnten das belegen. Daher empfiehlt der von den staatlichen Vogelschutzwarten erstellte Standard einen Mindestabstand von sechs Kilometer zwischen Windkraftanlagen und Schreiadlerhorsten und ein komplettes Freihalten der Verbreitungs- zentren des Schreiadlers (Abstandsregelungen für Windenergieanlagen zu bedeutsamen Vogellebensräumen sowie Brutplätzen ausgewählter Vogel- arten; in: Berichte zum Vogelschutz 44: 151-153). Drucksache 6/3899 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 2 1. Welche Möglichkeiten hat die Landesregierung, um jenseits des Klageweges die Einhaltung der naturschutzfachlich geforderten Abstände von mindestens sechs Kilometern zu den Schreiadler- horsten in Mecklenburg-Vorpommern zu gewährleisten? Bei den in der Fragestellung zitierten Abstandsregelungen von mindestens 6 Kilometern handelt es sich um Empfehlungen, die keine Verbindlichkeit entfalten. Für Mecklenburg- Vorpommern ist auf die innerhalb der Landesregierung abgestimmte Anlage 3 der Richtlinie zum Zwecke der Neuaufstellung, Änderung und Ergänzung Regionaler Raumentwicklungs- programme in Mecklenburg-Vorpommern vom 22. Mai 2012 „Hinweise zur Festlegung von Eignungsgebieten für Windenergieanlagen“ des Ministeriums für Energie, Infrastruktur und Landesentwicklung hinzuweisen. Darin sind für die Art Schreiadler Abstandspuffer von 3.000 Metern zu Nistplätzen (einschließlich Waldschutzareal) des Schreiadlers als Ausschlussgebiet auf Ebene der Raumordnungsplanung festgehalten. Im Landesraumentwicklungsprogramm ist festgelegt, dass die Regionalen Planungsverbände diese Hinweise berücksichtigen sollen. Die Landesregierung steuert somit über das Landesraumentwicklungsprogramm durch landeseinheitliche Kriterien die Festsetzung von Vorranggebieten für Windenergienutzung, die zugleich als Eignungsgebiete festgelegt werden und Ausschlusswirkung nach außen besitzen, durch die Regionalplanung. Unabhängig davon ist weiteren Aspekten im Zusammenhang mit dem Schreiadlerschutz gegebenenfalls innerhalb des konkreten Genehmigungsverfahrens Rechnung zu tragen. 2. Auf welcher fachlichen Basis wurde die jetzt beklagte Genehmigung eines Windparks sowie die Ausweisung des Eignungsgebietes bei Jördenstorf durchgeführt? Die Ausweisung des Vorranggebietes mit gleichzeitiger Wirkung eines Eignungsgebietes erfolgte im Regionalen Raumentwicklungsprogramm der Region Rostock auf fachlicher Grundlage der oben genannten Anlage 3 der Richtlinie zum Zwecke der Neuaufstellung, Änderung und Ergänzung Regionaler Raumentwicklungsprogramme in Mecklenburg- Vorpommern vom 22. Mai 2012. Der 3.000-Meter-Abstand wurde bei der Ausweisung des Eignungsgebietes Jördenstorf eingehalten. Die immissionsschutzrechtliche Genehmigung wurde erteilt, nachdem eine Einzelfallbeur- teilung des Landkreises als Untere Naturschutzbehörde ergeben hatte, dass die Anlagen unter Beifügung artenschutzrechtlicher Auflagen genehmigungsfähig sind. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/3899 3 3. Sind der Landesregierung ähnliche weitere Fälle, in denen Windparks in kritischer Nähe zum Vorkommen gefährdeter Vogelarten errichtet wurden oder errichtet werden sollen, bekannt? Im Zusammenhang mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien lassen sich Konfliktsitua- tionen mit Arten, die dem besonderen Artenschutz unterliegen, nicht grundsätzlich und nicht bereits vollständig vorsorglich vermeiden. Der Umgang mit Konfliktsituationen ist vom Einzelfall abhängig. So können solche Konfliktsituationen beispielsweise zur Beauflagung von Vermeidungsmaßnahmen, zur Beauflagung vorgezogener Ausgleichsmaßnahmen, zur Erteilung von Ausnahmegenehmigungen oder auch zur Ablehnung von Genehmigungs- anträgen führen. In der Praxis gibt es Beispiele für verschiedene Konstellationen. Wegen des Vorkommens gefährdeter Vogelarten wurden beispielsweise in den Windeignungsgebieten Gnoien, Neu Kosenow und Götemitz Genehmigungsanträge abgelehnt. 4. Wie will die Landesregierung sicherstellen, dass zukünftig die Ausweisung von Windenergieeignungsgebieten naturschutzkonform und artenschutzkonform stattfindet und so gleichzeitig für eine bessere Planungssicherheit sorgen? Mit der oben genannten Anlage 3 der Richtlinie zum Zwecke der Neuaufstellung, Änderung und Ergänzung Regionaler Raumentwicklungsprogramme in Mecklenburg-Vorpommern vom 22. Mai 2012 wird darauf hingewirkt, dass auf Ebene der Regionalplanung relevante naturschutz- und artenschutzbezogene Aspekte bereits bei der Ausweisung von Windenergie- eignungsgebieten Berücksichtigung finden. Die Landesregierung hat darüber hinaus vorgesehen, für die Ebene der Genehmigungs- verfahren eine artenschutzrechtliche Arbeits- und Beurteilungshilfe für die Errichtung und den Betrieb von Windenergieanlagen zu erstellen.