Die Ministerin für Arbeit, Gleichstellung und Soziales hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 28. Mai 2015 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 6/3935 6. Wahlperiode 02.06.2015 KLEINE ANFRAGE des Abgeordneten Torsten Koplin, Fraktion DIE LINKE Kostenentwicklung in Mecklenburg-Vorpommern und Hartz-IV-Regelsätze und ANTWORT der Landesregierung Die Kleine Anfrage bezieht sich in Teilen auf die Antwort der Landes- regierung auf die Kleine Anfrage auf Drucksache 6/3769 und ergänzt diese. 1. Mit welcher Begründung hat die Landesregierung die Frage 4 „Inwieweit sind der Landesregierung ähnliche Entwicklungen bei anderen Ausgaben oder Ausgabengruppen im Zusammenhang mit den Regel- satzberechnungen bekannt?“ (Anmerkung des Fragestellers: gemeint ist ein konstant höherer Preisindex in Mecklenburg-Vorpommern als im Bundesdurchschnitt) mit Verweis auf allgemeine Ausführungen zu Frage 1 beantwortet und eine konkrete Antwort verweigert? Frage 4 der Kleinen Anfrage auf Drucksache 6/3769 ist unter Verweis auf die Antwort zu Frage 1 der Kleinen Anfrage so konkret wie möglich beantwortet worden. Frage 4 der Kleinen Anfrage auf Drucksache 6/3769, mit der nach der Kenntnis der Landesregierung über ähnliche Entwicklungen bei anderen Ausgaben oder Ausgabengruppen im Zusammenhang mit den Regelsatzberechnungen gefragt wurde, bezieht sich auf Frage 3 der Kleinen Anfrage auf Drucksache 6/3769. Diese hat nach der Entwicklung des rechne- rischen Anteils der veranschlagten Stromkosten bei den Regelsätzen nach dem SGB II und dem SGB XII gefragt und wurde entsprechend beantwortet. Abhängig von der Art der Warmwasserversorgung sind die Anteile für Stromkosten vollständiger Bestandteil der Regelbedarfe oder anteilig Bestandteil der Kosten für Unterkunft und Heizung. Drucksache 6/3935 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 2 Eine solche Konstellation ist in keiner anderen Ausgabengruppe der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) gegeben, sodass zur Beantwortung von Frage 4 auf die Antwort zu Frage 1 der Kleinen Anfrage auf Drucksache 6/3769 zu verweisen war. Nach einem konstant höheren Preisindex in Mecklenburg-Vorpommern als im Bundesdurchschnitt war in Frage 4 der Kleinen Anfrage auf Drucksache 6/3769 ausdrücklich nicht gefragt. Unabhängig von den Fragestellungen in Frage 4 der Kleinen Anfrage auf Drucksache 6/3769 und dieser Frage wird, um weitere Missverständnisse von vornherein zu vermeiden, auf Folgendes hingewiesen: Der Fortschreibung der Regelbedarfsstufen wird nicht allein die Entwicklung der Verbrau- cherpreise und damit nicht der allgemeine (Verbraucher-)Preisindex zugrunde gelegt. Es wird ein spezieller Preisindex gebildet, der die Preisentwicklung der regelbedarfsrelevanten Güter und Dienstleistungen berücksichtigt. In den Jahren, in denen keine neue EVS vorliegt, erfolgt die Fortschreibung der Regelbedarfsstufen auf der Grundlage der bundesdurchschnittlichen Entwicklung der Preise der regelbedarfsrelevanten Güter und Dienstleistungen sowie der bundesdurchschnittlichen Entwicklung der Nettolöhne und -gehälter je beschäftigtem Arbeitnehmer nach der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung (Mischindex aus Preis- (70%) und Nettolohnentwicklung (30%)). 2. Wie haben sich die durchschnittlichen Kosten (Verbraucherpreis- index) für die jeweiligen Ausgabengruppen 01 bis 12 der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe EVS bundesweit und in Mecklenburg-Vorpommern seit dem Jahr 2005 jährlich entwickelt? Die Entwicklung der durchschnittlichen bundesweiten Kosten (Verbraucherpreisindex) für die jeweiligen Ausgabegruppen 01 bis 12 der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe kann aus den Angaben des Statistischen Bundesamtes (DESTATIS) unter dem nachfolgend aufgeführten Link entnommen werden: https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/GesamtwirtschaftUmwelt/Preise/Verbraucher- preisindizes/Tabellen_/VerbraucherpreiseKategorien.html. Die entsprechenden Daten für Mecklenburg-Vorpommern können dem Bericht „Verbraucherpreisindizes für Deutschland - Jahresbericht 2014“ von DESTATIS entnommen werden, die unter dem nachfolgend aufgeführten Link aufgerufen werden können: https://www.destatis.de/DE/Publikationen/Thematisch/Preise/Verbraucherpreise/Verbraucher preisindexJahresberichtPDF_5611104.pdf?__blob=publicationFile. Diese Veröffentlichung enthält die länderbezogenen Angaben mit Verbraucherpreisindizes für spezielle Haushaltstypen und für die Gebietsstände „Früheres Bundesgebiet“ und „Neue Länder und Berlin-Ost“ (Seite 198 bis 207). Es ist darauf hinzuweisen, dass die Daten erst seit dem 1. Januar 2007 mit Einführung der bundeseinheitlichen Regelsätze beziehungsweise Regelbedarfe bundesweit vergleichbar sind. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/3935 3 3. Wie hat sich der rechnerische Anteil der veranschlagten Bedarfe bei den Regelsätzen nach dem SGB II (Grundsicherung für Arbeit- suchende) bzw. Bedarfsstufen nach dem SGB XII (Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung) für jede Ausgabenabteilung der EVS bundesweit seit dem Jahr 2007 jährlich entwickelt? Die Einzelbeträge (Regelbedarfsanteile) aus den Regelbedarfsstufen des SGB II und SGB XII werden in der amtlichen Statistik nicht erfasst, sodass hierfür keine amtlichen Daten vorliegen. 4. Wie bewertet die Landesregierung, dass das Bundesverfassungs- gericht mit Beschluss vom 23. Juli 2014 die zeitnahe Berücksich- tigung von Preissteigerungen, z. B. bei Strom, oder aber die Berück- sichtigung von Anschaffungskosten, z. B. für Kühlschrank und Waschmaschine, angemahnt hat? Welche Initiativen hat die Landesregierung bisher ergriffen oder will sie ergreifen, um im Interesse der zurzeit mehr als 136.000 Hartz-IV- Beziehenden in Mecklenburg-Vorpommern der Ermahnung des Bundesverfassungsgerichtes nachzukommen? Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts unterliegen nicht der Bewertung der Landesregierung. Unabhängig davon ist darauf hinzuweisen, dass die in der Fragestellung liegende Behauptung, das Bundesverfassungsgericht habe mit Beschluss vom 23. Juli 2014 die zeitnahe Berück- sichtigung von Preissteigerungen, zum Beispiel bei Strom, oder aber die Berücksichtigung von Anschaffungskosten, zum Beispiel für Kühlschrank und Waschmaschine, angemahnt, den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts nur unvollständig wieder gibt. Das Bundesverfassungsgericht (Beschluss vom 23. Juli 2014, Az.: 1 BvL 10/12, 1 BvL 12/12, 1 BvR 1691/13 - http://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/ DE/2014/07/ls20140723_1bvl001012.html) hat unter anderem ausdrücklich festgestellt, dass „die vorgelegten Vorschriften für den entscheidungserheblichen Zeitraum in der erforderlichen Gesamtschau noch den Vorgaben von Artikel 1 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 20 Absatz 1 GG (entsprechen). Der Gesetzgeber hat den Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Regelbedarfs nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch zur Sicherung eines menschenwürdigen Existenzminimums und die Anpassung der Leistungshöhe … gesetzlich gesichert. Es lässt sich nicht feststellen, dass die Leistungen evident unzu- reichend festgesetzt sind (1). Die Vorgaben für die Bestimmung der Leistungshöhe genügen derzeit den Anforderungen an eine sachangemessene Berechnung der Leistungs- höhe; der Gesetzgeber hat jedoch nach Maßgabe der Gründe dafür Sorge zu tragen, dass erkennbare Risiken einer Unterdeckung existenzsichernder Bedarfe nicht eintreten werden (2). Die Vorgaben für die Fortschreibung des Regelbedarfs sind mit der Verfassung vereinbar (3). Ein Verstoß gegen weitere Grundrechte liegt nicht vor (4).“ [Randnummer (Rn.) 86] Drucksache 6/3935 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 4 Diese Auffassung hat das Bundesverfassungsgericht ausführlich begründet und zum Beispiel hinsichtlich der Berücksichtigung der Stromkosten bei der bisherigen Bestimmung der Regelbedarfe ausgeführt, dass „auch … im Fall des Haushaltsstroms keine über Jahrzehnte reichende Veränderung mit einem ständig anwachsenden Preisanstieg vor(liegt), die der Gesetzgeber nicht beachtet hätte ... Für den entscheidungserheblichen Zeitraum ist jedenfalls nicht ersichtlich, dass der Anstieg der Stromkosten derart extrem ausgefallen wäre, dass der Gesetzgeber dies hätte gesondert ausgleichen müssen.“ (Rn. 88) Außerdem hat es festgestellt, dass „der Gesetzgeber … seiner Pflicht, auf Änderungen der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen wie auf Preissteigerungen oder auf die Erhöhung von Verbrauchsteuern zu reagieren, um sicherzustellen, dass der aktuelle Bedarf gedeckt ist …, durch die angegriffenen Regelungen im Grundsatz“ nachkommt. (Rn. 136) Allein hinsichtlich der Neuermittlung der Regelbedarfe auf der Grundlage der EVS 2013 hat der Senat darauf hingewiesen, dass „der Gesetzgeber …, soweit erhebliche Zweifel an der tatsächlichen Deckung existentieller Bedarfe bestehen, … sicherzustellen (hat), dass die Höhe des Pauschalbetrags für den Regelbedarf tragfähig bemessen wird. Es liegt in seinem Gestaltungsspielraum, erforderlichenfalls geeignete Nacherhebungen vorzunehmen, Leistungen auf der Grundlage eines eigenen Indexes zu erhöhen oder Unterdeckungen in sonstiger Weise aufzufangen.“ (Rn. 143) „Ergibt sich eine offensichtliche und erhebliche Diskrepanz zwischen der tatsächlichen Preisentwicklung und der bei der Fortschreibung der Regelbedarfsstufen berücksichtigten Entwicklung der Preise für regelbedarfsrelevante Güter, muss der Gesetzgeber zeitnah darauf reagieren. So muss die Entwicklung der Preise für Haus- haltsstrom berücksichtigt werden ... Ist eine existenzgefährdende Unterdeckung durch unvermittelt auftretende, extreme Preissteigerungen nicht auszuschließen, darf der Gesetzgeber dabei nicht auf die reguläre Fortschreibung der Regelbedarfsstufen warten.“ (Rn. 144) Da Regelbedarfe bundeseinheitlich gelten und bundesgesetzlich geregelt werden, wird die Landesregierung auch bei der anstehenden Fortschreibung der Regelbedarfsstufen auf eine den Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts konforme Festsetzung Wert legen. 5. Mit welcher Begründung hat die Landesregierung die kritischen Hinweise bzw. die Anmahnung des Bundesverfassungsgerichtes zu den Regelsätzen in ihrer Antwort auf die Kleine Anfrage auf Druck- sache 6/3769 ausgespart? Die Fragestellungen der Kleinen Anfrage auf Drucksache 6/3769 nehmen an keiner Stelle auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts Bezug.