Die Ministerin für Arbeit, Gleichstellung und Soziales hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 12. Mai 2015 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 6/3937 6. Wahlperiode 13.05.2015 KLEINE ANFRAGE des Abgeordneten Peter Ritter, Fraktion DIE LINKE Reform des Bestattungsgesetzes Mecklenburg-Vorpommern und ANTWORT der Landesregierung Vorbemerkung Anders als in der Vorbemerkung zur Kleinen Anfrage dargestellt, wurde das Bestattungs- gesetz bereits im Jahr 2006 durch das Erste Gesetz zur Änderung des Bestattungsgesetzes vom 30. Juni 2006 (GVOBl. M-V S. 484) umfangreich novelliert. Das Bestattungsgesetz Mecklenburg-Vorpommern trat am 1. September 1998 in Kraft und erfuhr lediglich im Jahr 2008 im Rahmen der Anpas- sung des Landesrechts an das Personenstandsrechtsreformgesetz in einem Punkt eine redaktionelle Änderung. In anderen Bundesländern wurde das Bestattungsrecht zwischenzeitlich zum Teil umfassend reformiert bzw. wird der Reformbedarf öffentlich debattiert. Im Kern geht es dabei um die Frage, ob und inwiefern eine Änderung des Bestattungsrechts den Verän- derungen in der Gesellschaft gerecht werden kann, etwa im Hinblick auf die zunehmende Säkularisierung der Gesellschaft, die Anerkennung der religiösen Vielfalt, neue Begräbnisformen oder gestiegene Anforderungen an eine Leichenschau. Zudem wurden Anpassungen aufgrund von Recht- sprechung und Gesetzesänderungen sowie Belange des Datenschutzes und der Verwaltungsvereinfachung vorgenommen bzw. werden erörtert. Drucksache 6/3937 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 2 1. In welchen Bundesländern wurde nach Kenntnis der Landesregierung in den letzten drei Jahren das Bestattungsrecht reformiert und was waren jeweils die wesentlichen Inhalte der Gesetzesänderungen? Das Land selbst führt keine Statistiken beziehungsweise erhebt Daten über landesgesetzliche Änderungen des Bestattungswesens in anderen Bundesländern. Allerdings eröffnet das Internet für Jedermann die Möglichkeit, auf den einschlägigen Seiten entsprechende Informationen zu erhalten. Recherchen im Internet zufolge wurden die Bestattungsgesetze der folgenden Bundesländer in den letzten drei Jahren geändert: Hessen, Änderung Februar 2013 Wesentliche Änderungen: - Regelungen zum Schutz der Gesundheit und der Totenruhe - Festlegung von sorgepflichtigen Personen - Möglichkeit der Bestattung ohne Sarg - Verbot des öffentlichen Ausstellens von Leichen - Regelungen zur Leichenschau und zur Todesbescheinigung Baden-Württemberg, Änderung März 2014 Wesentliche Änderungen: - Bestattung von Tot- und Fehlgeborenen - Regelungen zur Beförderung von Verstorbenen - Festlegungen zum frühesten Bestattungszeitpunkt und von Ruhefristen - Bestattung ohne Sarg - Regelungen zur elektronischen Übermittlung von Daten Verstorbener an die zuständigen Stellen Bayern, Änderung Juli 2014 Wesentliche Änderungen: - Regelungen zur Todesbescheinigung - Regelungen über Verpflichtungen zum Veranlassen der Leichenschau und der Bestattung Nordrhein-Westfalen, Änderung Juli 2014 Wesentliche Änderungen: - Regelungen zu Friedhöfen - Regelungen zum Aufstellen von Grabsteinen aus Kinderarbeit - Regelungen zur Leichenschau und Todesbescheinigung - Regelungen zur Aufbewahrung, Konservierung und Transport von Verstorbenen - Regelungen zur Obduktion Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/3937 3 Rheinland-Pfalz, Änderung Dezember 2014 Wesentliche Änderungen: - Möglichkeit der Schaffung von Anstaltsfriedhöfen und privaten Bestattungsplätzen - Bestattung von Tot- und Fehlgeborenen Bremen, Änderung Januar 2015 Wesentliche Änderungen: - Verstreuen der Asche Verstorbener auf Aschestreufeldern sowie auf privaten und öffentlichen Flächen, die keine Friedhöfe sind. 2. Inwiefern erkennt die Landesregierung beim Bestattungsgesetz Mecklenburg-Vorpommern grundsätzlich Reformbedarf (bitte hier und im Folgenden die Antwort jeweils begründen)? 3. Inwiefern sind nach Auffassung der Landesregierung die Regelungen zur Leichenschau evaluierungsbedürftig? Zu 2 und 3 Die Landesregierung plant derzeit weder, eine Reform des Bestattungsgesetzes Mecklenburg- Vorpommern vorzunehmen, noch die Regelungen zur Leichenschau zu evaluieren. Wenn ein Handlungsbedarf zukünftig entstehen sollte, wird die Landesregierung die entsprechenden gesetzgeberischen Möglichkeiten prüfen und die dafür erforderlichen Schritte einleiten. 4. Inwiefern sieht die Landesregierung gesetzgeberischen Handlungs- bedarf, um die Bestattung von allen Fehlgeborenen unabhängig von Alter und Gewicht zu ermöglichen? Die Bestattung von tot- und fehlgeborenen Kindern sowie Föten aus Schwangerschafts- abbrüchen wurde bereits im Jahr 2006 durch das Erste Gesetz zur Änderung des Bestattungs- gesetzes vom 30. Juni 2006 (GVOBl. M-V S. 484) geregelt. Auf § 9 Absatz 1 des Bestattungsgesetzes wird verwiesen. Ein darüber hinausgehender gesetzgeberischer Handlungsbedarf wird nicht gesehen. Drucksache 6/3937 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 4 5. Inwiefern sieht die Landesregierung Evaluierungsbedarf hinsichtlich der Berücksichtigung der vielfältigen religiösen Bedürfnisse bei Bestattungen? Es wird kein Handlungsbedarf gesehen. Die Bestattung, zum Beispiel nach islamischen Riten - Bestattung vor der festgelegten Frist von 48 Stunden und Bestattung ohne Sarg - ist nach der derzeit geltenden Rechtslage möglich. An die Landesregierung sind keine darüber hinausgehenden Forderungen herangetragen worden. 6. Inwiefern sollte nach Auffassung der Landesregierung der Bestattungszwang auf kirchlichen oder kommunalen Friedhöfen auf- gehoben werden, etwa durch die Möglichkeit der Beisetzung auf privaten Grundstücken oder der Verstreuung der Asche auf bestimm- ten ausgewiesenen öffentlichen Räumen? Für die Aufhebung des Friedhofszwangs wird derzeit kein Handlungsbedarf gesehen. Das Verstreuen der Asche ist auf dafür bestimmten Stellen auf Friedhöfen (sogenannte Aschestreuwiesen) nach § 13 Absatz 2 des Bestattungsgesetzes zulässig. Darüber hinaus kann die Gemeinde mit Zustimmung des Gesundheitsamtes im Einzelfall Beisetzungen außerhalb von Friedhöfen zulassen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt und öffentliche Belange nicht entgegenstehen (§ 13 Absatz 1 des Bestattungsgesetzes). 7. Inwiefern ist es nach Auffassung der Landesregierung geboten, die Möglichkeit von naturnahen Begräbnisformen, wie etwa Baum- bestattungen, zu schaffen? Baumbestattungen sind in Mecklenburg-Vorpommern bereits möglich. In Mecklenburg- Vorpommern bestehen mindestens neun dieser Friedhöfe in Wäldern. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/3937 5 8. Inwiefern ist es nach Auffassung der Landesregierung geboten, Rege- lungen zu schaffen, die ein Aufstellungsverbot von Grabsteinen aus ausbeuterischer Kinderarbeit festlegen? Das Bundesverwaltungsgericht hat sich in seinem Urteil vom 16. Oktober 2013 (Az. 8 CN 1.12) mit der Möglichkeit auseinandergesetzt, Verbote zur Aufstellung von Grabmalen aus ausbeuterischer Kinderarbeit rechtlich zu regeln. Das Gericht stellt jedoch in oben genanntem Urteil fest, dass die rechtlichen Vorgaben hinreichend klar sein müssen, wie der Nachweis zu erbringen ist, dass die Grabmale nachweislich in der gesamten Wertschöpfungskette ohne ausbeuterische Kinderarbeit hergestellt wurden. Es müsse für den Normbetroffenen - hier den Steinmetzbetrieb - unschwer erkennbar sein, welcher Nachweis zu erbringen sei, um der Norm zu genügen. Derzeit könnten sich die Steinmetzbetriebe nur auf Eigenerklärungen von Herstellern und Lieferanten stützen, die jedoch keinerlei Sicherheit hinsichtlich des Merkmals „frei von Kinderarbeit“ garantieren können. Verlässliche Zertifizierungssysteme und Gütesiegel unabhängiger Organisationen seien bisher nicht bekannt. Ob die vorhandenen Zertifikate aussagekräftig sind und auf tatsächlichen Inspektionen in den Herkunftsländern der Grabmale beruhen, ist für die Steinmetze mit zumutbarem Aufwand derzeit nicht nachprüfbar. Sobald unabhängige und allgemein anerkannte Zertifikate zur Verfügung stehen, die einen Beweis dafür liefern, dass Grabsteine in der gesamten Wertschöpfungskette ohne ausbeu- terische Kinderarbeit hergestellt wurden, ist die Schaffung entsprechender Regelungen möglich. 9. Inwiefern sind nach Auffassung der Landesregierung Gerichtsurteile bzw. Gesetzesänderungen auf Bundes- oder Landesebene im Bestat- tungsgesetz Mecklenburg-Vorpommern ggf. noch zu berücksichtigen? Derzeit sind keine diesbezüglichen Änderungen erforderlich. 10. Inwiefern besteht nach Auffassung der Landesregierung im Hinblick auf aktuelle Anforderungen des Datenschutzes oder an eine Verwal- tungsvereinfachung ggf. gesetzgeberischer Handlungsbedarf? Bei der nächsten Novellierung des Bestattungsgesetzes soll die Möglichkeit geschaffen werden, die Daten von Verstorbenen aus der Todesbescheinigung auf elektronischem Wege an die zuständigen Stellen, wie zum Beispiel vom Standesamt an das Gesundheitsamt, zu übermitteln.