Der Minister für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 4. November 2011 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 6/40 6. Wahlperiode 07.11.2011 KLEINE ANFRAGE des Abgeordneten Stefan Köster, Fraktion der NPD Sogenanntes Honig-Urteil des Europäischen Gerichtshofs und ANTWORT der Landesregierung Der Europäische Gerichtshof in Luxemburg entschied kürzlich, dass Honig, der gentechnisch veränderte Pollen enthält, nur mit einer besonderen Zulassung und Sicherheitsüberprüfung in den Handel kommen darf, wobei das Gebot der Nulltoleranz einmal mehr bestätigt worden ist. Das Urteil wurde vom Deutschen Imkerbund, aber auch von Umweltverbänden als bahnbrechend eingestuft, da somit nicht zuletzt die Diskussion um den Abstand zwischen Imkereien und Feldern mit Genpflanzen neu entfacht werden würde. Überhaupt hätte das Urteil Auswirkungen auf den Anbau von Genpflanzen an sich. Der Ostsee-Zeitung vom 09.09.2011 ist zu entnehmen, dass in „MV … vor zwei Jahren 16 heimische Rapsblütenhonige untersucht“ worden seien. „Alle waren frei von genveränderten Pollen“. Auch beteilige sich M-V nach Angaben des Landwirtschaftsministers „an einem bundesweiten Untersuchungsprogramm von Honig und Pollen auf gentechnisch bedingte Verunreinigungen.“ 1. Welche konkreten Schlussfolgerungen zieht die Landesregierung von Mecklenburg-Vorpommern aus dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs? Mit dem Urteil unterliegt Honig mit Pollen gentechnisch veränderter Pflanzen der Zulassungspflicht für gentechnisch veränderte Lebensmittel. Das Urteil hat weitreichende Folgen. Die Betroffenen wurden auf die aktuelle Rechtslage, deren Konsequenzen und die Notwendigkeit von Eigenkontrollen hingewiesen. Drucksache 6/40 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 2 Die Landesregierung sieht die dringende Notwendigkeit, dass das Gentechnikrecht baldmöglichst durch den Bund novelliert wird, um den Schutz der Imker zu gewährleisten. Es ist vorgesehen, gesonderte Regelungen in das Gentechnikrecht, insbesondere in die Verordnung über die gute fachliche Praxis bei der Erzeugung gentechnisch veränderter Pflanzen (Gentechnik-Pflanzenerzeugnisverordnung - GenTPflEV) aufzunehmen, die die Belange der Imkerei beim Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen angemessen berücksichtigen. 2. Welche konkreten Auswirkungen wird das Urteil des EuGH generell auf den Anbau von Genpflanzen auch in Mecklenburg-Vorpommern haben? In Deutschland ist derzeit nur der Anbau von gentechnisch veränderten Kartoffeln der Sorte Amflora zugelassen. Wer gentechnisch veränderte Pflanzen anbaut, hat die notwendige Sorgfalt walten zu lassen und die Vorgaben zur guten fachlichen Praxis einzuhalten. Sie betreffen u. a. das Standortregister , die Vorsorgepflicht sowie die Haftung bei wesentlichen Beeinträchtigungen von Nachbarn. Der Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen bleibt jedoch die souveräne Entscheidung des jeweiligen Anbauers. Insofern ist eine Einschätzung zu den Auswirkungen des Urteils des Europäischen Gerichtshofs auf den Anbau von Genpflanzen zum jetzigen Zeitpunkt nicht möglich. 3. Welche konkrete Position wird die Landesregierung gegenüber der Bundesregierung und im Bundesrat hinsichtlich der Abstandsregelung zwischen Feldern, auf denen Genpflanzen angebaut werden, und Imkerei-Betrieben vertreten? a) Welchen Abstand hält die Landesregierung für ausreichend und warum? b) Welche Haltung bezieht die Landesregierung zu dem vom Deut- schen Imkerbund vertretenen Standpunkt, wonach der Sicherheitsabstand zwischen Imkerei-Betrieben und Genpflanzenfeldern mindestens zehn Kilometer betragen soll? Die Fragen 3, a) und b) werden zusammenhängend beantwortet. Zwischen Feldern gentechnisch veränderter Pflanzen und dem Standort von Bienenvölkern muss ein ausreichender Mindestabstand eingehalten werden. Abstandsregelungen müssen wissensbasiert sein. Aussagen über notwendige Abstände können zum jetzigen Zeitpunkt nicht gemacht werden. Die Landesregierung wird gegenüber der Bundesregierung und im Bundesrat für den notwendigen Schutz der Imker vor wesentlichen Beeinträchtigungen nach dem Gentechnikrecht eintreten. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/40 3 4. Inwieweit schließt sich die Landesregierung der insbesondere von Umweltverbänden vertretenen Auffassung an, wonach Bienen und Imker für eine ertragreiche und funktionierende Landwirtschaft bedeutungsvoller sind als beispielsweise gentechnisch veränderter Mais? Wissenschaftliche Untersuchungen, die gleichermaßen ökonomische, ökologische und sozioökonomische Aspekte eines solchen Vergleiches berücksichtigen, liegen nicht vor, sodass seitens der Landesregierung eine fundierte Bewertung der oben genannten Auffassung der Umweltverbände nicht möglich ist. Unabhängig davon teilt die Landesregierung uneingeschränkt die Auffassung, dass Bienen und Imker für eine ertragreiche und funktionierende Landwirtschaft bedeutungsvoll sind. Die Landesregierung lehnt den Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen ab. 5. Welche Position nahm die Landesregierung bislang im Bundesrat und jüngst im Rahmen der von der Bundesverbraucherschutzministerin durchgeführten Telefonkonferenz zum EuGH-Urteil und zum Sicherheitsabstand ein? Die Landesregierung setzt das Urteil des Europäischen Gerichtshofs konsequent um. Der Bund und die Länder haben sich dahingehend verständigt, den Schwerpunkt bei den aktuellen Untersuchungen auf Pollen von gentechnisch veränderten Pflanzen in Importhonigen zu legen. Mecklenburg-Vorpommern hat neben anderen Ländern die Bundesregierung aufgefordert, kurzfristig Klärung zu bestimmten Rechtsfragen, wie zum Beispiel zur Kennzeichnung, bei der Europäischen Kommission, herbeizuführen. Fragen der Koexistenz, wie Abstandsregelungen und andere Maßnahmen, konnten abschließend noch nicht geklärt werden. 6. Wie viele der in Mecklenburg-Vorpommern tätigen Imker üben ihre Tätigkeit in unmittelbarer Nähe zu Genpflanzenfeldern aus? a) Wie viele Fälle sind der Landesregierung wann bekannt gewor- den? b) In welchen Orten traten diese Fälle auf? c) Welche konkreten Maßnahmen wurden jeweils ergriffen? Die Fragen 6, a), b) und c) werden zusammenhängend beantwortet. Hierzu liegen der Landesregierung keine Erhebungen vor. Entsprechende Problemfälle sind der Landesregierung bislang nicht bekannt geworden. Drucksache 6/40 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 4 7. Wie viele Imker mit wie vielen Bienenvölkern gibt es nach jüngsten Angaben in Mecklenburg-Vorpommern? In Mecklenburg-Vorpommern gibt es derzeit ca. 1.830 nach § 1 a Bienenseuchenverordnung*) registrierte Bienenhalter mit ca. 21.000 Bienenvölkern. 8. Seit wann beteiligt sich Mecklenburg-Vorpommern an dem bundesweiten Programm zur Untersuchung von Honig und Pollen auf gentechnisch bedingte Verunreinigungen? a) Mit welchen konkreten Ergebnissen geschah dies bislang? b) Welche Mittel wandte die Landesregierung auf (bitte jahrweise darstellen)? 9. Wurden seit 2009 in Mecklenburg-Vorpommern weitere Untersuchungen von Honigen vorgenommen? Wenn ja, a) wer hat sie über welche Zeiträume untersucht? b) an welchen Orten wurden die Untersuchungen durchgeführt? c) welche Ergebnisse gab es? Die Fragen 8 und 9 werden zusammenhängend beantwortet. Ein bundesweites Programm zur Untersuchung von Honig und Pollen auf gentechnische Veränderungen wurde bisher nicht durchgeführt. Generell erfolgen stichprobenartige Untersuchungen von Honigproben im Rahmen der risikoorientierten Probenahme. Für die Untersuchung amtlicher Proben ist das Landesamt für Landwirtschaft, Lebensmittelsicherheit und Fischerei Mecklenburg-Vorpommern (LALLF) in Rostock zuständig. Im Jahr 2009 wurden vom LALLF 16 Honigproben einheimischer Imker auf gentechnische Veränderungen untersucht. In keiner der untersuchten Proben waren GVO-Pollen nachweisbar . Im Jahr 2010 (September) wurde schwerpunktmäßig Kanadischer Rapshonig untersucht. In allen vier Proben wurden nicht zugelassene GVO-Pollen von GT73 Raps nachgewiesen. Nach Bekanntwerden des Urteils des Europäischen Gerichtshofs haben sich der Bund und die Länder dahingehend verständigt, den Schwerpunkt bei den aktuellen Untersuchungen von Honig auf gentechnisch veränderte Pollen beim Import, bei den abfüllenden Betrieben und bei den verarbeitenden Betrieben zu legen, bei denen Honig als Zutat eingesetzt wird. In Mecklenburg-Vorpommern wurde daher zusätzlich zu den planmäßig im Rahmen der risikoorientierten Probenahme angeforderten Proben die Einsendung und Untersuchung von Blütenhonig einheimischer Imker und von Pollen veranlasst. In keiner der untersuchten Proben wurden GVO-Pollen nachgewiesen. *) in der Fassung der Bekanntmachung vom 3. November 2004 (BGBl. I S. 2738), die durch Artikel 10 der Verordnung vom 20. Dezember 2005 (BGBl. I S. 3499) geändert worden ist. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/40 5 Im November dieses Jahres (44. KW) ist zudem die Untersuchung von Importhonigen aus verarbeitenden Betrieben (Bäckereien) und Abfüllern in Mecklenburg-Vorpommern vorgesehen. Die Kosten für Untersuchungen von Honig auf gentechnische Veränderungen belaufen sich auf ca. 46.000 Euro im Jahr 2009, ca. 13.000 Euro im Jahr 2010 und ca. 23.000 Euro im Jahr 2011 (Stand: Oktober).